Plattentektonik
Die Plattentektonik ist als grundlegende Theorie der Geologie die weiter entwickelte Kontinentalverschiebungs-Theorie von Alfred Wegener. Durch sie wird versucht Naturerscheinungen, wie Erdbeben, Gebirgsbildung, Vulkanismus, Subduktion (Abtauchen von ozeanischer Lithosphäre) und Spreizung (Auseinanderdriften von Erdplatten) zusammenhängend zu erklären.
Die Theorie
Nach der Theorie der Plattentektonik setzt sich die Erdoberfläche aus zehn großen und mehreren kleinen Lithosphärenplatten zusammen. Die zehn größten sind:
- die Nordamerikanische Platte
- die Südamerikanische Platte
- die Karibische Platte
- die Eurasische Platte
- die ArabischePlatte
- die Afrikanische Platte
- die Pazifische Platte
- die Philippinenplatte
- die Australische Platte
- die Antarktische Platte
Die Platten behalten nicht stationär ihre Positionen bei, sondern verschieben sich laufend gegeneinander . Ihre Geschwindigkeit beträgt dabei in der Regel einige Zentimeter im Jahr - das entspricht der Wachstumsgeschwindigkeit eines Fingernagels. Sie können aber auch 10 bis 18 cm pro Jahr wandern, wie man am Auseinanderdriften des Meeresbodens im Bereich des ostpazifischen Rückens gemessen hat.
Größere und kleinere Verschiebungsvorgänge entlang der Plattengrenzen äußern sich oft als Erdbeben (siehe Seismotektonik) und bringen häufig die verschiedenen Formen des Vulkanismus hervor.
Plattenverschiebungen in der Erdgeschichte
- Man geht davon aus, dass die Landmasse der Erde vor ca. 320 Millionen Jahren im Wesentlichen zwei Kontinente umfasste, nämlich Gondwana und Laurasia.
- Vor rund 250 Millionen Jahren waren beide zum Riesenkontinent Pangäa zusammen gewachsen, der vom Tethysmeer umgeben war.
- Vor etwa 135 Millionen Jahren brach die Kontinentalmasse auseinander. Das Tethysmeer trennte einen Südkontinent ab, der wieder als Gondwana bezeichnet wird. Der Nordkontinent zerfiel in die beiden Teile Nordamerika und Eurasien.
- Bis vor ca. 100 Millionen Jahren hat sich der Zerfallsprozess der Kontinente weiter fortgesetzt. Vor allem der große Südkontinent hat sich in Südamerika, Afrika, Indien, Antarktis und Australien aufgespalten. Das Tethysmeer trennte nach wie vor die Nordkontinente von den Südkontinenten.
Alle geologischen Beobachtungen weisen darauf hin, dass die Platten weiter dynamisch sind. Leider lässt sich aus den Bewegungen der Vergangenheit nicht genau schließen, wie die Landmassen etwa in 100 oder 200 Millionen Jahren auf der Erdoberfläche verteilt sein werden. Die Veränderungen in den nächsten 10 bis 20 Millionen Jahren sind allerdings heute schon erkennbar. So deuten alle Beobachtungen darauf hin, dass sich in Äthiopien ein neuer Ozean bilden wird. Ebenso könnte Mitteleuropa entlang des Rheins auseinander brechen.
Ursache der Plattentektonik
Unter Geophysikern wird z.Z. noch kontrovers diskutiert, welche Vorgänge im Erdinneren die Bewegung der Platten auslöst und vorantreibt.
- Die am häufigsten vertretene Meinung geht von Konvektionsströmen aus, die sich aufgrund des Wärmeaustauschs zwischen dem heißen Erdmantel und der kühleren Erdkruste bilden. Die Energie für die Aufheizung des Magmas im Erdinneren liefern offenbar radioaktive Zerfallsprozesse. In Folge dieser Konvektionsströme wird bei aufsteigendem Magma die Erdkruste gedehnt und reißt auf, wie das Beispiel der mittelozeanischen Rücken zeigt. Das ständig nachströmende und erkaltende Magma schiebt hier die ozeanische Kruste auseinander, was zu einem Druck auf die Ränder der Kontinente und damit zu deren Verschiebung führt. Bei konvektionsbedingt absinkendem Magma senkt sich auch die Erdkruste ab, wie man am Beispiel der Subduktionszone des Pazifischen Feuerrings mit den angrenzenden Tiefseegräben sehen kann.
Eine Schwäche dieser Theorie ist, dass die dreidimensionale Vorstellung eines Konvektionsstroms nicht selten der tatsächlich beobachtbaren Plattenbewegungen widerspricht.
- Eine andere von Geowissenschaftlern vertretene Lehrmeinung geht davon aus, dass an den mittelozeanischen Rücken heißes Magma nach außen dringt und dort seine schiebenden Wirkung entfaltet, nicht aber durch Konvektion an anderer Stelle wieder abtaucht, sondern die schweren Plattenenden gravitationsbedingt nach unten sinken.
- Schließlich gibt es noch die Expansionshypothese, die nicht ausschließt, dass sich der Erdradius im Laufe der Erdgeschichte vergrößert, wodurch sich die Existenz der Spreizungszonen und das Auseinanderbrechen der Kontinentalblöcke erklären ließe.
Gegen diese Hypothese spricht zum einen das Fehlen eines konkreten Belegs für die Zunahme des Radius, zum anderen widersprechen diesem Modell die Erkenntnisse über Gebirgsbildungsprozesse.
- Zu erwähnen bleibt noch die aus der Mode gekommene Kontraktionshypothese, die von einer Schrumpfung der Erde in Folge ihrer Abkühlung ausgeht. Einige Wissenschaftler bevorzugen die Pulsationstheorie, indem sie abwechselnde Phasen von Expansion und Kontraktion annehmen. Auch dafür gibt es offensichtlich keine stichhaltigen Beweise.
Geschichte der Theorie der Plattentektonik
Als Vater der Plattentektonik gilt Alfred Wegener (1880-1930): in seinem 1915 veröffentlichten Buch Die Entstehung der Kontinente und Ozeane folgerte er aus der genauen Passung der Küstenlinien von Südamerika und Afrika, diese könnten Splitter eines ehemals größeren Kontinents gewesen sein, der in der erdgeschichtlichen Vergangenheit auseinandergebrochen war. Die Passung ist noch perfekter, wenn man nicht die Küstenlinien, sondern die Schelfränder, also die unter Wasser liegenden Teile eines Kontinents betrachtet. Daneben sammelte Wegener weitere Argumente:
- Faltengürtel aus Südamerika lassen sich in Afrika mit sehr ähnlichen Gesteinsabfolgen und Deformationsmustern verfolgen.
- Auf den Südkontinenten war ein offenbar kälteliebender Farn mit zungenförmigen Blättern (Glossopteris-Flora) weit verbreitet.
- Das Fossil Mesosaurus, ein im Süßwasser lebendes Reptil, konnte sowohl in Afrika als auch in Südamerika nachgewiesen werden. Dieses Tier hätte niemals einen so weiten Ozean wie den Atlantik überqueren können.
Anhand von Kontinent bzw. Schelfgrenzen, Kontinuität von Scherzonen und Faltengürteln sowie der erdgeschichtlichen Verbreitung von Landtieren und -pflanzen konstruierte Wegener einen Superkontinent den er Pangäa nannte.
Anfangs wurde Wegeners Theorie vor allem wegen der Unvorstellbarkeit einer Kraft zur Bewegung der riesigen Kontinentalplatten auf breiter Basis von seinen Kollegen abgelehnt. Sie fand erst in den 1960ern Akzeptanz, da beispielsweise die neue Technik der Satellitenaufnahmen einen direkten Nachweis der Kontinentaldrift (gerichtete Plattenverschiebung) ermöglichte. Diese Entwicklung stellte in der Geologie einen wichtigen Paradigmenwechsel dar, in stärkerem Maße auch die bisher unzugänglichen Ursachen der beobachteten Vorgänge zu hinterfragen.
Siehe auch: Riftzone