Salome ist der Titel zweier Gemälde des österreichischen Malers Franz von Stuck aus dem Jahre 1906. Dargestellt ist die historisch-biblische Figur Salome, Tochter der Herodias und Enkelin Herodes des Großen, als Tänzerin, der der abgeschlagene Kopf Johannes des Täufers überbracht wird.
![]() |
Salome |
---|
Franz von Stuck, 1906 |
Öl auf Holz |
45,7 × 24,7 cm |
Privatbesitz |
![]() |
Salome |
---|
Franz von Stuck, 1906 |
Öl auf Holz |
115,5 × 62,5 cm |
Städtische Galerie im Lenbachhaus |
Stuck malte die Salome in einem kleinen Vollporträt sowie in einem größeren Dreiviertelporträt. Ersteres hat die Maße 45,7 × 24,7 cm und befindet sich heute in Privatbesitz, das zweite mit 115,5 × 62,5 cm befindet sich im Besitz der [[Städtische Galerie im Lenbachhaus|Städtischen Galerie im Lenbachhaus] in München und ist dort Teil der Dauerausstellung.
Biblischer Hintergrund
Herodes Antipas heiratete in zweiter Ehe seine Schwägerin Herodias. Diesen Umstand kritisierte Johannes der Täufer, was laut der biblischen Erzählung im Neuen Testament zu dessen Ermordung führte.[1] Hier befinden sich Berichte der Ereignisse, in denen der Name Salome zwar nicht vorkommt, die aber die Basis der späteren Salomelegende bilden.
Dieser zufolge begehrte Herodias den Tod des Johannes, doch Herodes weigerte sich, diesen töten zu lassen. Anlässlich einer Geburtstagsfeier des Herodes führte die Tochter der Herodias einen Tanz auf, mit dem sie die Anwesenden derart in Verzücken versetzte, dass Herodes ihr schwört: „Um was du mich auch bitten wirst, ich werde es dir geben bis zur Hälfte meines Reiches.“[2] Das Mädchen fragte ihre Mutter, was sie sich wünschen solle, und diese flüsterte ihr das eigene Begehren ein. Sie solle den Kopf des Johannes verlangen. Diesem Wunsch konnte sich Herodes Antipas „um der Eide und um derer willen, die mit zu Tisch lagen“ nicht verweigern. Er ließ Johannes köpfen und das Haupt auf einer Schüssel zu der Tänzerin bringen.
Bildbeschreibung
Im Zentrum beider Gemälde ist Salome als junge Tänzerin dargestellt. Der Oberkörper der Frau ist nackt, während Hals, Decolleté, Haar und Arme durch Juwelen und Goldgeschmeide geschmückt sind. Um die Hüften ist ein grüner Rock aus leichtem Stoff geschlagen, durch den die Konturen der Hüften und der Beine durchscheinen. Während der linke Arm in die Hüfte gestützt ist, ist der rechte Arm erhoben, die Schultern und der Kopf sind zurückgebeugt. In der Pose erstarrt die Frau scheinbar in ekstatischem Tanz und gibt sich den Blicken des Betrachters und der Personen im Hintergrund preis.
Die beiden Bilder unterscheiden sich im Wesentlichen durch den Bildausschnitt und die unterschiedliche Größe und das Format der Bilder. Das frühere und kleinere Gemälde zeigt die Salome als Vollporträt, auf dem zusätzlich die nackten Füße der Tänzerin und weitere Details des Hintergrunds erkennbar sind. Das größere Gemälde zeigt dagegen nur einen Ausschnitt: Die Tänzerin ist in einem Dreiviertelporträt dargestellt, dass oberhalb der Knie beginnt. Oberkörper und Gesicht rücken dadurch noch weiter ins Zentrum des Bildes, während sie selbst ein wenig nach links aus der Bildmitte verschoben wurde, um Raum für den Diener zu schaffen.
Dieser steht in beiden Bildern links hinter der Tänzerin (für den Betrachter auf der rechten Bildseite). Es handelt sich um einen dunkelhäutigen Mann, der demütig mit leicht gesenktem Kopf auf einem goldenen Tablett den abgeschlagenen Kopf Johannes des Täufers präsentiert. Die Augen des Dieners sind starr und beobachtend auf die Frau gerichtet. Der abgeschlagene Kopf ist mit einem blau leuchtendem Heiligenschein umrandet, wodurch er im Bild betont wird.
Der Hintergrund besteht aus einem Sternenhimmel, in dem auf schwarzem Himmel goldene, rote und weiße Sterne schimmern. Im Vollporträt wird der unterste Bereich durch eine helle Balustrade, hinter der mehrere Häuser mit rot beleuchteten Fenstern erkennbar sind, und den hellen Fußboden eingenommen. Durch diese Elemente wird die Szene in eine räumliche Perspektive gestellt. Rechts hinter der Tänzerin ist hier zudem mit dem rot bekleideten Herodes Antipas eine weitere Person dargestellt, die die Tänzerin aufmerksam beobachtet. Weitere Unterschiede der Bilder betreffen die Details des Geschmeides sowie die Darstellung des Dieners.
Auch die Rahmen stellen wesentliche Elemente des Gemäldes dar und wurden von Franz von Stuck gestaltet. Das Vollporträt ist durch einen sehr breiten, goldenen Rahmen aus vier Rahmenfeldern vollständig umrundet. Auf den beiden Seitenteilen sind Säulen dargestellt, die nach oben verjüngt sind und auf einem Kapitell das obere Rahmenelement mit der dort vorhandenen Darstellung aus Fries und Giebel tragen. Unterhalb des Bildes befindet sich der Name „SALOME“ in einer einem Bezeichnungsschild nachempfundenen Fläche. Das Dreiviertelporträt ist nur mit einer schmalen goldenen Borte gerahmt und besitzt an den Seiten breitere Rahmenelemente, durch die das eigentlich rechteckige Bild gemeinsam mit dem Rahmen eine quadratische Fläche bildet. Auf den Seitenelementen sind Säulen aus Papyrusbündeln dargestellt, die am oberen Ende mit Kapitellen enden, auf denen Medusenhäupter ruhen.
Entstehung und Deutung
Franz von Stuck nutzte als Vorlagen für die Gemälde Fotografien eines entsprechenden Models, die in der Rolle der Salome posieren sollte. Für die Rolle des Dieners posierte er dagegen selber, so wie er es in einer Reihe von weiteren Gemälden ebenfalls tat.
Die Inspiration für die Darstellung der Salome entstammte der um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert auch in anderer Form beliebten Darstellung dieser biblischen Figur als Femme fatale. So war sie sowohl in der Musik wie auch in der Literatur und der Kunst der Zeit ein beliebtes Motiv. Einen wesentlichen Einfluss scheint der 1884 erschienene und sehr beliebte Roman À rebours des Dichters Joris-Karl Huysmans einzunehmen, der mit seiner Beschreibung der Salome für die leichte Bekleidung Pate steht:
- Ihr Busen wogt, und bei der Berührung der im Kreise wirbelnden Halskette richten sich die Brüste in die Höhe. Auf der jungen Haut glitzern die Diamanten. Ihre Armbänder, ihr Gürtel, ihre Ringe werfen strahlende Funken.[3]
Auch die Oper Salome von Richard Strauss, die 1905 uraufgeführt wurde, und die Vorlage Salome von Oscar Wilde haben Franz von Stuck und andere Künstler der Zeit maßgeblich beeinflusst. Vor allem Wildes Schauspiel, in dem ebenso wie in Stucks Gemälde ein schwarzer Diener den Kopf auf einem Silbertablett präsentiert, stellt den Haupteinfluss auf Franz von Stuck dar. Nach der Vorlage gelangt die junge Tänzerin durch den Tod des Täufers zu höchster sexueller Exstase, die Stuck in seinem Gemälde einfängt.[4]
Auch die kanadische Tänzerin Maud Allan präsentiert im Zeitraum 1905 bis 1907 die Salome in ihrer Darstellung The Vision of Salome und konnte in Europa große Erfolge verbuchen, unter anderem in München als geschlossene und zensierte Aufführung. Auch die beiden Darstellungen der Judith mit dem abgeschlagenen Kopf des Holofernes von Gustav Klimtvon 1901 und 1909 lassen sich in diese Folge einreihen, auch wenn sie ein anderes, aber sehr ähnliches biblisches Motiv aufgreifen. Die dargestellte Judith wird dabei ebenso wie von Stucks Salome barbusig dargestellt und ähnelt so eher dieser als der in älteren Darstellungen zu findenden Judith. Auch kurz nach der ersten Präsentation von Klimts Judith wurde diese häufig als Salome bezeichnet, teilweise auch von Autoren, die den Originaltitel kannten aber unpassend fanden.[4]
-
Gustav Klimt: Judith mit dem Haupt Holofernes, 1901
-
Gustav Klimt: Judith, 1909
-
Artemisia Gentileschi: Judith enthauptet Holofernes, 1612/1613
Im Werk Franz von Stucks findet sich die Femme fatale in Form verschiedener Gemälde, in die sich die Salome-Darstellungen einreihen lassen. Diese umfassen vor allem die Werke Die Sünde von 1893, die Sphinx von 1904 sowie die Verwundete Amazone von 1905.
-
Die Sünde, 1893
-
Sphinx, 1904
-
Verwundete Amazone, 1905
Nach einer These des Kunstkritikers Hans Hofstätter war die Femme fatale und insbesondere die Salome das Gesellschaftssymbol der Jahrhundertwende und damit die Doppelgängerin des Künstlers, der ebenfalls weiß, dass er sich selbst prostituiert und seine heiligsten Gefühle und Geheimnisse wohlfeil preisgibt.[3] Dadurch, dass er selbst als Vorlage für den Diener posierte, wird er selbst zum Voyeur im Gemälde.[3]
Einzelnachweise
Literatur
- Eva Mendgen: Franz von Stuck 1863–1928. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1994; Seiten 48–51, ISBN 3-8228-8953-9.