Siamesische Zwillinge (auch Doppelfehlbildung) bezeichnet eine Fehlentwicklung, bei der eineiige Zwillinge nach der Geburt miteinander verbunden bleiben.
Bei eineiigen Zwillingen teilt sich die befruchtete Eizelle in zwei eigenständige Embryonalanlagen auf. Wenn diese Trennung nicht vollständig vollzogen ist, bleiben die beiden Embryos miteinander verbunden.
Die statistische Wahrscheinlichkeit für eine Doppelfehlbildung liegt zwischen 1:60.000 und 1:200.000. Da jedoch viele siamesischen Zwillinge nicht sehr lange überleben kommt nur etwa 1 siamesisches Zwillingspaar auf 1 Million Geburten.
Ausprägungen
Die Verbindung kann sowohl bis zu den inneren Organen reichen oder auch nur äußeres Gewebe betreffen. So kann es vorkommen, dass ein siamesisches Zwillingspaar nur ein Herz oder eine Lunge hat.
Verwachsungen können in verschiedenen Körperbereichen auftreten :
- Kopf
- Brust / Rumpfbereich
- Bauchbereich
- Steißbereich
In der Medizin wird nach Art und Ausmaß der Verwachsung unterschieden.
- Thorakopagus - Verwachsung am Brustbereich (Thorax)
- Omphalopagus - Verwachsung am Bauchbereich
- Pygopagus - Verwachsung am Steißbein
- Kraniopagus (Kephalopagus) - Verwachsung am Kopf
- usw.
Die Teilung muss nicht immer symmetrisch sein. Entwickelt sich zum Beispiel das Zellmaterial eines Zwillings nur unvollständig kann es auch zu assymetrischen (oder auch parasitären) Doppelfehlbildungen kommen.
Das weiter entwickelte Kind, in diesem Fall auch Autosit genannt, trägt das weniger entwickelte Kind, den Parasiten, am oder im Körper. Im Extremfall kann das weniger entwickelte Kind nur aus einem tumorähnlichen Zellhaufen bestehen. Diese Erscheinung kann zum sog. "Steinkind" führen: dass im Inneren eines Menschen (meist eher zufällig bei Operationen oder Untersuchungen) der nicht ausgebildete und inkorporierte Zwilling gefunden wird.
Trennung
Je nach Art und Umfang der Verbindung ist eine chirurgische Trennung der beiden Zwillinge möglich. Dabei müssen einige Voraussetzungen gegeben sein:
- Die beiden Zwillinge müssen jeweils alle lebensnotwendigen Organe besitzen.
- Die Stoffwechsel- und lebensnotwendigen Prozesse dürfen nicht zu kompliziert verflochten sein (z.B. gemeinsame Blutbahnen oder ähnliches)
Bis September 2004 überlebten 30 an der Schädeldecke zusammengewachsene Kinder eine Trennung, 17 von ihnen waren jedoch nach dem Eingriff behindert.
Berühmte Fälle
Der Name Siamesische Zwillinge kommt von einem berühmten chinesischen Zwillingspaar Chang und Eng Bunker (1811–1874), deutsch wird der Name meistens Bunkes statt Bunker angegeben. Die beiden Brüder wurden in Siam (heute Thailand) geboren und wurden unter dem Namen Die siamesischen Zwillinge als Jahrmarktsattraktion bekannt und gaben so dieser Fehlbildung den Namen. Die Brüder haben die zwei Schwestern Sarah und Adelaide Yates geheiratet und zeugten mit ihnen insgesamt 22 Kinder. Beide Brüder starben nur wenige Stunden nacheinander. Erst nach deren Tod wurde festgestellt, daß ihre gemeinsame Verwachsung keine wichtigen Organe beherbegte, so daß eine Trennung zu Lebzeiten möglich gewesen wäre.
Bekanntheit erreichten auch die beiden 29-jährigen Schwestern Ladan und Laleh Bijani aus dem Iran (* 17. Januar 1974), die am Kopf zusammengewachsen waren und ab dem 7. Juli 2003 durch eine aufwändige Operation eines Ärzteteams in Singapur getrennt wurden. Kurz nach der Trennung verstarb Ladan Bijani, wenige Stunden später auch ihre Schwester Laleh. Todesursache war laut Aussage der Ärzte Kreislaufversagen aufgrund zu hohen Blutverlustes während der Operation.
Im September 2004 begann in Baltimore die Trennung der ebensfalls am Kopf zusammengewachsenen einjährigen Zwillinge Lea und Tabea Block aus Lemgo. Von vornherein rechneten die Ärzte mit einer 50-prozentigen Überlebenschance der Schwestern. Die Operation wurde zunächst nach wenigen Stunden unterbrochen, nachdem sich bei einem der Mädchen Komplikationen einstellten. Wenige Tage später erfolgte die Trennung. Trotz Wiederbelebungsversuchen starb Tabea an niedrigem Blutdruck und unregelmäßigem Herzschlag. Ihre Schwester war nach der Operation in kritischem, aber stabilem Zustand. Die Ärzte weckten Hoffnungen, dass sie sich zu einem gesunden Mädchen entwickeln wird. Am 7. Dezember 2004 kehrte Lea nach Lemgo zurück.