Wasserversorgung in Hamburg

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Die Wasserversorgung in Hamburg war die erste moderne Wasserversorgung und -entsorgung auf dem europäischen Kontinent. Das Leitungs- und Rohrnetz ist zu einem Großteil noch heute in Betrieb und wird durch das Unternehmen Hamburg Wasser bewirtschaftet.

Feldbrunnen und Wasserträger

 
Wasserträgerin bei der Arbeit

Bis weit ins 14. Jahrhundert gab es in Hamburg keine geregelte Wasserversorgung. Die Haushalte und Gewerbebetriebe mussten ihren Wasserbedarf decken, indem sie Regenwasser in Tonnen sammelten oder aufwändig Wasser aus Schöpfstellen oder Brunnen an den Verbrauchsort schleppten. Wer hierzu nicht in der Lage war oder wer es sich leisten konnte, kaufte das Wasser von umherfahrenden Wasserwagen oder von Wasserträgern. Das Wassertragen war seinerzeit zumeist Frauenarbeit. Der bekannteste Hamburger Wasserträger war Hans Hummel, der zu einem der Hamburger Wahrzeichen geworden ist.

 
Wasserwagen

Die organisierte Wasserversorgung für das Hamburger Stadtgebiet begann erst 1370. Damals wurden vom Catharinen-Feldbrunnen, dessen Hauptquelle sich hinter der Gärtnerstraße (heute Thadenstraße) in Altona befand, Feldbrunnenleitungen in die Stadt verlegt. Die Feldbrunnenleitungen bestanden aus durchbohrten Baumstämmen. Das Quellwasser wurde in sie hineingeleitet und versorgte private Haushalte mit Wasser. Der Rödingsmarkt-Feldbrunnen mit zwei Quellen auf dem Hamburger Berg und einer Quelle im Hornwerk kam ab 1430 hinzu. Ein weiteres Jahrhundert später wurde 1533 der Dammtorbrunnen mit seiner Quelle am heutigen Valentinskamp erschlossen.

1531 wurden die so genannten Alsterwasserkünste - so hießen diese frühen „Wasserwerke“ - als Wasserversorger eingerichtet. Der Fluss Alster verläuft aus Richtung Norden kommend unmittelbar durchs Stadtzentrum, um später in die Elbe zu münden. Im Bereich des Oberdamms (heutiger Reesendamm und Jungfernstieg) wurde das Flusswasser gestaut. Das aus dem Staubecken abfließende Flusswasser setzte große Wasserräder in Bewegung, die ihrerseits Kolbenpumpen antrieben. Die vollgefüllten Gefäße wurden zunächst in große Sammelbehälter unter dem Dach des Kunsthauses gehoben. Von dort aus wurde das Wasser durch Leitungssysteme an wohlhabende Haushalte befördert, die sich die Gebühren leisten konnten. Ärmere Bewohner der Stadt hingegen blieben auf die mühselige und anstrengende Art der Eigenversorgung angewiesen. Eine weitere Alsterwasserkunst wurde 1535 am Niederdamm (heute Großer Burstah) in Betrieb genommen, ein drittes Wasserwerk folgte am Graskeller.

Elbwasserkünste

Die sich verschlechternde Wasserqualität führte zum Bau zweier privater „Elb-Wasserkünste“.

 
Das weiße Haus am Elbufer halblinks: Smith's neue Elbwasserkunst (um 1840) - im Eigentum von Edward James Smith


Als nach dem großen Brand von 1842 die öffentliche Stadtwasserkunst errichtet wurde und wegen der hohen Kosten die Abgaben beträchtlich stiegen, kam es 1848 zu heftigen öffentlichen Diskussionen bis hin zu Korruptionsvorwürfen gegen die Verantwortlichen. Die Gegner der Stadtwasserkunst vertraten den Standpunkt, die bestehende Smith'sche Wasserkunst hätte mit einem weit geringeren Kostenaufwand durch die ganze Stadt geleitet werden können.

Der Große Brand als Wegbereiter

Die Hamburger entnahmen zur damaligen Zeit der Alster und den Fleeten nicht nur Trink- und Brauchwasser für ihre Haushalte und Gewerbebetriebe, sondern sie leiteten anschließend das Abwasser jeder Art, das unter anderem auch aus Urin und Kot bestand, in dieselben Gewässer zurück. Diese Art der Abwasserentsorgung brachte neben Verunreinigungen und Geruchsbelästigungen auch schwere Erkrankungen wie Typhus oder Cholera mit sich. Die diese Krankheiten auslösenden Bakterien werden in erster Linie durch verunreinigtes Trinkwasser verbreitet. In Hamburg starben 1832 auf diese Weise 1.652 Menschen an der ersten von insgesamt drei Cholera-Epidemien.

 
1842 versagte die Versorgung mit Löschwasser

Zehn Jahre später, am 5. Mai 1842, brach aufgrund einer Brandstiftung in der Deichstraße der Große Brand aus und mit ihm ein bis dahin noch nicht da gewesenes Chaos in der Stadt: Tausende Menschen verließen mit ihrem Hab und Gut ihre Wohnungen und Häuser und flüchteten Hals über Kopf vor den Flammen. Die Flammen breiteten sich rasch aus. Ein Notfallplan mit einer koordinierten Abwicklung existierte nicht. Aus den benachbarten Orten traf Hilfe ein, insgesamt bekamen 1.150 Feuerwehrleute mit 34 Land- und elf Schiffspritzen den Brand zunächst nicht unter Kontrolle.

 
Spritzwagens neueren Modells

Das Feuer erfasste etwa 1.750 Häuser mit über 4.000 Wohnungen und 102 Speicher. Die gelagerten Handelsmaterialien wie Arrack, Schellack und Gummi brannten wie Zunder und fachten das Feuer weiter an. Fast die gesamte Altstadt brannte, das Feuer nahm katastrophenartige Ausmaße an. Zunächst zögerlich, dann immer häufiger sprengte das Militär private Häuser und öffentliche Gebäude wie das Alte Rathhaus mit Kanonen, um das Übergreifen der Flammen auf die Neustadt zu verhindern. Nach vier Tagen war das Feuer schließlich gelöscht. 51 Menschen fanden den Tod, 151 weitere wurden verletzt. 20.000 Menschen, etwa zehn Prozent der Bevölkerung, waren obdachlos geworden. Ein Drittel der Stadt war zerstört. Fast alle Gebäude im betroffenen Areal - darunter auch die meisten öffentlichen Gebäude - lagen in Schutt und Asche. Das galt auch für die drei frühen Wasserwerke, die Alsterwasserkünste. Die Löschwasserversorgung war unzureichend und den Flammen nicht gewachsen. Das Löschwasser musste herangeschafft werden, um die Feuerpritzen neu zu befüllen. Hatte eine Spritze sein Löschwasser verbraucht, konnte sie bis zur nächsten Befüllung nicht genutzt werden. Die Löschwasserversorgung der Stadt hatte in diesem Ernstfall versagt. Die Bürgerschaft musste die Trink- und Löschwasserversorgung des Stadtgebietes neu regeln.

Entstehung des modernen Versorgungsnetzes

Die Stunde des britischen Genius

 
William Lindley

Der Große Brand war es letztlich, der Grund und letzter Anlass war, die Wasserversorgung der Stadt komplett zu reformieren. Die innere Stadt Hamburgs umfasste damals etwa das Gebiet der heutigen Altstadt und der heutigen Neustadt, also etwa 4,6 Quadratkilometer. Damit hatte Hamburg bei weitem nicht seine heutige Größe von etwa 755 Quadratkilometern.
Die Bürgerschaft verfolgte drei Ziele: Sie wollte die Stadt aus den Trümmern konzeptionell neu aufbauen. Sie wollte ein neues, staatliches Wasserversorgungsnetz für die gesamte Stadt errichten, das auch gleichzeitig die Funktion der Abwasserentsorgung übernehmen sollte und sie wollte ein der Brandbekämpfung dienendes Netz so genannter Nothpfosten - also Hydranten - aufbauen, damit die Feuerwehr im Brandfall rasch an jedem Ort über ausreichend Löschwasser verfügen konnte.

 
Angesehene Hamburger ehren 1852 Lindleys Leistungen

Am 1. September 1942 verabschiedete die Bürgerschaft einen Plan zum Aufbau einer neu konzipierten Altstadt, den eine Expertenkommission, die so genannte Technische Kommission, ausarbeitete. Die Bürgerschaft verabschiedete in diesem Zusammenhang eigens ein Enteignungsgesetz, durch das viele Grundeigentümer in den zerstörten Gebieten enteignet wurden. Durch breitere und gerade Straßen sollten Brände größeren Ausmaßes durch Überspringen verhindert werden und die Feuerwehr sollte im Brandfall rasch zu jedem Brandort gelangen. Unter anderem wurde der Stadtkern von der Trostbrücke (an der das Alte Rathhaus stand) in den Bereich zwischen Börse und Binnenalster verlagert. Es entstanden unter anderem die Alsterarkaden und durch Aufschüttung der Alsterdamm (heute Ballindamm). Der Technischen Kommission gehörten neben den Architekten Alexis de Chateauneuf und Gottfried Semper auch William Lindley an.

Lindley galt als fähiger Ingenieur. Er verbrachte seine Kindheit in London. Schon als Kind war er technikbegeistert. Als 16-Jähriger verbrachte er 1824 ein knappes Jahr in Wandsbek, um Deutsch zu lernen. In London absolvierte er eine praktische Ausbildung bei den Ingenieuren Marc Isambard Brunel und Francis Giles. Schon 1834 kehrte er nach Hamburg zurück. Als assistierender Ingenieur war er zunächst am Bau der Eisenbahnstrecke Hamburg-Lübeck und ab 1837 am Bau der Eisenbahnstrecke Hamburg-Bergedorf beteiligt. Nach dem Großen Brand stellte er seine Fachkenntnisse der Rat- und Bürgerdeputation zur Verfügung, bevor er in die Technische Kommission berufen wurde. Am 26. Juni 1844 beschloss die Bürgerschaft, ein umfassendes staatliches Wasserversorgungssystem für die gesamte Stadt zu errichten. Der Senat übertrug Lindley als verantwortlichem Ingenieur die Konzeption und Umsetzung des Beschlusses. Ihm kam damit eine entscheidende Bedeutung zu.

Zur damaligen Zeit verfügte in Europa lediglich England über ein leistungsfähiges unterirdisches Rohrleitungssystem. Die Abwässer wurden dort allerdings ungefiltert auch in die kleineren Flüsse abgeleitet, was insbesondere an wärmeren Tagen zu erheblichen Geruchsbelästigungen führte. Der europäische Kontinent selbst wies keinerlei derartigen modernen Systeme auf.

Entwässerung

 
Bau der eiförmigen Kanalisation um 1845

Bevor ein stadtumspannendes Wassernetz installiert werden konnte, mussten zunächst die Voraussetzungen für den Wasserabfluss geschaffen werden. Der erste Spatenstich erfolgte am 29. November 1842 in den Großen Bleichen. Bereits 1843 ging dieser erste Hamburger Abwasserkanal in Betrieb (und hielt im Übrigen bis 1992). Lindley verwandte das bis dahin auf dem europäischen Kontinent unbekannte Prinzip der Schwemmkanalisation. Nach diesem Prinzip werden neben dem einfließenden Regenwasser und dem Straßenschmutz auch die Abwässer der Haushalte weggespült, es kommt nicht zu Stauungen und Stehwasser. Um die hierfür erforderliche Fließgeschwindigkeit zu erhöhen, ließ Lindley eiförmige Kanäle bauen, die sich bei gleicher Aufahmekapazität nach unten hin verengten. Die Siele - die Hamburger Bezeichnung für Abwasserkanäle - waren begehbar und genormt. Sie bestanden aus gebrannten Ziegelsteinen. Die Spülung der Siele erfolgte mit aufgestautem Alsterwasser. Anders als beispielsweise in London wurden die übel riechenden Abwässer nicht in die kleinen Flüsse geleitet. Vielmehr liefen die Endrohre in den Strom Elbe, der ausreichend Kraft und Wasserfluss besitzt, um die Abwässer in sich aufzunehmen. Das Problem stellte sich jedoch mit den Gezeiten, denen die Elbe unterworfen ist. Insbesondere waren die häufigen Hochwasserstände und die mitunter auftretenden heftigen Sturmfluten geeignet, das Elbwasser in die Kanalisation zu drängen, es auslaufen und Teile der Stadt überfluten zu lassen. Auch diese Schwierigkeit bekam Lindley in den Griff, indem er selbsttätig schließende Fluttore installieren ließ, die sich bei ansteigender Elbe schlossen und die bei absinkender Elbe das aufgestaute Abwasser wieder hinauslaufen ließen. Selbst bei langandauernden Sturmfluten mit Starkregen konnte die Kanalisation in Hamburg nicht überlaufen, weil Lindley Notausläufe aus den Kanälen in angrenzende Gewässer einplante. Seine Empfehlung an die Hausbesitzer, sich selbstschließende Klappen gegen das Eindringen von gestautem Abwasser durch die hauseigenen Anschlüsse zu installieren, wurde 1843 Vorschrift und gilt noch heute. Das erste Sielgesetz von 1854 sah vor, dass Gebäude innerhalb von zehn Jahren nach Errichtung eines Sieles in der betreffenden Straße ans Kanalisationsnetz angeschlossen werden mussten. Das zweite Sielgesetz von 1875 sah den sofortigen Anschlusszwang an einen neu erstellten Abwasserkanal vor.

Wasserversorgung

Lindley setzte ab Baubeginn des Netzes 1845 die ihm bekannte britische Technik ein und ließ sich insbesondere auch von den sozialhygienischen Vorstellungen aus Großbritannien leiten, denen zufolge dem staatlichen Versorgungssystem die Funktion zukam, auch ärmere Bevölkerungsteile am fließenden Wasser zur Eindämmung von Krankheiten und Epidemien teilhaben zu lassen.

 
Wasserwerk in Rothenburgsort 1848

Der erste Eckpfeiler war der Bau des Wasserwerkes in Rothenburgsort, das damals noch vor der Stadt lag und dünn besiedelt war. Die Anlage verfügte über ein Pumpwerk mit zwei Dampfpumpen, das der Elbe mittels so genannter Cornwall-Pumpen vergleichsweise sauberes Wasser entnahm und es in drei neu angelegte Ablagerungsbecken pumpte. In den Ablagerungsbecken sanken die Schwebeteilchen des Elbwassers auf den Boden. Das gereinigte Wasser konnte nun über das Druckrohr im Wasserturm in das neue Trinkwassernetz, das aus Zubringer-, Haupt- und Versorgungsleitungen bestand, in die Hochbehälter gepumpt werden. Von dort aus gelangte es zu den Haushalten. Der 65 Meter hohe Turm des Pumpwerks, der noch heute steht, hatte zum einen die Funktion eines Schornsteins für die Dampfpumpen. Zum zweiten hatte er die Funktion eines Wasserturms: Die erhöhte Lage des Speicherbeckens bzw. der Druckleitungen sorgte für einen konstanten Druck im Wassernetz der Stadt.

 
Nothpfosten (Hydranten)

Der zweite Eckpfeiler war die Möglichkeit, aufgrund der bereits teilweise gebauten Kanalisation Wasserleitungen bis in jedes Haus legen zu können. In der Folge bedeutete dies moderne Badezimmer und moderne Wassertoiletten (water closets), was als wesentlicher Beitrag zur Hygiene und Gesundheitsvorsorge galt. Lindleys sozialreformerischer und -hygienischer Einstellung zufolge sollte „mit Rücksicht auf die unvermögenden Classen der Bevölkerung“ jeder Hamburger „dieses unentbehrliche Nahrungs- und Reinlichkeitsmittel unentgeltlich“ verwenden können, um nicht aus den „Folgen der Unreichlichkeit“ zu „erkranken“ und dem „Staate zur Last“ zu fallen. 1850 hatten von 11.500 Haushalten bereits 4.000 einen eigenen Wasseranschluss, was einer Quote von über einem Drittel entsprach. Nach Abschluss der Arbeiten betrug die Länge des Leitungssystems 62 Kilometer.

 
Warmbadeanstalt Schweinemarkt 1855

Gleichzeitig entstand mit dem Trinkwasserversorgungsnetz ein Löschwassernetz mit den entsprechenden Nothpfosten, um im Brandfall nicht Wasser herschaffen zu müssen, sondern es großflächig dauerhaft zur Verfügung zu haben. Weiter war die Schaffung von Freibrunnen sowie Wasch- und Badeanstalten ein geeigneter Weg, zumindest die Mittel für eine annähernd kostenlose Körperreinigung mit fließendem Wasser zur Verfügung zu stellen. Die erste Warmbadeanstalt des europäischen Festlands, die Wasch- und Badeanstalt Schweinemarkt (heute Mönckebergstraße/Glockengießerwall) wurde am 5. April 1855 eröffnet und bot 65 Wannenbäder, 49 für Männer und 16 für Frauen. Eine zweite derartige Anlage inklusive Schwimmbad entstand 1881 am Schaarmarkt. Der steuerfinanzierte Bau der Wasserversorgung war für die Bevölkerung zwar insofern „kostenlos“, der hauseigene Wasseranschluss ans Netz aber noch recht teuer, so dass die ärmeren Bewohner noch immer nicht in den Genuss des eigenen fließenden Wassers kamen.

Errichtung der Stadtwasserkunst

Ausbau der Wasserversorgung

 
Gedenkblatt zur Stadtwasserkunst 1852

1848 waren die Bauarbeiten abgeschlossen, die so genannte „Stadtwasserkunst“ ging in Betrieb. Dieser altertümliche Begriff bezeichnet die Gesamtheit der Wasserversorgung, das heißt das Wasserwerk in Rothenburgsort samt dem Leitungsnetz. Im Übrigen entwickelte sich aus der Aufsicht und Verwaltung der Stadtwasserkunst eine staatliche Behörde zur Bewirtschaftung der Anlagen. Hamburg hatte jedenfalls eine für die damalige Zeit hochmoderne Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung. In den folgenden Jahren ging der Ausbau der Wasserversorgung weiter: 1859 begann der Bau eines knapp zwölf Millionen Liter fassenden Erdwasserbehälters im Sternschanzenpark, der 1864 in Betrieb ging und vom Wasserwerk Rothenburgsort aus befüllt wurde. Der erste „echte“ Wasserturm wurde 1855 mit einem Speichervolumen von rund 2,3 Millionen Litern am Berliner Tor gebaut; er diente als Zwischenspeicher. Schon 1863 war das Rohrnetz der Wasserversorgung auf 145 Kilometer angewachsen. Mittlerweile war nicht nur die innere Stadt, sondern es waren auch schon die Vororte ans Netz angeschlossen. 11.000 Haushalte verfügten über den Zugang zur Wasserversorgung und 1.800 Nothpfosten dienten als Löschwasserzugang.

 
Das Hochreservoir am Berliner Tor fasste rund 2,3 Millionen Liter Wasser

Durch die Einbeziehung der Vororte wuchs nicht nur der Wasserbedarf, sondern auch die Abwassermenge. Daher wurde als Rückrat der Entsorgung 1875 das mächtige Geeststammsiel fertig gestellt. Es lief zum einen östlich der Alster entlang und entwässerte die Vororte Uhlenhorst, Winterhude, Barmbek, Eilbek und Hamm. Die westliche Gabelung entwässerte die Vororte Rotherbaum, Harvestehude, Hoheluft und Eimsbüttel. Die Verbindung beider Arme lag unmittelbar unter der seinerzeit neuen Lombardsbrücke und mündete nahe den St. Pauli Landungsbrücken bei der St. Pauli Hafenstraße in die Elbe. Es wies eine hölzerne Verlängerung bis in die Strommitte auf, um die Abwässer zu verdünnen und zu verteilen.

Im Laufe der Jahre entstanden neue Wasserwerke in und um Hamburg, beispielsweise 1859 das Wasserwerk Baursberg der Altonaer Gas- und Wassergesellschaft. Das Trinkwasser wurde dort von Anfang an nach Londoner Vorbild mit Langsamsandfiltern bakteriell und organisch gereinigt. Später wurden regelmäßige bakterielle Untersuchungen eingeführt. Das Wasserwerk Bergedorf wurde 1867 gebaut, im selben Jahr entstand die Kanalisationspumpe Hammerbrook. Ab 1875 entstand am Anckelmannsplatz ein neues Pumpwerk, das das Schmutzwasser aus Hammerbrook in das Geeststammsiel abführte.

In den etwa 50 Jahren seit der Entstehung der Wasserver- und -entsorgung ab 1843 bis zur nächsten großen Hygienekatastrophe Hamburgs 1892 hatte sich die Bevölkerung Hamburgs, insbesondere auch wegen der flächenmäßigen Ausbreitung der Großstadt, auf etwa 620.000 Einwohner verfünffacht. Dieser Umstand brachte eine erhebliche Verschlechterung der Trinkwasserqualität mit sich.

Cholera und Filtration

Noch war das entnommene Elbwasser unfiltriert, obgleich die Pläne für eine Filtration von Beginn an vorlagen. Die Filtration war allerdings aus finanziellen Gründen verworfen worden. Bereits 20 Jahre nach Inbetriebnahme des Systems beklagte 1872 die Hamburger Medizinalbehörde die schlechte Qualität des unfiltrierten Wassers, das „zum Trinken durchaus nachteilig zu betrachten“ sei. Ein volkstümliches Gedicht lautete seinerzeit:

„Vom Tier im Hamburger Wasserrohr
Da kommen 16 Arten vor:
Ein Neunaug', Stichling und Aal
Drei Würmer leben in dem Strahl
Drei Muscheln und drei träge Schnecken
Sich mit der muntern Assel necken
Ein Schwamm, ein Moostier, ein Polyp
Die dringen lustig durch das Sieb
An toten Tieren kommen raus
Der Hund, die Katze und die Maus
Noch nicht gefunden sind, Malheur
Der Architekt und Ingenieur.

1876 waren 18 Tierarten im Hamburger Trinkwasser zu finden und 1888 waren es bereits über 40. Die Feuerwehr musste Siebe an den Nothpfosten anbringen, damit nicht Aale in ihre Dampfspritzen gelangten, die zuvor mit dem Elbwasser ins Netz gesaugt worden waren.

 
Wagen zur Choleradesinfektion 1892

Am 18. August 1892 traten die ersten Fälle der asiatischen Cholera auf. Von ihr waren insbesondere die ärmeren Gegenden betroffen wie das eng bebaute Gängeviertel in der Hamburger Neustadt. Eine der Ursachen waren die schlechteren hygienischen Umstände, da in den weniger wohlhabenden Viertel noch immer keine eigenen und teuren Wasserhausanschlüsse verlegt waren, sondern die Bewohner noch immer recht umständlich und auf Kosten der Reinigungsfrequenz das Wasser aus öffentlichen Sammelanschlüssen entnahmen. Als weitere Ursache galt die schlechte Trinkwasserqualität Hamburgs. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam es in der Stadt zu mehreren Choleraepidemien. Die etwa drei Monate währende letzte Epidemie von 1892 war die mit Abstand schwerste. Der Mediziner und Entdecker des Choleraerregers Robert Koch kam am 24. August 1892 nach Hamburg und erklärte: „Ich vergesse, dass ich mich in Europa befinde.“ Auf dem Zenit der Cholerawelle am 27. August 1892 erkrankten allein 1.102 Menschen an diesem Tag. Bis zur amtlichen Feststellung über die Seuchenfreiheit in der Stadt kostete die Seuche 8.605 Menschen das Leben, 16.596 Einwohner erkrankten.

Ein Filtrierwerk hätte die die Ausweitung der Choleraepidemie verhindern können. Denn in der Stadt Altona, die bereits seit 33 Jahren mit filtriertem Elbwasser versorgt worden war, registrierten die Behörden kaum Cholerafälle. Dabei war ein Filtrierwerk in Hamburg bereits 1887 beschlossen worden. Die finanziellen Mittel in Höhe von neun Millionen Reichsmark wurden aber erst 1890 genehmigt, der Bau begann 1891 und sollte 1894 beendet sein.

 
Filtrationsanlagen auf Kaltehofe 1893

Der Bau konnte aber schon ein Jahr früher, am 1. Mai 1893, fertig gestellt werden. Die neue Anlage befand sich auf der Elbhalbinsel Kaltehofe, ganz in der Nähe des bisherigen Wasserwerks in Rothenburgsort. Das Werk bestand aus einer neuen Schöpfstelle sowie aus vier hochliegenden Wasserbassins auf der Billwerder Insel. In den dortigen Ablagerungsbehältern sollten zunächst die Schwebeteilchen im Wasser zu Boden sinken. Von dort wurde das zu reinigende Wasser in die 2,4 Kilometer lange, unterirdische Kanalleitung zur Filtrationsanlage auf Kaltehofe geführt. Die Filterkörper der dortigen 18 Filterbassins bestanden wiederum aus Sand und Kies, so dass organische und bakterielle Verschmutzungen herausgefiltert wurden. Die 18 Filteranlagen lieferten jeweils 12.000 Tonnen gereinigtes Wasser am Tag, das durch gemauerte Kanäle und schmiedeeiserne Röhren unter der Norderelbe in zwei riesige Vorratsbehälter und von dort aus in die Pumpanlagen der Stadtwasserkunst in Rothenburgsort gepumpt wurde. Vom Wasserwerk aus gelangte das saubere Wasser in das Leitungsnetz der Stadt.

Verantwortlicher Ingenieur war der Oberbaudirektor Andreas Meyer, der auch schon für die Speicherstadt im Hamburger Hafen verantwortlich zeichnete.

Die Zeit der Wassertürme

 
Wasserversorgungsnetz in der inneren Stadt um 1900

Trotz Filtration des Elbwassers verschlechterte sich die Wasserqualität weiter. Die Gründe hierfür lagen unter anderem in der steten Verschlammung der Filteranlagen auf Kaltehofe und daran, dass Industriebetriebe ihre mitunter giftigen Abfälle und ihren hochgiftigen Sondermüll völlig unkontrolliert und ungefiltert in die Elbe leiteten. So kam es, dass beispielsweise der Chloranteil pro Liter innerhalb kurzer Zeit von etwa 50 Milligramm auf mehr als 300 Milligramm anstieg. Darüber hinaus entsorgten die Städte Hamburg und Harburg ihre Abwässer nach wie vor auch in der Elbe, aus der das Trinkwasser gewonnen wurde.

Die Lösung lag in der Fertigstellung des ersten Grundwasserwerks in Billbrook im Oktober 1905 (das bis 1985 in Betrieb blieb). Die Stadtwasserkunst bereitete das dort aus dem Grund gepumpte Wasser in Rothenburgsort auf. Zunächst versorgte dieses Wasserwerk lediglich ein Vietel der Hamburger Bevölkerung mit Grundwasser. Der erste Schritt für eine weitgehende Unabhängigkeit vom Elbwasser war jedenfalls getan. In den Folgejahre entstanden rund um Hamburg eine Reihe neuer Wasserwerke, beispielsweise in Bergedorf, in Harburg, in Lokstedt, in Stellingen und in Billstedt.

 
Ehemaliger Wasserturm im Stadtpark

In Hamburg wurde der Erdbehälter im Sternschanzenpark 1905 außer Betrieb genommen. Auf seinen Fundamenten entstand 1910 ein großer Wasserturm, der ein Fassungsvermögen von sechs Millionen Litern aufwies. Im selben Jahr erbaute die Stadtwasserkunst einen weiteren Wasserturm mit weniger Volumen auf der Uhlenhorst. Der 1908 außer Betrieb genommene Wasserhochbehälter am Berliner Tor wurde 1911 abgerissen. Dafür entstand von 1913 bis 1916 der Wasserturm im Stadtpark, der ebenfalls sechs Millionen Liter Fassungsvermögen aufwies.

In der Hamburger Wasserversorgung gab es zwei verschiedene Druckzonen. Da die Stadtwasserkunst beide Druckzonen zusammenlegen wollte, legte sie die beiden Wassertürme im Sternschanzenpark und im Stadtpark 1924 still. Der Wasserturm im Sternschanzenpark findet nach heftigen Auseinandersetzungen heute als Hotel Verwendung. Die Stilllegung des Wasserturms im Stadtpark erwies sich als zufälliger Glücksfall ohne Auseinandersetzungen: 1925 kaufte die Stadt Hamburg bei der Firma Carl Zeiss in Jena ein komplettes Planetarium, konnte es aber nicht unterbringen, da kein Geld für die Finanzierung eines entsprechenden Gebäudes investiert wurde. Das Angebot, hierfür den außer Betrieb genommenen Wasserturm zu verwenden, nahm die Stadt an. Der Wasserturm wurde zum Planetarium umgebaut. Die Eröffnung des mittlerweile zur Hamburger Institution gewordenen Planetariums Hamburg erfolgte 1930.

Hamburger Wasserwerke

Umbenennung

 
1924 entstanden die Hamburger Wasserwerke

Am 1. April 1924 wurde aus dem Teil der Stadtwasserkunst, der für die Wasserversorgung und die Warmbadeanstalten zuständig war, die Hamburger Wasserwerke GmbH (HWW). Der Teil der Stadtwasserkunst, der für die Entwässerung zuständig war, wurde in eine Deputation der Baubehörde überführt. Zu diesem damaligen Zeitpunkt war die Freie und Hansestadt Hamburg noch immer einziger Gesellschafter, die Hamburger Wasserwerke waren ein Unternehmen in Staatseigentum geworden. Sie versorgten 1.079.000 Einwohner, die Wasserabgabe betrug 56,3 Millionen Kubikmeter - also 56 Milliarden Liter -, die Länge des Rohrnetzes war auf 997 Kilometer angewachsen.

Das zweite Grundwasserwerk in Curslack, 18 Kilometer vom Stadtkern entfernt, ging 1928 in Betrieb. Hierdurch verbesserte sich die Trinkwasserqualität erheblich. Das Wasserwerk förderte täglich 90 Millionen Liter. Ab diesem Jahr deckten die Grundwasserwerke in Billbrook und Curslack rund zwei Drittel des Trinkwasserbedarfs der Hamburger Bevölkerung ab.

Zusammen mit der Stadt Wandsbek und dem Kreis Stormarn gründeten die HWW am 5. Oktober 1928 die Wasserwerke Hamburg-Ost GmbH. Sie nutzten das Wasser aus dem Wasserwerk Großensee.

1930er- und 1940er-Jahre

Das 1937 beschlossene Groß-Hamburg-Gesetz trat ab 1. April 1938 in Kraft. Hierdurch erweiterte sich das Staatsgebiet von 41.498 auf 74.661 Hektar, da sich die ehemals preußischen Städte Altona, Harburg und Wandsbek mit Hamburg vereinigten. Auch die bereits zu Hamburg gehörende Stadt Bergedorf zählte nunmehr unmittelbar zum Staatsgebiet. Die Einwohnerzahl stieg von 1,2 auf knapp 1,7 Millionen. Zwölf Wasserwerke kamen neu unter die Verwaltung der HWW hinzu: Hamburg-Ost, Altona, Harburg-Wilhelmsburg, Wandsbek, Lokstedt, Billstedt, Lohbrügge, Bergedorf, Altenwerder, Francop, Cranz und Neuenfelde.

In diesem Jahr betrug der Grundwasseranteil knapp 89 Prozent, das Rohrnetz wies eine Länge von 2.744 Kilometer auf, das Sielnetz verdoppelte sich auf rund 1.800 Kilometer.

In der Zeit vom 24. Juli bis 3. August 1943 erfolgten sieben alliierte Bombenangriffe auf die Hamburger Zivilbevölkerung. Der Codename Operation Gomorrha leitete sich nach dem Alten Testament für eine Stadt der Sünder und Verbrecher ab. In dieser einen Woche kamen 34.000 Hamburger Einwohner ums Leben, 125.000 wurden verletzt. Die abgeworfenen Luftminen und Sprengbomben ließen wegen ihrer Sprengkraft auch reihenweise Wasserleitungen bersten. Die Reinwassertransportleitung vom Wasserwerk Curslack zum Hauptpumpwerk in Rothenburgsort sowie das gesamte Rohr- und Sielnetz wurden schwer beschädigt. Allein das Wasserwerk Kaltehofe erhielt 88 Bombentreffer, wodurch der größte Teil der 176.000 Quadratmeter großen Filterfläche außer Funktion gesetzt wurde. Das Wasserwerk konnte nur noch 65 Prozent seiner vorherigen Leistung bringen, so dass statt der üblichen 220 Millionen Liter nur noch 143 Millionen Liter täglich gefiltert werden konnten. Das Hauptpumpwerk in Rothenburgsort und die dort stehenden Reinwasserbehälter erhielten ebenfalls Bombentreffer und fielen aus. Die Speicherkapazität nahm von 60 Millionen auf zehn Millionen Liter ab. Die Wasserversorgung des Hamburger Kerngebiets brach zusammen. Die Bevölkerung musste mühsam durch Tankwagen und aus Hydranten mit Trinkwasser versorgt werden.

Auch die Hamburger Wasserwerke als Behörde blieben nicht schadlos: Durch die Bombenangriffe wurden annähernd alle Unterlagen wie Akten, Bücher, Karteien und Rohrnetzpläne zerstört. Die Wassergeldeinnahmen blieben aufgrund der Bombenangriffe fast vollständig aus.

Neben der Wasserversorgung war auch die Energieversorgung gestört. Die Schäden trafen neben der Bevölkerung auch die Unternehmen: Die elektrisch betriebenen Wasserwerke konnten nur noch zu 40 Prozent mit Strom betrieben werden, die restlichen 60 Prozent der Wassermenge mussten mittels Dampfpumpwerken ins Wassernetz befördert werden. Ende März 1945 reichten die Brennstoffvorräte nur noch für vier Tage, so dass die Wasserversorgung drohte zum Erliegen zu kommen.

Die Wasserverluste durch Beschädigungen am Rohrnetz betrugen anfangs 25 bis 35 Prozent. Das 1.850 Kilometer lange Hamburger Kanalisationsnetz war an 2.100 Stellen durch Bomben beschädigt oder zerstört.

Das Ende der Versorgung mit Elbwasser

1947 hatte Hamburg 1,4 Millionen Einwohner. Die HWW versorgten sie in diesem Jahr mit 111 Millionen Tonnen Trinkwasser. Die Rohrnetzlänge betrug etwa 3.000 Kilometer. Das Hauptpumpwerk in Rothenburgsort erhielt die ersten Elektrokreiselpumpen. Durch die Bombardierung der Bevölkerung waren viele Einwohner in die Hamburger Randgebiete gezogen, die von den Zerstörungen nicht in dem Maß betroffen waren wie einwohnerstärkere Gebiete. Noch 1951 waren von den nun bereits 1,6 Millionen Einwohnern der Stadt nur 1,2 Millionen an das Sielnetz angeschlossen, so dass rund 400.000 Hamburger ohne Kanalisation auskommen mussten.

Im Februar 1962 gab es eine sehr schwere Sturmflut, die die Deiche hat brechen lassen und die große Teile Hamburgs unter Wasser setzte, insbesondere südlich und östlich der Elbe. Nach der „Jahrhundertflut“ mussten viele Bewohner mit Trinkwasser notversorgt werden. Die Filterbecken des Wasserwerkes Kaltehofe wurden vom Elbwasser überspült. Das Werk konnte bereits nach einer Woche wieder unbedenkliches Wasser liefern. Anders ging es den Wasserwerken Wilhelmsburg, Süderelbmarsch und Haseldorfer Marsch: Sie mussten für Monate außer Betrieb bleiben. Das Wasserwerk Moorburg war sogar so schwer beschädigt, dass es den Betrieb nicht wieder aufnehmen konnte.

Datei:Pincerno - Wasserarten.GIF
Erst ab 1964 erfolgte die Versorgung ausschließlich mit Grundwasser

In der Wasserversorgung Hamburgs markierte das Jahr 1964 einen besonderen Zeitpunkt. Die Hamburger waren zunächst durch die Stadtwasserkunst und später durch die Hamburger Wasserwerke mit unfiltriertem bzw. filtriertem Elbwasser versorgt worden. Zwar verringerte sich der Anteil des Elbwassers - nach einer kurzen Erhöhung ab Mitte der 1940er-Jahre - kontinuierlich. Die vollständige Umstellung auf eine Versorgung ausschließlich mit Grundwasser erfolgte aber erst 116 Jahre nach Beginn der revolutionären Einführung der modernen Wasserversorgung. Grundwasser entsteht überwiegend durch die Niederschläge wie Regen, Hagel und Schnee im Rahmen eines natürlichen Wasserkreislaufs. Die Niederschläge nehmen auf ihrem Weg zum Boden Staubpartikel, Abgase, Sauerstoff und Keime auf. Versickern die Niederschläge in die oberflächennahen Bodenschichten, werden sie durch mechanische Filterung, chemisch-physikalische Reaktionen und bakteriellen Abbau von Schadstoffen gereinigt. Das Wasser wird in Hohlräumen der Erdrinde gesammelt und reichert sich dort mit Mineralien, Elementen und Gasen an. Brunnen pumpen das Grundwasser an die Oberfläche, die einzelnen Wasserwerke reinigen es und bereiten es zum Trinken auf. Hierzu wird das Grundwasser belüftet, ihm wird damit Sauerstoff beigemengt. Der Sauerstoff sorgt für eine Verflüchtigung von Kohlensäure und Schwefelwasserstoff. Eisen und Mangan oxidieren und flocken aus. Sandfilter sieben die festen Flocken aus. Im Bedarfsfall kann das Grundwasser mit Chlor oder Chlordioxid desinfiziert werden.

Von 1987 bis 2004 war die Zeit der Umstellung von Grundstücks- auf Wohnungswasserzähler. Die Umstellung hatte eine Änderung der Berechnung von Pauschal- auf Individualverbrauch zu Folge. Die Individualberechnung sowie die Einführung Wasser sparender Technologie führten zu einem erheblichen Rückgang des Wasserverbrauchs in den Hamburger Haushalten.

Das Amt für Stadtentwässerung, das zuletzt bei der Umweltbehörde angegliedert war, wurde zum 1. Januar 1995 ausgelagert. Es entstand die Hamburger Stadtentwässerung AöR. Ausgliederung aus der Gesundheitsbehörde und Umwandlung in eine Anstalt des öffentlichen Rechts änderten nichts an den Eigentumsverhältnissen, die nach wie vor vollständig der Stadt oblagen.

Am 1. Januar 2006 entstand der Gleichordnungskonzern Hamburg Wasser, der die beiden Unternehmen Hamburger Wasserwerke und Hamburger Stadtentwässerung umfasste. 2007 hatte Hamburg Wasser insgesamt 2.437 Mitarbeiter.

Gegenwärtige Versorgung

Hauptartikel:
Hamburg Wasser, Hamburger Wasserwerke, Hamburger Stadtentwässerung

Leitungsnetz und Reinwasserbehälter

 
Hamburg Wasser vereinigt HWW und HSE unter einem Dach

Hamburg Wasser versorgt heute rund zwei Millionen Menschen mit Trinkwasser. Zum etwa 1.000 Quadratmeter großen Versorgungsgebiet gehören neben dem Staatsgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg auch 21 Umlandgemeinden in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Täglich müssen zwischen 250 und 400 Millionen Liter für die Verbraucher bereitgestellt werden. Die Vorratsbehälter, so genannte Reinwasserbehälter, weisen insgesamt ein Volumen von 374 Millionen Litern auf. Die Reinwasserbehälter dienen auch als Ausgleich: Während die Wasserwerke im Regelfall fortwährend Wasser fördern und aufbereiten, schwankt der Verbrauch der Kunden je nach Wochentag und Tageszeit erheblich. Bei erhöhtem Verbrauch beispielsweise in den Morgenstunden geben die Reinwasserbehälter Wasser ab, nachts hingegen speichern sie es.

Das Rohrleitungsnetz für Trinkwasser ist mittlerweile auf rund 5.478 Kilometer angewachsen. Seine Höhe liegt zwischen unter Normalnull im innerstädtischen Bereich und 110 Metern in den Harburger Bergen. Der Höhenunterschied erfordert einen Wasserdruck zwischen 2,0 und 6,5 bar. Dieser Wasserdruck reicht aus, um Wasser bis in das vierte Stockwerk zu pumpen. Für höhere Gebäude müssen Druckverstärker installiert werden, für die die jeweiligen Eigentümer sorgen müssen. Um Schäden vorzubeugen werden jährlich 80 Kilometer der Rohrleitungen komplett erneuert, was Sanierungsinvestitionen in Höhe von 35 Millionen Euro im Jahr verursacht. Die Leitungen haben - je nach Transportmenge - einen Durchmesser von fünf Zentimetern bis zu einem Meter. Sie bestehen zu 90 Prozent aus stabilem Grauguss bzw. bei Belastung verformbarem Gusseisen, die restlichen Leitungen bestehen aus PVC,Stahl oder Faserzement.

Das Versorgungsgebiet des Unternehmens Hamburg Wasser wird etwa zu einem Drittel mit „weichem“ Wasser beliefert, etwa zwei Drittel werden mit Wasser mit einem mittleren Härtegrad. Nur die Stadtteile Bahrenfeld, Eimsbüttel, Eppendorf, Hoheluft, Lokstedt und Lurup verfügen über mittleres bis „hartes“, Stellingen gar nur über „hartes“ Wasser. Der Härtegrad des Trinkwassers hängt vom Kalzium- und Magnesiumgehalt ab. Gesundheitlich ist der Härtegrad irrelevant, er wirkt sich aber beispielsweise im Geschmack aus: „Hartes“ Wasser schmeckt gehaltvoller, „weiches“ Wasser lässt das Aroma von Tee oder Kakao entfalten. Geräte, in denen heißes Wasser erzeugt wird, verkalken bei höherem Härtegrad schneller als bei geringerem Härtegrad.

Wasserwerke

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Das Versorgungsgebiet und die Standorte der 18 Wasserwerke

Gegenwärtig werden Hamburg und Teile des Umlandes durch 18 Wasserwerke versorgt. Es wird zwischen so genannten Grundlast- und Regelwerken unterschieden. Während Grundlastwerke rund um die Uhr Trinkwasser in das Rohrnetz abgeben, geben Regelwerke ihr Trinkwasser dem Wasserbedarf der Verbraucher entsprechend dosiert ab, so dass im Zusammenwirken mit der Abgabe durch die Reinwasserbehälter eine lückenlose Versorgung grundsätzlich gewährleistet ist.

Baursberg
Das Wasserwerk Baursberg liegt in Blankenese. Es entstand 1859, also zu einer Zeit, in der der Ort noch zum Herzogtum Holstein gehörte und vom dänischen König regiert wurde. Das Wasserwerk war das erste mit Filtration. Das heutige Werksgebäude stammt von 1915. Mitte der 1980er-Jahre erhielt das Werk eine neue Filteranlage. Elf zwischen 40 und 320 Meter tiefe Brunnen fördern täglich durchschnittlich zwölf Millionen Liter. Aufgrund seiner relativen Höhe von 92 Metern über Normalnull fließt das aufbereitete Trinkwasser im freien Gefälle zu den Verbrauchern rund um Blankenese.
Bergedorf
Auch Bergedorf gehörte zur Zeit des Wasserwerkbaus 1899 nicht unmittelbar zum Hamburger Staatsgebiet. 1982 erfolgte eine Modernisierung. Fünf Tiefbrunnen fördern zwischen 53 und 112 Metern täglich sieben Millionen Liter Trinkwasser, das teilweise in das Versorgungsgebiet außerhalb Hamburgs gepumpt wird.
Billbrook
Das Billbrooker Wasserwerk entstand 1905 und ist das älteste auf dem Hamburger Staatsgebiet in den damaligen Grenzen. (Jahrzehnte später erfolgte der Anschluss preußischer Gebiete an Hamburg und damit auch eines noch älteren Wasserwerks.) Der Neubau Billbrooks ist seit 1982 in Betrieb. 25 Brunnen, die zwischen 21 und 340 Metern liegen, speisen das Wasserwerk. Es hat ein gemeinsames Versorgungsgebiet mit dem Wasserwerk Curslack. Die mittlere tägliche Wasserabgabe liegt bei 35 Millionen Litern.
Bostelbek
Die 1892 gebaute, im heutigen Stadtteil Heimfeld liegende Anlage war das erste Grundwasserwerk der gegenwärtig 18 Hamburger Wasserwerke. Bostelbek gewinnt sein Grundwasser aus sechs Tiefbrunnen, die bei 76 bis 300 Meter fördern sowie aus vier 25 Meter tiefen Flachbrunnen.
Curslack
Das Wasserwerk wurde 1928 erbaut und steht im Hamburger Stadtteil Curslack. Der Neubau des Wasserwerks befindet sich unmittelbar neben dem Altbau und wurde 2004 in Betrieb genommen. Mehr als 200 Flach- und 14 Tiefbrunnen befinden sich in einem umzäunten, sieben Kilometer langen und etwa 100 Meter breiten Streifen in den ländlich geprägten Vier- und Marschlande. Die Brunnen sind zwischen zwölf und 106 Meter tief. Die durchschnittliche tägliche Abgabemenge liegt bei 60 Millionen Litern. Damit ist das Wasserwerk Curslack das größte in Hamburg. Es versorgt 350.000 Einwohner im Zentrum, im Südosten und teilweise im Osten der Stadt.
Glinde
1966 ging dieses außerhalb Hamburgs befindliche Wasserwerk ans Netz. 14 Brunnen in einer Tiefe von 80 bis 212 Metern liefern täglich 23 Millionen Liter aufzubereitendes Grundwasser, mit dem periphere Stadtteile und Umlandgemeinden in Schleswig-Holstein versorgt werden.
Großensee
Das in Schleswig-Holstein liegende Werk wurde 1892 erbaut und 1984/1985 erneuert. Täglich 13,5 Millionen Liter Wasser aus zehn 162 bis 228 Meter tief liegenden Brunnen versorgen den mit 85.000 Einwohnern größten Hamburger Stadtteil Rahlstedt sowie Umlandgemeinden.
Großhansdorf
Auch diese auswärtige Anlage versorgt Rahlstedt und die Umlandgemeinden. Der Bau entstand 1933, eine weitere Anlage kam 1974 hinzu. Täglich werden 28 Millionen Liter abgegeben aus 20 Brunnen, die in Tiefen von 21 bis 174 Meter liegen.
Haseldorfer Marsch
Nahe der Stadt werden täglich 15 Millionen Liter aufbereitet. Drei Horizontalfilterbrunnen, zwei Flach- und acht Tiefbrunnen fördern Wasser aus 17 bis 107 Meter Tiefe. Die Anlage entstand 1960.
Langenhorn
Dieses Wasserwerk war 1952 das erste der Hamburger Wasserwerke gebaute nach Staatsgründung der jungen Bundesrepublik. Insgesamt elf Brunnen fördern täglich 14 Millionen Liter Grundwasser. Die elf Brunnen fördern aus einer Tiefe zwischen 14 und 430 Metern und sind somit die tiefsten des Unternehmens.
Lohbrügge
Das kleinste Wasserwerk ist auch das jüngste: 1991 entstand es und liefert aus fünf 68 bis 125 tief gelgenen Brunnen täglich „nur“ 5,5 Millionen Liter Trinkwasser in Stadtteile im Südosten der Stadt.
Neugraben
Das Wasserwerk liegt im Südwesten und versorgt auch diesen Bereich mit täglich 15 Millionen Litern aus neun Brunnen mit 82 bis 311 Tiefe. 1908 ging das alte Werk in Betrieb. Am alten Platz entstand jedoch ein neues Wasserwerk, das seit 2002 aufbereitet und liefert.
Nordheide
Dieses Wasserwerk liegt in Niedersachsen und am weitesten vom Stadtgebiet entfernt. Es entstand 1982. Die aus 33 Brunnen mit einer Tiefe von 52 bis 326 Metern gewonnenen und aufbereiteten 50 Millionen Liter täglich fließen im freien Gefälle durch eine 28 Kilometer lange Transportleitung. In Ehestorf wird das Wasser zunächst gespeichert, um dann einerseits in die Versorgungsgebiete Harburg und Wilstorf und andererseits unter der Elbe in die Versorgungsgebiete rund um Altona zu gelangen.
Schnelsen
1931 - als dieses Wasserwerk ans Netz ging - gehörte Schnelsen noch nicht zu Hamburg. Die Grunderneuerung erfolgte 1990. Das Werk wird aus 14 Brunnen mit Tiefen zwischen 31 und 205 Metern gespeist und gibt täglich 13 Millionen Liter aufbereitetes Wasser ab. Das Versorgungsgebiet liegt im Nordwesten der Stadt sowie in Umlandgemeinden.
Stellingen
Hier entstand 1909 ein Wasserwerk. Die Stadt Altona erschloss zwischen 1930 und 1936 weitere Brunnenfassungen und baute das heutige Wasserwerk unmittelbar neben das alte. Ende der 1980er-Jahre erfolgte eine Grundsanierung. Die tägliche Lieferleistung liegt bei 15 Millionen Litern, das Produkt wird aus zehn 40 bis 150 Meter tiefen Brunnen gewonnen.
Süderelbmarsch
Das Wasserwerk liegt im Stadtteil Hausbruch. Es wurde 1956 gebaut und versorgt große Bereiche des Bezirks Harburg mit täglich 38 Millionen Litern. Die insgesamt 15 Brunnen liegen zwischen 17 und 363 Metern Tiefe.
Walddörfer
Die Volksdorfer Anlage fördert seit 1965 Grundwasser aus 19 Brunnen mit 145 bis 370 Metern Tiefe. Die tägliche Abgabe liegt bei 38 Millionen Litern, die Spitzenleistung bei bis zu 60 Millionen Litern.

Literatur

Gedruckte Quellen

  • Chronik Hamburg, Chronik Verlag im Bertelsmann Lexikon Verlag, 2. Auflage 1997, Gütersloh/München, ISBN 3-577-14443-2
  • Hamburg-Lexikon, Zeiseverlag Hamburg, 2. Auflage 2000, ISBN 3-9805687-9-2
  • Hamburg von Altona bis Zollenspieker, Hoffmann und Campe Verlag Hamburg, 1. Auflage 2002, ISBN 3-455-11333-8

Einzelnachweise