Der Deutsche Bund wurde am 8. Juni 1815, nach dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806, auf dem Wiener Kongress (siehe Deutsche Bundesakte) als loser Zusammenschluss von 39 deutschen Einzelstaaten (35 Fürstentümer und 4 freie Städte) gegründet. Auch Preußen und Österreich waren mit den Gebieten, welche schon zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehört hatten, im Deutschen Bund vertreten. Der Bund umfasste 1839 rund 630.100 km² und 29,2 Millionen Einwohner.
Allerdings schwand die Anzahl der Bundesstaaten durch Erbgang und ähnlichem bis 1863 auf nur noch 35 Mitglieder.
Das deutsche Volk stand nicht hinter dem Deutschen Bund, da ihm ein Zusammengehörigkeitsmoment fehlte. Motiviert durch die vielen Gemeinsamkeiten wie die in der Sprache, Kultur und Geschichte waren einige bereit, sich für die Einheit Deutschlands einzusetzen. So kam es zur Gründung der Burschenschaften, welche neben den nationalen auch liberal-demokratische Vorstellungen hatten.
Entwicklung
1817 wurde die Landgrafschaft Hessen-Homburg als 39. Mitglied aufgenommen. Danach veränderte sich die Zahl der Mitglieder mehrmals, da in einzelnen Herrscherhäusern einige Linien erloschen und 1839 das Herzogtum Limburg (im Austausch für Teile Luxemburgs) neu aufgenommen wurde. Im Einzelnen veränderte sich der Deutsche Bund wie folgt:
- 1825 Sachsen-Gotha erlosch, daher hieß Sachsen-Coburg ab 1826 Sachsen-Coburg und Gotha
- 1839 Aufnahme des Herzogtums Limburg (in Personalunion mit den Niederlanden)
- 1847 Anhalt-Köthen erlosch; das Land kam zu Anhalt-Dessau und Anhalt-Bernburg
- 1849 Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen kamen beide zum Königreich Preußen
- 1863 Anhalt-Bernburg erlosch; das Land kam zu Anhalt-Dessau, das sich somit nur noch Anhalt nannte
- 1864 Hinzugewinn Schleswigs (Holstein war bereits Teil des Bundes gewesen) unter Verwaltung Österreichs und Preußens
- 1848-1851 Ostpreußen Westpreußen, sowie ein Teil Posens werden Teil des Deutschen Bundes
Organe des Bundes
Bundesorgan war die in Frankfurt am Main tagende Bundesversammlung (Bundestag). Entscheidungen, die dort mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit angenommen wurden, waren bindend für die Einzelstaaten. Ansonsten waren für die Bürger die jeweiligen Landesgesetze entscheidend.
Neugründung
Da das 1848 gestartete Unternehmen der Einrichtung einer deutschen Nationalversammlung im Zuge der Märzrevolution scheiterte, wurde 1850 der Bund zunächst ohne die Beteiligung Preußens wiederhergestellt.
1850 wurde der Deutsche Bund wiedergegründet. Nach der Zulassung von politischen Zusammenschlüssen 1860 entstanden in Deutschland neue Parteien und Gewerkschaften. 1863 gründete Ferdinand Lassalle den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein. 1875 vereinigte sich dieser mit der 1869 von Wilhelm Liebknecht und August Bebel gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei.
Diese neugebildete Partei wurde 1891 in Sozialdemokratische Partei Deutschlands umbenannt. Die vor dem Hintergrund der Industrialisierung entstehende Arbeiterbewegung weckte im Bürgertum Befürchtungen vor einem sozialistischen Umsturz. Das sich bis 1848 dem Arbeitertum durchaus verbunden fühlende Bürgertum orientierte sich daher in der Folgezeit mehr am Adel, den es als Verbündeten gegen Forderungen der Arbeiterbewegung sah.
Der Konflikt zwischen Preußen und Österreich
Der Dualismus zwischen Österreich und Preußen, der durch die gemeinsame Gegnerschaft gegenüber nationalen und liberalen Forderungen in den Hintergrund geraten war, verschärfte sich, nachdem die Nationalversammlung in Frankfurt Preußen die Führungsrolle zugedacht hatte.
1862 wurde Otto von Bismarck durch sein Eingreifen in einen Verfassungskonflikt um eine Heeresreform preußischer Ministerpräsident.
1863 brachte er einen Vorschlag Österreichs zur Umwandlung des Deutschen Bundes in einen Bundesstaat zum Fall. Bismarck befürchtete ein Übergewicht Österreichs und der übrigen deutschen Staaten. Die anfangs geringe Popularität Bismarcks stieg durch seine außenpolitischen Erfolge.
1864 kam es zum Krieg Preußens und Österreichs gegen Dänemark. Auslöser war die Annexion Schleswigs durch Dänemark. Die Bedenken des Vielvölkerstaates Österreich gegenüber der Teilnahme an einem Befreiungskrieg konnte Bismarck durch diplomatisches Geschick zerstreuen. Mit Zustimmung der europäischen Großmächte eroberten beide deutsche Staaten die Herzogtümer Holstein und Schleswig zurück.
Nach dem Krieg brach über die Frage der politischen Zukunft der beiden Herzogtümer die Rivalität allerdings wieder hervor. Österreich, das verhindern wollte, dass die beiden Herzogtümer in den Machtbereich Preußens gerieten, wollte deren Schicksal vom deutschen Bundestag entscheiden lassen. Preußen sah dies als Bruch des Gasteiner Abkommens, das in dieser Frage ein einvernehmliches Vorgehen der beiden deutschen Großmächte vorschrieb und besetzte einen Teil Holsteins. Nach der Initiierung der Mobilmachung der übrigen deutschen Staaten gegen Preußen durch Österreich erklärte Bismarck die Bundesakte für erloschen.
Der 1866 folgende „Deutsche Krieg” (Preußisch-Österreichischer Krieg), in dem fast alle deutschen Staaten verwickelt waren, konnte Preußen durch seinen Sieg bei Königgrätz für sich entscheiden. Preußen annektierte Hannover, Nassau, Kurhessen und Schleswig-Holstein. Darüber hinaus wurde der Norddeutsche Bund unter Führung Preußens gegründet, die so genannte kleindeutsche Lösung - also ein (nord-)deutscher Nationalstaat ohne Einbeziehung Österreichs. Dafür verzichtete Bismarck auf Landabtretungen Österreichs. Die Unabhängigkeit Bayerns, Württembergs und Badens wurde auf Drängen Frankreichs anerkannt.
Mitglieder des Bundes
Die Mitglieder des Deutschen Bundes:
- Kaiserreich Österreich (ohne Galizien, Ungarn, Kroatien, Dalmatien und das Lombardo-Venezische Königreich) (Seit 1818 gehörte auch der westlichste Teil Galiziens (Auschwitz, Saybusch, Zator) zum Deutschen Bund)
- Königreich Preußen (ohne Provinz Posen, Ostpreußen und Westpreußen) (Von 1848 - 1851 waren die preußische Provinz Ost- und Westpreußen und der westliche und nördliche Teil der Provinz Posen Bestandteil des Bundes)
- Königreich Bayern
- Königreich Sachsen
- Königreich Hannover (bis 1837 in Personalunion mit Großbritannien)
- Königreich Württemberg
- Kurfürstentum Hessen-Kassel
- Großherzogtum Baden
- Großherzogtum Hessen-Darmstadt
- Großherzogtum Luxemburg (in Personalunion mit den Niederlanden) (Der westliche Teil Luxemburgs schied 1839 nach der Vereinigung mit Belgien aus dem Bunde aus. Dafür kam das niederländische Herzogtum Limburg zum Bund)
- Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
- Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz
- Großherzogtum Sachsen-Weimar
- Großherzogtum Oldenburg
- Herzogtum Holstein und Lauenburg (bis 1864 in Personalunion mit Dänemark)
- Herzogtum Nassau
- Herzogtum Braunschweig
- Herzogtum Sachsen-Gotha
- Herzogtum Sachsen-Coburg
- Herzogtum Sachsen-Meiningen
- Herzogtum Sachsen-Hildburghausen (ab 1826 Herzogtum Sachsen-Altenburg)
- Herzogtum Anhalt-Dessau
- Herzogtum Anhalt-Köthen
- Herzogtum Anhalt-Bernburg
- Fürstentum Hohenzollern-Hechingen
- Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen
- Fürstentum Liechtenstein
- Fürstentum Lippe
- Fürstentum Reuß ältere Linie
- Fürstentum Reuß jüngere Linie
- Fürstentum Schaumburg-Lippe
- Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt
- Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen
- Fürstentum Waldeck
- Freie Stadt Bremen
- Freie Stadt Frankfurt am Main
- Freie Stadt Hamburg
- Freie Stadt Lübeck
Später wurden aufgenommen:
- Landgrafschaft Hessen-Homburg (ab 1817)
- Herzogtum Limburg (ab 1839; in Personalunion mit den Niederlanden)
Auszug aus Meyers Konversationslexikon
[Band 4, Seite 0886 ff, aus dem Jahre 1888 (public domain)]
Der Deutsche Bund
Die Bundesakte vom 9. Juni 1815 sagte in ihrem 1. und 2. Artikel: "Die souveränen Fürsten (die Könige von Bayern, Sachsen, Hannover und Württemberg, der Kurfürst von Hessen, die Großherzöge von Hessen, Sachsen, Baden, Mecklenburg und Oldenburg, die Herzöge von Sachsen [4], von Anhalt [3], Braunschweig und Nassau, die Fürsten von Schwarzburg, Reuß, Lippe, Hohenzollern, Liechtenstein und Waldeck) und die Freien Städte (Lübeck, Bremen, Hamburg und Frankfurt a. M.) mit Einschluß des Kaisers von Österreich und des Königs von Preußen, beide für ihre gesamten vormals zum Deutschen Reiche gehörigen Besitzungen, ferner der König von Dänemark für Holstein, der König der Niederlande für Luxemburg vereinigen sich zu einem beständigen Bund, welcher der Deutsche Bund heißen soll. Zweck desselben ist die Erhaltung der äußern und innern Sicherheit Deutschlands und der Unabhängigkeit und Unverletzbarkeit der einzelnen deutschen Staaten." Die Angelegenheiten des Bundes besorgte eine Bundesversammlung (Bundestag), welche aus den Gesandten der Staaten bestand, in der Österreich den Vorsitz führte, und die in Frankfurt a. M. tagte (über ihre Geschäftsordnung s. den Art. "Deutscher Bund"). Streitigkeiten der Bundesglieder sollten durch Vermittelung des Bundes und, wenn diese fehlschlage, durch eine Austrägalinstanz beigelegt werden. In allen Bundesstaaten sollte eine landständische Verfassung bestehen, ebenso Gleichberechtigung der christlichen Religionsparteien. Als nächste Aufgaben der Bundesversammlung wurden die Abfassung der Grundgesetze des Bundes und dessen organische Einrichtung in Rücksicht auf seine auswärtigen, militärischen und innern Verhältnisse sowie Vereinbarungen über Preßfreiheit und Sicherstellung des Verlags- und Autorrechts und über Regelung des Handels und Verkehrs bezeichnet.
Unzweifelhaft ließ diese Akte viele berechtigte Wünsche der Nation, sowohl was Einheit als was Freiheit betraf, unbefriedigt und entsprach weder der geistigen Entwickelung des deutschen Volkes, das in dem mächtigen Aufschwung der schönen Litteratur und der Wissenschaften eine den ersten Kulturvölkern ebenbürtige Bildung und ein Anrecht aus freie und nationale politische Institutionen erworben hatte, noch den großen Opfern, die im Befreiungskrieg an Blut und Geld gebracht worden waren. Dennoch war der Bund lebens- und entwicklungsfähig, wenn der gute Wille, welchen die Regierenden bei seiner Begründung bekundeten, auch in der Zukunft ernst und aufrichtig bethätigt wurde und die Stimme der Nation, wie sie sich in der Presse und der Litteratur äußerte, die gebührende Berücksichtigung fand. Namentlich das Versprechen landständischer Verfassungen in den Einzelstaaten mußte ehrlich erfüllt werden. Dies geschah aber nur in wenigen Mittel- und Kleinstaaten, wie Sachsen, Weimar, Baden, Bayern, Württemberg, vor allem nicht in Österreich und Preußen, obwohl der König Friedrich Wilhelm III. durch seinen Erlaß vom 22. Mai 1815 die Berufung von Reichsständen mit konstitutionellen Rechten ausdrücklich versprochen hatte. Anfangs waren es die Schwierigkeiten der Neuorganisation der Verwaltung, welche die Ausführung des Versprechens in Preußen verzögerten. Bald aber machte sich der unheilvolle Einfluß reaktionärer, konterrevolutionärer Strömungen, welche von Österreich und Rußland mit Eifer unterstützt wurden, in D. und Preußen immer mehr bemerkbar. Alle lebhaftern Äußerungen liberalen und nationalen Geistes von seiten der Männer der Wissenschaft und der studentischen Jugend wurden von den Häuptern der Reaktion in Preußen, Tzschoppe, Kamptz und Schmalz, von den österreichischen Staatsmännern Metternich und Gentz und von den russischen Agenten Kotzebue und Stourdza ausgebeutet, um die deutschen Regierungen einzuschüchtern, ihnen Furcht vor einer gewaltsamen Umwälzung einzujagen und sie zu polizeilicher Unterdrückung aufzufordern. Görres' "Rheinischer Merkur" ward verboten, der Tugendbund aufgehoben, und das Wartburgfest der Jenaer Burschenschaft (18. Okt. 1817) wurde zum Anlaß genommen, Karl August von Weimar zur Wiedereinführung der Zensur und zur Beschränkung der studentischen Freiheit zu nötigen. Die Bekämpfung des sogen. revolutionären Geistes in seinen unschuldigsten Regungen war auf dem Aachener Kongreß (1818) ein Hauptgegenstand der Beratung der Monarchen. Die Wiener Politiker, welche am liebsten in Europa und in D. eine Kirchhofsruhe hergestellt hätten, um ungestört ihrer epikureischen Genußsucht frönen zu können, benutzten namentlich die Ermordung Kotzebues durch einen Jenaer Studenten, K. L. Sand (1819), dazu, um deutsche Ministerkonferenzen nach Karlsbad (August 1819) zu berufen, welche sich über gewisse Beschlüsse gegen die Presse, die Burschenschaft, das Turnwesen und die Freiheit der Universitäten vereinigten. Diese Karlsbader Beschlüsse wurden vom Bundestag in einer einzigen Sitzung (20. Sept. 1819) sämtlich bestätigt. Während alle in der Bundesakte versprochenen Dinge, organische Bundeseinrichtungen, Grundgesetze, Sicherung der Freiheit der Presse und des Handels und Verkehrs, landständische Verfassungen u. dgl., seit 1815 nicht im geringsten gefördert worden waren, ward jetzt sofort eine Exekutivordnung für die Ausführung von Bundesbeschlüssen, welche die Sicherung der öffentlichen Ordnung bezweckten, beschlossen, die Überwachung sämtlicher Universitäten und eine strenge Zensur eingeführt und in Mainz eine Zentraluntersuchungskommission gegen die demagogischen Umtriebe eingesetzt, die eine Menge meist schuldloser junger Leute verhaften ließ und jahrelang in Gefängnissen herumschleifte. Die gewissenhaften, aber rauhen preußischen Behörden verfuhren bei den Demagogenverfolgungen mit gehässigem Ungeschick. Männer wie Arndt, Welcker und Jahn wurden verhaftet und ihrer Ämter entsetzt.
Damit noch nicht zufrieden, bewirkte Metternich, stets getreulich von Preußen unterstützt, die Annahme der Wiener Schlußakte (8. Juli 1820), welche den Deutschen Bund zu einem völkerrechtlichen Verein zur Erhaltung innerer und äußerer Ruhe herabdrückte und den Bundestag zu einem bloßen Polizeiorgan der beiden deutschen Großmächte, hinter denen Rußland stand, machte. Selbst das Versprechen landständischer Verfassungen wurde dahin deklariert, daß in dem Staatsoberhaupt in seiner Eigenschaft als Souverän die gesamte Staatsgewalt vereinigt bleiben müsse und dasselbe nur hinsichtlich der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden sei, sowie daß keiner der Fürsten durch die Verfassung an der Erfüllung seiner bundesmäßigen Pflichten behindert werden dürfe. Die süddeutschen Staaten, in welchen sich ein konstitutionelles Leben in den Landtagen entwickelt hatte und ein liberaler Geist herrschte, namentlich Württemberg, suchten sich den Karlsbader Beschlüssen zu entziehen und eine freisinnige Haltung gegen Presse, Vereinswesen und Universitäten zu bewahren. Sie mußten sich zwar dem Druck der Mächte fügen, rechtfertigten aber durch ihr Auftreten nachträglich ihre unpatriotische Opposition auf dem Wiener Kongreß gegen eine starke Zentralgewalt. Denn nun sah ja die Nation, wie eine solche nicht zur Begründung eines einheitlichen Staatswesens, sondern nur zur Unterdrückung der Freiheit verwendet wurde, und mußte froh sein, daß die Staaten noch genug Selbständigkeit gerettet hatten, um der Polizeiwillkür einige Schranken zu ziehen. Der Bundestag verfiel seitdem der gerechten allgemeinen Verachtung, und von ihm hoffte man nichts mehr. Die Masse des Volkes ging damals allerdings noch ganz in den Sorgen des täglichen Lebens auf, in der Heilung der Kriegswunden durch gesteigerte gewerbliche und kommerzielle Thätigkeit, und das Nationalgefühl machte bei ihr wenig Fortschritte. Die gebildeten Kreise aber, die geistigen Führer Deutschlands, richteten ihre Aufmerksamkeit vor allem auf die Erringung der Freiheit und nahmen sich ein Vorbild an den französischen Liberalen, deren Bestrebungen und Ideen namentlich in Süddeutschland maßgebend wurden.
Die Pariser Julirevolution von 1830 gab denn auch in D. den Anlaß zu einer liberalen und unitarischen Bewegung. In Braunschweig wurde der Herzog Karl, der sein Land durch eine tolle Mißregierung aufs äußerste gereizt hatte, vertrieben und im Oktober 1832 eine neue, freisinnigere Verfassung proklamiert. Der Kurfürst Wilhelm II. von Hessen wurde gezwungen, seinen Sohn zum Mitregenten anzunehmen und die seit 14 Jahren nicht versammelten Landstände zu berufen, welche 9. Jan. 1831 eine liberale Verfassung zu stande brachten. Auch in Sachsen wurde durch Unruhen in verschiedenen Städten die Einsetzung eines freisinnigen Ministeriums und der Beginn von Reformen veranlaßt. In Hannover endlich wurde das ständisch-aristokratische Grundgesetz von 1819 durch ein echt konstitutionelles ersetzt (1833). Im badischen und hessen-darmstädtischen Landtag wurden Anträge auf Berufung einer deutschen Nationalrepräsentation eingebracht. Die reaktionären Staatsmänner gerieten schon in die höchste Unruhe, als zwei unkluge Ausschreitungen, welche durch das Vordrängen unreifer republikanischer und revolutionärer Elemente herbeigeführt wurden, das Hambacher Fest (27. Mai 1832) und das ganz kopflose Frankfurter Attentat einiger Studenten gegen den Bundestag (3. April 1833), ihnen den Vorwand gaben, von Bundes wegen mit scharfen Polizeimaßregeln gegen den Liberalismus einzuschreiten. Der Bundestag faßte 28. Juni und 5. Juli 1832 mehrere von Metternich diktierte Beschlüsse, wonach die Regierungen verpflichtet wurden, nichts zu dulden, was den Beschlüssen des Bundestags zuwiderlaufe, und der Bund sich selbst das Recht vorbehielt, gegen revolutionäre Bewegungen unaufgefordert mit bewaffneter Hand einzuschreiten; Steuern, zur Deckung von Bundeskosten bestimmt, sollten die Landstände gar nicht verweigern dürfen. Alle Vereinigungen politischen Charakters und alle Volksversammlungen wurden verboten und die existierenden liberalen Zeitungen unterdrückt. 1833-34 wurden wieder Ministerkonferenzen in Wien abgehalten, die trotz des Widerspruchs mehrerer mittelstaatlicher Vertreter beschlossen, daß den Ständeversammlungen das Steuerverweigerungsrecht überhaupt nicht zustehe, die Zensur auf die Veröffentlichung der ständischen Verhandlungen ausgedehnt, diese auf die Beratung innerer Angelegenheiten beschränkt, die Universitäten einer noch strengern Kontrolle unterworfen, endlich zur Ausrottung des Demagogentums eine neue Zentraluntersuchungskommission in Frankfurt eingesetzt werden sollte. Wieder wurden ein paar Hundert ältere (Jordan und Weidig), besonders aber junge Männer in die Verbannung getrieben oder durch Verurteilung zu langer Festungshaft unglücklich gemacht. Den Handwerksgesellen wurde das Wandern in die Schweiz, nach Frankreich und Belgien verboten, damit sie nicht vom Liberalismus angesteckt würden. In Baden mußte die freisinnige Preßgesetzgebung aufgehoben werden, und die Vorkämpfer des Liberalismus, Rotteck und Welcker, wurden ihrer Professuren an der Freiburger Universität entsetzt. Der schamlose Rechtsbruch, mit welchem 1837 König Ernst August von Hannover aus Eigennutz die Verfassung von 1833 umstieß und an deren Stelle eine neue, "den wahren Bedürfnissen des Landes" und dem Vorteil seiner Zivilliste entsprechende verhieß, wurde vom Bundestag geradezu gebilligt, indem er sowohl den Protest der sieben Göttinger Professoren, welche dafür aus Hannover ausgewiesen wurden, als die Bitte der hannöverschen Kammer um seine Intervention gegen die Rechtsverletzung ablehnte.
Auch in der Wahrung der äußern Interessen Deutschlands leistete der Bundestag nichts. Die Deutschen im Ausland fanden höchstens den Schutz, den ihnen Österreich oder Preußen leihen konnte und wollte. Die Einrichtung einer Kriegsflotte zum Schutz des deutschen Handels und die Befestigung der Küsten hat der Bundestag nie auch nur erwogen. Die Verbesserung der Kriegsverfassung kam trotz wiederholter Anträge Preußens nicht zustande; die Frage namentlich über den Oberbefehl wurde nicht entschieden. Der Ausbau der Grenzfestungen am Rhein verzögerte sich von Jahr zu Jahr, obwohl bereits 1829 von neuem die Gefahr eines französischen Angriffs, um die Rheinlande D. zu entreißen, gedroht hatte; die Mittel dazu lagen aus der französischen Kriegsentschädigung von 1815 bereit, der Bund ließ sie aber dem Haus Rothschild gegen 2 Proz. Zinsen. Den gehässigen Schwierigkeiten, welche die selbstsüchtigen Holländer der freien Entwickelung der Rheinschiffahrt bereiteten, wußte der Bund ebensowenig ein Ende zu machen wie den Rheinzöllen. Als Belgien sich von den Niederlanden losriß und auch den deutschen Staat Luxemburg beanspruchte, verstand sich der Bund zu einer Teilung und nahm das ohne die Festungen Maastricht und Venloo militärisch ganz wertlose Limburg zur Entschädigung. Als die schleswig-holsteinischen Stände sich über die Verletzung ihrer Privilegien durch die dänische Krone beschwerten und König Christian VIII. in seinem "offenen Brief" (8. Juli 1846) die rechtmäßige Thronfolgeordnung in den Herzogtümern und ihre untrennbare Vereinigung bedrohte, verwies der Bund die Stände 17. Sept. auf ihre Bitte um Schutz auf die Erklärung des dänischen Königs, der die Rechte aller zu beachten versprochen habe. Den Frieden, den D. 1815-48 genoß, dankte es also nur der nachgiebigen Schwäche des Bundestags.
Nicht einmal auf dem ganz neutralen Gebiet des Zollwesens vermochte derselbe etwas zu leisten. Als 1817 nach einer Mißernte eine große Teurung eintrat, welche infolge des durch Zollschranken zwischen den einzelnen Staaten, ja durch Binnenzölle zwischen Provinzen gehemmten Verkehrs zu einer furchtbaren Hungersnot anwuchs, ging Preußen mit der Aufhebung der Wasser- und Binnenzölle in seinem Gebiet voran, proklamierte 1818 das Prinzip der Handelsfreiheit und eröffnete 1821 mit der Konvention über Befreiung der Elbschiffahrt die Reihe von Verträgen, welche 1833 zur Begründung des Deutschen Zollvereins führten; derselbe umfaßte mit Ausschluß Österreichs fast sämtliche deutsche Staaten, und seine segensreichen Wirkungen für Industrie und Handel machten sich bald bemerklich. Als 1840 der geistreiche, schwungvolle König Friedrich Wilhelm IV. den preußischen Thron bestieg, knüpfte man in D. daran noch weitere Hoffnungen auf eine freiheitliche Entwickelung in den Einzelstaaten und auf Erfüllung des allgemeinen Wunsches nach nationaler Einheit. Wirklich regte Friedrich Wilhelm in Wien eine Reform der Bundesverfassung wiederholt an, da die Nation mit Recht erwarte und verlange, daß ihre gemeinsamen Interessen, ihre unabweisbaren Bedürfnisse volle Befriedigung fänden. Er erließ eine allgemeine politische Amnestie, welche die Opfer der Demagogenverfolgungen befreite, und milderte die Zensur. Aber sein Zaudern, Preußen eine Verfassung zu geben, die enge Beschränkung der Rechte des Vereinigten Landtags, der endlich 1847 berufen wurde, seine mit Vorliebe kundgegebenen mittelalterlich-ständischen Ansichten und seine Hinneigung zur kirchlichen Orthodoxie ernüchterten die Nation. Das Metternichsche System schien dauernd begründet zu sein, und dennoch hatte niemand ein festes Vertrauen auf seinen Bestand. Der Bundestag befriedigte außer Österreich weder Fürsten noch Volk, obwohl man ihn nicht zu reformieren wußte. Unter den Liberalen nahmen teils partikularistische, teils republikanische Neigungen zu und vermehrten die allgemeine Gärung, welche zum zweitenmal durch eine Umwälzung im westlichen Nachbarland, durch die Pariser Februarrevolution 1848, zum Ausbruch kam.