Schneewittchen (in früheren Ausgaben Sneewittchen, ndt.: Snee „Schnee“, witt „weiß“) ist ein Märchen, das in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 53 erzählt wird (KHM 53; Typ 709 nach Aarne und Thompson).

Inhalt
Vorgeschichte
Eines Tages wünscht sich die schöne Königin sehnlichst ein Kind. An einem kalten Wintertag sitzt sie am Fenster das einen Rahmen aus schwarzem Ebenholz hat und näht. Beim Betrachten der Schneeflocken wird sie abgelenkt und sticht sich mit der Nähnadel in den Finger. Als sie das Blut auf den Schnee tropfen sieht, denkt sie: „Hätt ich ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut, und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen[1].“ in anderen Versionen auch so schwarz wie Ebenholz.
Nach Schneewittchens Geburt stirbt ihre Mutter. Nach einem Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. Die ist sehr schön, aber stolz, übermütig und böse. Sie kann es nicht ertragen, an Schönheit übertroffen zu werden. Als ihr sprechender und allwissender Spiegel Schneewittchen und nicht sie die Schönste im ganzen Land nennt, beauftragt sie den Jäger, ihre Stieftochter umbringen zu lassen und ihr zum Beweis Lunge und Leber zu bringen, doch dieser lässt das Mädchen laufen und bringt der Königin stattdessen Lunge und Leber eines Frischlings.
Schneewittchen und die sieben Zwerge
Schneewittchen flüchtet durch einen Wald und die wilden Tiere tun ihr nichts. Sie kommt zu einem Häuslein, wo ein Tisch für sieben Personen gedeckt ist, von dem sich Schneewittchen bedient. Als es ganz dunkel ist, kommen die Herren des Häusleins, die sieben Zwerge, die in den Bergen nach Erz hackten und gruben. Sie sind erstaunt, dass jemand von ihrem Tellerchen gegessen, aus dem Becherchen getrunken (usw.) hat. Im Bett des siebenten Zwergs finden sie das schlafende Schneewittchen. Am nächsten Morgen erklärt Schneewittchen ihnen die Situation, und es darf im Hause der Zwerge wohnen bleiben, wenn es die Hausarbeiten verrichtet. Dann wird es dem Schneewittchen an nichts fehlen.
Die Königin vergiftet Schneewittchen
Währenddessen befragt die böse Königin ihren Spiegel ein weiteres Mal nach der schönsten Person im Königreich. Der Spiegel verrät ihr hierbei, dass Schneewittchen noch am Leben sei und sich hinter den Bergen im Haus der Zwerge verstecke. Drei Mal versucht nun die Königin Schneewittchen zu töten, indem sie sich als Händlerin verkleidet: Mit einem Schnürriemen (Mieder), einem Kamm und einem Apfel. Die ersten beiden Male können die Zwerge Schneewittchen ins Leben zurückholen. Beim dritten Mal legen sie es in einen gläsernen Sarg, in dem es aussieht, als schliefe sie nur.
Die Erlösung
Ein vorbeireitender Königssohn verliebt sich in die scheinbar tote Prinzessin. Beim Versuch, den Sarg auf sein Schloss zu tragen, stolpert einer zu Boden, und das giftige Apfelstück rutscht Schneewittchen aus dem Hals. Sie erwacht, und der Prinz heiratet sie.
Interpretationen
Nach der analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs repräsentiert die Stiefmutter in vielen Märchen den Archetyp des Schattens oder der nefasten Mutter.
Nach der Anthroposophin Friedel Lenz[2] stellt das Zwergenhaus den Körper des Kindes, die Zwerge seine Elementarkräfte dar. Dabei ist Sieben die Zahl der Zeit. Die Märchen Schneewittchen, Dornröschen und Rotkäppchen bilden eine Abfolge seelischen Niedergangs. Durch das gemeinsame Essen des Apfels identifiziert sie sich mit der Versucherin. Nur durch eigene Kraft kann sie das Gift wieder ausstoßen, und die Mystische Hochzeit (Alchemie) zwischen Seele und Geist (Königssohn) kann stattfinden. In der Grimm-Ausgabe von 1812 isst Schneewittchen am Schluss zusammen mit dem Prinzen.
Der Erzählforscher Lutz Röhrich merkt an, dass Schönheit in Märchen immer mit Liebe korrespondiert, was hier aber ausschließlich in pervertierter Form geschieht.[3] Grimms Märchen sind – verglichen mit anderen Versionen – nahezu asexuell geschildert. Heinz Rölleke stellt fest, dass diese Tendenz in späteren Ausgaben noch zunimmt.
In der ersten Ausgabe von 1812 ist die Königin die leibliche Mutter. Schneewittchen erwacht, als ihr ein Diener des Prinzen einen Schlag in den Rücken versetzt, aus Ärger, dass er das tote Mädchen den ganzen Tag herumtragen muss. Darüber hinaus bestehen viele kleinere Unterschiede wie die ausdrücklich erwähnten roten Backen des Mädchens oder das gemeinsame Mahl mit dem Prinzen.[4]
Aus den Aufzeichnungen der Brüder Grimm[5] geht hervor, dass sie sich offenbar mehrere Versionen des Märchens zusammensuchten, aber auch selbst den Wortlaut zurechtfeilten. So wurden z.B. aus ein paar Blutstropfen nachträglich drei Blutstropfen. Dies könnte eine Anspielung auf das Blutstropfenmotiv in Wolfram von Eschenbachs Parzival sein, wo das Bild der Geliebten, Condwiramurs, mit dem Bild des Mitleids vor Parzivals geistigem Auge erscheint. Gerade die Motivlinie der „Drei Blutstropfen“ in Verbindung mit Parzivals Mitleids- und Erinnerungserlebnis der drei Blutstropfen im Schnee verbindet das Bild der Tropfen mit dem Gedanken der Trinität und der Passion. Das Bild der drei Blutstropfen auf weißem Untergrund verbindet das Märchen „Schneewittchen“ darüber hinaus mit dem Märchen „Die Gänsemagd“, wo drei Blutstropfen in einem Taschentuch neben dem Pferd Fallada einziges Unterpfand für Leben und Achtung der Prinzessin bieten. In „Schneewittchen“ ist in der Dreizahl der Blutstropfen auch ein korresponierender Wiederklang zu sehen zu dem dreimaligen lebensbedrohlichen Auftauchen der bösen Stiefmutter bei den Zwergen, wobei bei diesen drei tückischen Besuchen die Stiefmutter in Form eines vergifteten Geschenks Schneewittchen interessanterweise die drei Attribute der Venus darbringt – Kamm, Gürtel und Apfel.
In zwei nicht veröffentlichten Versionen lässt die Königin das Kind auf einer Kutschfahrt im Wald aussteigen, um ihr Rosen zu pflücken oder ihren Handschuh aufzuheben und fährt dann weg (also ähnlich wie in Hänsel und Gretel). In der einen Version ist es der Vater, der sich das Mägdlein wünscht, als sie an drei Schneehaufen, drei Gruben voll Blut und drei Raben vorbeifahren (vgl. Die sieben Raben). Als Herkunft der Grimm'schen Fassungen werden Marie Hassenpflug, ferner Einflüsse von Ferdinand Siebert und Albert Ludwig Grimm (in Des Knaben Wunderhorn, 1809) vorgeschlagen. Der Eingang mit den Blutstropfen der echten Mutter entspricht Vom Machandelbaum. Eine andere literarische Variante des Stoffes vor Grimms Fassung war Richilde (1782) von Johann Karl August Musäus.
Mündliche Überlieferungen sind schon früher in fast allen Völkern Europas nachweisbar. Die sieben Zwerge gehören zu einer hessischen Variante. Sonst waren es oft sieben Räuber (aber auch Drachen, Riesen etc.). Besonders verbreitet war das Märchen in Italien, dort fallen die Blutstropfen etwa auf Marmor oder Käse. [6]
Der hessische Heimatforscher Eckard Sander sieht als Grundlage für den Märchenstoff und die junge Prinzessin das Schicksal der hessischen Grafentochter Margaretha von Waldeck. Kirsten Höhne und Claudia Moroni verfilmten dessen Thesen 2006 in einer Dokumentation für das ZDF.
Das Motiv, das eigene Kind in der Wildnis töten zu lassen und Organe zum Beweis mitzubringen, wofür der angeheuerte Mörder Tiere tötet, taucht auch in Tausendundeine Nacht auf (224. Nacht).
Rezeptionen
Ernst Ludwig Rochholz veröffentlichte im Jahr 1856 eine kurze Erzählung unter dem Titel Der Tod der sieben Zwerge. Darin übernachtet ein Bauernmädchen bei sieben Zwergen, die sich streiten, wer es zu sich ins Bett nehmen darf. Als noch eine Bauersfrau herein will, schickt das Mädchen sie weg. Die schimpft und kommt mit zwei Männern zurück, die die Zwerge erschlagen. [7]
Alexander Puschkin verfasste bereits in den 1820er Jahren ein Märchen in Versform unter dem Titel Das Märchen von der toten Prinzessin und den sieben Recken, oft auch kurz Die leblose/tote Prinzessin genannt. Diese Version erzählt im Grunde das gesamte Märchen, jedoch mit zahlreichen Unterschieden zur Grimmschen Version:
- Schneewittchen wird nicht als solches bezeichnet, sondern ist eine namenlose Prinzessin
- sie flüchtet zu sieben Rittern, statt zu sieben Zwergen. Dort fehlen die Episoden mit dem geschnürten Mieder und dem vergifteten Kamm. Die Ritter gehen auf die Jagd statt in ein Bergwerk und würden das Mädchen gerne selbst ehelichen, geben sich aber mit deren Freundschaft zufrieden
- im Wald soll das Mädchen von einer Kammerfrau, statt von einem Jäger getötet werden; der Mordanschlag im Haus der Ritter wird von dieser Kammerfrau im Auftrag der bösen Königin verübt, als Wiedergutmachung für ihren Betrug beim ersten Mordauftrag und nicht von der Königin selbst
- die Heldin ist mit dem Prinzen, der sie am Ende rettet, bereits aus der Zeit im Königsschloss verlobt
- die böse Königin stirbt vor Gram, wieder nicht mehr die Schönste zu sein und nicht durch Bestrafung durch den Prinzen [8]
Das Nachkriegsautomobil Messerschmitt Kabinenroller KR200 mit seiner zur Seite abklappbaren Plexiglas-Kuppel, der Radio-Plattenspieler Braun SK 5 und das in den 70er Jahren gebaute Automodell Volvo P1800 ES wurden wegen ihres Aussehens Schneewittchensarg genannt. Snøhvit oder Schneewittchen ist auch der Name eines Erdgasfeldes in der Barentssee.
Robert Walser erzählt mit seinem 1901 in „Die Insel“ veröffentlichten „Schneewittchen“ eine Schneewittchengeschichte, in deren Zentrum das universelle Verzeihen steht, das hier zur einzigen Möglichkeit wird dem opaken Bösen der Stiefmutter und dem opaken Bösen des Nichtverstehens und Beschütztwerdens durch den Vater zu begegnen. Vertont wurde Robert Walsers Schneewittchen durch Holliger in der Oper „Schneewittchen“ und uraufgeführt in Zürich in der großartigen Interpretation von Juliane Banse als Schneewittchen.
Interessante Illustrationen zu Schneewittchen gibt es von Arthur Rackham, Marianne Stokes und Edmond Dulac.
Filme
Es gab zahlreiche Verfilmungen des Märchens, teilweise auch Parodien:
- Snow White (Stummfilm, 1916, USA), Regie: J. Searle Dawley
- 1937 brachten die Walt Disney Studios mit Snow White and the Seven Dwarfs ihren ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm heraus. Die deutsche Uraufführung von Schneewittchen und die sieben Zwerge fand am 24. Oktober 1950 in Köln statt.
- Schneewittchen und die sieben Zwerge (1939, Deutschland), Regie: Carl Heinz Wolff
- Schneewittchen (Fernsehproduktion der Augsburger Puppenkiste, s/w, 1955)
- Schneewittchen und die sieben Zwerge (1956, Westdeutschland), Regie: Erich Kobler
- Schneewittchen und die sieben Zwerge (1961, DDR), Regie: Gottfried Kolditz
- Snow White and The Three Stooges (1961, USA)
- Schneewittchen und die sieben Gaukler (1962, Westdeutschland/Schweiz), Regie: Kurt Hoffmann
- Grimms Märchen vom lüsternen Pärchen / Schneewittchen... doch ein Flittchen (1969, Westdeutschland), Regie: Rolf Thiele
- Dornwittchen und Schneeröschen (1969, Westdeutschland), Regie: Erwin Klein
- Pamuk Prenses ve 7 cüceler (1970, Türkei), Regie: Ertem Göreç mit Zeynep Değirmencioğlu
- Schneewittchen (1971, Westdeutschland), Regie: Rudolf Jugert
- Von der schönen Zarentochter und den sieben Recken (1978, Russland), Regie: Vladimir Gorikker mit Irina Alfyorova - hier allerdings in dieser Version vorzüglich Puschkins Perspektive auf das Märchen
- Gurimu Meisaku Gekijō, japanische Zeichentrickserie 1987, Folge 10-13: Schneewittchen
- Snow White (1988, USA/Israel), Regie: Michael Berz
- Schneewittchen und das Geheimnis der sieben Zwerge (1992, Deutschland/Slowakei), Regie: Ludvik Raza
- 1994 Schneewittchen (Shirayuki-hime no Densetsu) 52-teilige TV-Serie (1994–5, Japan)
- 1997 erschien mit Schneewittchen (Snow White: A Tale Of Terror) von Michael Cohn und mit Sigourney Weaver und Sam Neill eine Fantasy/Horror-Fassung des Stoffes, die aufgrund der Ähnlichkeit zur Disney Version nicht in die Kinos dürfte.
- SimsalaGrimm, deutsche Zeichentrickserie 1999, Staffel 2, Folge 8: Schneewittchen und die sieben Zwerge
- 2001 folgte ein weiterer Schneewittchen Film mit dem Titel "Snow White" unter der Regie von Caroline Thompson mit Miranda Richardson und Kristin Kreuk in den Hauptrollen.
- 7 Zwerge - Männer allein im Wald (2004, Deutschland), mit Otto Waalkes
- 7 Zwerge - Der Wald ist nicht genug (2006, Deutschland), mit Otto Waalkes
- Schneewittchen - 7 Zipfel und ein Horst, Komödie aus Die ProSieben Märchenstunde (Deutschland/Österreich, ab 2006)
Historischer Bezug
Wie einige Grimms Märchen, hat vermutlich auch das Märchen von Schneewittchen einen geschichtlichen Hintergrund.
Schneewittchen in Bayern
Als Entstehungsort bzw. Heimat Schneewittchens wird unter anderen die Stadt Lohr am Main im Spessart angesehen. Es gibt einige Indizien, die dafür sprechen, dass das Märchen aus dieser Gegend Deutschlands stammt. Noch heute gibt es in Lohr ein Schloss, welches – seit Ende des vergangenen Jahrhunderts ein findiger Apotheker und lokalpatriotischer Hobbyhistoriker die Schneewittchen-Theorie in die Welt setzte – von manchen auch als „Schneewittchen-Schloss“ bezeichnet wird. In diesem Schloss wohnte tatsächlich auch ein verwitweter Landgraf mit einer Tochter. Die Tochter verstand sich mit ihrer Stiefmutter nicht. In Lohr wurde im 17. und 18. Jahrhundert vor allem Glas produziert und über den Main in alle Welt verschifft. Lohr galt als regelrechtes Zentrum der Glas-Manufaktur, und es wurden auch Spiegel hergestellt: im Spessart-Museum im Schloss findet sich eine Sammlung sehr wertvoller Exemplare. Darunter ist auch ein Spiegel, der als der Schneewittchenspiegel angesehen wird, da ihn eine Inschrift ziert (Spiegel mit solchen Prunkinschriften nennt man auch Sprechende Spiegel). Im Schloss liegt auch ein einzelner alter Damenschuh in einer Vitrine. Die notwendigen Rohstoffe zur Glasproduktion wurden damals im Spessart in Bergwerken abgebaut. Da es sich noch um vorindustriellen Bergbau handelte, arbeiteten in diesen Bergwerken vor allem Kinder oder sehr kleine Menschen, die auch in kleinen Hütten direkt bei den Stollen im Spessart wohnten. Aus diesen kleinen Menschen könnten im übertragenen Sinne die Zwerge geworden sein, die hinter den „Sieben Bergen“ (dem Spessart) in winzigen Häuschen wohnten.
Schneewittchen in Hessen
Der hessische Heimatforscher Eckhard Sander bietet eine weitere Erklärung. Im Stadtarchiv von Bad Wildungen befindet sich ein Dokument über Fräulein Margareta von Waldeck, die wegen ihrer großen Schönheit weithin bekannt war. Sie hatte eine strenge Stiefmutter. Als sie etwa 16 Jahre alt war, schickte ihr Vater, Graf Philipp IV. von Waldeck, das Mädchen an den kaiserlichen Hof von Brabant ins heutige Brüssel. Auf diese Weise sollte sie mit einem Prinzen verheiratet werden. So reiste Margareta über das Siebengebirge dorthin. Doch es gab indes Schwierigkeiten, als sich mehrere hochrangige Persönlichkeiten wie Graf Egmont und der Thronfolger (später Philipp II.) um Margareta bemühten. Ihre Gesundheit wurde zusehends schlechter. Schließlich starb sie am 13. März 1554 im Alter von 21 Jahren. In der Heimatchronik von Waldeck findet man den Vermerk, dass Margareta vergiftet wurde. Bei dem Gift könnte es sich um Arsen gehandelt haben, ein für das Mittelalter typisches Mittel, um Personen aus dem Weg zu räumen. Dass Arsen manchmal über einen unbestimmten Zeitraum hin zum Tod führen kann, würde die Tatsache erklären, dass Margaretas Gesundheit sich verschlechterte und sie ein Testament in zittriger Schrift verfasste. Der Wohnort der Sieben Zwerge wird von ihm im Bergwerksdorf Bergfreiheit lokalisiert, welches heute ein Ortsteil von Bad Wildungen ist und sich als Schneewittchendorf bezeichnet. Des Weiteren wurde in einer früheren Version der Brüder Grimm von 1808 das Haar Schneewittchens noch als „gelb“ bezeichnet. Die echte Margareta war blond. Das ZDF widmete Sanders Thesen die erste Folge der Reihe Märchen und Sagen – Botschaften aus der Wirklichkeit.[9]
Auch in dem kleinen mittelhessischen Dorf Langenbach im Taunus findet man historische Anhaltspunkte zu Schneewittchen und den sieben Zwergen, die insbesondere durch lokale Begebenheiten, sowie alte Flur- und Gemarkungsnamen gestützt werden (Schneewittchen starb in Langenbach). Zunächst liegt der Ort an der gleichen historischen Hauptverbindungsstraße (Hessenstraße) wie auch Marburg, der Studienort der Brüder Grimm. Im Ort selbst wurde früher Bergbau betrieben und interessanterweise gibt es im Talgrund den uralten Gemarkungsnamen „Im Zwerggrund“. In älteren Varianten des Märchens (teilweise heute noch in Österreich gebräuchlich) ist auch nicht von einem Glassarg, sondern von einem Glasberg die Rede (s.a. Märchenlexikon). Der Glasberg versinnbildlichte in heidnischer Zeit eine Totenstätte. Unweit des „Zwerggrundes“, gewissermaßen einen Steinwurf entfernt befindet sich noch heute dieser „Glasberg“.
Schneewittchen in Niedersachsen
Vermutet wird die inhaltliche Herkunft des Märchens aus den nahegelegenen Sieben Bergen, einem Höhenzug im Leinebergland im südlichen Niedersachsen. Nimmt man die Lokalität dieser Sieben Berge als geografischen Hinweis auf, so findet man nordwestlich davon den Bergwerksort Osterwald, ein Ortsteil von Salzhemmendorf am gleichnamigen Osterwald (Leinebergland) gelegen. Dort wurde ein Steinkohlenbergwerk (Hüttenstollen Osterwald) seit dem 16. Jahrhundert betrieben. Eine Glasproduktion befand sich ganz in der Nähe. Unter anderem wurde dort das berühmte Lauensteiner Glas hergestellt. Verlängert man nun die Linie von diesem Bergwerksort über die Sieben Berge bei Alfeld, so führt diese zur Burgruine Stauffenburg, in der die böse Stiefmutter gewohnt haben könnte. Die Brüder Grimm lehrten an der Universität im nahegelegenden Göttingen. 2002 haben Bürger von Alfeld, das an der Leine direkt südwestlich dieses Höhenzugs liegt, einen Wanderweg in den Sieben Bergen offiziell als Schneewittchenpfad ausgewiesen.
Soziologischer Bezug
Zur soziologischen (strukturalistischen) Interpretation des Märchens vgl. Die „Stiefmutter“ in der Wissenschaft.
Literatur
- Grimm, Brüder: Kinder- und Hausmärchen. Vollständige Ausgabe. Mit 184 Illustrationen zeitgenössischer Künstler und einem Nachwort von Heinz Rölleke. S. 297-308. Düsseldorf und Zürich, 19. Auflage 1999. (Artemis & Winkler Verlag; Patmos Verlag; ISBN 3-538-06943-3)
- Rölleke, Heinz (Hrsg.): Die älteste Märchensammlung der Brüder Grimm. Synopse der handschriftlichen Urfassung von 1810 und der Erstdrucke von 1812. Herausgegeben und erläutert von Heinz Rölleke. S. 244-265. Cologny-Geneve 1975. (Fondation Martin Bodmer; Printed in Switzerland)
- Röhrich, Lutz. "...und weil sie nicht gestorben sind...". Anthropologie, Kulturgeschichte und Deutung von Märchen. Köln, Weimar, Wien, 2002. (Böhlau Verlag; ISBN 3-412-11201-1)
- Lenz, Friedel: Bildsprache der Märchen. 2. Auflage, Stuttgart 1972. S. 30 - 47. (Verlag Urachhaus Stuttgart; ISBN 3-87838-148-4)
- Grant Duff, J. F.: Schneewittchen - Versuch einer psychoanalytischen Deutung. In: Laiblin, Wilhelm (Hrsg.), Märchenforschung und Tiefenpsychologie. Darmstadt 1969. S. 88-99. Zuerst erschienen in: Imago, Zeitschrift für Psychoanalytische Psychologie, ihre Grenzgebiete und Anwendungen. XX. Band, 1934. S. 95-103.
- Bartels, Karlheinz: Schneewittchen - Zur Fabulologie des Spessarts. Lohr 1990 (ISBN 3-9800281-4-3)
- Schneewittchen wie es wirklich wa(h)r: Theodor Ruf, Die Schöne aus dem Glassarg. Schneewittchens wirkliches und märchenhaftes Leben. Würzburg: Königshausen und Neumann, 1995.
Musik
- 1969 veröffentlichte die schwedische Sängerin und später Mitglied der Band ABBA, Agnetha Fältskog, in Schweden eine Single mit dem Titel Snövit och de sju dvärgarna (zu dt.: Schneewittchen und die sieben Zwerge)
- 1980 veröffentlichte die DDR Sängerin Gaby Rückert das Album Berührung. Dort findet man und auch eine Single mit dem Titel Schneewittchen hat's gut
- 17.Oktober 1998 Uraufführung der Oper "Schneewittchen" von Heinz Holliger in Zürich, eine Oper in 5 Szenen, einem Prolog und einem Epilog nach Robert Walser, in den Rollen waren folgende Sänger zu sehen: Juliane Banse - Sopran - Schneewittchen, Cornelia Kallisch - Alt - Königin, Steve Davislim - Tenor - Prinz, Oliver Widmer - Bariton - Jäger, Werner Gröschel - Bass - König, es spielte das Orchester der Oper Zürich unter der Leitung von Heinz Holliger
- 2000 nutzte Frank Nimsgern das Schneewittchen-Motiv in seinem Musical SnoWhite
- 2003 wurde von der deutsch-österreichischen Band Chamber auf dem Album Ghost Stories and Fairy-Tales das parodistische Lied The Truth About Snow-White veröffentlicht.
Quellen
- ↑ http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=969&kapitel=241&cHash=b2042df08bschneewi#gb_found
- ↑ Lenz, Friedel: Bildsprache der Märchen. 2. Auflage, Stuttgart 1972. S. 30 - 47. (Verlag Urachhaus Stuttgart; ISBN 3-87838-148-4)
- ↑ Röhrich, Lutz. „… und weil sie nicht gestorben sind …“. Anthropologie, Kulturgeschichte und Deutung von Märchen. Köln, Weimar, Wien, 2002. (Böhlau Verlag; ISBN 3-412-11201-1)
- ↑ Rölleke, Heinz (Hrsg.): Die älteste Märchensammlung der Brüder Grimm. Synopse der handschriftlichen Urfassung von 1810 und der Erstdrucke von 1812. Herausgegeben und erläutert von Heinz Rölleke. S. 244-265. Cologny-Geneve 1975. (Fondation Martin Bodmer; Printed in Switzerland)
- ↑ Rölleke, Heinz (Hrsg.): Die älteste Märchensammlung der Brüder Grimm. Synopse der handschriftlichen Urfassung von 1810 und der Erstdrucke von 1812. Herausgegeben und erläutert von Heinz Rölleke. S. 244-265. Cologny-Geneve 1975. (Fondation Martin Bodmer; Printed in Switzerland)
- ↑ Röhrich, Lutz. "...und weil sie nicht gestorben sind...". Anthropologie, Kulturgeschichte und Deutung von Märchen. Köln, Weimar, Wien, 2002. (Böhlau Verlag; ISBN 3-412-11201-1)
- ↑ Röhrich, Lutz. "...und weil sie nicht gestorben sind...". Anthropologie, Kulturgeschichte und Deutung von Märchen. Köln, Weimar, Wien, 2002. (Böhlau Verlag; ISBN 3-412-11201-1)
- ↑ Märchenbasar
- ↑ http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/24/0,1872,2382616,00.html
Weblinks
- Gutenberg-DE: Volltext von Schneewittchen
- Ausgabe von 1905 mit Illustrationen von Franz Jüttner
- Text der russischen Adaption Die leblose Prinzessin beim Märchenbasar
- Interpretation von Angelika Dissen zu Schneewittchen