Hypospadie

Variation der Genitalien
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Klassifikation nach ICD-10
Q54 Hypospadie
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Hypospadie ist eine angeborene Entwicklungsstörung der Harnröhre (Corpus spongiosum). Dabei ist die Mündung der Harnröhre (Meatus urethrae externum) weiter ventral/proximal gelegen als beim Gesunden. Oft tritt die Hypospadie in Verbindung mit einer Krümmung des Penisschaftes (Chorda), eine Meatusstenose (Verengung der äußeren Harnröhrenmündung), einem gespaltenen Präputium (lange Vorhaut auf der einen Seite, fehlen der Vorhaut auf der anderen Seite) oder einem Hodenhochstand (Maldescensus testis) auf.

Krankheitsbild

 
Deutlich erkennbare Hypospadie (die Harnröhre endet hier als bis in den Bereich des Penisschaftes reichende schlitzförmige Öffnung)

Die Harnröhrenöffnung endet beim Mann je nach Ausprägung von der Unterseite der Eichel bis hinunter zum Damm. Die Miktion (Harnentleerung) beim Jungen im Stehen wird erschwert, da der Urinstrahl nach hinten bzw. unten verläuft ("Urinieren typischerweise im Sitzen"). Beim Mädchen hingegen spricht man von einer Hypospadie, wenn die Harnröhre, nicht im Vestibulum, sondern innen an der Vagialwand endet, so dass bei der Miktion der Urin dann aus der Vagina abfließt.[1]

Entstehung

Die Urethra entsteht beim Mann im ersten Schritt, wenn sich die Urogenitalspalte gegen Ende des dritten Schwangerschaftsmonats schließt. Sie reicht zu diesem Zeitpunkt noch nicht bis zur Spitze des Penis. Der distale Abschnitt der Urethra bildet sich im vierten SSM durch Zellen des Ektoderm, die zuerst einen Epithelstrang bilden, der auf den Hohlraum, den die Harnröhre zu diesem Zeitpunkt bildet, zuwächst. In einem zweiten Schritt kanalisiert sich dieser Strang und bildet dann unter physiologischen Bedingungen den Meatus externuns, der in der Glans penis mündet. Bei der Frau verschmilzt die Urogenitalspalte nicht vollständig. [2]

Tritt während der Bildung eine Unterbrechung in der Entwicklung der auf so entsteht eine Hypospadie. Je nachdem in welchem Stadium der Entwicklungsstopp eintritt wird die Schwere der Hypospadie bestimmt. Eine frühe Unterbrechung der Entwicklung führt zu einer proximalen; eine spätere Unterbrechung zu einer distaleren Form der Hypospadie.

Häufigkeit

Hypospadie kommt bei ca. 1:300 bis 1:1000 neugeborenen Jungen vor und ist damit als "häufig" einzustufen. [1] Viele leichtere Formen werden unter Umständen nicht diagnostiziert, da weder optische, noch funktionelle Auffälligkeiten damit verbunden sind.

Die Ursachen einer Hypospadie sind nicht vollkommen geklärt. Jedoch wird davon ausgegangen, dass genetische, endokrinologische und teratogene Einflüsse eine Rolle spielen können. Auch die Einnahme von Progesteron (engl.: progesterone, Steroidhormon bzw. Geschlechtshormon) durch die Mutter in der Schwangerschaft könnte Einfluss haben. Einer Studie zufolge ist ein erhöhtes Aufkommen von Hypospadie bei untergewichtigen Frühgeborenen zu erkennen. Wahrscheinlich erfolgt die Entwicklungsstörung durch die gleichen Faktoren, die auch später zu einem Untergewicht und/oder einer Frühgeburt führen.


Begleiterscheinungen

Neben der Diagnose führt die Untersuchung zur Klassifikation der Hypospadie: Auffällig ist dabei die dorsale Vorhautschürze. Assoziationen mit anderen Fehlbildungen kommen vor und sollten bei der Untersuchung berücksichtigt werden, besonders bei schwereren Fällen (Harnröhrenöffnung weit vom Peniskopf entfernt).

Vermehrt findet sich Hypospadie zum Beispiel bei Menschen mit Klinefelter-Syndrom, TelekanthusBBB-, Down- und Prader-Willi-Syndrom, was wiederum gewisse Zweifel an der bisher vermuteten Entstehungsgeschichte - Differenzierungsschwierigkeit (Intersex) aufkommen lässt. Evtl. ist es einfach eine Fehlbildung eines Organs, welches nur eben außen liegt und somit direkt wahrgenommen werden kann.

Bei einem sehr geringen Anteil von Menschen mit Hypospadie ist ein 5-alpha-Reduktasemangel (ein Enzymdefekt, der wiederum dazu führt, dass Jungen als scheinbare Mädchen geboren werden, da das in der embryonalen Entwicklung für eine Vermännlichung nötige Hormon nicht synthetisiert wird. In der Pubertät setzt dann jedoch mit der Bildung des Testosterons eine Maskulinisierung ein) oder ein Androgenresistenz-Syndrom (auch AIS genannt, Zuordnung bei der Geburt meist weiblich aufgrund der äußeren Geschlechtsorgane, jedoch sind es genetische Jungen) zu verzeichnen.

Verfahrensweise, Behandlung

Bei proximalen Formen bedarf es einer endokrinologischen und chromosomalen Abklärung. Diese Tests sollten sofort nach der Geburt erfolgen um Sicherheit für die Namensgebung und andere wichtige Entscheidungen zu geben.

Eine Meatusstenose (Verengung der Mündung der Harnröhre) sollte möglichst schon beim Säugling aus funktionellen Gründen beseitigt werden.

Eine Operation sollte im Alter ab etwa einem Jahr erfolgen, auf jeden Fall aber vor Eintritt der Geschlechtsidentität die mit ca. 2 ½ Jahren erfolgt. Die Behandlung findet stationär oder ambulant (in Spezialzentren) statt und sollte bei Kleinkindern nur in Begleitung von mindestens einer vertrauten Bezugsperson erfolgen.

Sechs Wochen vor dem Eingriff wird je nach Grad der Hypospadie der Penis täglich mit einer Hormonsalbe eingecremt um die Hautverhältnisse zu verbessern.

Der Eingriff selbst findet unter Vollnarkose statt und dauert je nach Schweregrad zwischen einer und vier Stunden. Bei schwereren Fällen können mehrere Operation notwendig sein die mit mikrochirurgischen Techniken durchgeführt werden. Gegebenenfalls kann eine Schleimhauttransplantation z. B. aus der Mundhöhle notwendig sein.

Es gibt weit über 300 verschiedene Operationsverfahren die jedoch fast alle auf dem Prinzip "Obrédanne" oder "Denis Browne" basieren. Die Kriterien für eine Operationsmethode richten sich - leider - erst nach der Erfahrung des Operateurs und danach nach der Peniskrümmung, der Lokalisation der Harnröhre, der Länge und Beschaffenheit des Penis' sowie der Größe der Präputialschürze und vorherigen Operationen.

Es ist anzuraten einen Jungen mit der Diagnose Hypospadie nicht beschneiden zu lassen, da die Vorhaut eventuell zum Aufbau der Harnröhre benötigt werden könnte.

Ziele eines chirurgischen Eingriffes:

  • Streckung des Gliedes -> Penisaufrichtung; hier ist darauf zu achten, dass zur Begradigung nicht die einfache Nesbit-Duplikatur durchgeführt wird. Diese verkürzt den Penis und führt nicht selten zu Schmerzen bei der Erektion.
  • Rekonstruktion der Harnröhre und Harnröhrenendung an der Spitze der Eichel
  • Möglichkeit eines normalen Urinierens und einer normalen Erektion
  • Einen kosmetischen normalen Aspekt des Penis zu erreichen; speziell hierfür ist es wichtig, sich an ausgewiesene Spezialisten zu wenden. Es ist zu bedenken, dass die Hypospadie, da in der Regel früh erkannt und behandelt, für die Kinder wenig Belastung darstellt. Ein im Anschluss an ein Standardverfahren aesthetisch unansehnlich gewordener Penis jedoch für den betreffenden Mann Jahrzehnte Scham und Zurückgezogenheit bedeuten kann.
  • Abgesehen von den medizinischen Aspekten sollte eine Korrektur auch aus späteren psychologischen Gründen für den Jungen erfolgen (diese sind nicht zu unterschätzen)

Die Komplikationsrate nach einer Korrektur ist verhältnismäßig hoch und reicht von 5 bis 30 Prozent. Sie ist abhängig vom Schweregrad der Hypospadie, der Erfahrung des Operateurs und der gewählten Vorgehensweise.

Mögliche Komplikationen nach der Operation sind übermäßige Schwellungen, Nachblutungen, Transplantatuntergang, Harnröhrenverengung, erneute Penisverkrümmung, Penisverkürzung und Wundheilungsstörungen.

Die häufigsten Spätkomplikationen sind dabei:

  • Fistel
  • Harnröhrenstriktur (engl.: urethral stricture) Eine Harnröhrenstriktur ist eine Harnröhrenverengung bedingt durch Narben oder Entzündungen.
  • Restverkrümmung: Die klinische Praxis hat gezeigt, dass nach Ablauf eines Jahres nach der Operation in der Regel keine weiteren Komplikationen mehr auftreten.

Erwachsene mit Hypospadie

Da früher - und möglicherweise auch heute noch - nicht bei allen Kindern die Hypospadie korrigiert wird, muss man damit rechnen, auch erwachsene Patienten mit dieser Fehlbildung zu sehen. In der Regel erlebt man diese Überraschung beim Legen eines transurethralen Blasenkatheters. In diesem Fall ist es ratsam wegen der Meatusstenose eher einen dünneren Blasenkatheter zu verwenden, außerdem darf man - wegen der Schäden, die man anrichten kann (z. B. Via falsa) - bei Problemen das Katheterisieren nicht erzwingen.

Allerdings machen mittlerweile wiederherstellende Operationen nach fehlgeschlagenen Korrekturversuche in der Kindheit den Löwenanteil bei Operationen im Erwachsenenalter aus.

Commons: Hypospadias – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweis

  1. a b Steffens J., e.a.: Häufige urologische Erkrankungen im Kindesalter. Birkhäuser, 2000, S.63, ISBN 3798512450 hier online
  2. Langmann J.: Medizinische Embryologie, Thieme, S. 176-203, ISBN 3-13-446606-6