Die Schulpädagogik ist eine Teildisziplin der Erziehungswissenschaft oder Pädagogik. Wie der Name schon impliziert, beschäftigt sich die Schulpädagogik als wissenschaftliche Disziplin mit der Theorie und Praxis der Entwicklung und Reflexion wissenschaftlicher Konzepte zur Gestaltung von Schulleben und Unterricht. Diese Arbeitsdefinition soll nachfolgend etwas genauer erläutert werden.
Einordnung des Fachgebiets
Die Schulpädagogik beinhaltet einige Besonderheiten, die sie von anderen wissenschaftlichen Disziplinen unterscheidet: Sie versucht nicht nur die Schule empirisch zu erforschen, sondern sie will den dort Lehrenden und Lernenden Orientierungen geben:
- Üblicherweise werden in den wissenschaftlichen Disziplinen Theorie und Praxis streng voneinander getrennt. Schulpädagogik jedoch ist Theorie und Praxis in einem.
- Aussagen der Schulpädagogik können dreierlei unterschiedlichen logischen Status haben: Sie können beschreibend (deskriptiv-analytisch), wertsetzend (normativ) und spekulativ sein. Möglich sind auch Kombinationen von deskriptiven und normativen und/oder spekulativen Aussagen.
- Schulpädagogik ist eine Entwicklungswissenschaft: Sie versucht, die Schulen weiterzuentwickeln und den Lehrer/innen und Schüler/innen dabei zu helfen, den (Schul-)Alltag erträglich und vielleicht sogar attraktiver zu machen.
- Als Entwicklungswissenschaft liefert die Schulpädagogik Konzepte. Sie hilft, diese Konzepte schulpädagogischen Handeln zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Man spricht deshalb auch von einer Handlungswissenschaft.
- Die Schulpädagogik stützt sich auf die grundlagenorientierte Theorie der Schule ("Schultheorie").
Interessant hierbei ist, dass es unter den zuständigen Wissenschaftlern bis heute keinen Konsens über die Bedeutung und Grenzen des Begriffs "Schulpädagogik" gibt - obwohl in den Prüfungsordnungen für Lehramtsstudiengänge die Schulpädagogik eines der wichtigsten Prüfungsgebiete ist.
Definitionen
Die Schulpädagogik verlangt eine Definition der Begriffe Schule, Unterricht und Erziehung. Hilbert Meyer (1997) schlägt folgende Arbeitsdefinitionen vor:
- "Schulen sind Institutionen zur gemeinsamen und planmäßigen Erziehung und Unterrichtung der heranwachsenden Generation." (1997, 22)
- "Unterricht ist die planvolle pädagogische Interaktion von Lernenden und Lehrenden zum Zwecke der Aufklärung und der Vermittlung von Handlungskompetenz." (1997, 27)
- "Erziehung ist die absichtliche Einwirkung von Erziehern auf die heranwachsende Generation zum Zwecke der Persönlichkeitsbildung." (1997, 27)
In der heutigen Schulpädagogik greift man verstärkt auf Konzepte zurück, die offene Formen von Schule und Unterricht ermöglichen. Diese sind zum großen Teil in der Reformpädagogik begründet. Das individuelle Lernen wird stärker betont, neue Methoden und Handlungsperspektiven sollen Lehrer/innen und Schüler/innen Möglichkeiten eröffnen, die Schule als Lern-, Bildungs- und sozialen Ort zu erleben. Im Gegensatz dazu stehen traditionelle Formen von Schule (z. B. mit Frontalunterricht), die den Veränderungen der heutigen Zeit aus schulpädagogischer Sicht nicht mehr gerecht werden können.
Realschulpädagogik
Zur Stärkung der Realschule in Bayern wurde 2007 an der Universität Passau eine bundesweit einmalige Professur für Realschulpädagogik und -didaktik geschaffen, bei der dieser Schultyp im Vordergrund steht und insbesondere auch die Lehrerbildung in diesem Bereich verbessert werden soll.
Siehe auch
Literatur
- Hans Jürgen Apel, Hans Ulrich Grunder (Hrsg.): Texte zur Schulpädagogik, Weinheim, 1995.
- Hans Jürgen Apel, Werner Sacher (Hrsg.): Studienbuch Schulpädagogik, 2. Aufl., Klinkhardt Verlag, Bad Heilbrunn/Obb., 2005.
- Olaf-Axel Burow: Ganztagsschule entwickeln. Von der Unterrichtsanstalt zum Kreativen Feld, Wochenschau-Verlag, Oktober 2005, ISBN 3899742311.
- Andreas Flitner: Reform der Erziehung. Impulse des 20. Jahrhunderts, Beltz Verlag, 2001, ISBN 3-407-22096-0.
- Hermann Giesecke: Wozu ist die Schule da? Die neue Rolle von Eltern und Lehrern., 2. Aufl., Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 1997.
- Herbert Gudjons: Pädagogisches Grundwissen. Überblick - Kompendium - Studienbuch., 9., akt. Aufl., Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb., 2006.
- Freerk Huisken: Über die Unregierbarkeit des Schulvolks - Rütli-Schulen, Erfurt usw., Hamburg, 2006, ISBN 3-89965-210-X.
- Werner Jank, Hilbert Meyer: Didaktische Modelle., 3. Aufl., Cornelsen Scriptor, Berlin, 1994.
- Heinz Klippert: Pädagogische Schulentwicklung, 2. Aufl., Beltz Verlag, 2000, ISBN 3407624050.
- Edmund Kösel: Die Modellierung von Lernwelten, Band I: Die Theorie der Subjektiven Didaktik, 4.erw. Auflage ISBN 3-8311-3224-0. 2002. Band II: Die Konstruktion von Wissen. Eine didaktische Epistemologie, 2007.ISBN978-3-00-020795-2.Band III: Die Entwicklung postmoderner Lernkulturen. Ein Plädoyer für den Umbau der Schule, 2. Aufl.2008.ISBN 978-3-00-020794-5. SD-Verlag Bahlingen
- Hilbert Meyer: Schulpädagogik. Bd. 1 - für Anfänger. 1. Aufl., Cornlelsen Scriptor, Berlin, 1997.
- Willy Potthoff: Einführung in die Reformpädagogik. Von der klassischen zur aktuellen Reformpädagogik. 3., akt. u. erw. Aufl., Reformpädagogischer Verl. Jörg Potthoff, Freiburg, 2000.
- Georg Simmel: Schulpädagogik. Vorlesungen; gehalten an der Universität Straßburg, überarbeitete und ergänzte Aufl., Dr. Klaus Fischer Verlag, Schutterwald/Baden, 2007, ISBN 978-3-928640-85-5