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Lübecker Dom

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Datei:ParadiesDomSeite.JPG
Lübecker Dom mit Paradies

Der Lübecker Dom ist der erste große Backsteinkirchbau an der Ostsee und mit 130 m Länge eine der längsten Backsteinkirchen überhaupt.

Baugeschichte

Im Jahre 1173 legte Heinrich der Löwe als Stifter den Grundstein des Lübecker Doms als Kathedrale für das Bistum Lübeck, nachdem im Jahre 1160 der Bischofssitz von Oldenburg in Holstein unter Bischof Gerold hierher verlegt worden war. Die Kirche wurde als Bischofskirche Johannes dem Täufer und als Gemeindekirche dem Heiligen Nikolaus geweiht.

Datei:DomLuebeck.JPG
Westtürme des Doms von Norden

Der damals romanische Dom wurde etwa 1230 fertiggestellt und 1266 bis 1335 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut, indem man die Seitenschiffe etwa auf die Höhe des Mittelschiffes anhob (auf ca. 20 m). Ebenfalls Mitte des 14. Jahrhunderts erfolgte die Verlängerung des Baukörpers durch die Errichtung des reingotischen Ostchors unter dem Bischof Heinrich II. Bochholt (1317-41). Dieser wandte einen Betrag von 28.000 Mark[1] für den 1341 fertiggestellten Chor auf, in dessen Mitte er auch unter einer bemerkenswerten Grabplatte aus Messing begraben liegt, die dem Erzgießer Hans Apengeter zugeschrieben wird. Die Länge der Domes wurde durch diese Baumaßnahme verdoppelt. Der Unterschied zwischen den beiden Bauabschnitten ist auch für Laien in der Kirche deutlich erkennbar: der ältere Bauteil wird von massiven, rechteckigen Pfeilern getragen, der jüngere gotische Chor von schlankeren, runden Säulen.

Bis zur Reformation unterstand das Domkapitel dem Bischof und nicht dem Rat der Stadt. Im Zuge der Reformation wurde der Dom bis 1803 gemeinschaftliches Eigentum von Stadt und Domkapitel und ging dann mit Auflösung des Domkapitels in das Alleineigentum der Stadt über.

Der Dom wurde im Laufe der Jahrhunderte häufiger aufgrund seiner freien Lage am Wasser zwischen Obertrave und Mühlenteich durch Wetter und Stürme beschädigt. 1611 musste der nördliche Turmhelm ersetzt werden, 1648 wurde ein "Knopf nebst Wetterhahn in den Mühlenteich geschleudert" und um 1766 wurden die kleinen Nebentürme beseitigt [2].

Nachdem in der Nacht zum Palmsonntag vom 28. zum 29. März 1942 bei dem Luftangriff auf Lübeck, bei dem ein Fünftel der Lübecker Innenstadt zerstört wurde, mehrere Bomben in der Nachbarschaft einschlugen, stürzte das östliche Gewölbe im Hochchor ein und zerstörte den Hochaltar von 1696. Der Brand des benachbarten Dommuseums griff auf den Dachstuhl des Doms über. Gegen Mittag des Palmsonntags stürzten die Turmhelme ab; die Orgel von Arp Schnitger und seinem Gehilfen Hans Hantelmann wurde ein Raub der Flammen. Es konnten jedoch relativ große Teile der Innenausstattung wie das Triumphkreuz und fast alle mittelalterlichen Flügelaltäre gerettet werden. Als Kriegsfolge brach 1946 der ungesicherte Giebel des nördlichen Querschiffs zusammen, begrub die Paradiesvorhalle unter sich und zerstörte sie fast völlig.

Der mittelalterliche Kreuzgang an der Südseite der Kirche verbindet mit dem Baukörper des Museums für Natur und Umwelt und des Archivs der Hansestadt Lübeck.

Wiederaufbau nach 1945

Der Wiederaufbau dauerte einige Jahrzehnte, da die Prioritäten hier eher auf den Wiederaufbau der Lübecker Marienkirche gelegt wurden. Zunächst wurden die Türme und der westliche Teil der Kirche instandgesetzt, es folgte dann der Ostchor und zuletzt die Paradies-Vorhalle an der Nordseite des Doms. Der von Friedhelm Grundmann betreute Wiederaufbau wurde erst 1982 abgeschlossen.

Die Turmhelme erhielten, wie alle nach dem Krieg wiederaufgebauten Turmhelme der Lübecker Hauptkirchen eine Unterkonstruktion aus Leichtbeton, nachdem zunächst die mittelalterlichen Fundamente der beiden Türme hydraulisch angehoben und verstärkt worden waren.

2002 fand gemeinsam mit der Musikhochschule Lübeck ein Symposion statt, das die Frage der Rekonstruktion der Arp-Schnitger-Orgel zum Gegenstand hatte. Als Resultat gilt solch eine Rekonstruktion zwar als technisch machbar, wird aber vor allem aus denkmalpflegerischen Gründen abgelehnt. Stattdessen wird aktuell ein Orgelneubau geplant, der das Klangbild der Arp-Schnitger-Orgel rekonstruieren und sich auch gestalterisch an ihr orientieren soll, sich aber formal eigenständig und als additive Baumaßnahme des 21. Jahrhunderts präsentiert. Der von dem Hamburger Architekten Bernhard Hirche geplante Orgelneubau soll ab 2008 realisiert werden.

Der Lübecker Dom ist als Gebäude kleiner als die Marienkirche, die bewusst etwas größer gebaut wurde. Das ist Ausdruck und Folge des Machtkampfes zwischen dem Domviertel und dem Rat der Stadt im Mittelalter.

Ausstattung

Triumphkreuz von Bernt Notke im Lübecker Dom

Der Dom war und ist die nach der Marienkirche am reichsten ausgestattete Kirche Lübecks. Hinsichtlich der steinernen Sarkophage in seinen Grabkapellen nimmt der Dom in Lübeck eine herausragende Stellung ein.

Triumphkreuz

Im Dom befindet sich das auffallende, das Hauptschiff beherrschende, 17 Meter hohe Triumphkreuz des Lübecker Künstlers Bernt Notke. Es wurde von dem Lübecker Bischof Albert II. Krummendiek gestiftet und 1477 im Kirchenschiff aufgerichtet. Auch bei diesem zentralen Kunstwerk gelang die kunsthistorische Zuordnung zu Künstler und Werkstatt erst im 20. Jahrhundert. Der Prediger Zietz bemerkt um 1820 in seiner Darstellung nur knapp: Vor dem Chore schwebt auf einem Queerbalken ein großes, kraus verziertes Kreuz von Holz, mit mehreren knieneden und stehenden Figuren. Der Bischof Albert von Crumedyk, ließ es 1477 dahin setzen, er starb 1489. Er verewigte dadurch sein Bildniß, nebst einer Magdalena, unter welcher Gestalt, der Sage nach, seine Beischläferin dargestellt ist; viel Fleiß in der Ausführung wurde daran von dem Künstler bewiesen.[3] Diese Einordnung des Notke'schen Werks als Fleißarbeit wandelt sich im Laufe de 19. Jahrhunderts anschaulich und der kirchenkritische Kunsthistoriker Grautoff bemerkt: Das bedeutendste Denkmal dieser Zeit ist das im Jahre 1477 von Bischof Albert Crummedyk gestiftete Triumphkreuz im Dom, das vorzüglichste Zeugnis von dem durchgebildeten Können der Lübecker Künstler, das leider 1894 durch ungeschickte Restauration wie manche andere Kunstdenkmäler des Doms sehr verdorben ist. [4]

Taufe

Taufbecken

Eherne Fünte von Lorenz Grove aus dem Jahr 1455.

Lettner mit Kirchenuhr

Kirchenuhr

Auch die Bildschnitzereien der Außenverkleidung des Lettners wurden von Bernt Notke geschaffen. Es handelt sich dabei um eine Stiftung des Lübecker Bürgermeisters Andreas Geverdes, die 1477 zusammen mit dem Triumpfkreuz fertiggestellt wurde. Vorbild war der Lettner im Magdeburger Dom, Geverdes ursprünglicher Heimatstadt.

Die Kirchenuhr am Südende des Lettners stammt aus dem Jahr 1628.

Flügelaltäre

Der berühmte Altar von Hans Memling aus der Greveraden-Kapelle im nördlichen Seitenschiff befindet sich seit dem Zweiten Weltkrieg in der Mittelaltersammlung des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte im St.-Annen-Kloster.

Es befinden sich jedoch durchaus sehenswerte weitere Flügelaltäre im Lübecker Dom.

Grabkapellen

Bei den im südlichen Seitenschiff gelegenen Grabkapellen findet sich aus der Zeit des Barock das von dem in Kopenhagen ansässigen flämischen Bildhauer Thomas Quellinus geschaffenen Grabmal des dänischen Kanzlers von Lente.

In der Marientidenkapelle von 1445 am östlichen Ende des Hochchors das ebenfalls von Quellinus geschaffene Grabmal von Fürstbischof August Friedrich († 1705) und seiner Gemahlin Christina.

Geläut

In den Türmen hängt heute ein sechsstimmiges Geläut mit der Schlagtonfolge a0 - c1 - e1 - f1 - g1 - a1, das außer Glocke 5 1965 von Rincker in Sinn/Dillkreis gegossen wurde. Hier ein paar technische Angaben zu den Glocken:

Nr. Ton Durchmesser
(cm)
Gewicht
(kg)
1 a0 185 3500
2 c1 156 2100
3 e1 126 1150
4 f1 118 980
5 g1 109 ?
6 a1 100 600

Legende

Nach einer Legende war im 8. Jahrhundert Karl der Große auf der Jagd in Sachsen und verfolgte lange Zeit einen sehr großen Hirsch. Nach langer Jagd konnte er das Tier fangen, es allerdings weder töten noch gefangen nehmen. Er nahm eine goldene Kette und legte sie dem Hirsch ins Geweih.

Vierhundert Jahre später waren die Wenden und Sachsen zum Christentum bekehrt und der Mann, der an diesem Tage auf der Jagd war, war Heinrich der Löwe, der Erbauer Lübecks. Heinrich hatte sich von seinen Leuten entfernt, um mit seinen Gedanken allein sein zu können. Er wollte eine Kirche bauen, doch ihm fehlte das nötige Geld. In diesem Augenblick erschien ihm ein riesiger Hirsch mit einem Demantkreuz im Geweih. Er deutete dies als Wink Gottes und legte an. Heinrich brachte das Tier zur Strecke. Der Herzog entnahm dem Tier das Kreuz aus dem Geweih und kaum hatte er das getan, erhob sich der Hirsch und verschwand ins nächste Gebüsch. Jetzt hatte der "Löwe" genug Geld für den Bau der Kirche und er selbst legte den Grund.

Der Grundstein für den Dom wurde auf einer heiligen Quelle der Heiden gelegt, die sich bis zum heutigen Tage von der Last zu befreien versucht. Daher stehen die Türme des Domes schief.

Dom und Gemeinde heute

Der Dom ist heute eine der drei Bischofskirchen der Nordelbischen Kirche. Bischöfin ist seit 2001 Bärbel Wartenberg-Potter.

Die Gemeinde ist fest in das Lübecker Musikleben eingebunden. Dank des langjährigen Kantors und Organisten Uwe Röhl (1925-2005) ist der Dom Spielort des Schleswig-Holstein Musik Festivals.

Bilder

St. Johannis auf dem Sande

Vorgängerkirche des Doms war die in Richtung Trave vor dem Dom gelegene erste Kirche Lübecks, St. Johann auf dem Sande, die sich etwa an der Stelle des heutigen Bauhofs befand. Diese Kirche wurde 1150 von Vizelin geweiht, genügte aber nach der Verlegung des Bistums von Oldenburg nach Lübeck der Prachtliebe der Bischöfe nicht mehr, so dass der Entschluss zum Dombau in unmittelbarer Nähe gefasst wurde. Der Giebel dieser Kirche stürzte 1648 ein, vier Jahre später wurde die Kirche St. Johannis auf dem Sande völlig abgetragen[5].

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Baltzer und Friedrich Bruns: Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Herausgegeben von der Baubehörde. Band III: Kirche zu Alt-Lübeck. Dom. Jakobikirche. Ägidienkirche. Verlag von Bernhard Nöhring: Lübeck 1920, S. 9-304. Unveränderter Nachdruck 2001: ISBN 3-89557-167-9
  • Paul Brockhaus (Hrsg.): Vom Lübecker Dom, Lübeck 1958
  • Rafael Ehrhardt: Familie und Memoria in der Stadt. Eine Fallstudie zu Lübeck im Spätmittelalter. Dissertation, Göttingen 2001. mit einer Prosopografie der Ratsfamilien von Alen, Darsow, Geverdes, Segeberg und Warendorf.
  • Wolfgang Grusnick, Friedrich Zimmermann: Der Dom zu Lübeck, Verlag Langewiesche, Königstein i.T., 1996, ISBN 3-7845-0827-8
  • Matthias Riemer: Domus Dei - Bei Gott zu Hause. Raumkonzepte im Lübecker Dom - eine Annäherung. In: Das Gedächtnis der Hansestadt Lübeck: Festschrift für Antjekathrin Graßmann zum 65. Geburtstag. In Verbindung mit dem Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde und dem Hansischen Geschichtsverein hrsg. von Rolf Hammel-Kiesow und Michael Hundt. Lübeck : Schmidt-Römhild, 2005, ISBN 3-7950-5555-5
  • Heinrich Christian Zietz: Ansichten der Freien Hansestadt Lübeck und ihrer Umgebungen. Frankfurt a. M. 1822.

Anmerkungen

  1. Zietz, aaO, S.90 Fußnote **)
  2. Zietz: aaO., S.89, Fußnote *)
  3. Zietz: aaO, S.96
  4. Otto Grautoff: Lübeck, Leipzig 1908, S.72
  5. Zietz, aaO, S.89 Fn. **)
Commons: Lübecker Dom – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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