Vorlage:Meyers
ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890Witebsk war ein russisches Gouvernement, zu Westrußland gehörig, grenzt an die Gouvernements Pskow, Smolensk, Mohilew, Minsk, Wilna, Kurland und Livland und umfasst 43 984 km² (nach Strelbitsky 45 166 km²) mit der Hauptstadt Witebsk.
Das Land ist im allgemeinen hügelig; in den Niederungen zwischen den Höhen liegen viele Seen und Sümpfe. Die Steinarten bestehen teils aus Schichten roten Sandsteins, teils aus Kalkstein der devonischen Formation. Der Boden ist auf dem rechten Ufer der Düna an hohen Stellen sandig und steinig, an niedrigen lehmig; erratische Blöcke finden sich in großer Anzahl zerstreut. Der bedeutendste Fluss ist die Düna, die auf einer Ausdehnung von 742 km dieses Gouvernement durchfließt; kleinere Flüsse fließen von hier dem Peipussee zu, die Lowat dem Ilmensee. Von den mehr als 2500 Seen sind die größten: der Lubahn (an der livländischen Grenze), Rasno, Newel, Sebesh und Oswea.
Die Sümpfe nehmen über 4700 km² ein. Vom Areal entfallen 27,2 Prozent auf Acker, 34,6 auf Wald, 18,6 auf Wiese und Weide, 19,6 Prozent auf Unland.
Die Zahl der Eheschließungen war 1885 8 044, der Geburten 50 779, der Verstorbenen 32 245.
Das Klima ist verhältnismäßig mild, die Luft gesund (mittlere Jahrestemperatur +4,35° C.).
Die Bevölkerung, (1885) 1 235 350 Einwohner, 28 pro Quadratkilometer, ist meist römisch- und griechisch-katholisch. Sie besteht aus Weißrussen, Litauern, Polen (etwa 80 Prozent), Großrussen, Juden und Deutschen.
Witebsk ist kein fruchtbares Gouvernement, und die Ernten zeigen sich nur in den günstigsten Jahren als genügend für die Bevölkerung. 1887 lieferte die Ernte 2,6 Mill. hl Roggen, 2,6 Mill. hl Kartoffeln und 1,9 Mill. hl Hafer. Der Viehbestand beziffert sich (1883) auf 455312 Stück Rindvieh, 229530 Pferde, 265854 grobwollige Schafe, 216,274 Schweine. Die Kartoffel muss das Brot ersetzen. Flachs wird viel angebaut und bildet einen Hauptartikel der Ausfuhr nach Riga.
Das Tierreich liefert ferner Fische, viel Wild; das Mineralreich Bruch- und Schleifsteine, Kalk, Ton und Walkererde.
Die Industrie ist nicht bedeutend: 672 Fabriken mit 2936 Arbeitern und einem Produktionswert von 7887000 Rubel. Wesentliche Industriezweige sind Getreidemühlen, Branntweinherstellung, Lederverarbeitung, Bierbrauerei und Tabakindustrie.
Der Handel wird durch die Düna, den Beresinakanal, der die Düna mit dem Dnjepr verbindet, und durch die Eisenbahn von Witebsk nach Smolensk wie anderseits nach Dünaburg befördert und vertreibt namentlich Flachs, Leinsaat, Bauholz und Häute. Die Einfuhr besteht in bedeutenden Quantitäten Getreide aus Smolensk, Tuchen aus Grodno, Kolonial- und Galanteriewaren aus Riga und Moskau. Der bedeutendste Handelsplatz ist Witebsk.
Witebsk hat 330 Elementarschulen mit 12433 Schülern, 9 Mittelschulen mit 1983 Schülern und 2 Fachschulen mit 282 Schülern, nämlich ein geistliches und ein Lehrerseminar.
Das Gouvernement zerfällt in zwölf Kreise: Witebsk, Gorodok, Level, Newel, Polozk, Sebesh, Surash, Welish, Drissa, Liuzin, Reshiza und Dünaburg, von welchen die vier letztgenannten in der Ordenszeit zu Livland gehörten und heute "Polnisch-Livland", von den Landleuten aber Niflant und Iflant genannt werden.
Witebsk bildete früher einen Teil des polozkischen Fürstentums, kam im 14. Jahrhundert an Litauen, wurde eine Woiwodschaft, fiel 1772 bei der ersten Teilung Polens an Rußland, wurde 1796 mit Mohilew zur Statthalterschaft Weißrussland vereinigt, 1802 aber wieder davon getrennt und als eignes Gouvernement organisiert.
Die gleichnamige Hauptstadt, zu beiden Seiten der Düna, an den Eisenbahnen Dünaburg-Witebsk und Orel-Witebsk, hat über 30 Kirchen (darunter 3 römisch-katholische und eine protestantische), 2 Synagogen, mehrere Klöster (schönes Basilianerkloster), ein kaiserliches Palais, ein Gymnasium, ein Theater, große Kaufhallen, ein Hospital, Gerbereien, berühmte Metfabrikation, lebhaften Handel und (1885) 5,676 Einwohner
Im Nordischen Krieg hielt die Stadt zu den Schweden und wurde dafür auf Peters des Großen Befehl niedergebrannt.
Weblink
Meyers Konversationslexikon [1]