Die Welthandelsorganisation, kurz WTO (für englisch: World Trade Organization), ist eine internationale Organisation mit Sitz in Genf, die sich mit der Regelung von Handels- und Wirtschaftsbeziehungen beschäftigt. Generaldirektor ist derzeit Dr. Supachai Panitchpakdi.
Gegründet wurde die WTO am 15. April 1994 in Marrakesch, Marokko (in Kraft getreten am 1. Januar 1995); sie ist die Dachorganisation der Verträge GATT, GATS und TRIPS. Ziel der WTO ist der Abbau von Handelshemmnissen. Den Kern dieser Anstrengungen bilden die WTO-Verträge, die durch die wichtigsten Handelsnationen ausgearbeitet und unterzeichnet wurden. Die gegenwärtigen Verträge sind das Resultat der so genannten Uruguay-Runde, in der der GATT-Vertrag überarbeitet wurde. Die WTO hat 148 Mitglieder (Stand: 14. Oktober 2004), unter anderem die EU und alle EU-Mitgliedsstaaten.
Organisation der WTO
Das höchste Organ der WTO ist die Ministerkonferenz der Wirtschafts- und Handelsminister, die mindestens alle zwei Jahre tagt. Jedes Mitgliedsland hält eine Stimme. Obwohl mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, wird grundsätzlich per Konsens entschieden. Abgestimmt wird jedoch etwa über Auslegungen oder Abänderungen von Übereinkommen oder Befreiungen einzelner Mitglieder von Verpflichtungen (Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit der Mitglieder, je nach Gegenstand).
Struktur der WTO
- Ministerkonferenz
- Allgemeiner Rat
- Rat für Warenhandel (GATT-Rat)
- Rat für Handel mit Dienstleistungen (GATS)
- Rat für handelsbezogene Aspekte geistigen Eigentums (TRIPS)
- Generalsekretariat
Bei Handelsstreitigkeiten kann ein Streitschlichtungsverfahren (Dispute Settlement Body, DSB) bei einer Schlichtungstelle innerhalb der WTO angestrengt werden. Die Internationale Handelskammer ICC ist kein WTO-Verhandlungspartner, ihre Papiere zählen aber zu denen, die der WTO "Lösung bieten, und zu den meistgelesenen zählen". Bei der dritten Ministerkonferenz in Seattle 1999 scheiterten die Verhandlungen, auch kam es zu massiven Protesten und Demonstrationen (Globalisierungsgegner). Ein deklariertes Ziel der WTO ist die Liberalisierung des internationalen Handels. Wirtschaftspolitisch geht eine liberale Außenhandelspolitik bei den WTO-Mitgliedsländern zumeist einher mit einer Politik der Deregulierung und Privatisierung. Seit der Ministerkonferenz der WTO in Doha/Katar (2001) läuft derzeit eine neue Welthandelsrunde (die so genannte „Doha Development Agenda“), die bis zum 31. Dezember 2004 abgeschlossen werden soll. Zuletzt scheiterte im September 2003 in Cancún/Mexiko die 5. WTO-Ministerkonferenz am Widerstand zahlreicher Entwicklungsländer (G21) gegen die Agenda des 'Nordens' (der EU und der USA). Vor Ort stark vertreten waren auch globalisierungskritische Gruppen und Nichtregierungsorganisationen (NGO). Im Februar 2004 wurden die Verhandlungen auf Beamtenebene wieder aufgenommen und führten zu einer ersten Einigung am 31. Juli 2004, ein Agrar-Rahmenabkommen wurde geschlossen, das jedoch noch zu spezifizieren ist, weshalb bisher nicht klar ist, ob es als Erfolg für Entwicklungsländer, Industrieländer oder die WTO angesehen werden kann. Die nächste Ministerkonferenz findet vom 13. bis 18. Dezember 2005 in Hongkong/China statt.
Prinzipien
Alle WTO-Mitglieder haben sich zur Einhaltung einiger Grundregeln bei der Ausgestaltung ihrer Außenhandelsbeziehungen verpflichtet:
- Meistbegünstigung: Handelsvorteile, die ein WTO-Mitgliedsland einem anderen Land gewährt, muss es allen anderen WTO-Mitgliedsländern auch gewähren.
- Inländerbehandlung (Nichtdiskriminierung): Ausländische Waren und Dienstleistungen sowie deren Anbieter dürfen nicht schlechter behandelt werden als inländische.
- Transparenz: Regelungen und Beschränkungen des Außenhandels müssen veröffentlicht werden.
Mit Gründung der WTO und ihrer Vorgängerorganisation geriet das Prinzip der Reziprozität immer mehr in den Hintergrund, nach dem Vorteile auf Gegenseitigkeit gewährt werden.
Bedeutung der WTO
- Die Mitglieder der WTO erwirtschaften mehr als 90 % des Welthandelsvolumens
- Die WTO ist ein Instrument um den weltweiten Handel mit Waren und Dienstleistungen auch in bisher geschützten Bereichen voranzutreiben.
- Mit dem Streitbeilegungsverfahren verfügt die WTO, als einzige internationale Institution, über einen effizienten Durchsetzungsmechanismus, der quasi-"intern" - von Schiedsgerichten - und nicht von unabhängigen Gerichten vollzogen wird.
- Diese WTO-Prinzipien könnten durch GATS auch in die hoheitliche Verwaltung eines Staates Einfluss nehmen: staatliche Maßnahmen der Daseinsvorsorge können nun nicht mehr nur als reine Verwaltungsangelegenheit betrachtet werden, sondern Regulation in diesem Bereich können den Dienstleistungskonzernen als mögliches Handelshemmnis erscheinen und somit sind nationale Gesetze vor den WTO-Schiedsgericht "klagbar".
- Die WTO-Abkommen berühren nationales und europäisches Recht. Allerdings ist das Welthandelsrecht der WTO nach ständiger Rechtsprechung des EuGH in der EG grundsätzlich nicht unmittelbar anwendbar. Allerdings hat sich die Europäische Union durch den Beitritt zur WTO verpflichtet, die "Abkommen und die dazugehörigen Rechtsinstrumente (Streitbeilegungsverfahren) anzuerkennen". (Quelle: [1] Kapitel Exkurs: EU-Gesetzgebung und Rechtswirkung (Gemeinschaftsrecht) )
Kritik
Es wird kritisiert, dass die WTO nur ihre eigenen Regeln kenne und Menschenrechtserklärungen, Arbeitsnormen, Sozialstandards usw. unbeachtet blieben. Weiter wird bemängelt, dass eine Regulierung von einmal liberalisierten Bereichen nicht vorgesehen ist, und dass die WTO trotz ihrer Bedeutung weder von einem Parlament kontrolliert wird noch einer UNO-Organisation unterstellt ist und somit keine demokratische Legitimation besitze. Dem ist entgegen zu halten, das zur WTO, soweit es sich um demokratische Staaten handelt, durchaus demokratisch legitimierte Minister entsandt werden. Die UNO besitzt da keineswegs mehr demokratische Legitimation.
Siehe auch
Weblinks
- http://www.wto.org (Offizielle Seiten)
- http://www.tradewatch.org - Global Trade Watch
- http://www.attac.de/cancun
- http://www.weed-online.org/themen/wto/index.html