First Nations

indigene Völker in Kanada
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Mit First Nations (französisch Premières nations, deutsch Erste Nationen) werden alle indigenen Völker in Kanada bezeichnet, außer den Métis und den Inuit. Die Bezeichnung tauchte wohl Anfang der 1980er Jahre erstmals auf.[1] Damit wurde ein Begriff geschaffen, der sich von dem in Kanada ebenfalls gebräuchlichen Begriff Indians erheblich unterscheidet. Dies hängt damit zusammen, dass ein eigenes Indianergesetz (Indian Act) seit 1876 definiert, was ein Indianer ist. Dieses Gesetz geht darüber hinaus immer noch davon aus, dass ein Individuum nur einem einzigen Stamm angehören kann. Umgekehrt kann niemand der nicht einem der über 600 anerkannten Stämme angehört, Indianer ist.[2] Dieser Definitionsgewalt soll mit dem Begriff First Nation ein eigenes Verständnis entgegengesetzt werden, das zudem den Nationscharakter stärker betont. Als nationales Repräsentationsorgan fungiert dementsprechend die Versammlung der First Nations.

Begriff

Der Begriff First Nations wurde erstmals offiziell 1982 bei der Benennung der Versammlung der First Nations benutzt. Als Selbstbezeichnung hat er bei den zahlreichen ethnischen Gruppen weitgehend den Begriff Band abgelöst, so dass der Begriff auch im Singular auftaucht. Daneben ist der Begriff Band im offiziellen Sprachgebrauch weiterhin üblich, wobei er wie eine Art Oberbegriff gebraucht wird, der First Nations, Tribes und Bands umfasst.[3]

Obwohl der Begriff First Nations auch von den kanadischen Behörden verwendet wird, ist er juristisch nicht genau festgelegt. Noch immer steht er in Konkurrenz zum Begriff Indian. Rund 20 % der Angehörigen von First Nations, von denen wiederum eine Reihe nicht als Stamm (Tribe) anerkannt ist, sind nicht als Indianer anerkannt.

Im Indian Act, das seit 1876 immer wieder verändert wurde, werden dabei drei Arten von Indianern unterschieden:

  1. Status Indians: Angehörige eines Indianervolks, die als Indianer registriert sind oder dazu berechtigt sind. Sie werden namentlich im Indian Registry eingetragen, das vom Department of Indian Affairs and Northern Development geführt wird. Hierbei handelt es sich um rund 700.000 Menschen in Kanada.
  2. Non-Status Indians: Angehörige eines Indianervolks, der nicht zur Registrierung als Indianer berechtigt ist.
  3. Treaty Indians: Angehörige eines Indianervolks, das zwischen 1871 und 1921 mit der britischen Krone einen der elf „nummerierten Verträge“ (Numbered Treaties) abgeschlossen hat.[4]

Dazu kommt noch eine vierte Gruppe, deren Größe seit 1985 auf rund 117.000 Menschen angewachsen ist. Sie sind die Nachkommen von Indianerinnen, die Nicht-Indianer geheiratet haben. Diese Kinder konnten auf Antrag den Indianerstatus erlangen, doch verloren deren Kinder diesen Status, es sei denn, sie heirateten wiederum einen Status-Indianer. Diese Regelung sorgt dafür, dass diese als „Bill C-31 Indians“ bezeichnete Gruppe nach zwei Generationen weitgehend verschwunden sein wird. Zudem widerspricht sie Grundrechten, wie der Oberste Gerichtshof von British Columbia im Juni 2007 befand (McIvor Decision).[5]

Alle Begriffe setzen die Zugehörigkeit zu einem bestehenden Stamm voraus, ohne den niemand Anerkennung als Indianer findet. Zudem hängt an dem Begriff Status Indian eine Anzahl von Rechten und Ansprüchen gegenüber der Regierung. Diese beziehen sich auf Landrechte, materielle Zuwendungen und Schutz vor Enteignungen. Doch konnte allein durch Verlassen des Reservats, Umzug in ein anderes Reservat, durch Heirat oder ähnliches der Status verloren gehen. Jedoch scheint sich diese Entwicklung langsam umzukehren, da sich immer mehr Ureinwohner registrieren lassen und der Geburtenüberschuss höher ist, als im Rest der Bevölkerung. Typisch für die Angst vor Nachteilen, die durch die Anerkennung als Indianer entstehen konnten, ist der Fall der Qayqayt in British Columbia.

Alle Mitglieder der anerkannten Stämme, die Ansprüche auf staatliche Leistungen nach dem Indian Act erlangen wollen, müssen ins Indian Register eingetragen sein. Dieses Indianerregister wird vom Department of Indian Affairs and Northern Development geführt.

Bevölkerung

Ende 2007 waren 632 Stämme anerkannt,[6], bzw. werden auf der Website des Department of Indian Affairs and Northern Development aufgeführt, davon 198 in British Columbia in 1702 Reservaten, gefolgt von Ontario mit 139 in 206 Reservaten, dann Saskatchewan und Manitoba mit 70 bzw. 63 in 602 bzw. 195 Reservaten, Alberta und Québec mit 70 bzw. 39 Stämmen in 137 bzw. 44 Reservaten. Die übrigen 77 Stämme verteilten sich auf die Northwest Territories (26 Stämme in 29 Reservaten), Yukon (18 Stämme in 15 Reservaten), New Brunswick (15 Stämme in 26 Reservaten), Nova Scotia (13 Stämme in 39 Reservaten), schließlich Neufundland (3 Stämme in 3 Reservaten) und Prince Edward Island (2 Stämme in 4 Reservaten). Von den fast genau 3.000 Reservaten liegen rund 57 % in British Columbia.

Die größten First Nations leben jedoch nicht dort sondern weiter im Osten, wobei die Irokesen die größte zusammenhängende Stammesgruppe darstellen, jedoch die Cree, deren Stämme stärker verstreut leben, die meisten Mitglieder aufweisen.[7] Die Six Nations of the Grand River Irokesen, zählten 21.379 registrierte Mitglieder (August 2007)[8]

Die größten Einzelstämme waren (Stand: Juli 2008) die

  1. Akwesasne Mohawk Nation, Ontario (10.738)
  2. Kainai Nation (Blood), Alberta (10.409)
  3. Kahnawake Mohawk Nation, Québec (9.092[9])
  4. Saddle Lake Cree Nation, Alberta (8.862)
  5. Lac La Ronge, Saskatchewan (8.585)
  6. Peter Ballantyne Cree Nation, Saskatchewan (8.454)
  7. Peguis, Manitoba (8.360)

22 % der Indianer lebten in Ontario, 19 % in British Columbia, 15 % in Manitoba, je 14 % in Alberta und Saskatchewan. Mehr als 50 % von ihnen sind unter 23,5 Jahre alt, im übrigen Kanada unter 37,7 Jahre. Sie sind also sehr jung (35 % sind jünger als 14), und dementsprechend ist absehbar, dass ihr Anteil an der Bevölkerung stark steigen wird.

Die Volkszählung von 2006 erfasste 1.172.790 Ureinwohner (3,8 % der Gesamtbevölkerung), 1996 waren dies noch weniger als 800.000. 2006 gaben 698.025 an, zu einer der First Nations zu gehören, womit ihre Zahl innerhalb von zehn Jahren um 26 % gestiegen ist. 564.870 waren registriert, 133.155 nicht, womit die Zahl der nicht registrierten doppelt so schnell anwuchs, wie die Zahl der registrierten.

Dabei lebten 158.395 First Nations People (oder 23 %) in Ontario, 129.580 (19 %) in British Columbia, 100.645 (14 %) in Manitoba, 97.275 (14 %) in Alberta und 91.400 (13 %) in Saskatchewan.

In den Provinzen und Territorien gaben 2006 an, einer First Nation anzugehören:[10]:

Provinz bzw. Territorium Anzahl
Neufundland und Labrador 7.765
Prince Edward Island 1.230
Nova Scotia 15.240
New Brunswick 12.385
Quebec 65.0900
Ontario 158.395
Manitoba 100.645
Saskatchewan 91.400
Alberta 97.275
British Columbia 129.580
Yukon-Territorium 6.275
Nordwest-Territorien 12.640
Nunavut 100
Kanada insgesamt 698.025

Der Anteil der Indianer außerhalb der Reservate überstieg die 50 %, davon lebten in den Städten Winnipeg 25.900, Vancouver 23.515, Edmonton 22.440 und Toronto 17.275, in Saskatoon 11.510, Calgary 10.875, Ottawa‑Gatineau 10.790, Montréal 10.130, Regina 9.495 und Thunder Bay 7.420. In Prince Rupert stellen sie 32 % der Bevölkerung.

Das Durchschnittsalter der Indianer liegt bei 25, also 15 Jahre unter dem kanadischen Durchschnitt, in Saskatchewan sogar bei 20 Jahren.[11]

Sprachen

 
Indianersprachen in Nordamerika

Amerika ist von einer enormen Sprachenvielfalt gekennzeichnet (vgl. Indigene amerikanische Sprachen), jedoch stehen viele Sprachen vor dem Aussterben, bzw. sind bereits tot.[12] Eine ganze Reihe von Sprachen der First Nations gilt hingegen als nicht gefährdet. Zu ihnen rechnete man 1976 Gruppen mit 100 bis 1.000 Sprechern, womit das Überleben der Sprache als einigermaßen gesichert galt. Diese waren: Tsimshian (3.452 Sprecher), Niska (2.892), Gitksan (3.149), Haisla-Kitimat (989), Bella Bella-Heiltsuk (1.424), Kwakiutl (3.155), Nootka (3.753), Lillooet (2.961), Shuswap (4.347), Thompson (3,023) und Okanagan-Sanpoil-Colville-Lake (1.753), Squamish (1.430), Songish-Lummi-Clallam (1.443), Assiniboine (1.376), Mohawk (16.640), Ottawa (1.874), Algonkin (4.648), Malecite-Passamaquoddy (694), Haida (1.560), Tlingit (522), Loucheux-Kutchin (2.600) (s. Gwich'in), Nahani (Tanana-Koyokan-Han-Tutchone) (1.305), Dogrib-Bear Lake-Hare (2.461), Tahltan-Kaska (793), Sekani-Beaver-Sarsi (2.197), Dakota (6.517).

Als sicher überlebensfähig galten nur folgende Sprachen, die mehr als tausend Sprecher aufwiesen: Cowichan (7.118 Sprecher), Blackfoot (9.875), Ojibwa-Saulteaux (62.545), Cree (92.664), Montagnais (6.987), Micmac (11.525), Chipewyan-Slave-Yellowknife (11.097) und Carrier-Chilcotin (7.204).

Doch selbst im ländlichen Saskatchewan, mit einer relativ hohen Indianerbevölkerung, ging der Gebrauch der Muttersprachen von 1961 bis 1971 von 85 auf 64 % zurück. Im städtischen Bereich benutzten zu dieser Zeit nur noch 22 % der Indianer ihre Sprachen zu Hause.[13]

Zu diesen Sprachen kommen noch das Michif, eine aus den Sprachen der Cree, Ojibwa, Assiniboine und Französisch entstandene Sprache der Métis, und die Bungee-Sprache (auch Red River-Dialekt genannt). Sie ähnelt dem Michif, wird aber nur am namengebenden Red River in Manitoba gesprochen und ist eine Mischung aus Cree und schottischem Gälisch.

Seit den 70er Jahren gibt es zahlreiche Bemühungen, die noch existierenden Sprachen zu unterrichten, Wörterbücher und Grammatiken herauszugeben, Lernmöglichkeiten über das Internet zu schaffen.[14] Dennoch sind die meisten Sprachen mehr gefährdet denn je. Von den rund 50 Sprachen der Ureinwohner Kanadas galten 1996 nur Cree, Inuktitut und Ojibway als in ihrem Überdauern gesichert, nur noch 26 % gaben eine solche Sprache als Muttersprache an.

Die Sprachen der First Nations gehören zehn Sprachfamilien an. Die drei größten Sprachen repräsentieren dabei rund 93 % der indigenen Muttersprachler. 147.000 Sprecher gehörten dabei der Algonkin-Sprachfamilie an, 20.000 dem Athapaskischen. Acht Sprachfamilien stellten nur 7 % der Sprecher. Dabei nahm die Zahl der Sprecher mit dem Alter zu, umgekehrt sprachen nur noch 20 % der unter fünf Jahre alten Kinder eine indigene Sprache. Noch dramatischer ist der Sprachverlust in den Städten.

Dennoch tragen manche Bemühungen Früchte. Sie basieren oftmals auf der Arbeit von wenigen Individuen, die sehr verschiedene Wege gegangen sind. Diese reichen von verschiedenen Lernszenarien zwischen Schule, Musik, Kombinieren von Ritualen in natürlicher Umgebung mit Sprachlernen, eigenen Schriftzeichen, aber auch Internetsprachlehrgängen und universitären Ausbildungen, bis hin zur Forderung nach Aufnahme der jeweiligen Sprache in die Amtssprachen, wie dies die Nordwest-Territorien praktizieren.

Der Gebrauch indigener Sprachen nimmt insgesamt wieder deutlich zu. Beim Zensus des Jahres 2006 gaben 51 % der Reservatsbewohner an, in ihrer Muttersprache kommunizieren zu können, in den Städten waren es nur 12 %. 18 % der über 75-Jährigen in den Reservaten sprachen ausschließlich ihre Muttersprache. 21 % der Kinder unter 14 sprechen inzwischen wieder ihre Muttersprache (39 % der Kinder in Reservaten, nur noch 6 % in Städten), 24 % der 15-24-jährigen.

Die Zahl der Sprecher ist bei den Cree mit 87.285 am höchsten, es folgen 30.255 bei Ojibway, 12.435 bei Oji-Cree und 11.080 bei Montagnais-Naskapi, 9.250 Dene, 8.540 Mi'kmaq, 6.285 Siouan-Sprachen und 5.320 Atikamekw, schließlich 4.760 bei Blackfoot. Am schnellsten wuchs diese Zahl bei den Oji-Cree (20 %). Die Zahl der Sprecher bei den Haida (-31 %), Tlingit (-30 %) und Malecite (-30 %) ging hingegen in den letzten zehn Jahren stark zurück. Dabei lag der Anteil derjenigen, die ihre ererbte Sprache als Zweitsprache erwarben bei manchen Stämmen bei über 30 %.[15]

Kulturareale

Von den zehn nordamerikanischen Kulturarealen (nach Alfred Kroeber) berühren im Wesentlichen fünf die Wohngebiete der First Nations:

Ähnliche Umweltbedingungen und weit zurückreichende Beziehungen haben ähnliche Kulturen hervorgebracht, die sich sehr stark von denen der anderen Kulturareale unterscheiden. Die Dominanz der natürlichen Umgebung, von der inzwischen deutlicher wird, dass sie von den Indigenen sehr viel stärker beeinflusst worden ist, als bisher angenommen, erklärt sich aus den extrem unterschiedlichen Eigenschaften der Areale.

Subarktis

Die Subarktis umfasst von borealem Wald dominierte Gebiete von Zentralalaska bis zum Sankt-Lorenz-Strom. Hier lebten die beiden Sprachgruppen der Nord-Athapasken, deren bedeutendste Stämme die Anishinabe und Cree waren, und die Nord-Algonkin. Der Wald bot ihnen in schwankender Quantität Waldkaribus, Waldbisons, Hirsche und Elche, die Gewässer Fisch und Meeresfrüchte. Stetigkeit der Versorgung lieferte das Sammeln von Waldprodukten und deren Vorratshaltung.

Angepasst an die Bedürfnisse lebten die Bewohner in Stangenzelten, giebelförmigen Holzhütten oder Wigwams. In der extremen Weite entwickelten die kleinen Gruppen weder Stammesverbände, noch feste Siedlungen oder übergreifende Hierarchien.

Tiergeister spielten vor allem bei den Algonkin eine Rolle, dazu kam als allem innewohnende Kraft der Manitu oder Manitou, der seinen Namen durch die Anishinabe erhielt. Dieser gab der heutigen Provinz Manitoba ihren Namen.

Nordwestküste

Die Siedlungskammern im Nordwesten waren sehr klein, die Ernährung stark auf das Meer eingestellt. Dichte Wälder, z. T. emäßigte Regenwälder mit riesigen Bäumen, boten völlig andere Baumaterialien. So lebte man in Holzhäusern, überwiegend Plankenhäusern. Das gleiche galt für Waffen, Kleidung, Behältnisse usw. Auch die Totem- oder Wappenpfähle sind ohne diese Baumbestände nicht denkbar.

Die Gesellschaften waren in drei Gruppen eingeteilt: eine Art Adel, dann die einfachen Stammesmitglieder und schließlich Sklaven - meist Kriegsgefangene und deren Nachkommen. Diese Gesellschaftsordnung wurde von Süden nach Norden, von den Küsten-Salish über Kwakwaka'wakw und Nuu-chah-nulth, Haida und Tlingit immer strenger. Innerhalb dieser Gruppen standen Lokal- oder Hausgruppen, Klane und Verwandtschaftssysteme im Vordergrund. Das Konzept des Stammes war im Süden von geringerer Bedeutung, denn hier kam gruppenübergreifenden Verwandtschaftsbeziehungen deutlich größere Bedeutung zu. Die Rangunterschiede wurden durch öffentliche Rituale manifestiert, von denen der Potlatch das bekannteste sein dürfte. Dieser diente durch die Praxis äußerst großzügigen Verschenkens auch dem sozialen Ausgleich.

In den Religionen der Nordwestküste galten dem Raben (als Bringer des Feuers), aber auch Wolf, Bär, Wal und Lachs Rituale, in denen Masken, Tänze, Erzählkunst, Darbietungen der Schmerzunempfindlichkeit, Gesten der Großzügigkeit usw. Mittel des Ausdrucks waren. Der rituell unrichtige Umgang innerhalb der strengen hierarchischen Ordnung musste unbedingt eingehalten werden. Daher wurde, beispielsweise bei den Nuu-chah-nulth, eine Art Zeremonienmeister ausgebildet, der diese Hintergründe genau zu beachten wusste.

Schamanen wurden oftmals in Form von Visionen berufen. Sie nahmen Kontakt zu den Ahnen auf oder zu anderen Mächten. Auch Frauen waren Schamanen. Oftmals brachten sie die „Medizin“ mit, der besondere Heilkräfte zugesprochen wurden.

Plateau

Im heute kanadischen Teil des Kulturareals lebten Stämme der Sprachfamilien der Binnen-Salish, der Kutenai und der Sahaptin, von denen die wichtigsten die Thompson und die Kutenai waren.

Zahlreiche Flüsse und Seen bestimmen die Landschaft ebenso, wie hohe Berge im Westen und im Osen des Kulturareals.

Der Fischfang, besonders von Lachs, bestimmte weite Teile der Kultur und der Technik. Jedoch spielten auch Wurzeln, Beeren und Jagdwild eine wichtige Rolle. Ähnlich wie die Küstenbewohner betrieben die Stämme des Plateaus einen weiträumigen Handel. Sie lebten in Erdhäusern und Plankenhäusern, aber auch in Tipis.

Wie die Gruppen der Westküste, so lebten die meist kleinen Verbände in traditionellen Gebieten, in denen sie in jährlichen Wanderzyklen Sammel- und Jagdorte oder spirituell bedeutsame Orte aufsuchten. Einige von ihnen übernahmen, im Gegensatz zu den küstennahen Indianern, das Pferd als Reit- und Transporttier, wahrscheinlich um 1800.

Nordöstliches Waldland

 
Befestigtes Irokesendorf mit Langhäusern, um 1615

Ausgedehnte Laub- und Mischwälder prägen das Nordöstliche Waldland. Hier lebten zahlreiche Gruppen der Algonkin. Sie ernährten sich teils vom Landbau - im Süden sogar überwiegend von Mais, Bohnen und Kürbissen, im Westen kam Wildreis hinzu -, teils von der Jagd. Hier entstanden ausgedehnte Stammesföderationen, wie bei den Irokesen, und Großdörfer, besonders südlich der Großen Seen und des St. Lorenz. Jahrhunderte überspannende Feindschaften mit entsprechenden Kriegen führten zum Verschwinden zahlreicher Stämme.

Die sesshaften Bauern kannten, ähnlich wie viele Stämme der Westküste, ein Erbhäuptlingstum. Bei den Irokesen bildeten mehrere Kernfamilien exogame Lineages, die mit den von ihnen bewohnten Langhäusern gleichgesetzt wurden, und in denen bis zu 200 Personen lebten. Sie wurden von einer Klanmutter geführt, das Verwandtschaftssystem war matrilinear und matrilokal.

Die halbsesshaften Algonkin, die in kuppelförmigen Wigwams lebten, deren Bau aufwändiger war, als die Tipis der Prärien, glaubten an Tiergeister. Die sesshaften Bauern, vor allem die Irokesen, verehrten eher Götter, Personifizierungen von Kräften, die vom Großen Schöpfer abgeleitet wurden.

Prärie und Plains

Nur wenige First Nations, wie einige Blackfoot-Stämme leben im nördlichen Teil dieses Kulturareals, das im Windschatten der Rocky Mountains gelegen, von Trockenheit gekennzeichnet ist. Wichtigstes Jagdwild in dieser flachen Graslandschaft war der als Büffel bekannte Amerikanische Bison. Besondere Treibjagdtechniken wurden entwickelt, bei denen man Teile von Herden so genannte Buffalo Jumps hinunterstürzte.

Die Menschen lebten überwiegend in Tipis, Stangenzelten, die einen schnellen Ortswechsel entsprechend den Wanderungen der Büffel gestatteten. Lokalgruppen bestimmten das Bild, Klans spielten keine Rolle. Hier galt Kriegsruhm und Schmerzunempfindlickeit (Sonnentanz) als Mittel der Ansehens- und Statuserhöhung.

Erst die Pferde der Spanier ermöglichten ab etwa 1700 eine neue Lebensweise, doch die Besiedlung blieb dünn. Die wichtigsten Stammesgruppen der Assiniboine und der Blackfoot waren ähnlich erbitterte Feinde, wie im Osten die Huronen und die Irokesen.

Geschichte

Siehe auch Hauptartikel Geschichte der First Nations.

Frühgeschichte

Nomadismus ohne Viehzucht - abgesehen von Hunden und Pferden -, dazu halbnomadische gelegentlich sesshafte Bodenbewirtschaftung, prägten die Kulturareale bis in das 19. Jahrhundert.

Die ältesten Spuren menschlichen Lebens im Norden des Kontinents finden sich in Alaska und reichen mindestens 12.000 Jahre zurück. Diese frühe arktische Kultur breitete sich weiter südwärts aus. Ihr Kennzeichen sind kleine bis winzige Steinklingen und beidseitig geschärfte Werkzeuge. Der äußerste Norden und Nordosten einschließlich Grönland ist wohl erst um 2500 v. Chr. besiedelt worden, der Norden Ontarios wohl erst um 2000 v. Chr.

Die Plano-Kulturen, deren Name sich von den Plains ableitet, als nördliche Form der Paläoindianer umfassen den riesigen Raum zwischen dem Binnenland British Columbias und den Nordwestterritorien bis zum Golf von Mexiko. Vor 8000 v. Chr. wurden hier Projektilspitzen nicht mehr in gespaltene Schäfte eingespannt, sondern in den Schaft eingetieft. Ein Tauschhandel mit besonders geeigneten Steinarten ist fassbar.

Der frühen (ca. 8000 bis 6000 v. Chr.) und mittleren (ca. 6000 bis 4000 v. Chr.) archaischen Phase gehören Kulturen am Ohio, um Niagara und in Süd-Ontario an. Sie entstanden, als Plano-Leute den Karibu-Herden ostwärts folgten, immer an der Vereisungsgrenze entlang.

Schwerpunkte der östlichen Kulturen waren der untere Sankt-Lorenz-Strom und die Großen Seen. Älteste Monumente sind Grabhügel, die auf eine gefestigte Hierarchie innerhalb dieser Gesellschaften entlang des Erie-Sees, am Lake Huron, am Lake Ontario sowie am St. Lorenz hindeuten. Am südlichen South Fowl Lake an der Grenze zwischen Ontario und Minnesota wurden 6.800 Jahre alte Kupferfunde gemacht.

Zwischen 2000 und 1500 v. Chr. kühlte Labrador ab. Inuit zogen südwärts und auch Jäger aus dem Inland erreichten die Küsten. Das Gebiet nördlich des St. Lorenz scheint aufgegeben worden zu sein. Die Laurentian Archaic genannte Kultur hatte ihr Zentrum um Québec und in Ontario. Das Ottawa-Tal gilt als ein Zentrum der Kupferproduktion, ähnlich wie die Inseln im Oberen See.

Die Frühe Woodland-Periode löste die archaische im Osten ab und erstreckte sich bis zu den Großen Seen und dem St. Lorenz (etwa 1000 v. Chr. bis 500 n. Chr.). Tonwaren sind hier kennzeichnend. Manche Dörfer waren schon ganzjährig bewohnt und beherbergten weit über tausend Menschen. Hier nahm die Bedeutung des Kürbis, der wohl schon um 4000 v. Chr. in Maine auftaucht, immer mehr zu, später kamen Bohnen und Mais hinzu. Schließlich entwickelte man eine Reusentechnik, mit der man auch in Stromschnellen Fische fangen konnte. Von der weit entfernten Adenakultur übernahm sie teilweise die Beerdigungspraktiken. So breiteten sich die aus dem Ohiotal kommenden Burial Mounds aus, kleine bis monumentale Grabhügel. Auf sie gehen wohl die Irokesen zurück, aber auch einige Algonkin-Stämme.

Der kanadische Schild wurde erst 6000 bis 2000 v. Chr. besiedelt. Hierauf gehen die Cree, Ojibwa, Algonkin, Montagnais und die Beothuk zurück. Um 2000 v. Chr. bestanden hier bereits komplexe Rituale, Kupferbearbeitung und Handelsbeziehungen. Die für die Adena-Kultur typischen Mounds erscheinen sogar in der westlichen Schild-Kultur (Laurel), z. B. am Rainy River im Süden Ontarios. Birkenholzkanus waren hier das Haupttransportmittel. Auf ihnen dehnten die Gruppen ihre Schweifgebiete auch in frühere Plain-Gebiete west- und südwestwärts aus. Auch der Fernhandel mit Chalzedon aus Oregon und Obsidian aus Wyoming hing vom Flusstransport ab. Wahrscheinlich kam es aufgrund der Domestizierung von wildem Reis zu einer herausgehobenen Schicht von Landbesitzern, die sich auch kulturell vom Rest der Bevölkerung absetzte.

In den Plains lassen sich Häuser und Großdörfer fassen. Die Jagd mit Pfeil und Bogen verbreitete sich nur sehr langsam von Norden (um 3000 v. Chr.) ostwärts, dann in den Westen (um Chr. Geb.). Die späte Plains-Kultur lebte in hohem Maße von Büffeln (Amerikanischer Bison). Spätestens um 500 v. Chr., löste der Bogen die Speerschleuder ab. In Montana bestanden große Zeltdörfer (100 ha) mit rund tausendjähriger Nutzungsdauer. Fernhandel mit Obsidian, Feuerstein und anderen Materialien reichte bis zum Pazifik. Zumindest manche der Verstorbenen wurden vor der Grablegung auf Gerüsten getrocknet.

Die Mittlere Plateau-Kultur entwickelte um 2500 v. Chr. das Pit House, das teilweise in die Erde eingegraben war. Die heutigen Salish-Stämme lassen sich mit dieser halbsesshaften Kultur in Verbindung bringen. Ausnahmen in diesem Gebiet sind die Nicola, Eyak-Athapaskisch-Sprecher und die Kutenai. Die späte Plateau-Kultur sammelte in Erdlöchern Vorräte, heiße Steine dienten zum Backen und Kochen, der Lachs lieferte den Löwenanteil des Nährwerts. Der Handel mit den Küstenvölkern nahm zu, die Dörfer wurden größer.

Im Westen wurde die wohl bis vor 10.000 v. Chr. zurückreichende Besiedlung um 4250 v. Chr. durch die Frühe Plateaukultur überlagert. Die Küstenkulturen an der Westküste lassen sich mindestens bis 8000 v. Chr. nachweisen. Dabei ist die Jagd auf Meeressäuger sehr früh fassbar. Ab 2500 v. Chr. lassen sich im Westen Siedlungen anhand zahlreicher Muschelhügel nachweisen, dazu erste Anzeichen einer sozialen Differenzierung, sowie ausgeprägte Ansätze zu einer bäuerlichen Wirtschaftsweise (vor 1600 v. Chr.).

Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich an der Westküste, deren Kulturen sich zunehmend regional differenzierten und eine Gesellschaftshierarchie ausprägten. Sie begannen, ähnlich wie im Osten, die Landschaft zugunsten von Garten- und Landbau umzuwandeln und eine Vorratshaltung nicht nur von Lachs sondern auch heute wenig gebräuchlicher Nahrungsmittel zu entwickeln. Die Küstenkultur war von Süden nach Norden strenger hierarchisiert. Bestimmte Familien beherrschten den Handel, den Zugang zu Ressourcen und die politische und spirituelle Macht. Auch hier tauchen wohl erstmals Begräbnishügel auf. Erst um 400 n. Chr. erreichte der Bogen diese Region.

Die heutigen Küsten-Salish lassen sich auf die Marpole-Kultur zurückführen. Sie war bereits von der gleichen sozialen Differenzierung, von Plankenhäusern, in denen mehrere Familien lebten, von Lachsfang und -konservierung, Schnitzwerken von monumentalen Ausmaßen und komplexen Zeremonien gekennzeichnet. Zwischen 500 und 1000 n. Chr. änderten sich erneut die Begräbnissitten. Die Toten erhielten nun immer öfter ihre letzte Ruhestätte in Bäumen, Pfählen, Grabhäusern und Höhlen. Um 500 bis 700, tauchten vermehrt befestigte Dörfer auf, vor allem im Süden. Diese kriegerische Phase erstreckte sich bis in die Zeit des ersten Kontakts mit Europäern, durch den sie weiter gesteigert wurde.

Im Gegensatz dazu hielt sich am Yukon und am Mackenzie mit ihren riesigen Einzugsgebieten eine Kultur weiträumiger Jagd mit extremer Beweglichkeit kleiner Gruppen.

Koloniale Phase

Die koloniale Phase ab Ende des 15. Jahrhunderts begann an der Ostküste mit Fischfang, Waljagd und Pelzhandel, der bald in gewaltsame Konflikte umschlug. Dann kam es zu regelrechten Koalitionskriegen, mehrfach als Nebenschauplätze europäischer Kriege. Letztlich entlud sich der Konflikt zwischen den Hauptkontrahenten Frankreich und Großbritannien im Rahmen des Siebenjährigen Krieges. Eine Sonderrolle spielten die USA, die sich 1812 einen Krieg mit den Briten und Franzosen sowie ihren indianischen Verbündeten lieferten - infolge dessen sich eine erste Grenzziehung etablierte, die jenseits der Großen Seen ab 1846 entlang des 49. Breitengrads den Kontinent zerschnitt (Oregon-Kompromiss).

1604 entstand an der Mündung des St. Croix River die erste Siedlung, die ein Jahr später nach Port Royal verlegt wurde. 1608 wurde Québec gegründet. Bereits 1607-1615 kam es zu einem Krieg zwischen den Penobscot und den Mi'kmaq, der Ausdruck ihrer Rivalität im Pelzhandel war. Bald schickte man Waldläufer, aus, die unter den Indianern lebten, während die Handelsagenten ihre Forts zu Tauschzentren ausbauten, in deren Umgebung sich häufig Indianergruppen niederließen. Die Verbindungen zwischen französischen Männern und indianischen Frauen waren so zahlreich, dass ihre Nachkommen eine eigene Nation gebildet haben, die Métis.

Streitigkeiten im Pelzhandel führten zwischen 1640 und 1701 dazu, dass die Irokesenliga die Wyandot, Tionontati und Erie mit Arkebusen vernichtete, und eine große Völkerwanderung nach Westen in Gang setzte. Erst 1701 kam es zu einem Friedensvertrag. 1763 beendete der Siebenjährige Krieg die französische Epoche. Mit Erfolg verlangten die in Kanada verbleibenden Franzosen, ihre Konfession behalten zu dürfen, womit die bekehrten Indianer ebenfalls katholisch blieben.

Währenddessen veränderten spanische Pferde die Kultur der Plains radikal. Sie vereinfachten die Jagd und die Wanderung in dem unwegsamen Gebiet. Viele Gruppen wurden durch verheerende Epidemien, vor allem Pocken und Masern, geschwächt. In den Epidemien sahen viele einen Schadenszauber der Fremden, und zugleich erschütterte er das Vertrauen in die eigene Religion. Das Christentum wurde als eine Form der religiösen Heilung betrachtet und zeremoniell angereichert.

Die Politik der Briten war stärker von Siedlungs- als von Handelsinteressen gekennzeichnet, allerdings übernahm im Norden und Westen Kanadas die Krone die administrative Kontrolle der indigenen Völker durch die Hudson's Bay Company, deren Geschäftsinteressen ein friedlicheres Einvernehmen mit und zwischen den Indianern nahelegten. Erst die Zuwanderung zahlreicher Goldsucher veranlasste Großbritannien als Gegengewicht eine eigene Zuwanderung zu fördern. Der Rückgang der Büffelherden nach 1875 zwang die Stämme der Prärie, ihr Land gegen geringe Gegenleistung zu veräußern. Dafür erhielten sie Reservate, Entschädigungen und vor allem Jagd- und Fischereirechte in den abgetretenen Gebieten. Dazu sollten Hilfen bei der Umstellung auf Landwirtschaft kommen.

Waren die Indianer erst in Abhängigkeit geraten, glaubten die Eroberer, sie in für Siedler ungünstige Gebiete abdrängen oder - wie in Kanada meistens - sie in kleine Reservate zusammendrängen und an die eigenen Vorstellungen einer gesitteten Lebensweise anpassen zu müssen. Der Phase der Missionierung und Einweisung in Reservate (bis ca. 1880) folgte eine Epoche, in der durch ökonomische Marginalisierung, Verbote zentraler Elemente der Kultur und Einweisung aller Kinder in eigens dafür eingerichtete, internatartige Schulen, die gesamte Kultur ausgelöscht werden sollte.

Die Zeit passiven Widerstands oder der Kleinkriege, wie der Chilcotin-Krieg, endete nach 1885. Richtungweisend reiste Häuptling Joseph Capilano 1906 nach London, um dem König eine Petition zu überreichen. Andere Widerstandsformen wurden gewaltsam oder durch Hunger gebrochen. 1927 wurde Indianern verboten eine politische Organisation zu bilden, um ihre Interessen zu vertreten. Frühe, nationale Versuche der Selbstorganisation nach dem Ersten Weltkrieg scheiterten zwar, doch nach dem Zweiten Weltkrieg waren sie erfolgreicher. In den 70er Jahren gelang es erstmals vor dem Obersten Gerichtshof, Landansprüche durchzusetzen. Der Gerichtshof erklärte die Bestimmungen der königlichen Erklärung von 1763 für weiterhin bindend. 1951 wurden die Verbote von Potlatch und Sonnentanz aufgehoben, 1960 durften Indianer erstmals an landesweiten Wahlen teilnehmen. 1982 entstand eine neue, den Bedürfnissen der zahlreichen Gruppen besser angepasste Gesamtvertretung, die Versammlung der First Nations. Sie vertrat nicht mehr so sehr die Regionen, sondern mehr die führenden politischen Kräfte der Stämme und ihrer Organisationen.

In dieser Zeit erreichten die Frankokanadier für ihr Gebiet Sonderrechte, die anderen Nationen kaum vorenthalten werden konnten. Die Landansprüche erhielten den gleichen Verfassungsschutz wie die abgeschlossenen Verträge, und Ontario, Manitoba, Neubraunschweig unterstützten den Anspruch auf Selbstregierung. Dazu kam harsche Kritik von seiten der UNO mit Blick auf die Politik gegenüber den Ureinwohnern, die das Recht auf Mitsprache in sie betreffenden Angelegenheiten, und das Recht „anders zu bleiben“ (to remain distinct) einforderten.

Religion

Das religiöse Weltbild war grundlegend von schamanistischen Vorstellungen geprägt. Mythen bestimmten die Weltordnung. Spirituelle Äußerungen dieser Art basieren auf einem engen Verhältnis zur natürlichen Umgebung, und von daher spielten Wetter, Pflanzen und Tiere, die Erde, der Himmel, Erde und Wasser bedeutende Rollen. Schöpfungsmythen und die kollektive Erinnerung an einen häufig aus dem Tierreich stammenden gemeinsamen Vorfahren, sowie der Glaube an einen Großen Schöpfer waren Grundzüge der Religionen.

Insgesamt beruhten die indigenen Religionen nicht auf einer Heilsgeschichte, sondern auf der Heiligkeit von Orten, Ritualen oder dazugehörigen Gegenständen, von Wissen und Geschichten, Tänzen und Musik sowie Personen. Religionen waren orts- und verwandtschaftsspezifisch und besaßen keinerlei universellen Geltungsanspruch.

Zum Repertoir der voreuropäischen Bildung gehörte das Rezitieren mündlicher Überlieferung, wozu Familiengeschichten, Geschichte und Genealogie, Legenden und Mythen gehörten. Diese Aufgabe oblag den Älteren (Elders), Bei Schamanen geschah dies häufig durch eine Art Mentor, vielfach auch durch spontane Visionen. Schon als Kinder wurden bei manchen Stammesgruppen, wie den Küsten-Salish die „Historiker“ der Familien und Stämme ausgewählt und unterrichtet.

In den Epidemien sahen viele einen überlegenen Schadenszauber der Fremden, und zugleich erschütterte er das Vertrauen in die eigene Religion. Das Christentum wurde als eine Form der religiösen Heilung betrachtet und zeremoniell angereichert, indianische Selige und Heilige wie Kateri Tekakwitha dienten als Vorbilder. Dabei war die stärker auf Riten setzende katholische Mission nicht nur im französisch-sprachigen Gebiet sehr erfolgreich, sondern auch im Westen. Dabei spielten zunächst die Jesuiten eine Hauptrolle, im 19. Jahrhundert eher die Oblaten. Daneben versuchten Methodisten und Baptisten zu missionieren. So bilden die Bekenntnisse der First Nations heute einen konfessionellen Flickenteppich, wozu sich eigene, eklektische Formen gesellten, wie die Indian Shaker Church.

Auch zahlreiche Züge der voreuropäischen Spiritualität haben sich erhalten, oder sind wiederbelebt worden, und werden bei gemeinsamen Festen rituell begangen. Dabei werden viele Rituale nach wie vor nur innerhalb begrenzter Gruppen oder von Geheimgesellschaften geübt und weitergereicht. Ähnliches gilt für rituelle Gegenstände, Tänze oder Erzählungen, die nur bestimmten Personen zustehen, und nur von ihnen zu bestimmten Anlässen benutzt werden dürfen. Dabei spielt vor allem der Begriff der Medizin eine bedeutende Rolle. Die Midewiwin oder Grand Medicine Society etwa, die an der Ostküste und an den Großen Seen verbreitet ist, geht dabei nicht auf „Medizin“ im europäischen Sinne zurück, sondern auf eine Art spiritueller Medizin. Dabei steigt der Gläubige in mindestens vier Initiationsstufen in entsprechenden Ritualen auf. Zur Aufzeichnung komplexer Vorgänge oder historischer Ereignisse benutzten diese Gesellschaften Wiigwaasabak, Birkenrinde, auf der verschlüsselt spirituell bedeutsames Wissen eingeritzt wurde - eine Tradition, die mindestens bis in das 16. Jahrhundert zurückreicht.[16]

Aktuelle Situation

Kulturelle Wiederbelebung

Die Kulturen der First Nations wurden durch Zerstörung ihrer natürlichen Grundlagen - sei es der Büffelherden, der Wälder oder der Fischbestände -, durch mehrere Generationen überspannende Versuche der mehr oder minder zwangsweisen Assimilatio - sei es durch erzwungene Sesshaftigkeit und bäuerliche Lebensweise, durch Verbot des Gebrauchs ihrer Sprachen und sonstigen kulturellen Äußerungen oder durch Missionierung - und nicht zuletzt durch enorme Bevölkerungsverluste verursacht, vor allem durch Epidemien.

So versuchen die Stämme, die als Inhaber ihres Stammesgebiets anerkannt sind, ihre natürlichen Ressourcen zurückzugewinnen, wie etwa die Nuu-chah-nulth in ihrem Jahrzehnte langen Kampf um ihre gemäßigten Regenwälder. Darüber hinaus verbinden nicht nur politische Strukturen stammesübergreifend, sondern auch kulturelle Initiativen, wie die jährlichen Zusammenkünfte der Küsten-Salish. Zudem nehmen sie die Bildung und Ausbildung ihrer Kinder zunehmend in die eigene Hand oder setzen kurrikulare Änderungen durch, die auf ihre Kultur Rücksicht nehmen und koloniale Blickwinkel revidieren (vgl. Residential Schools (Kanada).

Von besonderer Bedeutung ist die Wiederentdeckung der eigenen Sprachen (s. o. Abschnitt Sprachen), von denen zahlreiche ausgestorben, viele bedroht und nur wenige gesichert sind. Sie gelten als Kern der Traditionswahrung. Vielfach mit Hilfe von Sprachwissenschaftlern und Ethnologen entstanden, verstärkt ab den 70er Jahren, eigene Schriftsysteme und Initiativen, die dazu ermuntern sollten, die Muttersprache (wieder) zu lernen. Dazu bildeten zahlreiche Stämme Sommerschulen, Zusatzkurse, und z. T. wurde die Muttersprache an den Schulen zur Zweitsprache neben Englisch erhoben. Zu zahlreichen Sprachen existieren inzwischen Wörterbücher, Radiosender bieten Sendezeiten in den lokalen Indianersprachen und auch das Internet gestattet den Zugriff auf Sprachkurse und Vokabelsammlungen.[17] Dazu kommen erste Fernsehsender, wie die NorthWestNews.

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle der bildenden indianischen Kunst, die, auf traditionellen Motiven und Materialien aufbauend, in einem expandierenden Kunstmarkt mitwächst. Zugleich entwickelt sie sich weiter. So sind Werke traditioneller Schnitzkunst von der Westküste, wie die Totempfähle und die Masken, seit langem zu Sammelobjekten geworden, die mühsam zurückgeholt, oder wenigstens nach Grundsätzen der zugrundeliegenden Kultur ausgestellt, aber auch in ganz anderen Zusammenhängen eingesetzt und variiert werden. Diese Renaissance der Schnitzkunst ist mit dem Namen Mungo Martin (1879 - 1962) verbunden, einem traditionellen Häuptling der Kwakiutl.

Folgen kultureller Entwurzelung

Zentrale Ursachen für die offenkundigen Probleme, mit denen sich die meisten First Nations befassen müssen, werden derzeit besonders intensiv diskutiert. Dies ist zum einen das System der Residential Schools und seiner Folgen, Schulen, in denen die Kinder Übergriffen ausgesetzt und ihre kulturellen Wurzeln bis hin zu Sprache gekappt worden sind. Diese Traumatisierungen sind individuell, in Form von Drogenmissbrauch, Alkoholismus und weiteren Symptomen, fassbar, aber sie werden damit auch in die nächste Generation getragen, die inzwischen versucht, der innerfamiliären Gewalt therapeutisch entgegenzuwirken.

Die 1998 gegründete Aboriginal Healing Foundation sollte dazu 350 Millionen kanadische Dollar (CAD) an Gruppen und ihre Therapieprojekte geben. Auch die Kirchen, die die Schulen geführt haben, beteiligen sich daran, Wiedergutmachung zu leisten, indem sie den Überlebenden (survivors) der Schulen Therapiestätten finanzieren. Erst 2005 kam es zu einer Einigung auf 10.000 CAD für jedes der rund 80.000 einstigen Kinder. Heute versucht man durch Kampagnen gegen Drogen und Alkohol, der Depression und der Gewalt, oftmals den Spätfolgen dieser Vorgänge, entgegenzuwirken.

Ein zweiter Faktor geht von den Provinzregierungen stärker aus, als von der Bundesregierung. Dazu kommen die für die Indianer verantwortlichen Organisationen. Unter den Bedingungen langer Vernachlässigung, Umsiedlung und Verdrängung - wie etwa für den Abbau von Rohstoffen - spitzten sich die Verhältnisse in manchen Reservaten derartig zu, dass es zu Aufständen kam. Andere, vor allem Jugendliche, reagieren mit immer wieder aufkommenden Selbstmordhäufungen.

Dabei ist die Arbeitslosigkeit in vielen, ländlich gelegenen Reservaten extrem hoch, was jedoch unter den Bedingungen einer Subsistenzwirtschaft weniger gravierende Auswirkungen hätte. Da aber vielfach der Zugang zu den natürlichen Ressourcen (z. B. Fisch) erschwert wird, wächst die Abhängigkeit von staatlicher Alimentation.

Hinzu kommt, dass das System der Wahlhäuptlinge und ihrer Berater vielfach eine neue Elite geschaffen hat, die im Gegensatz zur traditionellen Führungsgruppe steht. Daher sind manche Stammesgruppen politisch gespalten.

Politik

Seitens der kanadischen Regierung ist das Department of Indian Affairs and Northern Development für die First Nations zuständig. Jede Provinz wiederum hat ein Ministerium, das gleichfalls mit dieser Thematik befasst ist. Daher werden die anstehenden Vertragsverhandlungen mit First Nations nicht nur von Ottawa geführt, sondern auch von den Provinzen. Jede Provinz geht dabei auf eigene Art und Weise vor. British Columbia beispielsweise setzte 1993 die B.C. Treaty Commission ein, um Verträge auszuhandeln, doch sind bisher nur sehr wenige abgeschlossen worden - möglicherweise scheitert der Prozess auch.

Auf der anderen Seite steht die Assembly of First Nations, als eine Art Dachorganisation. Sie ist aber nicht nur das Sprachrohr aller kanadischen Indianer, und führt die aufwendigen Prozesse vor kanadischen Gerichten, sondern betätigt sich inzwischen über die Staatsgrenzen hinaus, etwa bei der UNO, wenn es um Menschenrechtsfragen geht. Zahlreiche Tribal Councils, Stammesräte, die manchmal nur wenige, manchmal mehrere Dutzend Stämme und Unterstämme vertreten, bewahren oftmals die Archive auf, führen die Vertragsverhandlungen und bilden meist eine Vertretung der sich sprachlich-kulturell nahe stehenden Stämme gegenüber der Regierung, wirken aber auch auf die Stämme zurück. So hat etwa der Nuu-chah-nulth Tribal Council das Zusammengehörigkeitsgefühl der beteiligten 14 Stämme, die bis dato noch nicht einmal einen übergreifenden Namen hatten, erheblich gefördert.

Unterhalb dieser Ebene liegen zwei Systeme im Widerstreit, das von der Regierung vorgeschriebene System gewählter Häuptlinge und ihrer Berater einerseits, und andererseits das vielfach noch vorhandene oder wieder belebte System der traditionellen Häuptlinge. Bei vielen Stämmen beherrschen die von der kanadischen Regierung von Anfang an geförderten Wahlhäuptlinge die Stammesräte. Schließlich wird es, da sehr viele Indianer in den Städten leben, immer schwieriger, diese Menschen in die vorhandenen Strukturen auch politisch einzubinden. Änderungen im Abstimmungsrecht tragen dieser Entwicklung z. T. Rechnung, doch birgt diese Steuerung von außerhalb auch neue Risiken.

Die Frage nach der Möglichkeit quasi-staatlicher Souveränität mit entsprechenden Territorien steht dabei in hartem Kontrast zum Versuch der Provinzen, die Stämme als Summe von Individuen zu behandeln.

Die sozialen Problem, wie Armut, schlechte Gesundheit, Alkohol- und Drogenprobleme, das Auseinanderbrechen von familiären Strukturen und eine hohe Selbstmordrate, gelangten erst durch gewalttätige Aufstände und durch Kommissionsberichte an die Öffentichkeit. Zudem ist für zahlreiche Gruppen, die eine Art Subsistenzwirtschaft betreiben, das Fisch- und Jagdrecht überlebensnotwendig. Beschränkungen und ökologische Probleme, aber auch Zwangsumsiedlungen treffen diese Gruppen besonders.

Heute gibt es Bemühungen wirtschaftlicher und kultureller Erholung. Letztere kreist zum einen um die Sprache und die Rituale, bei einigen Stämmen aber auch um die Wiederherstellung der eigenen Gesellschaftssysteme und der Forderung nach Selbstregierung. Erstere bemüht sich, traditionelle Ressourcen und Kulturtechniken zurückzugewinnen, dazu kommen neue Einnahmequellen, wie Spielkasinos und Tourismus.

Andere Auseinandersetzungen berührten die Frage des Landbesitzes - der Caledonia Land Dispute in Ontario dauert noch 2008 an - oder soziale Fragen - 2005 erreichte etwa die Trinkwasserkrise der Kashechewan nationales Medieninteresse. Insgesamt ist die Politik der Zuwendungen an die First Nations umstritten. Neben der INAC existieren 33 Organisationen, die für die Verwaltung der Zuwendungen zuständig sind. Insgesamt seien, so heißt es[18] 6.199 Beiträge an 2.054 Empfänger (First Nations, Provinzen, sonstige Organisationen) in einem Gesamtumfang von 5.606.665.491 Dollar gezahlt worden, doch gibt es hierüber keine eindeutigen Angaben. Durch diese Verpflichtungen neigen die Provinzen dazu, der Abwanderung aus den Reservaten tatenlos zuzusehen, denn es erspart ihnen erhebliche Kosten.

Andererseits stecken die langwierigen Vertragsverhandlungen zwischen Kanada und den Provinzen auf der einen Seite und den First Nations auf der anderen seit 2007 wieder fest. In British Columbia warten die Lheidli T'enneh und die Tsawwassen zwar nur noch auf die Ratifizierung durch das Parlament. Auch von den Nuu-chah-nulth haben sich fünf kleine Stämme zusammengefunden und sich 2007 für einen Vertrag entschieden. Andere hingegen haben die Verhandlungen abgebrochen, weil sie darin einen Bruch des Vertrags mit James Douglas sehen, oder eine schleichende Enteignung.

Die Zersplitterung und Individualisierung schreitet voran, eine neue Führungsschicht entstand, die die Verwaltung dominierte. Daneben existieren traditionelle Herrschaftsstrukturen und weiterhin die der traditionellen Jagd nachgehenden Familien. Dazu kommen die Jungen, deren Zahl schnell wächst, die aber weder in der einen noch in der anderen Gruppe ausreichend vertreten sind. Auch der Anteil der städtischen Bevölkerung nimmt stetig zu.

Wirtschaft

Über Selbstverwaltung und Tourismus entstehen in den zahlreiche Parks, die in den letzten Jahrzehnten entstanden sind, für viele Reservatsbewohner Arbeitsplätze, die weder die natürlichen Ressourcen im bisherigen Ausmaß zerstören, noch von staatlicher Wohlfahrt abhängig halten. Dennoch wächst die Unzufriedenheit der Stämme, bei denen die Jungen inzwischen eine Mehrheit bilden und in Kürze auch politisch dominieren werden.

Die Fischerei dient dem Lebensunterhalt, doch ist die kommerzielle Fischerei nur eingeschränkt möglich, zumal die Lachsbestände in British Columbia, aber auch die Fischbestände im Osten stark zurückgegangen sind. Auch die Holzindustrie steckt in einer schweren Krise, da große Mengen überschüssigen Holzes durch die katastrophalen Verluste, die der Pine Beatle anrichtet, die Preise fallen lassen. Hingegen sorgen die steil ansteigenden Rohstoffpreisen seit 2007 erneut für Konflikte, und so wuchs der Druck auf die Stämme, Abbaugenehmigungen zu erteilen, wie etwa bei den Innu in Labrador. Hohe Energiepreise führen inzwischen zum Ausbau der Wasserkraft, wozu British Columbia entsprechende Initiativen ergriffen hat, um unter der Federführung von BC Hydro Stauseen zu errichten.

Neben den traditionellen Wirtschaftsweisen, der Überlassung von Land an Rohstoff- und Energieunternehmen und der Tatsache, dass die First Nations versuchen, ihre ländliche Wirtschaftsbasis durch Holzeinschlag, Gewinnung von Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie, Rohstoffabbau, Tourismus, Kunsthandwerk und Landwirtschaft zu nutzen, wachsen zwei Bereiche in den letzten Jahren besonders schnell: Glücksspiel und Wirtschaftskontakte mit anderen indigenen Völkern.

Kasinos

In Kanada spielen Kasinos, die sich immer mehr zu touristischen und Entertainment-Unternehmen entwickeln, eine wesentlich geringere Rolle, als in den USA. So ist die Zahl der großen Kasinos mit 17 noch sehr gering.[19] Dabei gehen die Glücksspielstätten schon seit 1925 auf fahrende Karnevalsveranstaltungen zurück, wobei es sich eher um Spiele wie Dart handelte. Im Rahmen von Landwirtschaftsausstellungen wurden ab 1969 erstmals Genehmigungen zum ortsfesten Glücksspiel ausgesprochen, ebenso wie ab 1975 für gemeinnützige Zwecke. 1980 entstand die erste dauerhafte Einrichtung in Alberta. Doch erst ab 2001 gestattete die Provinz Alberta Kasinos in den Reservaten, ein Moratorium scheiterte 2002. Seit 2005 nimmt die Zahl der Anträge auf Eröffnung eines solchen Kasinos stetig zu. Alle Kasinos, nicht nur die der Indianer, müssen erhebliche Teile ihrer Gewinne zu gemeinnützigen Zwecken abführen. 40 % der in Reservaten erzielten Gewinne fließen in einen Fond, aus dem die Stämme Albertas ihre gemeinschaftlichen Aufgaben finanzieren. Dabei stehen allerdings drei Viertel dem betreibenden Stamm als Gastgeber zu. Zu den Glücksspielstätten kommen Rennbahnen, so genannte Racinos. Im Juni 2008 gab es in Kanada 67 Kasinos und 28 Racinos.[20]

Wirtschaftsfaktor Indigene Völker

Inzwischen spielen die Beziehungen der Ethnien untereinander eine immer wichtigere Rolle. Dieser Trend hat die nationalen Grenzen längst überschritten. So finden sich die nördlichsten Stämme in Verbänden der arktischen Völker wieder, andere knüpfen Kontakte zu indigenen Völkern in Asien und Australien. 2007 traf König Tuheitia von den neuseeländischen Maori, genauer dem aus 127.000 Menschen bestehenden Tainui-Stamm, eine Delegation der Squamish und Nisga'a in Vancouver. Dort wurden bei gemeinsamen Feierlichkeiten kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit vereinbart. Die Maori investierten erhebliche Summen in Unternehmen der indigenen Völker und wollen dies in Kanada fortsetzen. Das gilt vor allem für die Stämme, die über Rohstoffvorkommen verfügen.[21] So wird heute die Abgrenzungsdefinition gegenüber der Vorherrschaft der dominierenden Völker, sei es in Asien, Australien oder Amerika zunehmend zu einem ökonomischen Faktor, der aus der Erkenntnis der Jahrhunderte währenden Marginalisierung gespeist wird.

Bildung

In einem stark von Dienstleistungen und dem Rohstoffsektor geprägten Land wie Kanada basiert der Zugang zum Arbeitsmarkt auf guter Bildung und Ausbildung sowie auf Erreichbarkeit der Arbeitsstätten. In beiderlei Hinsicht stehen die ländlich lebenden Indigenen großen Problemen gegenüber.

Nachdem das Internatssystem in den 60er bis 80er Jahren aufgelöst wurde, übernahmen verschiedene Instanzen einige der Schulen, vor allem wurden aber neue errichtet. 1972 forderten indianische Gruppen, dass sie selbst die Schulen führen sollten. Gerade für die oftmals sehr ländlichen Reservate ist die Anbindung an das Internet dabei inzwischen von großer Bedeutung, die von SchoolNet gefördert wird. Im Bereich der Ausbildung investiert neben anderen Konzernen auch Siemens.

Auffällig ist, dass der Anteil der Schüler, die einen höheren Bildungsabschluss erreichen, im Vergleich zur übrigen kanadischen Bevölkerung erheblich niedriger ist. So erlangten nach einem Regierungsbericht nur rund 27 % der 15- bis 44-Jährigen ein so genanntes „post-secondary certificate“, „diploma“ oder „degree“, ein Anteil, der ansonsten bei 46 % liegt.[22] Da gleichzeitig die Zahl der Jungen rapide wächst, versuchen Programme, Stipendien und dergleichen, die Zahl der Studenten zu erhöhen, doch wurden diese Mittel inzwischen gekürzt. Darüber hinaus wird der Übergang zu höherer Bildung von bürokratischen Hürden, und vielfach von den großen Entfernungen bis zur Bildungsstätte behindert.

Eine der Ursachen, warum das Interesse an der technischen Ausbildung von Indianern zunimmt, ist die Tatsache, dass die vor allem vom Rohstoffboom getriebene kanadische Wirtschaft diese Rohstoffe meist in der Nähe von Reservaten ausbeutet. Das Arbeitskräftepotential ist dementsprechend nah, die Bereitschaft anderer Arbeitnehmer dauerhaft in die klimatisch ungünstigen Gebiete zu ziehen ist eher gering. Dennoch zeichnet sich ab, dass allein 2007 bis 2008 2.858 Studenten der First Nations die Förderung versagt wird, insgesamt rund 13.000 seit 2001.

Für die universitäre Ausbildung sorgt seit 2003 eine nationale First-Nations-Universität in Regina, in Saskatchewan. Daneben unterrichten zahlreiche Colleges verschiedene Aspekte der indigenen Kulturen, viele arbeiten mit Forschungsinstituten, Museen, Universitäten und privaten Unternehmen, v. a. im archäologischen Bereich zusammen.

Literatur

  • Calvin Helin: Dances with Dependency: Out of Poverty through Self-Reliance, 2007
  • Christian F. Feest: Das rote Amerika. Nordamerikas Indianer, Wien: Europaverlag 1976
  • Wolfgang Lindig/Mark Münzel: Die Indianer, Band 1: Nordamerika, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1994, ISBN 3-423-04434-9
  • William C. Sturtevant: Handbook of North American Indians, Smithsonian Institution (Hg.), voraussichtlich 20 Bde, Washington (D.C.) seit 1978
Commons: First Nations – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Film

One of many, Kanada / Frankreich / Deutschland 2003 35 mm, Farbe, 97 Minuten, Buch und Regie: Jo Bérenger, Doris Buttignol, Inhalt: „Sie war vier Jahre alt, als man sie eines Tages abholte und einer fremden Pflegefamilie übergab. Ihre leibliche Mutter sollte sie erst 30 Jahre später wiedersehen. Sally Tisiga stammt aus dem »Wolf Clan« der »Kaska Nation«. Geboren wurde sie im Lower Post-Reservat in Yukon, Kanada. Gemeinsam mit ihren Söhnen macht sie sich 1992 auf die Suche nach ihren indianischen Wurzeln... Von Whitehorse in Yukon über British Columbia bis nach Saddle Lake in Alberta führt Sally die Reise in die eigene Vergangenheit... Generationen indianischer Kinder hatte man den Eltern entrissen, in staatliche Internate gebracht oder zur Adoption freigegeben. Indem man ihre Erziehung übernahm, wollte man sie »weiß« machen, um sie leichter in die Gesellschaft eingliedern zu können. Doch der Verlust der eigenen Identität hinterließ tiefe Wunden.“

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Anscheinend wurde er von dem Elder Sol Sanderson von der nicht staatlich anerkannten Chakastapaysin First Nation Anfang der 1980er-Jahre vorgeschlagen. Vgl. (PDF, 456 kB): (Redebeitrag Sanderson, S. 78).
  2. Vgl. Liste der in Kanada anerkannten Indianerstämme.
  3. Hier sei als ein Beispiel für viele der Guide to Aboriginal Organizations and Services in British Columbia für2005/06 genannt, der hier zu finden ist (PDF 452 kB): [1].
  4. Karten zu diesen Verträgen und zu weiteren Verträgen mit den First Nations finden sich hier: [2].
  5. Die Bezeichnung „C-31“ geht darauf zurück, dass 1985 die entsprechende Gesetzesvorlage die Bezeichnung „Bill C 31“ trug. Sie sorgte für etwa 117.000 Wiedereintragungen in die Listen der anerkannten Indianer.
  6. Vgl. Liste der in Kanada anerkannten Indianerstämme. In den USA waren Mitte 2002 genau 562 Stämme anerkannt (vgl. [3]).
  7. Department of Indian Affairs and Northern Development: Registered Indian Population by Sex and Residence 2001. Ottawa 2002. ISBN 0-662-31134-5
  8. Im August 2007 waren das im Einzelnen folgende Bands: Bay of Quinte Mohawk: 659, Bearfoot Onondaga: 537, Delaware: 602, Konadaha Seneca: 496, Lower Cayuga: 3193, Niharondasa Seneca: 347, Oneida: 1809, Onondaga Clear Sky: 686, Tuscarora: 1943, Upper Cayuga: 3115, Upper Mohawk: 5402, Walker Mohawk: 441. Die Reservate umfassen rund 183 km² (nach First Nation Profiles.
  9. Nach Angaben des Aboriginal Portal Canada, wohl nicht ganz aktuell
  10. Nach Statistics Canada.
  11. Nach Statistics Canada.
  12. Etnlogue führte für Kanada im Jahr 1993 85 lebende Sprachen auf, davon 74 indianische (Languages of Canada). Einen Überblick liefern die Verbreitungskarten.
  13. Nach John A. Price, The viability of Indian Languages in Canada, Department of Anthropology, York University, digital (PDF): [4].
  14. Eine der umfangreichsten Seiten ist FirstVoices: [www.firstvoices.ca]. Einen Überblick über den Gebrauch der Sprachen bietet Ethnologue: [5]. Auch die University of Saskatchewan bietet einen Überblick: [6].
  15. Nach Statistics Canada, digital: [7].
  16. Kenneth E. Kidd: Birch-Bark Scrolls in Archaeological Contexts, in: American Antiquity 30/4 (1965) 480-483.
  17. Besonders umfangreich ist die Website [www.firstvoices.ca Language Archives celebrating World Indigenous Cultures].
  18. Nach Robert Laboucane: Aboriginal Canadians: Collaboration or Confrontation?, in: The Canadian, 2008
  19. In Québec, in Neuschottland und auf Prince Edward Island gibt es noch keines, in British Columbia eins, in Alberta zwei, Manitoba 3, in Saskatchewan sechs, in Ontario zwei und in Neubraunschweig drei (Stand: August 2008.
  20. Vgl. Casino and Racino Facilities in Canada by Province, Alberta Gaming Research Institute, Juni 2008).
  21. Ein Interview mit dem Sprecher des Stammes, Tuku Morgan, findet sich bei YouTube (ab ca. 5:54min.): [8].
  22. Das ergab sich in der Parlamentsdebatte vom 18. Juni 2007.


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