Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik

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Einheitliches System Elektronischer Rechentechnik (ESER), ist ein am 23. Dezember 1968 zwischen den Ländern des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) geschlossener Vertrag zur Entwicklung standardisierter Rechentechnik.

ESER war gleichzeitig der Name für Computer, die diesem Standard entsprachen. Typischerweise wurden ESER Computer „ЕС“ (kyrillisch für „ES“) gefolgt von einer vierstelligen Nummer benannt (z. B. EC1834, ein IBM-PC XT kompatibler Computer von Robotron).

Die ESER-Baureihe beinhaltete zunächst nur Großrechentechnik (Mainframes), während mittlere und Kleinrechentechnik unter der Kleinrechner-Nomenklatur „K“ (Robotron) und „CM“ (kyrillisch für „SM“) (RGW) zusammengefasst war.

Spezifikation

ESER umfasste die Spezifikation für alle Baugruppen einer Großrechenanlage (EDVA) – von der Schnittstelle bis zum Datenträger. Einheitliche Dokumentationssprachen waren Englisch und Russisch. Der Dialog mit den Systemen erfolgte in Englisch.

Klassifikation

Im ESER werden drei Reihen von Rechnersystemen unterschieden. ESER der Reihe I waren weitgehend identisch mit dem IBM System/360. Hierzu zählten die Anlagen R40/EC1040 (Robotron) oder EC1022 (EC EWM/Sowjetunion). ESER der Reihe II waren weitgehend kompatibel zum IBM System/370. Bis in die 1990er Jahre hinein waren die Anlagen EC1055, EC1056 und EC1057 mit Zentraleinheiten aus dem VEB Kombinat Robotron in der DDR noch im Einsatz. Aus sowjetischer Produktion kam in der DDR auch der EC1036 zum Einsatz, der von EC EWM als ESER III angegeben wurde (IBM 390-kompatibel), aber weniger leistungsfähig war als EC1056 und EC1057.

Betriebssysteme

  • DOS/ES: ein Wechselplatten-Betriebssystem mit Lochkarten-Jobsteuerung, die später auch von Band eingelesen werden konnte. Auf ESER I als Primärbetriebssystem oder mit SVM (s.u.) in einer virtuellen Maschine (VM) auch auf ESER II lauffähig.
  • OS/ES: ein Wechselplatten-Betriebssystem für ESER II
  • OS/SVS: Erweitertes OS/ES mit virtueller Speichermanagement-Funktion (SVS: System Virtueller Speicher). Der Hauptspeicher eines EC1055M konnte beispielsweise virtuell von 4 auf 16 Megabyte erhöht werden.
  • SVM/ES für ESER II war ein "abgeschriebenes" IBM VM/CMS-System. Unter SVM konnten verschiedene Systeme in VMs laufen.
  • VMX: UNIX Version 7 Derivat

Konfigurationen

Hardware

Eine ESER-EDVA bestand aus zahlreichen großen Geräten und konnte durchaus die Fläche eines kleinen Supermarktes beanspruchen. Die Geräte wurden eingeteilt in (Beispiel ESER II):

Zentraleinheit/ZE: mindestens zwei große Schränke mit Prozessor, Hauptspeicher und Zentralinterface (ZIF).

  1. Peripherie: Direkt-Eingabegeräte/Terminals, LK(Lochkarten)-Leser, Direktzugriffsspeicher (Magnetplatten), Magnetbandstrecken mit den entsprechenden Steuergeräten
  2. Peripherie: Paralleldrucker, LK(Lochkarten)-Stanzer
  3. Peripherie: Telefone, Modems, Vorrichtungen zum Transport und zur Aufbewahrung von Datenträgern und Zubehör

Datenträger: Lochkarte, Lochstreifen, Magnetbandkassette, 1/2" Magnetband, Wechselplatte 7,25 (EC5052), 29 (EC5061), 100 (EC5066) und 200 MB (EC 5067), Wechselfestplatte 300 MB

Eine Anlage EC1056 in einem Datenverarbeitungszentrum bestand aus:

1 ZE EC2656
2 Bedien- und Serviceprozessoren (große Bildschirm-Terminals)
2 Lochkartenleser
2 Protokoll-Terminals
1 Techniker-Terminal
4 Paralleldruckern (Kettendrucker EC7039)
2 Trommeldrucker (EC7031)
2 Magnetbandstrecken mit 2 Steuergeräten und je 8 MB-Geräten EC5002.03 M (Vorgänger war EC5017)
2 Magnetplattenstrecken mit 2 Steuergeräten und je 8 WPS-Geräten mit 100 o. 200 MB Stapeln
1 "HiFi"-Turm genannter Frame mit Magnetbandkassettengerät, Lochstreifenleser- und Stanzer

Auf einer typischen ESER-Anlage der Reihe II lief im Tagesbetrieb SVM im „Dialogbetrieb“ mit manchmal bis 16 Dialog-VM, einer OS- und einer DOS-Maschine. Im Jobstrom wurden unter DOS und OS bis zu 10 Projekte gleichzeitig im Multiplexbetrieb abgearbeitet. Blieb ein Job wegen eines „Requests“ (z. B. fehlender Datenträger) stehen, liefen die anderen weiter. Außer den Betriebssystemen und ihren Service-Programmen (z. B. Tepros = Textverarbeitung unter PTS) gab es für ESER keine Standard-Software.