Emil Georg Bührle
Emil G. Bührle (* 1890 in Pforzheim; † 26. November 1956 in Zürich) war ein Industrieller, Kunstsammler und Mäzen. Aus seiner Kunstsammlung ging die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hervor.
Leben
Nach dem Studium der Philosophie, Literaturgeschichte und Kunstgeschichte in Freiburg i.Br. und München war Bührle von 1914 bis 1919 Kavallerieoffizier und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1919 trat er in die Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik ein und stieg bis zum Prokuristen auf. Die Magdeburger Werkzeugmaschinenfabrik kaufte 1923 die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, dessen Geschäftsführer Bührle im Folgejahr wurde. Im gleichen Jahr erfolgte der Umzug nach Zürich. 1929 wurde Bührle Mehrheitsaktionär der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon und im Jahr 1936 Alleininhaber der Firma (später Oerlikon-Bührle Holding AG). Ebenfalls im Jahr 1936 nahm Bührle die Schweizer Staatsbürgerschaft an. 1949 gründete Bührle die Industrie- und Handelsbank IHAG und schuf damit für seine industrielle Tätigkeit eine eigene Hausbank.
Aus der 1920 geschlossenen Ehe mit Charlotte Schalk gehen zwei Kinder hervor. Folgende Stiftungen sind auf Emil G. Bührle zurückzuführen: "Emil-Bührle-Stiftung für das Schweizerische Schrifttum" (1943), "Goethe-Stiftung für Kunst und Wissenschaft" (1944) und die Stiftung des Anbau des Kunsthaus Zürich (1954).
Bührle als Industrieller
Emil Georg Bührles Rolle als Industrieller ist umstritten und wurde in den vergangenen Jahrzehnten unterschiedlich bewertet. Zum einen hat er die vor dem Konkurs stehende Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon in ein florierendes Unternehmen umgewandelt; zum anderen stehen Rüstungsproduktion und Rüstungsexport immer moralisch unter Druck. Die "Unabhängige Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg" hat hierzu detaillierte Untersuchungen angestellt und Bewertungen vorgenommen. So wurden vor dem zweiten Weltkrieg das republikanische Spanien (also Francos Gegner) und das unabhängige Abessinien (im Kolonialkrieg gegen das faschistische Italien) genauso beliefert, wie die baltischen Länder, die Tschechoslowakei, Griechenland, China, die Türkei, Frankreich, Holland und England. In der Zeit von 1940 - 1944 (die Schweiz war inzwischen vollständig von faschistischen Staaten (Italien, Deutschland) und faschistisch-besetzten Ländern (Österreich, Frankreich) eingeschlossen) lieferte die Firma Oerlikon-Bührle auf Anforderung der schweizerischen Regierung auch Waffen an Deutschland und Italien. Hierbei handelte es sich ausschließlich um Flugabwehrkanonen und Zubehör. Von der unabhängigen Expertenkommission werden diese Waffenlieferungen als nicht kriegsentscheidend bzw. nicht kriegsverlängernd eingestuft.
Bührle als Kunstsammler
Bührles erste Erwerbungen waren 1920 zwei Aquarelle von Erich Heckel, denen 1924 ein Bild von Maurice de Vlaminck folgte. Der eigentliche Aufbau der Sammlung Bührle begann ab 1936, als die finanziellen Voraussetzungen geschaffen waren. Den größten Teil seiner Sammlung (ca.75%) erwarb der Sammler in der Zeit von 1951 bis 1956. Beraten wurde Bührle u.a. vom Galeristen Fritz Nathan und einem kleinen Kreis internationaler Händler in Paris, London und New York, zu denen neben Georges Wildenstein und Paul Rosenberg auch Max Kaganovitch und Frank Lloyd von der Firma Marlborough Ltd. gehörten. Die Sammlung umfasst neben mittelalterlichen Plastiken und Gemälden alter Meister vor allem Bilder des französischen Impressionismus und der klassischen Moderne, darunter Meisterwerke von Paul Cézanne (Der Knabe mit der roten Weste), Pierre-Auguste Renoir (La petite Irène) und Vincent van Gogh (Sämann).
Bührle stand in der Tradition von Sammlern in Deutschland, Skandinavien, England und den USA, die vor dem Ersten Weltkrieg und in den Zwischenkriegsjahren die französische Moderne ins Zentrum ihres Interesses gerückt hatten. Diese Vorliebe prägte auch viele Sammlungen in der Schweiz, wie etwa ein Vergleich mit der nach 1920 entstandenen Sammlung "Am Römerholz" von Oskar Reinhart im benachbarten Winterthur zeigt.
Zwei Drittel der Sammlung Bührles wurden 1960 von den Erben in die Stiftung Sammlung E. G. Bührle eingebracht und sind seitdem der Öffentlichkeit zugänglich. Auch die im Familienbesitz verbliebenen Kunstwerke wurden immer wieder in Ausstellungen gezeigt. Bei einer Ausstellung mit Werken der Sammlung 1990 in Washington D.C. kam es zu Protesten und Diskussionen in den Medien wegen Bührles Rolle als Waffenexporteur im Zweiten Weltkrieg und der teilweise nicht vollständig geklärten Herkunft der Bilder aus vormals jüdischen Besitz. Auch zu dieser Frage gab es eine "Unabhängige Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg". Bührle musste 13 Gemälde aus französisch-jüdischen Besitz nach dem Zweiten Weltkrieg an die Alteigentümer zurückgeben bzw. von diesen ein zweites Mal erwerben.
Literatur
- Heller, Daniel: Zwischen Unternehmertum, Politik und Überleben. Emil G. Bührle und die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon, Bührle & Co. 1924- 1945 Frauenfeld, Stuttgart, Wien 2002 ISBN 3-7193-1277-1
- Esther Tisa Francini, Anja Heuss, Georg Kreis: Fluchtgut – Raubgut. Der Transfer von Kulturgütern in und über die Schweiz 1933–1945 und die Frage der Restitution Zürich 2001 ISBN 3-0340-0601-2
- Peter Hug: Schweizer Rüstungsindustrie und Kriegsmaterialhandel zur Zeit des Nationalsozialismus: Unternehmensstrategien – Marktentwicklung – politische Überwachung Zürich 2002 ISBN 3-0340-0611-X
- Katalog Washington D.C.: The Passionate Eye, Impressionist and other Master Paintings from the E. G. Bührle Collection Zürich 1990 ISBN 0-8478-1215-4
- Lukas Gloor: Stiftung Sammlung E. G. Bührle: Katalog I - III Silvana 2004-2005 ISBN 88-87582-95-5 (1) ISBN 88-87582-88-2 (2) ISBN 88-87582-73-4 (3)
- Emil Maurer: Stiftung Sammlung E. G. Bührle, Zürich Bern 1992 ISBN 3-85782-526-X
- Ruedi Christen: Die Bührle-Saga Zürich 1981 ISBN 3-85791-033-X
Weblinks
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Bührle, Emil G. |
| ALTERNATIVNAMEN | Bührle, Emil Georg |
| KURZBESCHREIBUNG | schweizer Industrieller und Kunstsammler |
| GEBURTSDATUM | 1890 |
| GEBURTSORT | Pforzheim |
| STERBEDATUM | 26. November 1956 |
| STERBEORT | Zürich |