Grunewaldseenkette

Seenkette in Berlin
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Die Grunewaldseenkette oder auch Grunewaldrinne ist eine Kette von Seen in den Berliner Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf. Die Kette verbindet als eiszeitliches Zwischenurstromtal in nordöstlicher Richtung Havel (Großer Wannsee) und Spree, dabei werden die „große“ und die „kleine“ Seenkette unterschieden. Daneben gibt es eine kleinere zweite Rinne entlang des Volksparks Wilmersdorf in östliche Richtung.

Krumme Lanke mit Kanal zum Schlachtensee

Geologie und Lage

Die Ketten und ihre Seen

 
Teilverlauf 1885, noch ohne künstliche Seen, Rehwiese als „Fennsee“

Die „große Grunewaldseenkette“ verläuft in östlicher Randlage zum Grunewald und beginnt rund 500 Meter südlich des Strandbads Wannsee mit dem heute trockenen „Nikolasgraben“, der zum südlichsten See der Kette, dem Nikolassee führt. Den Nikolassee verbindet die - heute gleichfalls trockene - Niederung der Rehwiese mit dem Schlachtensee, es folgen die Krumme Lanke, der weitgehend zum Riemeisterfenn verlandete „Riemeistersee“ und die Kanalverbindung im Langen Luch zum Grunewaldsee. Vom Grunewaldsee führt der „Hundekehlegraben“ durch das Hundekehlefenn zum Hundekehlesee.

Die sich anschließende „kleine Grunewaldseenkette“ verläuft durch bebautes Stadtgebiet und besteht aus den 1889 für die Villenkolonie Grunewald durch Aushebung von Mooren künstlich angelegten Seen Dianasee und Koenigssee, die bereits bestehenden Gewässer Halensee sowie Lietzensee und endet im Bereich des Schlosses Charlottenburg an der Spree. Ursprünglich waren die künstlichen Seen nicht öffentlich zugänglich, da die Grundstücke bis ans Ufer reichten. In den letzten Jahren wurden durch Freigabe öffentlicher Grundstücke und Ankauf von Uferstreifen an allen Seen Zugänge geschaffen.

Zwischenurstromtal und Rinnen

Die Seen liegen in zwei Schmelzwasserrinnen der letzten Eiszeit, deswegen wird die Grunewaldseenkette geologisch treffender auch als Grunewaldrinne bezeichnet. Diese stellt ein Zwischenurstromtal dar, das sich vor rund 15.000 Jahren im „Brandenburger Stadium“ der Weichsel-Eiszeit herausgebildet hatte und die sandig-lehmige Hochfläche des Teltow durchschnitt. Durch Absenkung des Grundwasserspiegels liegt der Riemeistersee bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts trocken. Durch Brunnenanlagen und Wasserentnahmen zur Versorgung der Stadt fielen der Wasserspiegel des Schlachtensees um zwei und der des Grunewaldsees um einen Meter. Die Feuchtgebiete der beiden „Fenns“ und des „Luchs“ sowie die Uferbereiche der Seen konnten nur dadurch gerettet werden, dass – in Umkehr der natürlichen Fließrichtung – seit 1913 zusätzlich Havelwasser aus dem „Großen Wannsee“ in die grundwassergespeiste Seenkette gepumpt wird. Erst in jüngerer Zeit führen gezielte Maßnahmen zu einer ersten Erholung des Grundwasserspiegels in Teilen des Berliner Urstromtals.

Datei:Rehwiese2.JPG
Rehwiese mit Kirche Berlin-Nikolassee

Die erste Rinne ist die beschriebene „Grunewaldrinne“ mit der kleinen und großen Seenkette. Eine weitaus kleinere und kürzere zweite Rinne verläuft vom Rathaus Schöneberg in Ost-West-Richtung, dabei bis zum Berliner Stadtring (A 100) als Volkspark Wilmersdorf, und mündet im Bereich des Koenigssees in die große Rinne. Diese Rinne ist heute fast durchgehend trocken. Lediglich die dem Königssee in Ostrichtung benachbarten und gleich diesem künstlich angelegten Gewässer Herthasee und Hubertussee und im eigentlichen Verlauf der kleine Fennsee am Wilmersdorfer Fenn weisen nennenswerte Wasservolumen auf.

Naturschutz und Fenn

Sehr gut lässt sich die „Rinne“ der Seenkette an der trockenen „Rehwiese“ erkennen, deren langgestreckte Niederung gemeinsam mit dem benachbarten Nikolassee seit 1960 als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen ist. Noch eine Schutzstufe höher als Naturschutzgebiet angesiedelt sind „Riemeisterfenn“ und „Langes Luch“ zwischen Krumme Lanke und Grunewaldsee sowie das anschließende „Hundekehlefenn“. In den teilweise morastigen Feuchtgebieten der Schutzzonen bestehen Reste wertvoller Auenwälder, während die Umgebung von den typischen hohen Kiefernbeständen des trockenen und nährstoffarmen Teltowbodens geprägt ist.

Der im Teltow häufige Flurname „Fenn“ oder auch „Fenne“ bezeichnet nach Hermann Teuchert einen versumpften oder vertorften Binnensee oder Teich ohne festen Boden und nach Agathe Lasch und Conrad Borchling mit Gras oder Röricht bewachsenes Sumpf-, Moorland, sumpfiges Weideland, beide Zitate hier wiedergegeben nach Gerhard Schlimpert. Der Begriff hat einen niederländischen Ursprung und geht auf die Besiedlung des Fläming durch Flamen zurück, die bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zum Landesausbau der gerade gegründeten Mark Brandenburg vom ersten Markgrafen Albrecht dem Bären und seinem Sohn und Nachfolger Otto I. ins Land gerufen worden waren.

Slawen und Zisterzienser

Datei:Nikolassee Villa.JPG
Villa in der Burgunderstraße, nahe Rehwiese

Wie die Etymologie des ursprünglichen Namen „Slatsee“ für den Schlachtensee oder archäologische Funde am später wüst gefallenen Dorf „Crumense“ an der Krummen Lanke zeigen, bestanden im Gebiet der Seenkette slawische Siedlungen. Soweit sie nicht wüst fielen, gingen die slawischen Orte nach der Gründung der Mark Brandenburg im Jahr 1157 und dem anschließenden Landesausbau der Askanischen Markgrafen nach und nach in deutsche Verwaltung über. Eine wichtige Rolle spielte bei dieser Entwicklung das einflussreiche und vermögende Zisterzienser Kloster Lehnin, das seinen Kernbesitz in der Zauche bis in den nördlichen Teltow ausdehnte. Mitte des 13. Jahrhunderts, rund 70 Jahre nach Gründung des Klosters, kauften die Mönche mehrere Dörfer in dieser Region mit den Seen Nikolassee, Schlachtensee und Krumme Lanke (siehe dazu die jeweiligen Seen).

Die Wohngebiete entlang der Grunewaldrinne, die teilweise die Namen der Seen tragen, zählten und zählen auch heute zu den besonders bevorzugten Berliner Villenvierteln.

Quellen

Literatur

  • Gerhard Schlimpert, Brandenburgisches Namensbuch, Teil 3, Die Ortsnamen des Teltow , Hermann Böhlaus Nachf., Weimar 1972. Enthält die etymologische Ableitung einiger Seennamen der Kette. Zitate zum Begriff „Fenn“ Seite 74, ferner zum Fenn Seite 38.