Balanced Office Building

Bürogebäude in Aachen-Laurensberg
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Das Balanced Office Building, kurz BOB genannt, ist ein Bürogebäude in Aachen, dass vorbildhaft in Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ist. Das Thema Balance war der rote Faden für die Entwicklung des Projektes und gab dem Gebäude seinen Namen.

Das Gebäude wurde 2002 im Ortsteil Laurensberg in der Solarsiedlung Aachen errichtet und wird seitdem im Rahmen des Solarbau Programmes des Bundeswirtschaftsministeriums intensiv vermessen. Nach mehreren Jahren weiterer Optimierung gehört das Bürogebäude zu den energieeffizientesten Bürogebäuden Deutschlands.

Der Entwurf stammt vom Architekturbüro Hahn Helten, das Energie- und Nachhaltigkeitskonzept wurde von der VIKA Ingenieurgesellschaft entwickelt, die Tragwerksplanung übernahm die Ingenieurgesellschaft Burkhard Walter. Alle drei sind gleichzeitig Investoren, Planer und Nutzer des Gebäudes.

Balance und Lebenszykluskosten

Energetische Prozesse in der Natur sind ausbalanciert und funktionieren daher mit geringer Energiedichte und hoher Effizienz. Ähnliches gilt für wirtschaftliche Prozesse. Ein Bürogebäude verursacht Lebenszykluskosten, wie zum Beispiel Investitionskosten, Energiekosten, Wasserkosten, Wartungskosten, Instandsetzungskosten, Umnutzungskosten usw. Versucht man nur einen Aspekt zu optimieren, leidet der andere. Das Nullenergiehaus zum Beispiel hat sehr hohe Investitionskosten, wenn wirklich versucht wird Heiz-, Kühl-, Beleuchtungs- und Lüftungsenergie unmittelbar am Gebäude zu erzeugen. Hingegen ist das in der Anschaffung billige Gebäude nachher gar nicht preiswert, da Folgekosten nicht optimiert werden. Die Kunst liegt daher in der ausbalancierten Optimierung der Gebäudeeigenschaften.

Technik

Das Balanced Office Building setzt ausschließlich auf oberflächennahe Beheizung und Kühlung per Geothermie. Mittels Betonkernaktivierung werden die kleinen Vorlauftemperaturen im Gebäude verteilt. Dies führt gleichzeitig zu hoher Effizienz und einer angenehmen Behaglichkeit. Insbesondere die Strahlungskälte ist deutlich behaglicher als eine entsprechende Lüftungstechnik. Der hygienische Luftwechsel - und nur der - wird mittels einer mechanischen Lüftungsanlage in das Gebäude gefördert und sorgt bei immer gleichmäßiger Frischluftqualität gleichzeitig für Energieeffizienz durch die Wäremrückgewinnung im Winter und die Kälterückgewinnung im Sommer.

Eine LON-basierte Gebäudeleittechnik steuert und regelt das Gebäudekonzept, wie zum Beispiel die tageslichtabhängige Beleuchtungssteuerung. Mittels Intranet werden die Gebäudefunktionen und die Energieeffizienz überwacht. Jährlich werden 1,7 Mio (!) Messdaten aufgezeichnet, so dass jede Lebenslage von BOB erforscht ist.

Das Thema Balance spielte auch bei dem Energiekonzept eine große Rolle. Der Regelalgorithmus wurde dank der Messwerte weiter optimiert. Mittlerweile wird die Betonkernaktivierung nur noch mittels Temperaturbalance und nicht mehr per Raumlufttemperatur geregelt. Ist die Decke mit der Umgebung in Balance bleibt das System stehen und verbraucht 0 Energie. Wird Wärme abgegeben, wird geheizt, wird Wärme aufgenommen, wird gekühlt. So einfach sich das Prinzip anhört, so schwierig war die Umsetzung, die jetzt nach 5 Generationen an Steuerungssoftware seit Jahren reibungsfrei funktioniert.

Bautechnik

Eine gut gedämmte und kompakte Gebäudehülle ist das Grundprinzip für Energieeffizienz. Bei BOB wurde zudem eine 3-Scheiben Verglasung mit einem sehr geringen Energiedurchlassgrad gewählt. Eine innenliegende Jalousie mit Tageslichtlenkfunktion sorgt dafür, dass der für PC-Arbeitsplätze notwendige Blendschutz sehr preiswert mit der Funktion der Lichtlenkung an die Decke kombiniert wird. Dadurch kann auch im Sommer der Raum mit Tageslicht belichtet werden, während die Jalousie heruntergefahren wird.

Das Büro ist als Kombibüro gestaltet, so dass Einzel-, Doppel- und Großraumbüro beliebig kombinierbar sind. Der Innenraum ist als frei gestaltbarer Loft konzipiert. Die Innenwände enthalten zum Beispiel keine Technik.

Energieeffizienz

Papier ist geduldig und Energieeffizienz auf dem Papier ist nur die eine Wahrheit. Im Bewusstsein der großen Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis hat das Bundeswirtschaftsministerium das Projekt Solarbau - heute EnOB - aufgelegt und 25 Bürogebäude intensiv vermessen. BOB hat hier folgende Energiewerte erreicht:

  • Primärenergie Kennwert Heizenergie = 23 kWh/m²a
  • Primärenergie Kennwert Kühlung = 5 kWh/m²a
  • Primärenergie Kennwert Lüftung = 19 kWh/m²a
  • Primärenergie Kennwert Beleuchtung = 28 kWh/m²a
  • Primärenergie Kennwert Warmwasser = 1 kWh/m²a
  • Primärenergie Kennwert Summe = 76 kWh/m²a

Dies bedeutet für die Endenergie (=Energiekosten) 27 kWh/m²a. Somit ist BOB mit einem anderen Gebäude dasjenige mit den geringsten Energiekosten.

BOB-Chronologie

  • 2002 Monitoring-Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft & Technologie,
  • 2002 Bezug des Gebäudes
  • 2003 BDA-Aachen Architekturpreis
  • 2005 5. und vorläufig letzter optimierter Regelalgorithmus wird aufgespielt
  • 2006 BOB hat die kleinsten Energiekosten im Rahmen des Solarbauprojektes
  • 2007 BINE Info erscheint über BOB

Koordinaten: 50° 47′ 41,4″ N, 6° 3′ 30″ O