Walther von der Vogelweide (* um 1170 Geburtsort umstritten (siehe unten: Leben); † um 1230, möglicherweise in Würzburg) war ein Dichter mittelhochdeutscher Sangsprüche und Minnelieder. Er gilt als der bedeutendste deutschsprachige Lyriker des Mittelalters.

(Codex Manesse, um 1300)
Ich saz ûf eime steine,
dô dahte ich bein mit beine,
dar ûf satzt ich mîn ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer welte solte leben.
Zeitgenössische Erwähnungen Walthers
Historisch ist Walther nur in einer einzigen urkundlichen Erwähnung fassbar, vom 12. November 1203 (s.u.). Nach seiner Aussage lernte er am Babenberger Hof in Wien Dichten und höfisches Singen. Aus einem seiner Gedichte geht hervor, dass Kaiser Friedrich II. ihm um 1220 ein Lehen schenkte. Man hält es für möglich, dass es in oder um Würzburg gewesen sein könnte, weil der Würzburger Michael de Leone um 1350 berichtet, Walthers Grab sei in Würzburg in der Neumünsterkirche, und dabei eine Grabinschrift mitteilt, die er dort gesehen haben will; Walther selbst sagt nicht, wo sich das Lehen befand.
Walthers Ruhm – schon im 13. Jahrhundert gehört er zu den allerersten Vorbildern, später zu den zwölf alten Meistern der Meistersinger – basiert zu einem guten Teil auch auf seinen politischen Liedern (Spruchdichtung).
Trotz seiner Berühmtheit findet sich Walthers Name nicht in zeitgenössischen Aufzeichnungen außerhalb der Nennungen bei Dichterkollegen; Ausnahme ist die einzelne Erwähnung bei den Reisekosten des Passauer Bischofs Wolfger von Erla für den 12. November 1203 – „Walthero cantori de Vogelweide pro pellicio v solidos longos“ („Für Walther den Sänger von der Vogelweide fünf Schilling für einen Pelzmantel“). Kleriker aus der Umgebung des Bischofs erhielten in diesen Tagen (Anfang November) Pelzmäntel um etwa den selben Wert oder knapp darunter; das zeigt, dass Walther sich etwa so gut kleiden durfte wie die engeren Mitarbeiter ('Beamte') des Bischofs. Da die soziale Stellung sich vor allem in der Kleidung zeigte, ist das eine wichtige Erkenntnis.
Die Hauptquelle von Informationen über ihn sind seine eigenen Lieder und gelegentliche Erwähnungen bei zeitgenössischen Dichtern; insbesondere positiv bei:
- Wolfram von Eschenbach; in 'Parzival' und 'Willehalm'. Walther ist der Dichter, den Wolfram, trotz Spott über Walthers Charakter und Persönlichkeit, mit größtem Respekt vor seiner Dichtung erwähnt.
- Gottfried von Straßburg; im 'Tristan'. Er bezeichnet Walther als nach dem Tod Reinmars von Hagenau größten Lyriker.
Negativ wird Walther beurteilt von:
- Thomasin von Zerklaere; im 'Wälschen Gast'. Er äußert sich sehr kritisch über Walthers papstfeindliche Haltung
- Ulrich von Singenberg (Truchsess von St. Gallen); in einer Parodie auf Walthers anscheinend als Bettelei und Lobhudelei empfundene Bitte an Friedrich II. um ein Lehen.
Wenig Wert haben spätere Erwähnungen, z. B. in der Brennenberger-Klage über das Dahinscheiden der großen alten Sänger („Wol mich des tages“). Nicht sicher beurteilbar ist die Glaubwürdigkeit der Angaben Michaels de Leone.
Negative Kritik wird in der Literatur meist so angebracht, dass der Gegner nicht namentlich genannt wird, sondern nur eine Anspielung gebracht wird, die gebildetes Publikum erkennen lässt, wer gemeint ist. Da wir nicht alle zur eindeutigen Identifikation einer persönlichen Kritik nötigen Kenntnisse besitzen, wird gelegentlich bezweifelt, dass einige Angriffe Reinmars von Hagenau und Neidharts von Reuental gegen namentlich nicht genannte Gegner Walther meinen; doch wird von den meisten Forschern neben der Walther-Reinmar-Fehde auch die Walther-Neidhart-Fehde für nachweisbar gehalten.
Der Titel, den andere Sänger Walther beilegen (Herr), muss nicht unbedingt beweisen, dass er von adeliger Abstammung war; die Herkunftsangabe Vogelweide weist jedenfalls darauf hin, dass er nicht zum höheren Adel gehörte, der seine Namen von Burgen oder Dörfern nahm, sondern bestenfalls zum niederen Dienstadel (Ministerialen), der sich in Besitz und Position eigentlich nicht sehr von freien Bauern unterschied.
Leben und Werk
Von Walther sind 500 Strophen in über 110 Tönen bzw. – inhaltlich gruppiert – 90 Lieder und 150 Sprüche überliefert. Dazu kommt ein religiöser Leich. Aus diesen Werken ziehen wir die meiste Information über Walther; die oben genannten Erwähnungen bei Zeitgenossen leisten zwar wesentliche, aber insgesamt doch nur geringe Beiträge zu seiner Biographie. Der Hauptgrund für unser Interesse an Walther ist die überragende Qualität seiner Gedichte; daher sind vor allem solche Fragen zu seiner Biographie relevant, die uns die Dichtungen verstehen helfen. Sehr wenig können dazu z.B. Diskussionen beitragen, wo Walther geboren wurde oder wo er begraben liegt. Trotzdem wird dieser Frage von manchen große Wichtigkeit beigemessen, aus Heimatstolz, Walther vielleicht in der eigenen Heimat ansiedeln zu können.
Das 'Ich' einer Dichtung ist sehr oft gar nicht mit dem Dichter identisch; in Liebeslyrik wird dieses 'Ich', das der Gesellschaft von einem Liebeserlebnis erzählt, wenn es sich um Stimmungslyrik handelt, meist als 'lyrisches Ich' bezeichnet, wenn eine erzählende (kurzepische) Haltung vorwiegt, als Sänger; in jedem Fall ist es eine fiktive literarische Figur, keine autobiographische Äußerung des Dichters. In politischer Dichtung und Auseinandersetzungen mit literarischen und sonstigen Feinden des Autors hat das 'Ich' große autobiographische Anteile, ist aber trotzdem literarisch stilisiert. Für uns ist noch schwerer erkennbar als für die Zeitgenossen, wo die Grenzen zwischen autobiographischen Anteilen und Fiktion liegen. Da wir außer den oben genannten und seinen eigenen Gedichten keine Quellen über Walther besitzen, hat unser Walther-Bild notgedrungen Anteile, die möglicherweise unhistorisch sind. Trotzdem besitzt dieses 'poetische' Walther-Bild einigen Wert, weil es unser Verständnis seiner Dichtungen nachzeichnet. Insbesondere die Chronologie seiner Werke steht nur dort auf sicherem Boden, wo politische Ereignisse eindeutig angesprochen werden (z.B. die Krönung oder der Tod eine bestimmten Fürsten; identifizierbare Reichstage). Lieder, die die Stimmung eines alten Mannes wiedergeben, werden von uns unter 'Walthers Altersdichtung' eingereiht, obwohl ja auch ein jüngerer Dichter in die 'Maske' eines alten Mannes schlüpfen könnte, usw. Eine derartige Aussage ist als - wertvolle - Aussage über die Stimmung, die das Lied im Publikum erweckt, zu verstehen; kaum ist sie Hilfsmittel zu absoluter Datierung. Allerdings besitzt die datierbare politische Altersdichtung Walthers einige Stilzüge, die auch in anderen Liedern auftreten, die wir gerne seiner Altersdichtung zuordnen würden, so dass vieles der unten gewählten zeitlichen Strukturierung auch der Minnelyrik zwar unbeweisbar und im Detail umstritten, aber doch nicht unsinnig ist.
Herkunft und Abstammung
Sein Geburtsort ist unbekannt. Von seinem Herkunftsnamen „von der Vogelweide“ ist er schwer abzuleiten. Es gab im Mittelalter viele sogenannte Vogelweiden bei Städten und Burgen, wo man Falken für die beliebte Falkenjagd und Singvögel für die Wohnräume fing. Daraus kann man vermuten, dass dem Sänger sein Name zunächst nicht in der überregionalen Kommunikation beigelegt wurde, denn dort hätte er keine eindeutige Zuordnung leisten können. Andere hochadelige Personen und Dichter, die oft mit ihren Fürsten weit reisten, nannten sich eindeutig nach ihrem Besitz oder ihrem Herkunftsort. Demnach war der Name zunächst wohl nur in einem engen regionalen Umfeld sinnvoll (weil es in der Umgebung nur eine einzige Vogelweide gab), oder er wurde immer schon vor allem als metaphorischer Sänger-Übername verstanden. („Künstlernamen“ sind bei den Spruchdichtern des 12. und 13. Jahrhunderts das Übliche, Minnesänger dagegen waren ihresgleichen grundsätzlich unter ihrem Adelsnamen bekannt, mit dem auch Urkunden unterzeichnet wurden). Mehrere Orte erheben den Anspruch, die Heimat des Sängers zu sein; z. B. Lajen (Südtirol), Frankfurt am Main, Feuchtwangen, Würzburg oder Dux (Böhmen). -->Des Weiteren gibt es ein Denkmal des Dichters in Bozen, das 1877 enthüllt wurde.
1974 lokalisierte Helmut Hörner einen 1556 im Urbar der Herrschaft Rappottenstein (niederösterreichisches Waldviertel) angeführten Vogelweidhof, damals Amt Traunstein in Niederösterreich, jetzt Gemeinde Schönbach, auf dessen Existenz schon Alois Plesser 1911 kommentarlos hingewiesen hatte, ohne seine genaue Lage zu kennen. Hörner wies nach, dass der noch heute bestehende Hof Weid tatsächlich der erwähnte ist und suchte Argumente für die Herkunft Walters aus dem Waldviertel, die er 1974 in seinem Buch „800 Jahre Traunstein“ veröffentlichte, u. a. dass Walther sagt Ze ôsterriche lernt ich singen unde sagen. Eine Meistersingerüberlieferung behauptet, Walther, einer der 12 Alten Meister, sei ein „Landherr aus Böhmen“ gewesen, was nicht gegen das Waldviertel spricht, denn in Mittelalterurkunden wird dieses öfters als versus Boemiam (nach Böhmen zu) bezeichnet. Unterstützung für diese Theorie – die eine Herkunft aus dem Waldviertel wahrscheinlich macht – lieferte der Mediävist Bernd Thum (Karlsruhe) 1977 und 1981, der aus inhaltlicher Analyse, speziell von Walthers Kreuzzugsaufruf, auch als „Alterselegie“ bekannt, schloss, dass dessen Heimat in einem Gebiet lag, wo zu dieser Zeit noch gerodet wurde, was auf das Waldviertel zutreffe. Bereitet ist daz velt, verhouwen ist der walt klagt der Sänger, und dass er Land und Leute nicht mehr erkenne.
Walter Klomfar schloss sich dieser Meinung an und verwies zusätzlich auf eine historische Karte, die von Mönchen des Stiftes Zwettl im 17. Jahrhundert im Rahmen einer juristischen Auseinandersetzung angefertigt worden war. Darauf ist östlich eines Dorfes namens „Walthers“ eine Flur als „Vogelwaidt“ mit zugehörigem Hof eingezeichnet. Das Dorf ist heute verödet, dennoch konnte ein in der alten Karte eingezeichneter Brunnen zum Nachweis der Qualität der Karte wieder ergraben und rekonstruiert werden. Aus verschiedensten Quellen aus niederösterreichischen Archiven konnte er auch die Besitzgeschichte dieses Gebiets teilweise rekonstruieren und das Vorhandensein des (nicht seltenen) Namens Walther nachweisen. Nach der 2005 veröffentlichten Theorie von Klomfar wurde das Dorf 1175 von einem Kleinst-Adligen namens Walter gegründet. Dieser Gefolgsmann („Ministeriale“) hatte, vermutet Klomfar, im Auftrag seines Burggrafen im Grenzland zu Böhmen Wald gerodet und urbar gemacht, bewohnte in diesem Dorf als einziger ein Steinhaus und soll der Vater des Minnesängers sein. In für diese Zeit typischer Art hätte der Sohn den Vornamen des Vaters bekommen und sei von diesem zur Ausbildung in das nahegelegene Kloster Stift Zwettl geschickt worden. Dort soll er dann unter der Obhut strenger Zisterzienser-Mönche Latein gelernt und im Kirchenchor gesungen haben. Nach Ansicht des Karlsruher Mediävisten Bernd Thum würde diese Theorie besonders durch die schwache soziale Stellung des mutmaßlichen Vaters am untersten Rand der Ministerialität unserem Walther-Bild nicht widersprechen. Durch diese Stellung und die Folge, dass er mit diesem Vater zusammen mit Schafen und Kühen in einer Bauernbude seine Kindheit verbrachte, sei, überlegt Klomfar weiter, möglicherweise der Neid des Kindes geschürt worden, welches später als Minnesänger gerne die überheblichen Höflinge der damaligen Zeit verspottete.
Franz Pfeiffer nahm hingegen an, dass Walther im Wipptal in Südtirol geboren wurde, wo es in der Nähe der Kleinstadt Sterzing einen Wald gibt, den man Vorder- und Hintervogelweide nennt. Verbreiteter ist die Annahme, dass er vom Vogelweider Hof bei Lajen in Südtirol stammt. Die vor allem in der breiten Öffentlichkeit bekannte 'Südtirol-Theorie' beruht auf einer missverstandenen Stelle in Wolframs „Willehalm“. Dort macht sich Wolfram über Walther lustig, dass er (wir wissen aus einem Spruch Walthers: in Tegernsee) statt Bozner Wein nur Wasser zu trinken bekommen hätte. Das Kloster Tegernsee hatte seine Weingärten bei Bozen (bei Tegernsee wächst kein Wein). Die Erwähnung von Bozen hat also nichts mit der Heimat Walthers zu tun, sondern nur mit der Herkunft des in Tegernsee (nicht) getrunkenen Weines. Walther stammte vermutlich aus dem damaligen Österreich. Die Südtirol-Theorie ist ganz unwahrscheinlich, da nichts in Walthers Biographie dorthin weist. Die oben beschriebene detaillierte Ausgestaltung der 'Waldviertel'-Theorie durch Heimatforscher ist allerdings phantasievoll. In ihren Grundzügen ist sie dagegen sinnvoll, nämlich dass Walther von der Vogelweide des österreichischen Herzogs stammt: Sie könnte erklären, dass er immer wieder am Hof zu Wien Fuß zu fassen suchte und anscheinend so etwas wie ein 'Heimatrecht' geltend zu machen suchte, und gleichzeitig die Gönnerschaft des Bischoft von Passau in Anspruch nahm, zu dessen Diözese Wien gehörte. Auch die Sprache Walthers weist Eigenheiten auf, die für den österreichischen Donauraum kennzeichnend sind.
Walthers Biographie nach seinen Dichtungen
Am Hof in Wien wirkte möglicherweise unter den Babenbergern Leopold V. undFriedrich I. Herzog von Österreich Reinmar von Hagenau (der Alte); jedenfalls ist eines von Reinmars Liedern nachweisbar für den Wiener Hof entstanden. Vielleicht lernte der junge Dichter hier seine Kunst von diesem angesehenen Meister. Später trug Walther mit Reinmar eine scharfe Fehde aus, die sich noch in Walthers Nachruf auf den Tod Reinmars spiegelt, obwohl Walther dort die künstlerische Leistung des Konkurrenten bewundert und ehrend seiner gedenkt.
Dieser glückliche Lebensabschnitt, während dem er vielleicht schon viele seiner Liebesgedichte schrieb, endete mit dem Tod von Herzog Friedrich im Frühjahr 1198. Dann erhielt er ein ehrenvolles Engagement am Hof des staufischen Thronkandidaten Philipp, der im September 1198 zum König gekrönt wurde. Nachdem durch den Tod von Heinrich VI. 1197 der Konflikt zwischen Königtum und Papsttum in eine neue Phase getreten war, ergriff Walther nachdrücklich Partei für den staufischen Thronkandidaten, Philipp von Schwaben, während der Papst den welfischen Gegenkandidaten, Otto IV., unterstützte. Walther blieb bis ans Ende seiner Tage ein erbitterter Gegner der Forderung der Päpste, dass der Kaiser sich dem Papst zu unterstellen habe, die er mit einer Erbittertheit angriff, die nur durch die Stärke seiner patriotischen Gefühle erklärt werden kann. In seinen religiösen Gedichten zeigt sich die auch sonst unter den deutschen Dichtern dieser Zeit häufige Haltung, dass für das Wohlenergehen der Christenheit vor allem die richterliche Funktion des Königs und die kriegerische Leistung des Rittertums maßgeblich seien und sie in diesen Dingen daher nicht dem Papst unterstellt seien. Die Meinung, dass unter den Ständen der Kirche der Laienstand dem Klerus nicht untergeordnet sei und der Klerus keine besonderen Vorrechte besitze, kommt etwa auch in den Werken Wolframs von Eschenbach deutlich zum Ausdruck.
Walther war bei der Krönung Philipps von Schwaben in Mainz anwesend, und unterstützte diesen in der Folgezeit. Es entstanden die Reichssprüche, die die schlimme Zeit nach dem Tod Kaisers Heinrichs VI. verdeutlichen, sowie den Wunsch, Philipp als neuen König zu sehen, und die Vorwürfe gegenüber dem Papsttum. Die ersten beiden Sprüche, jedenfalls der zweite, entstanden 1198; der dritte hingegen erst 1201 (?). Doch schon 1204 äußerte er sich in einem Spruch kritisch über Philipp, was ihm dieser, nach einer Bemerkung Wolframs im Willehalm zu schließen, anscheinend übel nahm.
Danach fand Walther Engagements an verschiedenen Höfen, sang auch unterwegs für Unterkunft und Essen, und hoffte ständig auf einen Patron, der ihn von seinem unsteten Leben befreien würde.
Walthers eigene Aussagen bezeugen Bindungen an: Herzog Friedrich I. von Österreich, König Philipp, Herzog Leopold VI. von Österreich und dessen Onkel Heinrich von Mödling, Wolfger von Erla (zunächst Bischof von Passau, ab 1204 Patriarch von Aquileia), Landgraf Hermann von Thüringen, Graf Dieter II. von Katzenellenbogen, Markgraf Dietrich von Meißen, Herzog Bernhard von Kärnten, Kaiser Otto IV., Kaiser Friedrich II., Erzbischof Engelbert von Köln. Vermutet werden auch Beziehungen zu Herzog Ludwig von Bayern und zu einem Grafen von Bogen. In all diesen Fällen handelt es sich um Einzelpersonen. Eine Ausnahme ist der Hof zu Wien: der wird auch kollektiv als der wünneclîche hof ze Wiene ‚der wonnige Hof zu Wien‘, als Hofgesellschaft, und nicht nur in der Person des Herzogs angesprochen.
Nachdem er einige Zeit am Hof des als Mäzen berühmten Landgrafen Hermann I. von Thüringen verbracht hatte, warnte er ironisch Reisende vor einem längeren Aufenthalt dort, weil man davon taub würde: die oft betrunkene Rittergesellschaft in Eisenach war kein dankbares Publikum für Vorträge von Minnesang. Die Unfähigkeit Walthers, sich in die thüringische Hofgesellschaft zu integrieren, spiegelt sich außer in Sprüchen Walthers auch in einer ironischen Bemerkung Wolframs im 'Parzival'. Nachdem Walther drei Jahre (?) am Hofe von Dietrich von Meißen (regierte von 1195 bis 1221) gelebt hatte, beschwerte er sich, dass er für seine Dienste weder Geld noch Anerkennung erhalten habe. Schelte gegen frühere Gönner, ihn nicht genug entlohnt zu haben, findet sich mehrfach; oft wird tatsächlich das der Grund für die Beendigung des Engagements gewesen sein, es können sich aber auch andere Gründe dahinter verbergen.
Nach Philipps Ermordung 1209 sprach und sang er als Unterstützer von Otto von Braunschweig gegen Friedrich von Staufen, der am 9. Dezember 1212 auf Betreiben des Papstes in Mainz ebenfalls zum deutschen König gewählt wurde. Erst spät wandte er sich Friedrich II. zu, der ab 1212 der einzige Repräsentant des Reiches war. Da die Fürsten, die Auftraggeber Walthers waren, anscheinend mehrmals im Thronstreit die Seiten wechselten, war vermutlich auch Walther gezwungen - da er im Dienste seiner Herren stand und finanziell von ihnen abhängig war - die Seiten zwischen Welfen und Staufern zu wechseln; anscheinend immer stand er jedoch auf der anderen Seite als die päpstliche Partei.
Der neue Kaiser zeigte sich für Walthers Einsatz erkenntlich und gab ihm ein kleines Lehen; wo, wissen wir nicht. Die Vermutung, dass es in Franken gelegen sei, beruht nur darauf, dass Michael de Leone (um 1350) uns die Inschrift von Walthers Grab in Würzburg überliefert. Ob diese Nachricht vertrauenerweckend ist, oder Michael de Leone in seinem Lokalpatriotismus nur aus dem Vorkommen eines Vogelweidhofes in Würzburg erschlossen hat, dass Walther hier gelebt haben müsse und den Rest, einschließlich Grabinschrift, erfunden hat, ist umstritten. Das Lehen gab Walther (obwohl er sich darüber beschwerte, dass es nur einen geringen Wert hatte) endlich das Heim und die feste Position, die er sich sein Leben lang gewünscht hatte. Dass Friedrich ihm darüber hinaus noch mehr Wohlwollen erzeigte, indem er ihn zum Lehrer seines Sohns (des späteren Heinrich VII.) machte, darf bezweifelt werden, da diese Vermutung auf einem einzigen Gedicht beruht, das auch anders interpretiert werden kann.
Letzte Lebensjahre und Tod
Im Jahre 1217 (?) befand er sich wieder in Wien, ebenso wie 1219 (?), nachdem Herzog Leopold VI. vom Kreuzzug zurückgekehrt war. Auf einem Nürnberger Reichstag (dem von 1224?) scheint er im Gefolge Leopolds gewesen zu sein. 1225 betrauert er die Ermordung Erzbischof Engelberts von Köln. Das letzte datierbare Lied Walthers enthält einen Aufruf an die Ritterschaft, am Kreuzzug Friedrichs II. von 1228 teilzunehmen, der vom Herbst 1227 stammen muss. Er wird daher bald danach gestorben sein (vermutlich spätestens 1230, weil er sonst wohl ein Lied über die Erfolge dieses Kreuzzuges gedichtet hätte) und wurde wahrscheinlich in Würzburg begraben. Die Legende besagt, er habe verfügt, dass an seinem Grab täglich die Vögel gefüttert werden sollten. Über den Ort des Grabes und die lateinische Inschrift haben wir nur die Angaben des Würzburger Protonotars Michael de Leone († 1355), Auftraggeber für die Liederkompilation der Handschrift E. Er gibt das Epitaph wider (Pascua. qui volucrum. vivus. walthere. fuisti / Qui flos eloquij. qui palladis os. obiisti. / Ergo quod aureolum probitas tua possit habere. / Qui legit. hic. dicat. deus iustus miserere - Der du eine Weide für die Vögel, Walther, im Leben bist gewesen ...), was von der Teilübersetzung im Münchener 2° Cod. ms. 731 (Würzburger Liederhandschrift [E]), fol. 191v ergänzt wird: Her walter uon der uogelweide. begraben ze wirzeburg. zv dem Nuwemunster in dem grasehoue. Ein 1930 neu errichtetes Denkmal zur Erinnerung an Walther von der Vogelweide befindet sich am selben Ort im Grashof des Neumünster-Kreuzgangs, wo der Dichter vermutlich auf dem damaligen Friedhof nördlich der Neumünsterkirche bei der Stelle des ehemaligen Kreuzgangs im Jahr 1230 (in dem grasehoue) beerdigt wurde.: Sepulto in ambitu novimonasterii herbipolensis - Begraben im Kreuzgang des Neuen Klosters zu Würzburg. Das alte Grabmal wurde vermutlich Mitte des 18. Jahrhunderts bei Bauarbeiten entfernt. Die ersten Pfründe des Stifts Neumünster sowie anderer bedeutender Reichsstifte wurde nach der Thronbesteigung des Kaisers durch ihn selbst vergeben, wodurch sich erklären ließe, wie Walther an ein geistliches Lehen gekommen sein und im Kreuzgang des Stifts sein Grab gefunden haben könnte, ohne dass er ein Geistlicher oder Stiftsherr war.
Einige seiner bekanntesten Gedichte
Beispiel: Under der linden
Das Lied Under der linden (L. 39,11) thematisiert das Liebeserlebnis eines anscheinend einfachen Mädchens mit ihrem höfischen Geliebten in der freien Natur. Es zeigt die Abkehr vom Ideal der „Hohen Minne“ des Ritters zur höhergestellten Dame, die unerfüllt bleibt. Walther hat selbst in verschiedenen Liedern das Wesen von Hoher Minne und Niederer Minne charakterisiert und schließlich das neue Ideal der „ebenen Minne“ - einer erfüllten Liebe von gleich zu gleich - entwickelt. Walthers „Mädchenlieder“, deren bekanntestes dieses ist, lösen zeitlich wahrscheinlich die Frühphase, die stark vom klassischen Minnesang geprägt ist, ab.
Mittelhochdeutscher Text | Übersetzung |
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Under der linden an der heide, Ich kam gegangen Dô het er gemachet Daz er bî mir læge, |
Unter der Linde an der Heide, wo unser beider Bett war, Ich kam zu der Au (Wiese) gegangen, Dort hatte er Dass er bei mir lag, wüsste das jemand |
(Dieser Artikel enthält Material aus der 1911er Ausgabe der Encyclopedia Britannica.)
Weitere berühmte Werke
- Ir sult sprechen willekomen
- Ottenton
- Unmutston
- der Reichston,
bestehend aus drei Teilen:- Ich saz ûf eime steine
- Ich hôrte ein wazzer diezen
- Ich sach mit mînen ougen
- Palästinalied
Literatur
- Thomas Bein: Walther von der Vogelweide. Reclam, Stuttgart 1997, ISBN 3-15-017601-8
- Helmut Birkhan (Hrsg.): Der 800jährige Pelzrock – Walther von der Vogelweide – Wolfger von Erla – Zeiselmauer. Verlag der Österr. Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3467-3
- Jean Firges: Walther v.d. Vogelweide. Dichter der Stauferzeit. Exemplarische Reihe Literatur und Philosophie Band 22. Sonnenberg, Annweiler 2007, ISBN 978-3-933264-45-9 (Literaturverz.)
- Helmut Hörner: Stammt Walther von der Vogelweide wirklich aus dem Waldviertel? In: Das Waldviertel, 55. Jg. 1/2006, S. 13-21
- Volker Ladenthin: Walthers Kreuzlied 76, 22 vor dem Hintergrund mittelalterlicher Kreuzpredigten. In: Euphorion 77 (1983) S. 40-71
- Volker Ladenthin: Schelte, Vision und Belehrung. Walther von der Vogelweide 13,5. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie 102 (1983) S. 84-111
- Helmut Lomnitzer, Hans-Dieter Mück: Walther von der Vogelweide. Die gesamte Überlieferung der Texte und Melodien. Litterae 7. Göppingen 1977, ISBN 3-87452-136-2
- Hermann Reichert: Walther von der Vogelweide für Anfänger 2., neu bearbeitete Auflage. WUV-Universitätsverlag, Wien 1998, ISBN 3-85114-404-X
- Hermann Reichert: Walther: Schaf im Wolfspelz oder Wolf im Schafspelz? In: Der achthundertjährige Pelzrock. Walther von der Vogelweide – Wolfger von Erla – Zeiselmauer. Hg. Helmut Birkhan und Ann Cotten, Wien 2005, S. 449-506.
- Hans-Uwe Rump: Walther von der Vogelweide. rororo Monographien Nr. 50209. 8. Auflage. Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-50209-7
- Günther Schweikle: Walther von der Vogelweide. Werke. 2 Bände. Reclam, Stuttgart 1998
Bd. 1 ISBN 3-15-000819-0, Bd. 2, ISBN 3-15-000820-4 - Bernd Thum: Die sogenannte „Alterselegie“ Walthers von der Vogelweide und die Krise des Landesausbaus im 13. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung des Donauraums. In: Beiträge zur älteren deutschen Literaturgeschichte. (Bern 1977) S. 229 ff.
- Bernd Thum: Walther von der Vogelweide und das werdende Land Österreich. In: Die Kuenringer. Das Werden des Landes Österreich. Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF Nr. 110. Stift Zwettl. 16. Mai - 26. Oktober 1981. Wien 1981, S. 487-495
Weblinks
- Vorlage:PND
- Vorlage:DM
- Werke von Walther von der Vogelweide im Projekt Gutenberg-DE
- Bibliotheca Augustana
- www.ub.fu-berlin.de Kommentierte Linksammlung der Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin
- Frauenschönheit im Minnesang 7 Minnelieder von WvdV innerhalb einer Studie zur Frauenbeschreibung im Minnesang des 12. und 13. Jahrhunderts
- Englische Versübersetzungen ausgewählter Lieder
- Walther von der Vogelweide - eine wissenschaftliche Untersuchung (PDF)
- Grabstelle des Walthers von der Vogelweide
- Herkunft - Walther von der Vogelweide
- Meister Eckhart und seine Zeit - Literatur - Walther von der Vogelweide
- Informationen und Bilder zum Lusamgärtchen in Würzburg (private Homepage)
Hörbeispiele
interpretiert vom Salzburger Ensemble für Alte Musik Dulamans Vröudenton
gelesen von Manfred Scholz, Universität Tübingen, Teil der "Leseproben-Seite der Abteilung für Mediävistik"
Personendaten | |
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NAME | Walther von der Vogelweide |
KURZBESCHREIBUNG | Spruchdichter und Minnesänger des Mittelalters |
GEBURTSDATUM | um 1170 |
GEBURTSORT | Bayern oder Österreich |
STERBEDATUM | um 1230 |
STERBEORT | möglicherweise Würzburg |