Greppiner Klinker

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. September 2008 um 16:21 Uhr durch Dieter Weißbach (Diskussion | Beiträge) (noch ein link). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Unter der Bezeichnung Greppiner Klinker (oft auch etwas unpräzise Bitterfelder Klinker) wird ein hartgebrannter gelber Ziegelstein verstanden, der im Zeitraum zwischen 1871 und 1900 oft zur Verblendung repräsentativer öffentlicher Gebäude wie Bahnhöfe und Schulen verwendet wurde.

Greppiner Klinker am Fragment des Bahnhofsportikus des Berliner Anhalter Bahnhofs im Jahr 2005

Durch die im Vergleich zum normalen Ziegelstein deutlich höheren Temperaturen beim Brennen der Klinker wird eine geschlossene Oberfläche erzielt, die den Stein wasserundurchlässig und gleichzeitig relativ unempfindlich gegen die Ablagerung von Staub und Ruß macht. Klinker werden daher vorrangig für die Fassadenverblendung, zum Bau von Kanälen und Brückenpfeilern sowie für die Wegebefestigung verwendet.

Geschichte

Im Jahr 1846 wurde bei der Suche nach Grundwasser im Raum Wolfen/Greppin bei Bitterfeld Braunkohle entdeckt, die unter einer Tonschicht lag. Zur Erschließung der Braunkohlevorkommen wurden die Tagebaue Grube Johannes Nord Nr. 6 und Grube Nr. 79 Greppin eingerichtet. Mit der Inbetriebnahme des Abzweiges von Dessau nach Bitterfeld der Berlin-Anhaltische Eisenbahn-Gesellschaft im Jahr 1857 erhielten die Gruben Bahnanschluss und konnte die Braunkohle leichter transportieren. 1860 konzentrierte sich der neue Grubenbesitzer Carl August Stange auf die Verarbeitung des Tons und ließ nördlich von Greppin Ziegelbrennöfen errichten.

Im Jahr 1871 wurden die Greppiner Werke A.-G. für Baubedarf und Braunkohlen (vormals Carl August Stange) mit Sitz in Berlin gegründet, die die Brennöfen durch die Umstellung auf Gasfeuerung modernisierten. Nun konnten hochwertige Verblender-Steine und Terracotta-Steine hergestellt werden. Außerdem konnten in Porzellanöfen glasierte Steine in verschiedenen Farben produziert werden.

Die Verarbeitung des in der Greppiner Grube vorgefundenen Tons ergab Klinker mit gelber, fast lederartiger Farbe von sehr hoher Qualität, die schon sehr bald für die auszuführenden großen Bahnhofsneubauten und andere bedeutende Bauten der Gründerjahre sowie der sich anschließenden Dekade bevorzugt ausgewählt wurden.

Verwendungsbeispiele

 
Greppiner Klinker am Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs in Hannover

Die regionale Verwendung von Baustoffen orientiert sich am Transportaufwand und an den Transportmöglichkeiten. Durch die günstige Lage der Greppiner Werke an der Bahnstrecke Dessau - Bitterfeld der Anhaltischen Bahngesellschaft wurden die Greppiner Klinker in den Gründerjahren bevorzugt für Bahngebäude dieser Gesellschaft, aber auch für Bahngebäude anderer Gesellschaften und andere repräsentative Bauten vorrangig im mitteldeutschen Industrierevier und im Berliner Raum verwendet. So sind derzeit folgende folgende Bauten bekannt, die mit Greppiner Klinker verblendet sind:

 
Der Bahnhof Lichterfelde West wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit Greppiner Klinker verblendet

Bei folgenden Bauten ist die Verwendung von Greppiner Klinker nicht gesichert, kann aber aufgrund der Entstehungszeit, der typischen gelben Farbgebung und dem räumlichen Bezug als sehr wahrscheinlich eingeschätzt werden:

Ende der Produktion

Nach 1900 ging der Bedarf für Klinkerverblendungen mit dem veränderten Zeitgeschmack nach Einsetzen des Jugendstils spürbar zurück. Die Fertigung der Greppiner Klinker endete aufgrund des Absatzrückgangs 1920. Die Braunkohleförderung wurde schließlich 1931 eingestellt. Im Jahr 1932 wurden die Werksanlagen demontiert.

In den Folgejahren entwickelte sich in diesem Bereich die chemische Industrie, insbesondere die Filmproduktion.

Altlasten

In das Restloch der Tagebaugrube wurden in den folgenden Jahrzehnten in großem Umfang stark kontaminierte Abwässer, Schlämme und Abfälle der Filmfabrik Wolfen und der Kunstfaserproduktion relativ sorglos eingeleitet und abgekippt.

Aufgrund der hohen Schadstoffkonzentrationen (Schwermetalle, Schwefelwasserstoffe, Schwefelkohlenstoffe) und der starken Geruchsbelastung erlangte die Abwasser- und Abfalldeponie im Tagebaurestloch unter der im Volksmund entstandenen ironischen Bezeichnung „Silbersee“ überregionale Bekanntheit. Tatsächlich waren jedoch keine Silberverbindungen in die Grube eingeleitet worden, weil sie zu wertvoll waren und für die weitere Produktion in der Filmfabrik wieder aufbereitet wurden.

Nach 1990 wurde dieses sorglose Vorgehen gestoppt und eine Sanierung der stark belasteten Grube begonnen. Durchgeführte Messungen ergaben, dass der Ausbreitungsumfang der starkgiftigen Schadstoffe aufgrund der geologischen Verhältnisse (Schichtenlagen) weniger groß war als befürchtet.