Hysterese (gr. hysteros: hinterher) ist das Fortdauern einer Wirkung nach Wegfall der Ursache. Sie bezeichnet eine Erscheinung, die durch eine Hysteresekurve gekennzeichnet wird (siehe Diagramm). Typisch für die Hysterese ist das Auftreten von bistabilem Verhalten. Bei gleichen Umgebungsbedingungen ist der Zustand von der Vergangenheit abhängig. Entsprechend wird ein bestimmter Punkt im Zustandsdiagramm erreicht.
Zustandsdiagramm: Hysteresekurve
Hysterese bei ferromagnetischen Stoffen
Hysterese tritt zum Beispiel bei ferromagnetischen Stoffen auf. Wurde ein Ferromagnet, z.B. ein Eisenkern mit Hilfe eines äußeren Magnetfeldes bis zur Sättigung magnetisiert, so verbleibt nach dem Abschalten des äußeren Magnetfeldes eine magnetische Flussdichte, die so genannte Remanenzflussdichte erhalten. Der Stoff wurde magnetisiert.
Um das Material zu entmagnetisieren muss von außen wieder Energie zugeführt werden. Entmagnetisierung kann durch Erschütterung (bei rel. loser Gefügestruktur) oder Erwärmung über die Curie- Temperatur (bei Reineisen ca. 768°C) stattfinden. In der Technik wird dies auch durch ein magnetisches Wechselfeld, das man relativ langsam abklingen läßt, erreicht (Degauss Spule bei CRT- Monitoren).
Bei Erreichen der Koerzitivfeldstärke ( ) wird die Flussdichte im Inneren des Materials Null. Unter Berücksichtigung der Hystereseschleife kann man einen Stoff gezielt aufmagnetisieren. Dies findet Anwendung bei der Herstellung von Dauermagneten oder beim Beschreiben von magnetischen Speichermedien Magnetband, Festplatten. Im Falle hoher Koerzitivfeldstärken spricht man von harten Magneten, da zu ihrer Neuorientierng hohe Feldstärken benötigt werden. Bei Speichermedien entspricht dies einer hohen Datensicherheit, da die geschriebenen Informationen nicht zufällig durch Streufelder umorientiert werden. Bei geringen Koerzitivfeldstärken spricht man von weichen Magneten.
Die verbleibende Magnetisierung bei Wegfall äußerer Felder im Anschluss an eine vollständigen Magnetisierung eines Magneten bezeichnet man allgemein als Remanenz ( ) . Im Fall magnetischer Substanzen heißt sie auch remanente Magnetisierung oder verbleibende Magnetisierung. Eine hohe Remanenz erleichtert im Fall von Speichermedien das Wiederauslesen der Informationen und ermöglicht so eine höhere Packungsdichte der Daten.
Das Integral unter der Hysteresekurve entspricht der Energie, die im Stoff bei seiner vollständigen Ummagnetisierung in Wärme umgewandelt wird. Dieses Integral sollte im Fall von Speichermedien möglichst hoch sein. Im Fall von Kernen von Transformatoren sollte es möglichst klein sein, um nur geringe Energieverluste zu verursachen.
Hysterese bei gier-instabilen Schiffen
Ohne dass Ruder gelegt wird, sucht sich ein gier-instabiles Schiff je nach Vorgeschichte und zufälligen Störeinflüssen eine von zwei Drehraten und fährt mit dieser auf einem Drehkreis. Die eine ist im Uhrzeigersinn (nach steuerbord) und die andere entgegen dem Uhrzeigersinn (nach backbord) orientiert. Wenn man dem mit geringem Ruderwinkel entgegenzuwirken versucht, dreht das Schiff zunächst in die falsche Richtung weiter und schnappt bei einem größeren Ruderwinkel in die entgegengesetzte Drehrichtung. Um dieses Verhalten zu dokumentieren kann man die stationäre Drehrate als Funktion des Ruderwinkels messen. Hierzu beginnt man mit hart backbord, wartet hinreichend lange, misst, reduziert den Ruderwinkel, wartet wieder, misst, usw. Anschließend beginnt man mit hart steuerbord und wiederholt den Vorgang. Man nennt diese Messung Spiraltest, genauer: direkten Spiraltest nach Dieudonné. Je nachdem, von welcher Seite man angefangen hat, ergeben sich zwei Kurven, die sich um den Nullpunkt herum unterscheiden und ansonsten gleich sind. Im Gegensatz zu anderen Hysteresen existiert in diesem Fall eine Kurve, die in der Umgebung des Nullpunkts beide Kurvenäste verbindet, nämlich zu jeder Drehrate derjenige Ruderwinkel, um den herum sich das Ruder bewegt, wenn man die Drehrate durch aktives Regeln zu halten versucht (indirekter Spiraltest nach Kempf).
Siehe auch: manövrieren
Rheologie
Beim Fließverhalten von nicht-newtonschen thixotropen Fluiden wird ebenfalls von Hysterese gesprochen. Dabei ist die Änderung der Viskosität, d.h. die Verringerung eines solchen Fluides unter Einfluss eines konstanten Schergradienten abhängig von der Dauer der Einwirkung. Mit Zunahme der Dauer der Einwirkung durch die Scherung ist der Hystereseeffekt zunehmend irreversibel.
Andere Gebiete
Hysterese kann auch auf anderen Gebieten vorkommen, zum Beispiel als elektrische Hysterese bei ferroelektrischem Material, bei Phasenänderungen in Flüssigkristallen, in der Energietechnik und auf anderen Gebieten.
In den Wirtschaftswissenschaften spricht man von Hysterese, wenn die Arbeitslosigkeit bei angebotsseitigen Schocks (z. B. steigender Ölpreis) zunimmt und nach Beendigung des Schocks nicht oder nur sehr langsam wieder abnimmt. Das war in Deutschland jeweils nach den Ölkrisen zu beobachten. Die Ursachen sind z. Zt. noch nicht geklärt, sollen aber entweder in der Gewöhnung an die Langzeitarbeitslosigkeit bzw. dem damit verbundenen Verlust von Qualifikation oder den Arbeitsmarktinstitutionen (u. a. Nichtberücksichtigung der Arbeitslosenquote bei Lohnverhandlungen) zu finden sein.
undsoweiter