Kernkraftwerk Ignalina

Kernkraftwerk in Litauen
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Das Kernkraftwerk Ignalina (litauisch Ignalinos atominė elektrinė, kurz IAE) steht in Litauen nahe der Stadt Visaginas am See Druksiai. Es steht 45 Kilometer von der Kreisstadt Ignalina entfernt. Es ist das einzige litauische Kernkraftwerk.

Kernkraftwerk Ignalina
Block 1
Block 1
Lage
Kernkraftwerk Ignalina (Litauen)
Kernkraftwerk Ignalina (Litauen)
Koordinaten 55° 36′ 16″ N, 26° 33′ 46″ OKoordinaten: 55° 36′ 16″ N, 26° 33′ 46″ O
Land Litauen Litauen
Daten
Eigentümer Staat Litauen
Betreiber Ignalina Nuclear Power Plant
Kommerzieller Betrieb 1. Mai 1984

Aktive Reaktoren (Brutto)

1  (1380 MW)

Stillgelegte Reaktoren (Brutto)

1  (1380 MW)

Reaktoren in Bau (Brutto)

1  (1500 MW)

Planung eingestellt (Brutto)

1  (1500 MW)
Eingespeiste Energie im Jahr 2007 9.074 GWh
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme 222.413 GWh
Website Kernkraftwerk Ignalina
Stand 7. August 2008
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation.

Geschichte

Datei:RBMK reactor from Ignalina.gif
Reaktorhalle

Geplant wurde das Kernkraftwerk in den 1970er-Jahren noch in der Sowjetunion. Das Kraftwerk sollte ursprünglich vier Blöcke vom Typ RBMK-1500 bekommen.[1] Der Bau des ersten Blockes erfolgte im Jahr 1977. Ein Jahr später folgte der zweite Block. Der erste Block nahm am 31. Dezember 1983 den Betrieb auf und ging am 01. Mai 1984 in den kommerziellen Betrieb über.[2] Während dessen begann 1985 der Bau von Block drei.[3] Später nahm am 20. August 1987 der zweite Block den Betrieb auf. Der Reaktor nahm noch am gleichen Tag den kommerziellen Betrieb auf.[2] Das Kraftwerk bezieht sein Kühlwasser aus dem anliegenden See Druksiai.[4] Am 30. August 1988 wurde der Bau des dritten Blocks storniert.[3] Der vierte Block wurde ebenfalls verworfen.[5]

Die Leistung der RBMK-Blöcke beträgt pro Block Brutto 1.380 Megawatt und 1.185 Megawatt Netto.[6] Ursprünglich hatten die Reaktoren eine Leistung von 1.500 Megawatt brutto und 1.380 Megawatt netto.[5] Jedoch wurde die thermische Leistung im Jahr 1993 von 4.800 MWth auf 4.200 MWth gedrosselt.[4][5] Die Reaktoren in Ignalina sind mit westlichen Reaktoren vergleichbar. Jedoch gilt diese Aussage nur für diese RBMK-Anlagen. Jedoch ist das Risiko eines Unfalls das zum Beispiel ein Leck entsteht wesentlich Höher als bei westlichen Siedewasserreaktoren.[7]

Als die Sowjetunion zerfiel, kam Litauen in den Besitz des Kraftwerks. Seitdem hat Litauen den größten Atomstromanteil aller Länder weltweit. Dieser betrug noch im Jahr 1993 über 88 %. Im Jahr 1995 wurde ein langfristiger Energieplan in Zusammenarbeit mit Vattenfall AB und IVO erstellt. Dieser soll die Laufzeit von Ignalina bis 2005 oder 2010 verlängern. Dies hat die Voraussetzung, dass das Aufrüstungsprogramm weiter fortgeführt wird. Nach Beendigung der Aufrüstung soll die Energieversorgung von Litauen für 10 bis 15 Jahre gesichert sein.[8]

 
Eingang des Kernkraftwerks

Am 31. Dezember 2004 wurde schließlich der erste Block vom Netz genommen.[2] Die Stilllegung wurde im Mai 2000 vom litauischen Parlament im Zuge des EU-Beitritts beschlossen. Dabei verabschiedete man das Gesetz, das der erste Block bis zum 1. Januar 2005 abgeschaltet werden muss. Die Kosten der Stillegung betragen 435 Millionen Deutsche Mark. Die Europäische Union hat davon 300 Millionen DM übernommen. Litauen selbst hat davon 40 Millionen DM übernommen.[9] Der zweite Block muss bis spätestens den 31. Dezember 2009 folgen.[10] Litauen will jedoch ein Referendum durchführen, um den Reaktor weiterhin am Netz zu lassen.[11] Die Abschaltung solle dann erst 2015 erfolgen, bis ein neues Kernkraftwerk in Ignalina gebaut wurde.[12]

Störfälle

Am 11. Juli 1994 wurde ein Defekt montierter Schalter zum Ein- und Ausfahren der Kontrollstäbe aus dem Reaktor entdeckt. Dies ist bei der Prüfung des Schalters geschehen. Der Schalter wurde darauf ausgetauscht. Der Vorfall wurde auf der internationalen Skala für nukleare Ereignisse der Klasse 1 eingeordnet.[8]

Am 15. November 1994 hatte der zum Tode verurteilte Georgij Dekanidze eine Ansprache im Fernsehen gehalten. Dabei drohte er, das Kernkraftwerk in die Luft zu sprengen.[13] Beide Reaktoren wurden heruntergefahren. Der Premierminister von Litauen hatte schwedische Behörden bei der Suche nach der Bombe auf dem Kraftwerksgelände um Hilfe gebeten. Nachforschungen haben ergeben, dass es keine Bombe gab. Die Reaktoren wurden daraufhin wieder hochgefahren. Nach diesem Vorfall wurde ein Programm zur Verbesserung der Überwachung des Kernkraftwerks entworfen. Unter anderem wurden neue Geräte wie Infrarot-Ferngläser für das Wachpersonal besorgt.[8]

Neubau

Litauen plant, gemeinsam mit Estland, Lettland und Polen ein neues Kernkraftwerk in Ignalina zu bauen. Dieses soll die derzeitigen Reaktoren ersetzen. Durch Polen kann der Bau eines größeren und wirtschaftlicheren Reaktors wie eines europäischen Druckwasserreaktors (EPR) möglich werden. Im Jahr 2006 wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese hatte ergeben, das der Bau eines Kernkraftwerks zwischen 2,5 und 4,0 Milliarden Euro kosten würde, was wirtschaftlich attraktiv ist. Der Reaktor könnte 2015 ans Netz gehen. Im Februar 2007 wurde beschlossen, das Kernkraftwerk zu bauen. Das Kraftwerk soll eine Kapazität von 3.200 Megawatt haben. Es soll zwei 1.600 Megawatt starke Reaktoren haben.[6]

Das Kraftwerk soll zu zu 34 % Eigentum von Litauen sein und jeweils 22 % gehören Lettland, Estland und Polen. Bis 2015 soll mindestens ein Block am Netz sein. E.ON und Vattenfall haben auch Interesse an dem Kraftwerk. Seit 2007 läuft bereits eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die Studie soll 2009 abgeschlossen sein. Zusätzlich werden ab 2015 weitere Hochspannungstrassen verlegt werden, um auch den erzeugten Strom von Litauen nach Schweden exportieren zu können.[6]

Daten der Reaktorblöcke

Das Kernkraftwerk Ignalina sollte insgesamt vier Blöcke bekommen.[1] Zwei der Blöcke wurden vollendet, wobei der erste Block bereits stillgelegt ist.[2] Die Blöcke drei und vier blieben unvollendet.[3][5]

Reaktorblock[2] Reaktortyp Netto-
leistung
Brutto-
leistung
Baubeginn Netzsyn-
chronisation
Kommerz-
ieller Betrieb
Stillegung
(geplant)
Ignalina-1 RBMK-1500 1.185 MW [14] 1.380 MW [15][6] 01.05.1977 31.12.1983 01.05.1984 31.12.2004
Ignalina-2 RBMK-1500 1.185 MW [14] 1.380 MW [15][6] 01.01.1978 20.08.1987 20.08.1987 (31.12.2009)
Ignalina-3 [3] RBMK-1500 1.380 MW 1.500 MW 01.06.1985 - - Bau am 30.08.1988 eingestellt
Ignalina-4 [1] RBMK-1500 - 1.500 MW - - - Planungen eingestellt

Quellen

  1. a b c Table 31. Technology and Soviet Energy Availability - November 1981 - NTIS order #PB82-133455 (englisch)
  2. a b c d e Power Reactor Information System der IAEA: „Lithuania, Republic of: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
  3. a b c d Das Kernkraftwerk Ingalina 3 auf der PRIS der IAEA
  4. a b HANDBOOK ABOUT THE IGNALINA NUCLEAR POWER PLANT (englisch)
  5. a b c d Atomausstieg in Osteuropa?
  6. a b c d e WNA - Nuclear Power in Lithuania (renglisch) Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „WNA LIT“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  7. Ignalina Nuclear Power Plant - A BRIEF OVERVIEW OF IGNALINA NPP SAFETY ISSUES(englisch)
  8. a b c INSP - Ignalina Operating History (englisch)
  9. Seite 184, Abschnitt Litauen im Buch: Die Welt - Großer Atlas der Erde mit aktuellem Länderlexikon - von Otto A. Fischer, Hamburg, Layout: Beate Pfeifle, Reinbek - Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH in der VEMAG - ISBN 3-625-10558-6
  10. Europäische Union - Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Republik Litauen
  11. Euronews - 14/07/2008 - Litauen Litauen will mit Referendum Schließung seines Atomkraftwerks verhindern
  12. RIA Novosti - 17/04/2008 - Rosatom macht Gazprom Konkurrenz in Kaliningrad - "Kommersant"
  13. NTI - Lithuania: Ignalina NPP Developments 1989-1996
  14. a b Die ursprüngliche Nettoleistung betrug 1380 MW, wurde aber gedrosselt.
  15. a b Die ursprüngliche Bruttoleistung betrug 1500 MW, wurde aber gedrosselt.

Siehe auch