Kernkraftwerk Beznau

Kernkraftwerk in der Schweiz, Druckwasserreaktoren
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Das Kernkraftwerk Beznau, kurz KKB, befindet sich auf dem Gebiet der Gemeinde Döttingen (Kanton Aargau, Schweiz) auf einer künstlichen Insel im Fluss Aare.

Kernkraftwerk Beznau
Kernkraftwerk Beznau
Kernkraftwerk Beznau
Lage
Kernkraftwerk Beznau (Kanton Aargau)
Kernkraftwerk Beznau (Kanton Aargau)
Koordinaten 659402 / 267132Koordinaten: 47° 33′ 8″ N, 8° 13′ 40″ O; CH1903: 659402 / 267132
Land Schweiz
Daten
Eigentümer Nordostschweizerische Kraftwerke AG
Betreiber Nordostschweizerische Kraftwerke AG
Projektbeginn 1965
Kommerzieller Betrieb 1. Sept. 1969

Aktive Reaktoren (Brutto)

2  (760 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2006 6024 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 190.012 GWh
Stand 5. April 2007
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Es besteht aus zwei identischen Blöcken (Beznau 1 und 2), die mit Druckwasserreaktoren von Westinghouse mit je 365 MW elektrischer Leistung bestückt sind. Gekühlt wird mit dem Wasser der Aare. Zusätzlich zu den rund 5 Milliarden kWh Energie pro Jahr produziert das Kernkraftwerk Fernwärme für elf umliegende Gemeinden. Eigentümer und Betreiber sind die Nordostschweizerischen Kraftwerke (NOK).

Beznau 1 ist das erste Kernkraftwerk der Schweiz. Die NOK begannen 1957 mit der Planung für ein Grosskraftwerk und entschied sich 1964 für die Option Kernenergie. 1969 nahm Beznau 1 nach vier Jahren Bauzeit den Betrieb auf. Nach einer Bauzeit von fünf Jahren ging 1972 der baugleiche Block Beznau 2 ans Netz. Der technische Stab befand sich im Schloss Böttstein auf der gegenüberliegenden Seite der Aare.

Das Kernkraftwerk verfügt über eine unbefristete Betriebsbewilligung für beide Blöcke. Voraussetzung für den Betrieb bleibt jedoch die laufende Erfüllung der gesetzlichen, behördlichen und betriebseigenen Anforderungen an die Sicherheit. [1] Die tatsächliche Betriebsdauer ist abhängig von der laufenden Überprüfung von Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Anlagen.

Sicherheitsmassnahmen

Seit der Inbetriebnahme der beiden Anlagen wurden zur Steigerung der Sicherheit zahlreiche Nachrüstungen und Erneuerungen ausgeführt. Anfang und während der 90er-Jahre wurden unter anderem die Dampferzeuger ersetzt, sowie die Leittechnik des Reaktorschutzsystems durch neue Elektronik ausgetauscht. Ebenfalls wurden die Kommandoräume angepasst und eine neue Turbinensteuerung eingeführt. Zusätzlich wurde für jeden Block ein eigenes Notstandsgebäude erstellt. Dieses enthält weitere Sicherheitssysteme zur Kernnotkühlung und Bespeisung der Dampferzeuger, sowie einen weiteren 50kV-Notstromstrang und einen zusätzlichen Dieselgenerator. Die Sicherheitssysteme in den Notstandsgebäuden sind darauf ausgelegt, das Kraftwerk ohne Bedienmannschaft autark kaltzufahren und abzustellen. Die Gebäude sind besonders stark gegen äussere Einwirkungen, wie beispielsweise Flugzeugabstürze, Erdbeben und Fremdeinwirkungen, geschützt.

In den nächsten Jahren wird die Notstromversorgung umgebaut. Neu sollen vier gebunkerte Dieselgeneratoren die Notstromversorgung gewährleisten und so das hydraulische Kraftwerk Beznau ablösen.

Störfälle

Am 17. Juli 1992 starben in Beznau zwei Arbeiter, die für externe Firmen Revisionsarbeiten in Beznau erledigten. Die beiden Arbeiter begaben sich in den "Reaktorsumpf", ein Auffangbecken unter dem Reaktor, das im Notfall auslaufendes, radioaktives Wasser auffangen müsste. Dort hatte sich Argon angesammelt, ein geruchsloses Edelgas. Dieses ist schwerer als Luft und verdrängt diese somit nach oben, womit die Gefahr der Erstickung wegen Sauerstoffmangel in der Atemluft gegeben ist. Arbeiter, die während der Revision ebenfalls aushilfsweise in Beznau gearbeitet haben, berichteten, dass jemand die Pumpe, die das Gas aus dem Rekatorsumpf hätte pumpen sollen, weggenommen und anderswo eingesetzt habe. Die beiden Unfallopfer hätten dies jedoch nicht wissen können. Die HSK (Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernananlagen) stufte den tödlichen Unfalls als "nicht-nuklearen" Unfall ein, der nicht in ihren Zuständigkeitsbereich falle.[2]

Am 9. August 2007 verhinderten Starkregen und Hochwasser die Notstrom-Versorgung des Kernkraftwerks durch das Wasserkraftwerk Beznau für rund 12 Stunden (NOK-Pressemeldung). Im Kraftwerk sind noch mehrere zusätzliche Notstromstränge vorhanden. Für einen Zusammenbruch der externen Stromversorgung stehen gebunkerte, überflutungssichere Dieselgeneratoren zur Verfügung. Bei einem Ausfall des Wasserkraftwerkes kommt jedoch eine Sicherheitsvorschrift zum Tragen, die besagt, dass das Kernkraftwerk Beznau maximal 24 Stunden ohne den Notstromstrang des Wasserkraftwerks betrieben werden darf, ansonsten muss die Anlage abgefahren werden. Bei dem genannten Hochwasserereignis war das Wasserkraftwerk aber vor Ablauf der Frist wieder im Normalbetrieb.

Insgesamt musste das KKW Beznau der Bundes-Atomaufsicht im Jahr 2007 acht «Vorkommnisse» melden - noch nie gab es in einem Schweizer KKW in einem einzigen Jahr derartig viele Pannen. Während sieben der Beznau-Zwischenfälle im Jahr 2007 von der Schweizerischen Aufsichtsbehörde für Kernanlagen, der HSK (Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernananlagen), als "nicht sicherheitssignifikante Vorkommnisse" eingestuft wurden, klassierte sie den oben beschriebenen, vorübergehenden Ausfall eines Notstand-Dieselgenerators im August 2007 auf der internationalen Ereignisskala INES auf der Stufe 1 als Störung, d.h. einer Abweichung von den zulässigen Bereichen für den sicheren Betrieb der Anlage.

Am 31. Januar morgens kam es zur ersten Panne im Jahr 2008: um sechs Uhr kam es im Reaktorblock 2 zu einer unvorhergesehenen Schnellabschaltung. Zuvor war die Stromversorgung mehrerer Anzeigeinstrumenten im Haupt-Kommandoraum des KKW ausgefallen. Dadurch fielen auch zur Regelung der Reaktorleistung benötigte Signale aus. Das wiederum führte zu einer automatischen Reduktion der Reaktorleistung. Das zuständige Personal reduzierte deshalb auch die Turbinenleistung. Weil ihr die dazu notwendigen Anzeigeinformationen fehlten, konnte sie nicht verhindern, dass auch ein automatisches Abblasen von Frischdampf ausgelöst wurde. Um 6:19 Uhr löste das Betriebspersonal aus Sicherheitsgründen schliesslich manuell eine Schnellabschaltung des Reaktors aus und die die Anlage wurde stabilisiert. Der defekte Anlagenteil wurde lokalisiert und ersetzt. Im Laufe des Nachmittags konnte Reaktor 2 den Betrieb wieder aufnehmen.[3][4]

Am Abend des 10. April wurde eine Turbinengeneratorgruppe im Block 2 des Kernkraftwerks Beznau abgeschaltet, nachdem bei dieser Turbinengeneratorgruppe im nicht nuklearen Teil rund 50 Liter Öl ausgelaufen waren. Nach der Abschaltung der Turbinengeneratorgruppe wurde die Reaktorleistung auf die Hälfte reduziert. Die Ölleckage war auf eine Undichtheit an der Verbindungsstelle einer Ölleitung zurückzuführen. Die Reparatur bei abgeschalteter Turbinengeneratorgruppe dauerte rund zwölf Stunden. Die Turbinengeneratorgruppe wurde am 12.4. um 23.30h wieder in Betrieb genommen. [5][6]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Beznau hat insgesamt zwei Blöcke:

Reaktorblock [7] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommerz-
ieller Betrieb
Abschal-
tung
Beznau (KKB) - 1 Druckwasserreaktor 365 MW 380 MW 01.09.1965 17.07.1969 01.09.1969
Beznau (KKB) - 2 Druckwasserreaktor 365 MW 380 MW 01.01.1968 23.10.1971 01.12.1971

Neubau Beznau 3

Im Herbst 2008 soll ein Rahmenbewilligungsgesuch für den Bau eines dritten Kernkraftwerkblocks eingereicht werden.[8]

Quellen

  1. Medienmitteilung des UVEK vom 03.12.2004
  2. Susan Boos, Strahlende Schweiz. Handbuch zur Atomwirtschaft, Rotpunktverlag, 1999, S. 56
  3. HSK Klassierte Vorkommnisse in Schweizerischen Kernkraftwerken, abgerufen am 11.2.2008
  4. Felix Maise, Tagesanzeiger Rekordzahl von Pannen im AKW Beznau, abgerufen am 11.2.2008
  5. NZZ online (sda) Störung im Kernkraftwerk Beznau, abgerufen am 15.4.2008
  6. Basler Zeitung (ap&baz) Turbine im Kernkraftwerk Beznau wieder in Betrieb, abgerufen am 15.4.2008
  7. Power Reactor Information System der IAEA: „Switzerland (Swiss Confederation): Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  8. Gesuch für Beznau 3 soll im Herbst 2008 eingereicht werden

Siehe auch