Die Schachweltmeisterschaft 2008 wird zwischen dem aktuellen Weltmeister Viswanathan Anand und seinem Herausforderer Wladimir Kramnik vom 14. Oktober bis 2. November 2008 in Bonn ausgetragen. Schauplatz ist die Bundeskunsthalle.[2] Anand ist seit der Schachweltmeisterschaft 2007 in Mexiko-Stadt Titelträger, bei der Kramnik als Titelverteidiger nur Zweiter wurde. Kramnik wurde dieser WM-Kampf durch eine spezielle Regel-Klausel des Weltschachbundes FIDE ermöglicht, die ihm und dem früheren FIDE-Weltmeister Wesselin Topalow nach dem Vereinigungskampf 2006 Privilegien zusichert.
Porträts | ![]() |
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Viswanathan Anand | Wladimir Kramnik | |
Nation | ![]() |
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Status | Titelverteidiger Weltmeister seit 2007 |
Herausforderer Weltmeister 2000–2007 |
Alter | 38 Jahre | 33 Jahre |
Elo-Zahl (Oktober 2008)
|
2783[1] | 2772[1] |

Der Sieger des Kampfes muss den WM-Titel bereits 2009 wieder verteidigen.
Hintergrund
Als 2006 der Vereinigungskampf zwischen dem FIDE-Weltmeister Wesselin Topalow und dem „klassischen“ Weltmeister Kramnik stattfand, standen bereits die Planungen der FIDE für die Schachweltmeisterschaft 2007. Ein Startplatz in diesem Turnier wurde für den Sieger des Vereinigungskampfes reserviert, aber Topalow stimmte zu, dass im Falle seiner Niederlage sein Startplatz an Kramnik übergeht, was auch geschah. Dies hatte zur Folge, dass Topalow (damals Zweiter in der FIDE-Weltrangliste) nicht am WM-Turnier teilnehmen durfte, er erhielt jedoch das Recht, gegen Kramnik ein Revanchematch zu spielen, falls dieser die Weltmeisterschaft 2007 gewinnt. Da dies nicht geschah, ging das Recht auf einen Revanchekampf an Kramnik. Topalow wird stattdessen gegen Gata Kamsky, den Gewinner des FIDE-Weltpokals 2007, ein Match spielen, dessen Sieger in der Schachweltmeisterschaft 2009 den Weltmeister von 2008 herausfordern wird.
Bisherige Bilanz der Kontrahenten
Zwischen 1989 und 2008 spielten Anand und Kramnik insgesamt 51 Turnierpartien.[3]
Sieg Anands |
Remis | Sieg Kramniks | |
---|---|---|---|
Anand (Weiß) – Kramnik (Schwarz) | 2 | 19 | 0 |
Kramnik (Weiß) – Anand (Schwarz) | 2 | 22 | 6 |
Insgesamt | 4 | 41 | 6 |
Wettkampfbedingungen
Der Zweikampf wird über zwölf Partien mit klassischer Bedenkzeit gespielt: 120 Minuten für die ersten 40 Züge, 60 Minuten für die nächsten 20 und 15 Minuten für den Rest der Partie mit einem Zusatz von 30 Sekunden pro Zug von Zug 61 an (Spielplan und Regeln[4], Abschnitte 1.1 und 3.5.1). Der Spieler, der zuerst 6,5 Punkte erzielt hat, ist Sieger. Für den Fall eines Gleichstands nach zwölf Partien ist am 2. November ein Stechen angesetzt: Dabei sollen zunächst vier Schnellschachpartien mit einer Bedenkzeit von 25 Minuten und zusätzlich 10 Sekunden pro Zug die Entscheidung herbeiführen. Steht es dann nach Punkten wieder Unentschieden, werden nochmals zwei Partien angesetzt, wobei die Bedenkzeit auf fünf Minuten mit einem Zusatz von weiterhin 10 Sekunden pro Zug verkürzt wird. Hat auch nach diesen beiden Partien jeder gleich viele Punkte, entscheidet eine einzige Partie über den Weltmeistertitel. Derjenige Spieler, dem Weiß zugelost wird, erhält sechs Minuten für die gesamte Partie, Schwarz dagegen nur fünf Minuten. Einen Zeitzusatz pro ausgeführtem Zug gibt es nicht mehr. Endet diese Partie remis, wird der Spieler mit den Schwarzen Steinen zum Sieger erklärt (Spielplan und Regeln[4], Abschnitt 3.7).
Das Preisgeld beträgt 1,5 Millionen Euro. Es wird gleichmäßig aufgeteilt, unabhängig vom Ausgang des Kampfes.[5]
Zeitplan und Ergebnisse
Alle Partien beginnen um 15.00 Uhr (MESZ bis 25. Oktober, MEZ ab 26. Oktober), auf der Internetseite des Veranstalters UEP werden die Partien um etwa eine halbe Stunde versetzt übertragen. Ruhetage sind am 16., 19., 22., 25., 28., und 30. Oktober.
Partie | Datum (2008) | Weiß | Ergebnis | Eröffnung | Züge | Anand | Kramnik |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1 | 14. Oktober | Kramnik | ½ : ½ | D14 | 32 | ½ | ½ |
2 | 15. Oktober | Anand | ½ : ½ | E25 | 32 | 1 | 1 |
3 | 17. Oktober | Kramnik | 0 : 1 | D49 | 41 | 2 | 1 |
4 | 18. Oktober | Anand | ½ : ½ | D37 | 29 | 2½ | 1½ |
5 | 20. Oktober | Kramnik | 0 : 1 | D49 | 35 | 3½ | 1½ |
6 | 21. Oktober | Anand | E34 | ||||
7 | 23. Oktober | Anand | |||||
8 | 24. Oktober | Kramnik | |||||
9 | 26. Oktober | Anand | |||||
10 | 27. Oktober | Kramnik | |||||
11 | 29. Oktober | Anand | |||||
12 | 31. Oktober | Kramnik |
Verlauf
Erste Partie
Die erste Partie endete nach drei Stunden mit einem ausgekämpften Remis. Anand (schwarz) hatte zwischenzeitlich einen Bauern geopfert, doch Kramnik konnte keinen Vorteil erzielen. Nach der Partie erklärten beide Spieler: „Die Stellung erforderte ein Remis“.[6] Kramnik bemerkte, er „habe alles versucht, aber mehr war aus der Partie nicht herauszuholen“.[7]
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.cxd5 cxd5 5.Lf4 Sc6 6.e3 Lf5 7.Sf3 e6 8.Db3 Lb4 9.Lb5 O-O 10.Lxc6 Lxc3+ 11.Dxc3 Tc8 12.Se5 Sg4 13.Sxg4 Lxg4 14.Db4 Txc6 15.Dxb7 Dc8 16.Dxc8 Tfxc8 17.O-O a5 18.f3 Lf5 19.Tfe1 Lg6 20.b3 f6 21.e4 dxe4 22.fxe4 Td8 23.Tad1 Tc2 24.e5 fxe5 25.Lxe5 Txa2 26.Ta1 Txa1 27.Txa1 Td5 28.Tc1 Td7 29.Tc5 Ta7 30.Tc7 Txc7 31.Lxc7 Lc2 32.Lxa5 Lxb3 ½-½
Zweite Partie
Die zweite Partie endete nach knapp vier Stunden ebenfalls remis. „Ich war nicht überrascht von seiner Eröffnung, ich habe meine Lektionen gelernt. Es war heute ein sehr kompliziertes Spiel“, meinte Kramnik (schwarz) im Anschluss. „Ich stand etwas besser, aber ich war in Zeitnot. Deshalb habe ich das Remis akzeptiert“, erklärte Anand.[8]
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sc3 Lb4 4.f3 d5 5.a3 Lxc3+ 6.bxc3 c5 7.cxd5 Sxd5 8.dxc5 f5 9.Dc2 Sd7 10.e4 fxe4 11.fxe4 S5f6 12.c6 bxc6 13.Sf3 Da5 14.Ld2 La6 15.c4 Dc5 16.Ld3 Sg4 17.Lb4 De3+ 18.De2 O-O-O 19.Dxe3 Sxe3 20.Kf2 Sg4+ 21.Kg3 Sdf6 22.Lb1 h5 23.h3 h4+ 24.Sxh4 Se5 25.Sf3 Sh5+ 26.Kf2 Sxf3 27.Kxf3 e5 28.Tc1 Sf4 29.Ta2 Sd3 30.Tc3 Sf4 31.Lc2 Se6 32.Kg3 Td4 ½-½
Dritte Partie
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Hilfe zur Umstellung auf die neue Syntax gibt es unter Vorlage:Schachbrett/Konvertieren.
Nach vier Stunden gab Kramnik (weiß) auf. Er machte im 33. Zug einen Fehler, wonach Anand seinerseits den sofortigen Sieg übersah, durch seine aktiven Figuren jedoch trotz knapper Zeit den Sieg sicherstellte. „Ich dachte, beim Königszug würde ich verlieren“, so Kramnik hinterher in Bezug auf die Alternative 33.Kb3.[9] In der Analyse nach dem Spiel durch GM Rogozenko wird 32.f3 als entscheidender Fehler benannt.[10]
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.e3 Sbd7 6.Ld3 dxc4 7.Lxc4 b5 8.Ld3 a6 9.e4 c5 10.e5 cxd4 11.Sxb5 axb5 12.exf6 gxf6 13.O-O Db6 14.De2 Lb7 15.Lxb5 Ld6 16.Td1 Tg8 17.g3 Tg4 18.Lf4 Lxf4 19.Sxd4 h5 20.Sxe6 fxe6 21.Txd7 Kf8 22.Dd3 Tg7 23.Txg7 Kxg7 24.gxf4 Td8 25.De2 Kh6 26.Kf1 Tg8 27.a4 Lg2+ 28.Ke1 Lh3 29.Ta3 (besser: 29.Td1) Tg1+ 30.Kd2 Dd4+ 31.Kc2 Lg4 32.f3 (siehe Diagramm, eine Verteidigungsmöglichkeit bestand in 32.Td3) Lf5+ 33.Ld3 Lh3 (schneller gewinnt 33.…Lxd3+ 34.Txd3 Dc4+ und falls 35.Kd2 Dc1#) 34.a5 (besser 34.Dd2) Tg2 35.a6 Txe2+ 36.Lxe2 Lf5+ 37.Kb3 De3+ 38.Ka2 Dxe2 39.a7 Dc4+ 40.Ka1 Df1+ 41.Ka2 Lb1+ 0-1
Vierte Partie
Die vierte Partie endete nach rund zweieinhalb Stunden unentschieden. Beide Spieler zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. Während Anand (weiß) als Gesamt-Führender nicht auf einen Sieg angewiesen war,[11] wurde das Ergebnis als „ein wichtiges Remis für Kramnik“ eingeschätzt, da dieser „sich nach der gestrigen Niederlage in der dritten Partie in einer psychologisch unangenehmen Situation befand“.[12]
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 Le7 5.Lf4 O-O 6.e3 Sbd7 7.a3 c5 8.cxd5 Sxd5 9.Sxd5 exd5 10.dxc5 Sxc5 11.Le5 Lf5 12.Le2 Lf6 13.Lxf6 Dxf6 14.Sd4 Se6 15.Sxf5 Dxf5 16.O-O Tfd8 17.Lg4 De5 18.Db3 Sc5 19.Db5 b6 20.Tfd1 Td6 21.Td4 a6 22.Db4 h5 23.Lh3 Tad8 24.g3 g5 25.Tad1 g4 26.Lg2 Se6 27.T4d3 d4 28.exd4 Txd4 29.Txd4 Txd4 ½-½
Fünfte Partie
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Hilfe zur Umstellung auf die neue Syntax gibt es unter Vorlage:Schachbrett/Konvertieren.
Die Kontrahenten wiederholten die Eröffnung der dritten Partie, eine Variante im Meraner System: „Diese Stellung ist von großer Bedeutung. Wenn Kramnik hier keinen Vorteil für Weiß nachweisen kann, steht er in diesem Wettkampf vor echten Schwierigkeiten.“ Denn mit dieser Stellung, „Anands Hauptwaffe“ gegen ein Damengambit, dürfte „sich Kramnik vor dem Wettkampf ausführlich […] beschäftigt“ haben, kommentierte Dorian Rogozenko.[13] Doch Anand wich als Erster mit 15...Tg8 (statt 15...Ld6) von der dritten Partie ab und erwarb dadurch einen leichten Vorteil. Bei relativ knapper Bedenkzeit übersah Kramnik einen taktischen Kniff, der schließlich im 34. Zug die Partie entschied. „Ich kann mir eine bessere Situation vorstellen. Aber meine Lage ist noch nicht völlig hoffnungslos“, erklärte er nach seiner zweiten Niederlage.[14]
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.e3 Sbd7 6.Ld3 dxc4 7.Lxc4 b5 8.Ld3 a6 9.e4 c5 10.e5 cxd4 11.Sxb5 axb5 12.exf6 gxf6 13.O-O Db6 14.De2 Lb7 15.Lxb5 Tg8 16.Lf4 Ld6 17.Lg3 f5 18.Tfc1 f4 19.Lh4 Le7 20.a4 Lxh4 21.Sxh4 Ke7 22.Ta3 Tac8 23.Txc8 Txc8 (Kramnik vereinfachte unter Zeitdruck.) 24.Ta1 Dc5 25.Dg4 De5 26.Sf3 Df6 27.Te1 Tc5 28.b4 Tc3 29.Sxd4 (Die folgende Abwicklung, eine Falle Anands,[15] hatte Kramnik anscheinend nicht bis zu Ende berechnet.) Dxd4 30.Td1 Sf6 31.Txd4 Sxg4 32.Td7+ Kf6 33.Txb7 Tc1+ 34.Lf1 Se3 (siehe Diagramm) 35.fxe3 fxe3 0-1. Der schwarze Freibauer entscheidet die Partie.
Einzelnachweise
- ↑ a b Top 100 Spieler Oktober 2008. Abgerufen am 14. Oktober 2008 (englisch).
- ↑ UEP press release
- ↑ Für den Zeitraum von 1989 bis 2007 enthält die Referenzdatenbank Megabase 2008 von ChessBase 50 Turnierpartien zwischen Anand und Kramnik. Im einzelnen: Moskau 1989, Linares 1993, 1994, 1997, 1998 (2 Partien), 1999 (2), 2000 (2), 2003 (2), Groningen 1993, Amsterdam 1993 (2) und 1996, Madrid 1993, Riga 1995, Dos Hermanas 1996, 1997 und 1999, Dortmund 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001 (2), 2003 (2), 2004 (2), 2007, Las Palmas 1996 (2), Belgrad 1997, Wijk aan Zee 1998, 1999, 2000, 2001, 2003, 2004, 2005, 2007, Tilburg 1998, Belfort 2004, Sofia 2005 (2) und Mexiko-Stadt 2007 (2). Diese Bilanz, sowie die Partie Anand-Kramnik aus Wijk aan Zee 2008 liegen vorliegender Statistik zu Grunde. Das Ergebnis in Schnellpartien lautet 9-2 bei 39 Remispartien für Anand (im einzelnen: Moskau 1994 (2), 2002 und 2007 (2), Monte Carlo 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2003, 2004, 2005, 2007, Köln 1996, Frankfurt 1998 (6) 1999 (4) 2000 (2), Villarrobledo 1998, Mainz 2001 (10), Cap d'Agde 2003 (2), Leon 2002 (6), Dortmund 2004 (2)), in Blitzpartien 4-1 bei 4 Remis für Anand (Moskau 1994 (2) und 2007 (2), Frankfurt 1998 (3), Mainz 2001 (2)), in Blindpartien erzielte Kramnik 4 gegen 3 Siege bei 5 Remis (alle 12 Partien in Monte Carlo gespielt in den Jahren 1994–2001, 2003–2005 und 2007). Quelle auch für diese Ergebnisse: Megabase 2008
- ↑ a b Universal Event Promotion GmbH: Spielplan und Regeln.
- ↑ chessbase.de: Interview mit Vladimir Kramnik, 10. Oktober 2008
- ↑ Schach-WM – Kramnik gegen Anand. Remis nach 32 Zügen. Auf: sport.ard.de, 14. Oktober 2008.
- ↑ Remis zum Auftakt zwischen Anand und Kramnik. Auf: spiegel-online.de, 14. Oktober 2008.
- ↑ Zweites Remis zwischen Kramnik und Anand. Auf: spiegel-online.de, 15. Oktober 2008.
- ↑ Anand holt ersten Sieg gegen Kramnik. Auf: spiegel-online.de, 17. Oktober 2008.
- ↑ Dorian Rogozenko: Anand siegt dank druckvollen Spiels. Auf: spiegel-online.de, 17. Oktober 2008.
- ↑ Anand und Kramnik spielen remis. Auf: spiegel-online.de, 18. Oktober 2008.
- ↑ Dorian Rogozenko: Kramnik beweist Nervenstärke. Auf: spiegel-online.de, 18. Oktober 2008.
- ↑ Dorian Rogozenko: Kramnik übersieht und verliert. Auf: spiegel-online.de, 20. Oktober 2008.
- ↑ Weltmeister Anand baut Führung aus. Auf: spiegel-online.de, 20. Oktober 2008.
- ↑ Anand wins to take 2-point lead over Kramnik. Auf: International Herald Tribune (iht.com), 20. Oktober 2008.
Weblinks
- Offizielle Website der Schachweltmeisterschaft 2008
- live.chessdom.com – Live-Partiekommentare (englisch)
- Die Analysen des Großmeisters, Partie-Analysen von GM Dorian Rogozenko auf Spiegel Online