Die meisten Menschen können die Bibel nicht im hebräischen oder griechischen Originaltext lesen, sondern müssen auf eine Bibelübersetzung zurückgreifen.
Bibelübersetzungen müssen, wie jede andere Übersetzung auch, die Brücke schlagen von einer fremden Sprache mit ihrer Grammatik und Ausdrucksweise zu einer heute verständlichen Sprache. Gleichzeitig soll eine Bibelübersetzung eine korrekte theologische Auslegung erlauben; diese Forderung bedingt die Existenz konfessionell erstellter Übesetzungen.
Ansatz zur Übersetzung
Einige Bibelübersetzungen versuchen, den hebräischen und griechischen Text möglichst getreu in seiner Satzstruktur und Wortwahl ins Deutsche zu übertragen. Der Vorteil dieser Methode ist, dem Leser einen relativ guten Eindruck vom Originaltext zu vermitteln. Der Nachteil ist, dass sowohl Ausdrucksweise als auch Satzbau nicht leicht verständlich sind. Gewisse Ausdrücke sind, wörtlich übersetzt, heute nicht verständlich oder werden sogar falsch verstanden (z.B. ist Talent eine Gewichtseinheit)
Eine freiere Übersetzung, die eher versucht, den Sinn des Textes zu umschreiben, wird dem gelegentlichen Leser leichter verständlich sein. Allerdings eignet sich eine freie Übersetzung nicht, theologische Feinheiten zu diskutieren, da der Sinn des Textes vom Übersetzer schon interpretiert und umgesetzt wurde, also nicht mehr objektiv ist.
Ein Spezialfall ist die Interlinearübersetzung. Hier steht unter dem jeweiligen Wort des Originaltextes dessen deutsche Übersetzung: (Mt 18,23 f.):
- Deswegen ist gleichgemacht worden das Reich der Himmel einem Mann einem König, der wollte halten Abrechnung mit seinen Knechten. Als begonnen hatte aber er, sie zu halten, wurde gebracht zu ihm ein Schuldner von zehntausend Talenten.
Wahl des Originaltextes
Sowohl für das alte als auch für das neue Testament der Bibel liegen eine Reihe von Handschriften vor, die sich in einigen Punkten unterscheiden. Eine Bibelübersetzung ist daher gleichzeitig eine Auswahl einer Textversion, wobei moderne Übersetzungen unterschiedliche Ursprungstexte oft in Fußnoten kennzeichnen.
Im alten Testament sind die bedeutendsten Texte der hebräische masoretische Text und die griechische Septuaginta. Der masoretische Text wird in protestantischen Kirchen als der verlässlichere angesehen; orthodoxe und katholische Kirchen benutzen traditionell eher die Septuaginta.
Für das neue Testament gibt es eine Vielzahl an Manuskripten, deren wichtigste (Codex Vaticanus, Codex Sinaiticus) aus dem 4. Jahrhundert stammen, und Grundlage aller traditionellen Übersetzungen sind. Die seit der Reformation dominanten Grundtextausgaben waren aber geprägt von der Textschiene des so genannten "Textus Receptus", einem Grundtext, der erstmals von Erasmus von Rotterdam herausgegeben wurde. Auf dieser Textgrundlage basierten die entscheidenden Bibelübersetzungen seit der Reformation wie z.B. die englische King-James-Version, die Lutherbibel 1545, die Zürcherbibel vor 1931 usw. und auch jetzt wieder die Schlachter-Bibel Ausgabe 2003. Einige ältere Manuskripte haben an einigen Stellen Abweichungen, die auch theologisch bedeutsam sind. Diese veränderten Manuskripte haben die meisten Übersetzungen der Neuzeit geprägt.
Übersetzungen der Bibel in die deutsche Sprache
Die Bibel oder Teile derselben sind seit der Reformation mehrfach in die deutsche Sprache übersetzt worden. Hier werden nur Übersetzungen zumindest eines der Testamente, nicht aber die einzelner Bücher angegeben.
Alte Übersetzungen erleben oft Revisionen, in denen die Sprache an die sich wandelnde Umgangssprache angepasst wird, und eventuell auch neue Erkenntnisse der Ursprungstexte einfließen.
Die Übersetzungen sind nach dem Erscheinungsdatum der Erstausgabe der ersten Revision geordnet. Soweit bekannt, werden der Ansatz zur Übersetzung sowie die zugrundeliegeden Ursprungstexte angegeben.
Lutherbibel
Die Lutherbibel ist der Klassiker unter den deutschen Bibeln und die maßgebliche Übersetzung für die Evangelischen Kirchen in Deutschland.
- Darum ist das Himmelreich gleich einem König, der mit seinen Knechten rechnen wollte. Und als er anfing zu rechnen, kam ihm einer vor, der war ihm zehntausend Pfund schuldig. (1912)
- Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig (1984)
Zürcher Bibel
Die Zürcher Bibel geht auf den Reformator Huldrych Zwingli zurück und hat das Ziel, eine möglichst philologisch korrekte Übersetzung anzubieten. Entstanden 1531 und revidiert 1907 gilt sie als etwas lesbarer als die Elberfelder Übersetzung. Die 1996-er Revision ist noch nicht abgeschlossen.
1947 entstand eine katholische Ausgabe durch T. Schwegler, F. A. Herzog, H. Haag, Johannes Perk.
- Deshalb ist das Reich der Himmel gleich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Als er aber anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war zehntausend Talente schuldig. (Revision von 1907)
Dietenberger/Ulenberg Bibel
Johann Dietenberger konnte 1534 seine Übersetzung abschließen. Nach der Revision im Jahre 1630 durch Kaspar Ulenberg spricht man von der Dietenberger/Ulenberg-Bibel.
Elberfelder Bibel
Die Elberfelder Bibel gilt als die deutsche Übersetzung, die am nächsten am Urtext ist (Gerüchten zufolge wird sie sogar von Griechischstudenten als "Übersetzungshilfe" verwendet). Sie wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts u.a. von Carl Brockhaus und J. N. Darby übersetzt, und erschien erstmals vollständig 1871. Neubearbeitungen erschienen 1975 und 1985.
Ziel der Übersetzung war und ist es, "den des Urtextes Unkundigen ... mit wenigen Kosten eine möglichst treue und genaue Darstellung des Wortes Gottes in ihrer eigenen Sprache darzureichen" (aus dem Vorwort der ersten Ausgabe).
- Deswegen ist es mit dem Reich der Himmel wie mit einem König, der mit seinen Knechten* abrechnen wollte. Als er aber anfing abzurechnen, wurde einer zu ihm gebracht, der zehntausend Talente** schuldete.
- *wörtlich Sklaven
- **größte damalige Geldeinheit
Schlachter-Bibel
Die erste Ausgabe erschien 1905 in der Übersetzung von Franz Eugen Schlachter als Miniaturbibel beim Verlag der "Miniatur-Bibel" in Biel (Kanton Bern) und für Deutschland bei Johannes Schergens in Bonn a.Rh. Nach Schlachters Tod erfolgte seit 1911 durch die schweizer Pfarrer Linder aus Oberhelfenswil (Kanton St. Gallen) und Kappeler aus Zollikon (Zürich) eine erste Überarbeitung. Gedruckt wurde die Bibel ab 1916 in Stuttgart bei der Privilegierten Württembergischen Bibelanstalt. Die zweite Revision entstand 1951 durch die Genfer Bibelgesellschaft.
Die Nachfolgerin der 1951-er Schlachter-Bibel ist die "Revidierte Schlachter-Bibel 2000". Im Jahre 2003 wurde die Revision nach 7 Jahren Bearbeitungszeit abgeschlossen. Es handelt sich ebenfalls um ein Projekt der Genfer Bibelgesellschaft. Die neue revidierte Schlachterbibel benutzt den reformatorischen Grundtext als Textgrundlage.
Die Übersetzung ist sinngemäß urtextgenau, öfters sogar konkordant, aber an vielen Stellen auch dynamisch gleichwertig, so dass eine gut verständliche, sprachlich schöne und doch urtextgenaue Übersetzung entstanden ist. Seit November 2003 liegt eine Studienausgabe mit ca. 100.000 Parallelstellen, einem reichhaltigen Anhang bzw. Fußnotenapparat vor.
- Darum gleicht das Reich der Himmel einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war zehntausend Talente schuldig.
Einheitsübersetzung
Die Einheitsübersetzung ist eine ökumenische Arbeit, die von katholischen und evangelischen Theologen übersetzt wurde. Sie ist recht nah am Text, aber gleichzeitig sehr gut lesbar und insbesondere auch für den liturgischen Gebrauch geeignet. Das neue Testament wurde 1972, das alte 1980 abgeschlossen.
- Mit dem Himmelreich ist es deshalb wie mit einem König, der beschloss, von seinen Dienern Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man einen zu ihm, der ihm zehntausend Talente schuldig war.*
- *Ein Talent (griechische Rechnungseinheit) entsprach 6000 Drachmen. Ein Denar war damals einer Drachme gleichwertig und war der Taglohn eines Arbeiters. Die Schuld umfasste also eine ungeheure Summe, die kaum aufzubringen war. Die Jahreseinkünfte Herodes' des Großen betrugen 900 Talente, Das Steueraufkommen von ganz Galiläa und Peräa im Jahr 4 n. Chr. 200 Talente. Unter dem "Diener" kann man sich etwa den Finanzminister eines orientalischen Königs vorstellen, dessen Beamte als Sklaven oder Diener des Herrschers angesehen wurden.
Gute Nachricht
Die Gute Nachricht ist eine sinngemäße Übersetzung in modernes, einfaches Deutsch, das wo immer möglich auf eine biblische Sondersprache verzichtet. Das neue Testament erschien 1968, und wurde 1971 revidiert. 1982 wurde die Übersetzung des alten Testaments abgeschlossen. Eine Gesamtrevision kam 1997 heraus.
- Wenn Gott seine Herrschaft aufrichtet, handelt er wie ein König, der mit dem Verwaltern seiner Güter abrechnen wollte. Gleich zu Beginn brachte man ihm einen Mann, der ihm einen Millionenbetrag schuldete.
Hoffnung für Alle
In der Hoffnung für Alle ist die Bibel sinngemäß in heutiges Deutsch übersetzt. Die Revision von 2002 stellt eine Überarbeitung der Ausgaben des neuen Testaments von 1983 und des alten Testaments von 1996 dar.
- Man kann das Reich Gottes mit einem König vergleichen, der mit seinen Verwaltern abrechnen wollte. Zu ihnen gehörte ein Mann, der ihm einen Millionenbetrag schuldete.
Jörg Zink
Jörg Zink hat eine Übertragung in modernes Deutsch erstellt. Das Neue Testament erschien 1966, die vollständige Bibel kam 1998 heraus.
- So geschieht's auch in Gottes Reich. Deshalb ist es vergleichbar mit einem Herrscher, der mit seinen Untergebenen Abrechnung halten wollte. Als er zusammenzurechnen begann, stieß er auf einen, der ihm einen Millionenbetrag schuldete.
- Freilich, sie könnten ihn kennen. Gott hat sich ihnen deutlich gezeigt, wer er ist. Unsichtbar ist er, gewiß! Aber seine Schöpfung ist sichtbar. Seit es Mensche gibt, konnten sie seine Werke schauen, wenn sie nur nachdenken wollten! Seine ewige Macht und sein göttliches Wesen konnten sie sehen, und niemand befreit sie von ihrer Schuld, wenn sie sagen: Ich sehe ihn nicht. (Römer 1,19f)
Ds Nöie Teschtamänt Bärndütsch
Recht nah beim Text, aber in Umgangssprache.
- Mit Gottes Rych isch es drum eso: E Chünig uf der Wält het mit synen Aagstellte wellen abrächne. Won er het aafa abrächne, het men eine zuen im bbracht, won ihm meh als a Million isch schuldig gsi.
Neue Genfer Übersetzung
Die Neue Genfer Bibel beabsichtigt wortgetreu, inhaltlich und sachlich genau sowie gut lesbar zu sein. Sie ist noch nicht vollständig übersetzt; ab 1988 erschienen Einzelteile des Neuen Testaments.
- Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der mit den Dienern, die seine Güter verwalteten, abrechnen wollte. Gleich zu Beginn brachte man einen vor ihn, der ihm zehntausend Talente* schuldete.
- *Ein Millionenbetrag. Um ein Talent (eine Geldeinheit, etwa 6000 Denare) zu verdienen, hätte ein Tagelöhner 20 Jahre arbeiten müssen.
Nestle-Alands Interlinearübersetzung
Die wichtigste griechische Textausgabe, der Nestle-Aland, enthält seit 1989 auch eine Interlinearübersetzung.
Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift
Die Neue-Welt-Übersetzung wurde von einem nicht namentlich genannten Team von Übersetzern der Wachturm-Gesellschaft übersetzt. Sie wird wird für theologische Zwecke fast nur von den Jehovas Zeugen genutzt und ist weltweit kostenfrei verfügbar.
Als Besonderheit gilt, dass der Name Gottes mit Jehova, nicht mit "Herr", an den Stellen angegeben wird, wo er auch im hebräischen und aramäischen Text als Name ("Tetragrammaton") zu finden ist. Zusätzlich wird er an 128 Stellen des Neuen Testaments angegeben.
- Darum ist das Königreich der Himmel einem Menschen, einem König, gleich geworden, der mit seinen Sklaven abrechnen wollte. Als er mit der Abrechnung anfing, wurde ein Mann hereingebracht, der ihm zehntausend Talente [=60 000 000 Denare] schuldete.
Hermann Menge
Eine Übersetzung von 1949.
Pfäfflin
- Wenn ich in höchsten Tönen der Menschen, ja der Engel zu reden vermöchte und wäre der Liebe bar: ich gliche einer Glocke ohne Herz, ich gäbe nur gellenden Schall. Und wenn ich die Gabe der Weissagung hätte Und wenn ich alle Geheimnisse durchschaute, ja wenn mir jede Erkenntnis kund wäre und ich allen Glauben zum Bergeversetzen hätte, und wäre der Liebe bar: so wäre ich nichts! Und wenn ich mein ganzes Hab und Gut dahingäbe, ja selbst mein Leben einer großen Sache opferte, wäre aber der Liebe bar: rein wertlos wäre das alles für mich. Langmütig ist die Liebe und großer Güte voll. Eifersucht ist ihr fremd. Sie brüstet sich nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie achtet auf das, was sich schickt. Frei von aller Selbstsucht Kennt sie auch keine Erbitterung Und trägt kein Böses nach. Am Unrecht hat sie kein Gefallen. Mit der Wahrheit hält sie jauchzend Schritt. Alles trägt sie, alles glaubt sie, alles hofft sie und wird darin nie müde. Niemals sinkt die Liebe dahin. (1. Korinther 13,1ff)
Hans Bruns
Hans Bruns hat die Bibel nicht nur übersetzt, sondern auch jeden kleinen Abschnitt kommentiert.
Herbert John Jantzen
Herbert J. Jantzen hat nur seine Übersetzung der Briefe des Neuen Testamentes veröffentlicht (1999), die auf dem traditionellen Grundtext ("Mehrheitstext"), in der Ausgabe des französischen Verlegers Estienne von 1550, basiert. Die Übersetzung ist beim Schwarzkopf-Verlag erschienen. Trotz der der sehr genauen Übersetzung lässt diese sich gut lesen. Aufgrund seines Bibelstudiums war Jantzen bemüht, "die bedeutenderen Begriffe mehr oder weniger konstant wiederzugeben." Hier einige Beispiele:
- "Sklave" wird auch mit "leibeigener Knecht" bzw. "Leibeigener" wiedergegeben.
- da das Griechische kein spezielles Wort für "Engel" kennt, benutzt Jantzen sowohl den Begriff "Bote" als auch "Engel".
Übersetzungen des alten Testaments in jüdischer Tradition
Aufgrund der theologischen Ausrichtung sind jüdische Übersetzungen, die sich naturgemäß auf das alte Testament beschränken (mit Ausnahme von David H. Stern: Das jüdische Neue Testament von 1997), von Interesse.
Hier ist zuerst die 1783 (Revidiert 1820) von Moses Mendelssohn entstandene Übersetzung von Torah und Psalter zu nennen.
Die erste komplette jüdische Übersetzung ins Deutsche gab Dr. Leopold Zunz erstmals 1837 heraus.
Moderner ist die Version vom Martin Buber und Franz Rosenzweig, die 1925 erstmals herausgegeben wurde, und sowohl 1954 als auch 1979 bearbeitet wurde.
Textbeispiel zu Martin Buber, Bereschit (= Genesis, 1. Mose) 1,1f:
- Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.
- Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser.
Zu nennen sind auch die Übersetzungen von Lazarus Goldschmidt und Tur-Sinai.
Weblinks
- http://www.bibel-gesangbuch.de/bibelstart.html (Auflistung von Bibelübersetzungen einer Privatsammlung)
- http://www.bibelarchiv-vegelahn.de (Bibelübersetzungen in deutscher Sprache)
- http://www.axios.de/palm/palm_translations.html (Gegenüberstellung der Eigenschaften der verschiedenen Bibelübersetzungen)