Die unendliche Geschichte (Roman)

Roman von Michael Ende
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Die Unendliche Geschichte
Autor: Michael Ende
Verlag: K. Thienemanns Verlag
Jahr: 1979
Genre: Roman
Subgenre: Fantasy
Bilder von: Roswitha Quadflieg

Die unendliche Geschichte ist der Titel eines zugleich märchenhaften, phantastischen und romantischen Bildungsromanes von Michael Ende.

Struktur des Buches

Der Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur ist normalerweise nicht schwarz gedruckt. Die meisten Ausgaben verwenden zwei Schriftfarben. Rote Schrift steht dabei für Handlungsstränge, die in der Menschenwelt angesiedelt sind, blaugrüne Schrift für die Geschehnisse in Phantásien, dem Reich der Phantasie (die Farben variieren). Dies erleichtert den Zugang zur Handlung, da der Protagonist, ein zehnjähriger Junge namens Bastian Balthasar Bux, sich zwischen beiden Welten bewegt.

Das Buch hat 26 Kapitel, jedes davon beginnt in alphabetischer Reihenfolge von "A" bis "Z" mit einer großen, reichhaltig verzierten Initiale. Die Gesamtgestaltung wurde zusammen mit der Illustratorin Roswitha Quadflieg entwickelt. In der Neuauflage des Buches von 2004 fehlen diese Initialen sowie die grüne Schrift.

Das Buch lässt sich grob in zwei Einheiten gliedern. Die Kapitel I bis XII (oder "A" bis "L") berichten davon, wie der Menschenjunge Bastian Balthasar Bux in einem Buch gespannt die Suche des gleichaltrigen Phantásiers Atréju verfolgt, der ausgeschickt wurde, die Ursache für die Krankheit der Kindlichen Kaiserin zu finden, mit deren Tod auch das Reich der Phantasie vergehen wird. Schließlich begreifen beide, dass nur Bastian selbst die Rettung bringen kann; er muss der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen geben. Atréjus Aufgabe besteht darin, Bastian mit dem Problem vertraut zu machen und ihn auf den Weg nach Phantásien zu führen. Indem er die unendliche Geschichte liest, begleitet Bastian Atréju gleichsam auf seiner Großen Suche. Der Verlauf der Handlung entspricht hier dem narrativen Prinzip der Heldenreise.

In den Kapiteln XIII. bis XXVI. ("M" bis "Z") wird Bastian ein Teil Phantásiens. Er stellt fest, dass seine Phantasie ihm unendliche schöpferische Kraft verleiht, eine Macht, die ihm zugleich ein großes Maß Verantwortung auferlegt, und zwar für seine Werke ebenso wie für sich selbst. Bastian muss seinen wahren Willen erkennen, um schlussendlich den Weg nach Hause zu finden.

Endes Roman beinhaltet ein „Buch im Buch“. Der Protagonist, Bastian Balthasar Bux, ist eine Figur in Michael Endes Roman Die unendliche Geschichte. Innerhalb des Romans findet er wiederum ein Buch mit dem gleichen Namen, das er mit Hochspannung zu lesen beginnt. Er wird somit von der Romanfigur zum Leser der Erzählung. Zugleich kann er auch den Fortgang der Geschichte beeinflussen, bis er selbst ein Teil davon wird. Damit ist er nicht nur Hauptperson von Endes Buch, sondern auch des Buches, über das Ende schreibt, und das doch auf geheimnisvolle Weise mit Endes Buch identisch ist. Der Übergang wird durch den Alten vom Wandernden Berge herbeigeführt, der eine Personifikation Michael Endes innerhalb seiner eigenen Erzählung darstellt.

Die Geschichte des Hauptcharakters, Bastian, und die von Phantásien überschneiden sich so lange, bis es am Schluss zusehends schwieriger wird, sie auseinanderzuhalten, auch für Bastian selbst. Durch diese Struktur gelingt es Ende, die Grenze zwischen Leser und Romanfigur verschwimmen zu lassen, da Bastian sich im Verlauf der Geschichte zwischen dem einen und dem anderen hin und her bewegt. Bastian ist somit mal Leser der unendlichen Geschichte, mal ein Teil von ihr, und erscheint dabei als ganz normaler Mensch, mit dem sich der Leser identifizieren kann.

Ende arbeitet mit der Illusion, dass das Buch, das der Leser in der Hand hält, das gleiche ist, in dem Bastian liest. Bastian lässt sich von dem Phantásier Atréju führen, dessen Reise ihm den Weg ins Reich der Phantasie offenbart. Ende wiederum lädt seine Leser ein, sich von Bastian dorthin führen zu lassen, wie Ende im Schlusswort der Romans betont: Bastian Balthasar Bux [...], wenn ich mich nicht irre, dann wirst du noch manch einem den Weg nach Phantásien zeigen, damit er uns das Wasser des Lebens bringt.

Dem Leser von Endes Roman soll dadurch der Eindruck vermittelt werden, dass auch er nach Phantásien gelangen kann; er wird aufgefordert, die Kraft seiner Phantasie zu nutzen, so wie Bastian dies im Laufe seiner Reise lernt.

Motive und Rezeption

Die wesentliche Aussage des Romans liegt darin, dass durch das Träumen und das Eintauchen eines Menschen in eine Fantasiewelt Ideen und Gedanken entstehen, die in die Wirklichkeit übertragen werden können, indem sie in der Realität die Augen für die „Wunder und Geheimnisse im Alltäglichen“ öffnen (vgl. das zentrale Kapitel XI. Die Kindliche Kaiserin).

Ende beleuchtet Schritt für Schritt die Konsequenzen dieser an sich trivialen Feststellung. Er stellt zunächst klar, dass eine Idee, die aus der Phantasie geboren wird, als solche weder positiv noch negativ, weder gut noch schlecht ist. Einer Bewertung durch menschliche Moralvorstellungen wird sie erst unterworfen, wenn aus ihr ein Handeln resultiert. Dann jedoch kann die Idee zu wünschenswerten ebenso wie zu verwerflichen Zwecken eingesetzt werden. Hier nennt der Autor insbesondere die Lüge, die in seinen Augen eine Perversion der Phantasie darstellt, die dazu dient, andere zu manipulieren und somit auf unlauterem Wege Macht über sie auszuüben. Die Phantasie selbst bleibt durch wiederholtes Lügen letztendlich auf der Strecke. Nachdem er diese Basis herausgearbeitet hat, befasst sich Ende mit weiteren Aspekten der Beziehung des Menschen zu seiner schöpferischen Kraft: Realitätsflucht, Machtausübung, Verantwortung (vor allem im Sinne von Ingerenz, das Eintreten für die Folgen des eigenen Handelns), Selbstvertrauen und zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtige Themen seiner Erzählung. Endes Einschätzung, dass die Reise in die Welt der Phantasie nur dann zu einem positven Ergebnis führen kann, wenn sie eingesetzt wird, um auch die wirkliche Welt zu verbessern, zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung.

Die Reise des Protagonisten Bastian in die Fantasiewelt ist somit in Wahrheit ein Eintauchen in eine vergessene Realität, in eine „verloren gegangene Wertewelt“ (Michael Ende), die neu entdeckt und benannt werden muss, um wieder ins Bewusstsein zu gelangen. „Nur der richtige Name gibt allen Wesen und Dingen ihre Wirklichkeit“, sagt die Kindliche Kaiserin, selbst suchend nach einem Namensgeber. Letztlich ist dies auch als Ode an die Liebe („Wasser des Lebens“) zu verstehen, die immer wieder neu entdeckt werden muss, um zu wachsen. Indem der Mensch seiner Phantasie freien Lauf lässt, begibt er sich auf die Suche nach sich selbst, nach seinem wahren Ich; dem Protagonisten wird die Aufgabe erteilt, seinen wahren Willen zu erkennen und danach zu handeln.

Vergleichbare Werke sind Harun und das Meer der Geschichten, Tintenherz, Der Schatten des Windes und Die Stadt der träumenden Bücher. Soweit es darum geht, dass man zuerst an sich selbst glauben muss, um die Welt zum Postiven zu verändern, ähnelt der Protagonist Bastian der Dampflok Rusty im Muscial Starlight Express. Die Thematik, dass man Verantwortung für sich selbst und das eigene Handeln trägt, wird in ähnlicher Form in Der kleine Prinz behandelt.

Das Buch ist in zwei Sinnabschnitte eingeteilt, Atréjus Reise und Bastians eigene Erfahrungen in Phantásien, dem Reich der Phantasie. Diese Einteilung ist auch folgerichtig, da Ende zwei verschiedene Hauptbotschaften transportiert, denen er auf diese Weise Gestalt verleiht.

Kapitel I bis XII - Atréjus Reise

Atréjus Queste, die Ursache der Krankheit der Kindlichen Kaiserin zu erforschen, die sie dahinsiechen und das Reich der Phantasie langsam aber sicher im Nichts versinken lässt, ist scheinbar ohne Sinn, da die Goldäugige Gebieterin der Wünsche die Antwort bereits kennt (Kapitel XI., Die Kindliche Kaiserin). Die Kindliche Kaiserin ist eine Allegorie der menschlichen Phantasie. Sie ist damit selbst keine Phantásierin, aber Phantásien, das Land der Phantasie, kann ohne sie nicht existieren (Kapitel X, Der Flug zum Elfenbeinturm: "Nein", sagte Fuchur, "sie ist nicht, was wir sind. Sie ist kein Geschöpf Phantásiens. Wir alle sind da durch ihr Dasein. Aber sie ist von anderer Art."). Von der Uralten Morla erfährt Atréju, dass die Kindliche Kaiserin einen neuen Namen benötigt. Doch kein Phantásier kann ihr diesen Namen geben (Kapitel III, Die uralte Morla). Das Südliche Orakel teilt Atréju mit, dass es ein Menschenkind ist, das der Kindlichen Kaiserin den neuen Namen geben muss, um sie und Phantásien vor dem drohenden Verschwinden im Nichts zu erlösen (Kapitel VII, Die Stimme der Stille). Bereits auf dem Weg zum Orakel begegnen sich Atréju und Bastian – eines der Tore zum südlichen Orakel lässt beide erkennen, dass der eine in Wahrheit das andere Ich des anderen ist (Kapitel VI: Die drei magischen Tore). Die Menschenwelt, so hat Atréju vom Orakel erfahren, liegt jenseits Phantásiens, doch kann Atréju sie nicht erreichen, da Phantásien grenzenlos ist (Kapitel VIII: Im Gelichterland). Der Werwolf Gmork zeigt Atréju dennoch einen Weg auf: Wenn er sich ins Nichts begibt, wird er die Menschenwelt erreichen, doch nicht in seiner jetzigen Gestalt. Wie alle Phantásier, die auf diese Weise in die Heimat der Menschen gelangen, wird er zu einer Lüge werden. So wie das Nichts, das Phantásien verschlingt, auf den Phantásier wirkt, als wäre er erblindet, verwirren die Lügen, veränderte Phantásier, pervertierte Ideen also, im Wege geschickter Manipulationen die Sinne des Menschen und dienen dazu, mit Hilfe unlauterer Methoden Macht über andere auszuüben. Auf diese Weise beeinflussen die Menschenwelt und Phantásien eineinander. Ideen, Wünsche und Träume, so zur Lüge verkommen, machen die Menschenwelt krank. Aus diesem Grund wenden sich die Menschen von Phantásien ab, leugnen am Ende gar seine Existenz. Doch gerade das führt dazu, dass Phantásien im Nichts versinkt und weitere Lügen entstehen. Es ist auch der Grund, warum so lange kein Menschenkind mehr gekommen ist; der Glaube an die Welt der Phantasie ist den Menschen verloren gegangen (Kapitel IX, Spukstadt). Doch kann auch das Gegenteil geschehen. Die Welten können einander heilen. Dazu muss der umgekehrte Weg beschritten werden. Es ist nicht so, dass ein Phantásier die Menschenwelt betreten muss, vielmehr muss ein Menschenkind nach Phantásien kommen, indem es der Kindlichen Kaiserin ihren Namen gibt. Atréjus Reise dient dazu, Bastian Balthasar Bux, den Menschenjungen, der allein Phantásien retten kann, mit dem Problem vertraut zu machen und ihn auf diesem Wege in das Reich der Phantasie zu führen (Kapitel XI: Die kindliche Kaiserin).

Im zwölften Kapitel ist dann der Autor selbst zu Gast in der Welt, die er entworfen hat. Da Bastian Baltasar Bux noch immer nicht den Mut findet, den Weg nach Phantásien anzutreten, wie er es zwischenzeitlich mehrfach versprochen hat, sieht die Kindliche Kaiserin nur noch einen Weg, um ihr Reich zu retten. Sie sucht den Alten vom Wandernden Berge auf. Als Allegorie der Phantasie ist die Kindliche Kaiserin ewig jung und der Anfang all dessen, was Phantásien ausmacht. Der Alte vom Wandernden Berge hingegen ist der Chronist, der alles niederschreibt, was in der Welt der Phantasie geschieht. Er ist somit eine Personifikation von Michael Ende selbst und macht daraus auch gar keinen Hehl ("Der Anfang sucht das Ende auf"). Die Phantasie ist wandelbar, veränderlich, lebendig. Doch in dem Moment, wo sie auf Papier gebannt wird, wird die Geschichte starr und unwandelbar, für Veränderungen bleibt kein Raum mehr. Der Alte vom Wandernden Berg schreibt die Geschichte Phantásiens, während sie geschieht, und sie geschieht, indem er sie schreibt. Die Kindliche Kaiserin fordert den Alten auf, die Geschichte, die bereits geschehen ist, erneut zu erzählen. Da der Alte vom Wandernden Berg sie auch erneut aufschreiben muss, während er sie erzählt, entsteht ein ewiger, scheinbar nicht zu durchbrechender Kreislauf, der immer wieder von neuem beginnt, indem die Kindliche Kaiserin den Alten vom Wandernden Berg auffordert, die Geschichte noch einmal zu erzählen. Nur Bastian kann diesen Kreislauf noch beenden, indem er der Kindlichen Kaiserin ihren Namen gibt. Dies verschafft Phantásien die nötige Zeit, dem endgültigen Untergang zu entgehen, bevor Bastian, der nun begreift, dass es seine eigene Geschichte ist, die hier zur unendlichen Geschichte wird, seine Entscheidung fällt und den Weg nach Phantásien antritt (Kapitel XII: Der Alte vom Wandernden Berg).

Der erste Teil des Buches geht somit auf die Wechselwirkung zwischen der Realität des menschlichen Daseins und der geistigen Wirklichkeit der Menschen ein, ihren Wünschen, Ideen, Zielen und Träumen. Ende weist darauf hin, dass Menschen ihre Phantasie benutzen können, um ihre Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort zu machen, dass sie sie aber auch missbrauchen können, um ihrer egoistischen Motive wegen Macht über andere auszuüben. Nicht die Phantasie selbst ist das Problem, sondern die Motivation, aus der heraus die Menschen handeln. Der Missbrauch der Phantasie im Wege der Lüge führt zum Verkümmern der Phantasie und zum Erkranken der Menschenwelt, insbesondere der zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber Ideen können auch Flügel bekommen und eingesetzt werden, um das Leben angenehmer und erträglicher zu machen. Gleichzeitig arbeitet Ende heraus, dass niemand ersetzbar ist, dass jeder etwas tun kann, um dieses Ziel zu erreichen. Gerade Bastian Balthasar Bux, ein Junge ohne jede Macht, gehänselt von den Klassenkameraden, unbeliebt bei den Lehrern, im Stich gelassen vom Vater, der sich in der Trauer um seine verstorbene Frau ergeht, ein Versager auf der ganzen Linie, wird zum Retter der Kindlichen Kaiserin und begibt sich damit auf die Reise, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen und damit genau diesen Weg des Wachstums und der Läuterung zu beschreiten, der die Welt gesunden lässt. Niemand anderer wäre besser dazu geeignet, die Probleme zu sehen, die es zu lösen gilt. Phantásien wird durch das Eingreifen der Kindlichen Kaiserin und des Alten vom Wandernden Berge in einen ewigen Kreislauf getrieben; Bastian ist in einem Teufelskreis aus Alltagstrott, Mutlosigkeit, Frust und schlechten Gewohnheiten gefangen. Doch kann ein solcher Kreislauf unterbrochen werden, wenn man nur lernt, an sich selbst zu glauben und die Dinge zum Guten zu verändern.

Kapitel XII bis XXVI - Bastian in Phantásien

Die Kernaussage des zweiten, längeren Teils des Buches (auf dem letztendlich also auch der Schwerpunkt liegt) ist eine andere. Im ersten Teil hat Ende herausgearbeitet, wie groß die schöpferische Kraft der Phantasie ist. Nunmehr wird Bastian die Möglichkeit gegeben, diese Macht selbst auszuüben. Er erhält AURYN, das Zeichen der Kindlichen Kaiserin, das bereits Atréju auf seiner Reise beschützt hat. Atréju durfte es als Phantasier seine Macht nicht einsetzen, da die Kindliche Kaiserin nicht bewertet und nicht herrscht. Als Allegorie der Phantasie gesteht sie jeder menschlichen Idee die gleiche Existenzberechtigung zu. In Bastians Händen hingegen wird AURYN zum umfassenden Schöpfungsinstrument, da er als Mensch natürlich in der Lage ist, Kreativität zu entwicklen und selbst neue Geschichten zu erfinden. Durch AURYN werden seine Wünsche Wirklichkeit. Sein Auftrag bereitet ihn nicht auf das vor, was ihn erwartet. Die Kindliche Kaiserin, die Bastian Mondenkind getauft hat, fordert ihn auf, seine Wünsche zu äußern, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Diese Aufforderung ist scheinbar mit keiner Einschränkung versehen, im Gegenteil. Je mehr Wünsche er äußere, umso reichhaltiger werde Phantásien sein, erklärt ihm Mondenkind. Auch AURYN erlegt ihm keine sichtbaren Beschränkungen auf: "Tu was Du willst" lautet die Inschrift, die er nun auf dem Kleinod entdeckt. Natürlich hat Bastian diese Kraft: Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, jedenfalls keine äußeren (Kapitel XIII: Perelin, der Nachtwald). Dass seine Aufgabe in Wirklichkeit darin besteht, seinen wahren Willen zu erforschen, erfährt Bastian erst nach und nach.

Anfangs ist Bastian noch unsicher, was er sich wünschen soll. Dann jedoch nutzt er seine Macht mehr und mehr dazu, die Defizite zu kompensieren, die ihn in seinem richtigen Leben in der Menschenwelt hemmen und behindern. Er wünscht sich, stark zu sein (Kapitel XIII: Perelin, der Nachtwald), mutig zu sein (Kapitel XIV: Goab, die Wüste der Farben), er wünscht sich Freundschaft und erschafft damit Atréju und den Glücksdrachen Fuchur von neuem (Kapitel XVI: Die Silberstadt Amargánth), auch verändert er sein verhasstes Äußeres. Die Welt der Phantasie wird für Bastian somit mehr und mehr zur Flucht aus der Realität und vor dem, was er in Wirklichkeit ist. Die Konsequenzen dieser Flucht sind ihm zunächst überhaupt nicht bewusst. Mit jedem Wunsch, der in Erfüllung geht, beginnt er ein Detail aus seiner eigenen Lebensrealität zu vergessen. Ihm scheint, als wäre er schon immer gewesen, was er nun in Phantásien ist. Da sein phantásisches Ich, das nunmehr alles hat, was er selbst in der realen Welt nie erreichen konnte, ihm weitaus erstrebenswerter erscheint als sein wirkliches Leben, beschließt Bastian, manipuliert und bestärkt durch das Machtstreben der Zauberin Xayíde, sich gegen die Kindliche Kaisern zu erheben und sich selbst zum Kaiser Phantásiens zu machen. Zu seinem Glück scheitert dieser Plan am Widerstand Atréjus (Kapitel XXII: Die Schlacht um den Elfenbeinturm). Nahezu aller Erinnerungen an sein früheres Leben beraubt, begreift Bastian, dass sein Zufluchtsort Phantásien zu einem Gefängnis geworden ist, aus dem er keinen Weg mehr heraus findet. Hätte er den Elfenbeinturm erobert, wo die Kindliche Kaiserin residiert (also die Phantasie selbst), würde er nun buchstäblich in einem solchen sitzen; er hätte auch den letzten Rest seines Realitätssinns eingebüßt. Doch auch so ist die Gefahr groß, dass er sich in seinen Phantasien verliert. In der Alten-Kaiser-Stadt kommt Bastian zu Bewusstsein, was mit ihm geschehen wird, wenn er dieser Entwicklung nicht Einhalt gebietet: Ohne Verbindung zu seiner Lebenswirklichkeit bleibt ihm nur noch der Wahnsinn (Kapitel XXIII: Die Alte Kaiser Stadt). Auch muss Bastian erkennen, dass seine Wünsche aus ihm keinen besseren Menschen gemacht haben. In der wirklichen Welt hat er stets nur seine vermeintlichen Schwächen gesehen, das Fehlen von Mut, Kraft und Entschlossenheit, seine übergewichtige Figur. Nun, wo er all diese Eigenschaften abgelegt hat, wird Bastian zu der Einsicht gezwungen, dass all das Oberflächlichkeiten sind, auf die es letztendlich nicht entscheidend ankommt. Stärke, Kraft und Mut haben ihn zum Tyrannen werden lassen, weil ihm die Kraft zu lieben fehlt. Mit den wenigen Erinnerungen und damit Wünschen, die ihm noch bleiben, beginnt Bastian, im Grunde viel zu spät, einen Weg zurück in seine eigene Welt zu suchen. Wie Ende bereits im ersten Teil des Buches herausgearbeitet hat, funktioniert die Interaktion zwischen Phantásiern und Menschen nur dann, wenn sie von dem Wunsch getragen wird, mit den Erfahrungen in der Phantasiewelt die reale Welt zu verbessern. Doch stattdessen hat Bastian seine Macht genutzt, der Realität zu entfliehen. Der Weg zurück bleibt ihm versperrt, wenn er nicht etwas findet, das ihn an seine eigene Welt bindet, das eine Rückkehr in die Menschenwelt erstrebenswert erscheinen lässt. Eine Aufgabe, die angesichts der Tatsache, dass er fast alles, was sein früheres Leben ausmacht, vergessen hat, nahezu unmöglich erscheint. In Gesellschaft der Dame Aiuóla begreift Bastian, was sein wahrer Wille ist: Er möchte lieben können. Doch noch weiß er nicht, wen er lieben soll, da seine Erinnerungen fast vollständig verblasst sind. Im Bergwerk der Bilder, wohin alle vergessenen Träume entschwinden, findet Bastian ein Bild, das seine letzte Erinnerung in ihn weckt. Es zeigt seinen Vater, den einzigen Menschen, der Bastian wirklich etwas bedeutet. Bastians wahrer Wille ist es, zu lieben, und da er seinen Vater liebt, gibt ihm dieses Bild die Kraft, AURYN abzulegen und so das Tor zu öffnen, das für ihn der Weg nach Hause ist (Kapitel XXV: Das Bergwerk der Bilder). Doch die Wächter des Tores wollen Bastian nicht passieren lassen, da er am Ende sogar seinen Namen vergessen hat und es, wie im ersten Teil des Buches deutlich herausgearbeitet, der richtige Name ist, der den Dingen ihre korrekte Wirklichkeit verleiht. Doch findet Bastian einen Fürsprecher in seinem Freund Atréju; ihre Freundschaft erweist sich als stärker als der Zwist, den die beiden ausgefochten haben, als Bastian Xayídes Machtstreben verfiel. So gelangt Bastian zum Wasser des Lebens, das er seinem Vater mitbringen möchte, obwohl dies unmöglich scheint, da er nichts Stoffliches aus Phantásien in die reale Welt zurückbringen kann. Und doch gelingt es ihm, als die Erzählung dessen, was ihm widerfahren ist, seinen Vater, der durch den Tod seiner Frau gefühlskalt geworden ist, später zu Tränen rührt und beide einander schwören, dass nunmehr alles anders wird. Eine letzte Hürde hat Bastian zu bestehen: Die Frage, ob er alle Geschichten, die er in Phantásien begonnen hat, auch zu Ende geführt hat. Bestürzt muss Bastian zugeben, dass es nicht eine einzige war. Eine Aufgabe, die auch unmöglich scheinen will, hat Ende doch immer wieder darauf hingewiesen, dass aus jeder Geschichte neue Geschichten erwachsen können (Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden, Titel: Die unendliche Geschichte). Die Wächter wollen Bastian daraufhin nicht nach Hause zurücklassen; man erwartet von ihm, dass er Verantwortung für das trägt, was er durch die Ausübung seiner Macht angerichtet hat. Die scheinbar grenzenlose Freiheit, die die Kindliche Kaiserin und die Inschrift auf dem Kleinod ihm gewährt hatten, stößt hier an ihre Grenzen, denn Bastian wird zu der Einsicht gebracht, dass große Macht auch ein hohes Maß an Verantwortung bedeutet. Resigniert richtet sich der Menschenjunge, der durch das Bad im Wasser des Lebens seine alte Gestalt zurückerhalten hat, darauf ein, in Phantásien zu bleiben, dem Wahnsinn verfallen, da erklärt sich Atréju bereit, an seiner Statt die Aufgabe zu übernehmen, alle Geschichten, die Bastian begonnen hat, zu Ende zu führen. Die Erinnerung an seinen Vater bringt Bastian auch die Erinnerung an seinen Namen zurück. Auf diese Weise kann er Phantásien verlassen.

Im zweiten Teil des Buches knüpft Ende an die Botschaft des ersten Teils des Buches an, dass Phantasie nur dann etwas Postives ist, wenn sie eingesetzt wird, die wirkliche Welt zu verbessern. Er beleuchtet hier den Aspekt der Realitätsflucht und warnt davor, sich in der Phantasiewelt zu verlieren, anstatt aus den Erlebnissen im Reich der Phantasie Lehren für das wirkliche Leben zu ziehen. Ende widmet sich auch dem Aspekt der Ausübung von Macht und arbeitet deutlich heraus, dass derjenige, dem Macht in die Hände gegeben wird, Verantwortung für seine Handlungen trägt und für die Konsequenzen der Machtausübung einzustehen hat. Ende betont dabei, wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen sind. Die Bindung an den Vater und die Freundschaft zu Atréju sind es, die Bastian am Ende erlösen. Da Atréju und Bastian, wie im sechsten Kapitel belegt, zwei Aspekte der gleichen Persönlichkeit sind, ist es auch der Glaube an sich selbst, der Bastian den Mut gibt, in seine eigene Welt zurückzukehren. Er hat in Phantásien gelernt, dass er Verantwortung für sein Leben trägt und dass seine eigene Kraft genügt, um zu verändern, was ihn zerstört. Das Buch klingt mit der Anmerkung aus, dass er in Zukunft anderen helfen wird, für sich ebenfalls diese Erkenntnis zu treffen. Diese Feststellung trifft Ende mit dem gleichen Augenzwinkern, mit dem er die Illusion eines Buches im Buch erzeugt. Es wäre denkbar, weitere Geschichten zu erzählen, die davon berichten, wie Bastian anderen den Weg nach Phantásien zeigt, doch im Grunde ist das gar nicht notwendig, weil Bastian schon allein dadurch Menschen nach Phantásien führt, dass der Leser in Endes Buch seine Reise miterleben kann. Auch dadurch wird Endes Erzählung zur unendlichen Geschichte.

Startauflage und weitere Entwicklung

Die erste Auflage des Thienemanns Verlags im September 1979 betrug lediglich 20.000 Exemplare. Von Beginn an positiv rezipiert erschien der Roman im Juli 1980 jedoch auf Platz 5 der Spiegel Bestsellerliste und erreichte in den kommenden drei Jahren 15 Neuauflagen mit nahezu einer Million Exemplaren.

Auszeichnungen

Der Roman erhielt 1979 den Buxtehuder Bullen, 1980 den Silbernen Griffel und den Wilhelm-Hauff-Preis.

Aufbau des Romans

Kapitel

Einleitung        
I Phantásien in Not A XIV Goab, die Wüste der Farben N
II Atréjus Berufung B XV Graogramàn, der Bunte Tod O
III Die uralte Morla C XVI Die Silberstadt Amargánth P
IV Ygramul, die Viele D XVII Ein Drache für Held Hynreck Q
V Die Zweisiedler E XVIII Die Acharai R
VI Die drei magischen Tore F XIX Die Weggenossen S
VII Die Stimme der Stille G XX Die Sehende Hand T
VIII Im Gelichterland H XXI Das Sternenkloster U
IX Spukstadt I XXII Die Schlacht um den Elfenbeinturm V
X Der Flug zum Elfenbeinturm J XXIII Die Alte Kaiser Stadt W
XI Die Kindliche Kaiserin K XXIV Dame Aiuola X
XII Der Alte vom Wandernden Berge L XXV Das Bergwerk der Bilder Y
XIII Perelín, der Nachtwald M XXVI Die Wasser des Lebens Z

Inhalt

Die Einleitung

Protagonist der Erzählung ist Bastian Balthasar Bux, ein etwa zehnjähriger, kleiner, übergewichtiger Junge mit dunkelbraunem Haar und blassem Gesicht, der in der Einleitung vorgestellt wird. Bastians Geschichte beginnt mit einer Flucht; der Junge versucht seinen Klassenkameraden zu entkommen, die ihn hänseln und herumschubsen. So betritt Bastian gehetzt das Antiquariat des Buchhändlers Karl Konrad Koreander, der sich über den plötzlichen Lärm ärgert und Bastian auch deshalb des Hauses verweisen will, weil er nach eigener Aussage Kinder nicht leiden kann. Bald wird deutlich, dass Koreanders ablehnende Haltung gegenüber jungen Menschen aus Vorurteilen resultiert. Er vermutet, Bastian habe eine Ladenkasse ausgeraubt oder eine alte Frau niedergeschlagen; die wirkliche Erklärung für die Eile des Jungen zieht er gar nicht in Betracht.

Endes Beschreibung des Buchhändlers ähnelt stark der eines märchenhaften Zauberers (Merlin, Gandalf oder der später erfundene Dumbledore), wie sie in phantastischen Geschichte oft auftreten, um den Helden in Kontakt mit seiner Aufgabe zu bringen, eine Funktion, die auch Koreander zukommt. Während Bastian seinen Laden betritt, liest er in einem Buch, das Bastian bald darauf das Tor in das Reich der Phantasie, Phantásien, öffnen soll.

Trotz Koreanders abweisender Haltung kommt es zu einem Dialog zwischen dem Buchhändler und seinem jungen Gast. Dieser wagt es, Koreander zu widersprechen: "Alle [Kinder] sind aber nicht so". Wie sich bald herausstellt, ist dieses Maß an Mut für Bastian bereits ungewöhnlich, aber Koreander zeigt sich dadurch durchaus beeindruckt, und bald schon stellt sich heraus, dass beide einige Gemeinsamkeiten haben. Neben der Leidenschaft für Bücher ist dies vor allem eine Kuriosität ihrer beider Namen: Beide beginnen mit einer dreifachen Alliteration. Bei Bastian Balthasar Bux sind dies drei B´s, bei Karl Konrad Koreander drei K´s. Koreander äußert sich zunächst abfällig über Bastians Namen, bis dieser ihn darauf aufmerksam macht, dass Koreanders Name das gleiche Merkmal aufweist. Danach ist das Eis einstweilen gebrochen.

Koreander versucht zu ergründen, warum Bastian auf der Flucht war. In diesem Rahmen stellt sich heraus, dass Bastians Geschichte von Versagen geprägt ist. Er schafft es nicht, sich gegen seine Mitschüler zu wehren, er ist unsportlich, hat wenig Kraft, ist ängstlich, unentschlossen und darüber hinaus ein schlechter Schüler, der eine Klasse wiederholen musste. Als der Buchhändler wissen möchte, was seine Eltern dazu sagen, erklärt Bastian, seine Mutter sei tot.

Koreander verlässt den Raum, als das Telefon klingelt. Bastian nutzt diese Zeit, um sich das Buch näher anzusehen, in dem Koreander gelesen hatte. Es trägt den Titel Die unendliche Geschichte. Bücher ziehen Bastian unwiderstehlich an, dieses jedoch hat es Bastian besonders angetan, denn eine unendliche Geschichte hatte sich Bastian immer gewünscht. Eine Geschichte, in der er niemals Abschied nehmen muss von den Gestalten, mit denen er so viele Abenteuer erlebt hat, eine Geschichte, die niemals zu Ende ging. Für Bastian das Buch der Bücher, das er um jeden Preis besitzen muss.

Bastian kann der Versuchung nicht widerstehen, bringt das Buch an sich und flüchtet erneut, diesmal aus Koreander Laden. Da er glaubt, sich als Dieb in den Augen der Welt unmöglich gemacht zu haben, sucht er einen Zufluchtsort, den er schließlich auf dem Speicher seiner Schule findet. Obwohl er keine Ahnung hat, wie er dort längere Zeit überleben soll, glaubt er, dass seine Entscheidung eine endgültige ist, insbesondere, weil er seinem Vater nicht mehr unter die Augen treten kann, den er schon wieder enttäuscht hat.

Bastian richtet sich auf dem Speicher ein und beginnt, in der unendlichen Geschichte zu lesen. Die Erzählung mündet damit an dieser Stelle in das erwähnte Buch im Buch.

Anmerkungen

Bastians Geschichte beginnt mit einer Flucht und mündet in eine zweite, weitreichendere. Zunächst flieht Bastian "nur" vor seinen Mitschülern, nach dem Diebstahl des Buches jedoch flüchtet er vor seinem Vater, der gesamten Welt und vor allem vor sich selbst. Ende hat dieses Motiv mit Bedacht gewählt, denn es ist ein wesentlicher Charakterzug des Jungen, der sich im Verlaufe der Handlung ständig auf der Flucht befindet. Seine Flucht vor der Welt mündet im weiteren Handlungsverlauf in eine Flucht aus der Realität, durch die Bastian sich im Reich der Phantasie zu verlieren droht. Ende bereitet diese Thematik, die ihm ein zentrales Anliegen ist und die er auf breitem Raum behandelt, bereits in den ersten Sätzen der Erzählung vor.

Bastian versagt, weil er kein Selbstvertrauen hat, und er hat kein Selbstvertrauen, weil er versagt. Diesen Teufelskreis kann er nur durchbrechen, indem er beginnt, an sich selbst zu glauben. Doch das fällt ihm schwer, solange andere ihm nur mit Ablehnung begegnen. Am Beispiel von Herrn Koreander wird deutlich, dass ihm diese Ablehnung ohne Gründe widerfährt, die in seiner eigenen Person liegen. In Wahrheit haben die beiden sogar einiges gemeinsam. Einen Vornamen, der als Alliteration drei gleicher Buchstaben beginnt, aber auch die Leidenschaft für Bücher.

Schon auf diesen ersten Seiten des Buches wird aber auch deutlich, dass es um Bastian keineswegs so schlimm steht, wie er selbst sich einschätzt. Er glaubt, mutig und unentschlossen zu sein, sich nicht wehren zu können. Doch er findet den Mut, Koreander zu widersprechen, als dieser seine Vorurteile äußert, und es gelingt ihm mit wenigen Worten, den Buchhändler zu überzeugen und sich ein Stückweit seinen Respekt zu verdienen. Zudem resultiert sein Versagen in der Schule offensichtlich nicht aus einem Mangel an Intelligenz oder Wissen, da Bastian sehr interessiert an Büchern ist und ihren Inhalt korrekt erfassen kann.

I. Kapitel

Es wird die Reise von vier Botschaftern zur Kindlichen Kaiserin beschrieben. Drei der Botschafter sitzen schon um ein Feuer im Haulewald herum, als ein vierter, ein Irrlicht hinzukommt. Von fern wird erkannt, dass es sich bei den drei schon vorhandenen Botschaftern um einen Felsenbeißer, einen Nachtalben und einen Winzling handelt. Das Irrlicht stellt sich vor, da es sich verlaufen hat und nach dem Weg fragen möchte. Im Laufe des Gesprächs stellt sich heraus, dass alle vier Boten die selbe Nachricht haben. Alle haben den Ausbruch des „Nichts“ in ihrer Umgebung festgestellt und wollen davon der Kindlichen Kaiserin Bericht erstatten. Schließlich treffen alle am Elfenbeinturm ein, der Winzling als erster, weil er auf einer „Rennschnecke“ reitet. Um der Kaiserin allerdings eine Nachricht überbringen zu können, muss man sich anmelden und um einen Termin ersuchen, was nicht üblich ist, nur aufgrund der großen Ansammlung von Boten wird so vorgegangen. Sie haben alle die gleiche Nachricht vom Nichts. Es wird bekannt dass die Kindliche Kaiserin krank ist und vermutet wird dass das „Nichts“ irgendwie mit der Krankheit in Verbindung steht.

Bastian ist in diesem Kapitel kaum vertreten.

Anmerkungen

Bei dem Wort „Haulewald“, handelt es sich um eine Abwandlung von „Heulewald“, also ein „heulender Wald“.

Irrlichter sind kleine, geisterhafte, flammenartige Wesen, die in der Literatur oft vorkommen, zum Beispiel in Goethes Faust. Normalerweise leben sie im Sumpfland und bringen andere Lebewesen dazu, vom Weg abzukommen, sich zu verirren, im Sumpf zu versinken. Anders in der unendlichen Geschichte, wo auch das Irrlicht seinen Beitrag dazu leistet, den verirrten Bastian auf seinen Lebensweg zurückzuführen.

Obwohl die vier Botschaftern Völkern entstammen, die einander normalerweise misstrauen, folgen sie hier einer gemeinsamen Mission und werden später Weggefährten, wenn nicht Freunde. Wie schon bei der Begegnung zwischen Bastian und Koreander gibt Ende dadurch den Hinweis, dass Unterschiede kein Grund sein müssen, sein Gegenüber abzulehnen. Hat man sich erst einmal näher kennengelernt, findet man oft mehr Gemeinsamkeiten als trennende Faktoren.

II. Kapitel

In diesem Kapitel wird berichtet, wie der Zentaur Caíron, ein großer Arzt, zu Atréju reist und seinen Auftrag dort erfüllt. Er ist derjenige, der von der Kaiserin geschickt worden war, Atréju im Namen der Kaiserin seine Aufgabe zu erklären und das Kleinod, auch genannt AURYN oder Der Glanz, zu überbringen, welches dem Träger die Kräfte der Kindlichen Kaiserin verleiht. Atréju soll in ganz Phantásien umherreisen und nach einer Rettung für die Kindliche Kaiserin suchen, die die Ärzte nicht finden konnten.

Caíron kommt am Wohnort Atréjus, dem Gräsernen Meer an und ihm wird berichtet, dass Atréju zur Zeit auf der Jagd ist, da er bald Jäger werden soll und heute „seinen“ Büffel schießt. Atréju wird trotzdem geholt und ist zunächst erbost, beruhigt sich jedoch wieder, als er AURYN sieht. Caíron erklärt Atréju seine Aufgabe und er reitet augenblicklich los.

Auch hier ist Bastian, abgesehen von einigen Zwischenbemerkungen, die ihn oder seine Situation kurz beschreiben, im Hintergrund.

Anmerkungen

Zentauren sind in ihrer klassischen Form Menschen mit Pferdekörper, Caíron hat einen Zebrakörper was ihn zu einem eher ungewöhnlichen Beispiel macht, was im Buch jedoch dadurch erklärt wird, dass Cairon zu einer speziellen Rasse namens Schwarzzentauren gehört.

Die Vorderseite des AURYN zeigt zwei Schlangen, die einander in den Schwanz beißen. Dieses mythologische Symbol, der sogenannte „Ouroboros“, ist seit dem Altertum in vielen Kulturen verbreitet. In Kapitel XIII greift Ende eine der Bedeutungen des Ouroboros, „Tod und Wiedergeburt“, auf, in dem Phantásien zerstört wird und anschließend neu entsteht. Eine andere Bedeutung ist „Unendlichkeit“, was sich sowohl in der Grenzenlosigkeit Phantásiens, als auch der „ewig jungen“ Kindlichen Kaiserin widerspiegelt.

Cairon ist zunächst skeptisch, ob ein kleiner, zehnjähriger Junge wie Atréju wirklich der Richtige ist, um eine solche Aufgabe zu bewältigen. Doch er begreift, dass die Kindliche Kaiserin in einer so wichtigen Entscheidung nicht irren kann. Tatsächlich ist Atréju sogar der einzige, der die Aufgabe zu lösen vermag, denn wie sich später herausstellt, kann nur ein Menschenkind der Kindlichen Kaiserin einen neuen Namen geben. Atréju ist Bastians Alter Ego, der Mensch, der Bastian gerne wäre, entschlossen, mutig und stark. Er ist somit die Identifikationsfigur, die Bastians Interesse an der Geschichte aufrecht erhält, die seine Phantasie beflügelt. Seine Aufgabe besteht darin, Bastian die Problematik begreiflich zu machen und ihn in das Reich der Phantasie zu führen.

III. Kapitel

Atréju macht sich auf den Weg, seine Suche beginnt. Er reist durch verschiedene Orte und Städte, die alle anders sind und aussehen. Während der Reise träumt Atréju immer von Büffeln, speziell von „seinem“ Büffel, den er erlegen wollte, um Jäger zu werden. Er trifft auf Borkentrolle, Wesen, die aussehen wie Bäume, aber auf wurzelartigen Beinen laufen und auch sprechen können. Diese zeigen Atréju erstmals das Nichts. Schließlich bekommt er von dem Büffel im Traum den Auftrag zum Hornberg in den Sümpfen der Traurigkeit zu reisen. Dort wohne die Uralte Morla.

Atréju macht sich auf den Weg zum Sumpf und nach einigen Tagen erreicht er ihn auch. Mit seinem Pferd Artax reitet er hinein. Schließlich zeigen die Sümpfe die Wirkung bei Atréjus Pferd, welches deprimiert wird und nicht weiterreiten will. Atréju ist durch Auryn geschützt, sodass ihm die Sümpfe der Traurigkeit nichts anhaben kann. Trotz vieler Überredungsversuche Atréjus versinkt das Pferd in tiefer Hoffnungslosigkeit und Trauer schließlich in den Sümpfen.

Nach einigen Stunden findet Atréju den Hornberg und entdeckt, dass der Hornberg selbst die Uralte Morla ist: Es ist der Panzer der riesenhaften Schildkröte. Diese Schildkröte gibt ihm nach einem langen und, da Morla immer mit sich selbst spricht und ihr alles egal ist, schwierigen Gespräch die Auskunft, dass die Krankheit der Kindlichen Kaiserin geheilt werden kann, wenn ihr jemand einen neuen Namen gibt. Doch kein Phantásier ist dazu imstande. Morla vermag nicht zu sagen, wer dazu in der Lage ist. Doch gelingt es Atréju, ihr die Aussage zu entlocken, dass die Uyulála im Südlichen Orakel mehr wissen könnte.

Bastians Gefühle während der Geschichte werden kurz und knapp in Randbemerkungen erläutert, sonst tritt er nicht auf.

Anmerkungen

Artax' Tod symbolisiert, dass der Verlauf des eigenen Lebens maßgeblich davon abhängt, wie man es selbst empfindet und mit welcher Einstellung man ihm begegnet. Als sich das Pferd von der Traurigkeit übermannen lässt, läutet dies seinen (sinnlosen) Untergang ein. Auch Morla selbst steht für ein Wesen, das sich selbst aufgegeben hat und deshalb nur noch den Tod herbeisehnen kann. Beide sind somit ein Spiegelbild für Bastians eigene Situation, der an seinen Problemen zu verzweifeln droht und bereit ist, alles aufzugeben, was er noch hat, auch sich selbst. Doch Atréjus Entschlossenheit deutet darauf hin, dass es andere Wege gibt, als sich dem eigenen Schicksal zu ergeben, dass der Mensch die Kraft hat, zu ändern, was ihn zerstört.

IV. Kapitel

In diesem Kapitel geht es um Atréjus Begegnung mit Ygramul, auch genannt Die Viele. Nachdem Atréju von der Uralten Morla erfahren hatte, dass er zum Südlichen Orakel muss, aber auch, dass er es nicht schaffen kann bis dorthin zu kommen, irrt er in einer Felsenwüste umher und sucht verzweifelt nach einem Weg dorthin. Er erkennt bald, dass es sich um die Toten Berge handelt, in denen ein Geschöpf namens Ygramul lauert, dessen Aussehen und Beschaffenheit Atréju nicht kennt.

Schließlich trifft er auf eine Schlucht, an der er nicht weiter kann. Er geht also gefährlich nah parallel zum Abgrund weiter. Hier wird auch berichtet, dass ein dunkles Etwas sich ihm immer mehr nähert, wovon Atréju jedoch nichts mitbekommt.

In einer Höhle trifft er dann auf einen weißen Glücksdrachen, Fuchur mit Namen, der im Kampf mit Ygramul ist, das sich als riesigen Insektenschwarm herausstellt. Ygramul bietet Atréju zur Rettung Phantásiens an, ihn zu beißen. Obwohl das Gift Ygramuls innerhalb einer Stunde tötet, verleiht es die Macht, sich innerhalb dieser Zeit an jeden beliebigen Ort Phantásiens zu wünschen. Atréju stimmt zu, lässt sich von Ygramul beißen und wünscht sich, bevor er das Bewusstsein verliert, zum Südlichen Orakel.

Das böse Wesen, welches zwischendurch kurz erwähnt wird und eine Bedrohung für Atréju darstellt, kann, nachdem Atréju sich weggewünscht hat, seine Verfolgung nicht mehr aufnehmen.

Bastian hat hier erstmals eine wesentliche Rolle im Handlungsablauf seit Die Unendliche Geschichte begonnen hat. Er stößt in Furcht um Atréju einen Schreckenslaut aus, den man, unbegründet in der weiteren Geschichte, in der Felsenschlucht hört, neben der Atréju geht. Bastian wundert sich verständlicherweise über diese Textstelle im Buch.

Anmerkungen

Auch Fuchur, der Glückdrache, ist ein Symbol dafür, dass der Mensch den Verlauf seiner eigenen Geschichte vor allem durch seine Einstellung zum Leben selbst bestimmt. Wie er Atréju später offenbart, resultiert sein sprichwörtliches Glück aus seinem eigenen, stets optimistischen Wesen. Auch, als er in dem Netz gefangen war und es keine Rettung mehr zu geben schien, hat er sich nicht einen Moment lang aufgegeben. Mit Erfolg, denn indem Atréju Ygramul das Geheimnis entlockt hat, wie man seiner Einflusssphäre entfliehen kann, hat es diesen Weg auch für den Drachen geöffnet und ihm somit das Leben gerettet.

Ende weist hier darauf hin, dass es manchmal vonnöten ist, einen Umweg zu gehen, um ein Ziel zu erreichen, und auch, dass Hilfe zur Selbsthilfe die beste Hilfe ist. Atréju hat keine Macht, um Fuchurs Leben von Ygramul zu fordern. Aber es gelingt ihm, Ygramuls Geheimnis zu lüften und dem Drachen somit die Kraft zu geben, sich selbst zu befreien.

V. Kapitel

Atréju landet, wie von Ygramul versprochen, im Südlichen Orakel. Bei ihm ist der Glücksdrache Fuchur, der das zufällig Mitgehörte zu seinem Glück ausnützte und sich ebenfalls an diesen Ort wünschte.

Im Orakel lernt Atréju die Zweisiedler kennen, ein Ehepaar, welches in einer kleinen Höhle lebt. Es sind kleine und etwas schrumpelige, ältere Herrschaften. Sie heilen ihn und auch den Drachen von seinen Leiden. Urgl ist die Ehefrau von dem etwas stolzen und schnell gekränkten Engywuck, die sich gut mit Kräutern und Heilmitteln auskennt. Die beiden liegen in einem ewigen Ehestreit, wie er häufiger bei älteren Eheleuten zu finden ist. Während Engywuck sehr an seiner Forschung über das Südliche Orakel, die drei Tore die hinter dem ersten, sichtbaren Eingang liegen und auch der Uyulála, dessen Beschaffenheit er nicht kennt, weil niemand ihm etwas darüber sagen wollte, interessiert ist, ist Urgl eher praktisch orientiert, die sich immer um das Wohl der Menschen und anderen Wesen sorgt und dabei allerdings auch ruppig zugeht. Engywuck zeigt Atréju durch ein Observatorium den Eingang, zwei Sphinxen.

Bastian tritt wiederum kaum in Erscheinung, nur in der Form, als dass kurz beschrieben wird, dass er die Toilette aufsucht.

Anmerkungen

In Mythen und Sagen waren Sphinxen schon immer mit Rätseln verbunden. In der Ödipussage kommt eine Sphinx vor, die jeden erwürgt und frisst, der ihr Rätsel nicht lösen kann.

Obwohl Fuchur nicht verpflichtet gewesen wäre, sich an den gleichen Ort zu wünschen, den Atréju gewählt hat, folgt er ihm aus Dankbarkeit und bietet seine Hilfe bei der Großen Suche an. Dieses Verhalten bringt die Rettung für beide. Atréjus Wahl des Ankunftsortes und sein sprichwörtliches Glück sorgen dafür, dass beiden Heilung zuteil wird. Freundschaft und Loyalität sind der Weg, der die Welt gesunden lässt.

Bastian selbst ist weit davon entfernt, einen solchen Weg zu beschreiten. Auf dem Rückweg von dem Toilettenbesuch flüchtet er vor dem Hausmeister der Schule, so wie er sich in Koreanders Laden geflüchtet hat, so wie er seit dem Diebstahl des Buches vor der ganzen Welt zu fliehen versucht.

VI. Kapitel

Engywuck verrät Atréju allerlei über das Südliche Orakel und was er über die Tore weiß. Es gibt das erste Tor, das von zwei Sphinxen bewacht wird und das nur passiert werden kann, wenn sie die Augen schließen, da man sonst alle Rätsel der Welt beantworten muss, wenn man in ihren Blick hineinläuft. Das zweite Tor ist das sogenannte Zauberspiegeltor, welches den Menschen, die hindurchwollen, ihr wahres Inneres zeigt. Das Ohne-Schlüssel-Tor schließlich kann man nur passieren, wenn man keinerlei Willen mehr hat, durch dieses Tor hindurchzugehen. Ferner erfährt Atréju, dass das zweite Tor erst da ist, wenn man durch das erste gegangen ist, das heißt, geht man außen herum, trifft man das Tor nicht, ebenso verhält es sich beim zweiten und dritten Tor.

Schließlich geht Atréju los und durchschreitet die drei Tore. Das erste Tor durchquert er völlig problemlos, die Sphinxen schließen ihre Augen und er hat keinerlei Schwierigkeiten, es zu passieren. Im zweiten Tor sieht Atréju Bastian Balthasar Bux, den Leser der Geschichte, der auch reagiert und sich wundert. Nachdem er auch durch dieses Tor getreten ist, ist er vollkommen willenlos, er hat alles vergessen, warum er hier ist und was er möchte. So kann sich auch das Ohneschlüsseltor ohne weiteres öffnen, denn Atréju liegt nichts an dem Hineinkommen.

Anmerkungen

Als Atréju in das Zauberspiegeltor blickt, sieht er nicht sich selbst, sondern Bastian. Er stellt somit sozusagen Bastians phantásischen Zwilling dar; Bastian und er sind zwei Ausprägungen der gleichen Persönlichkeit. Schon dadurch gibt Ende einen deutlichen Hinweis auf das, was Bastian erst viel später begreift: Dass die Kraft, so zu sein, wie er sein möchte, dass die Möglichkeit, so zu werden wie Atréju, bereits in ihm steckt. Er muss nichts weiter tun, als seine eigene Einstellung zu verändern. Wichtig ist auch der Hinweis, dass Atréju verwundert reagiert, wie leicht es ihm fällt, das Tor zu durchschreiten, wo so viele andere die Begegnung mit ihrem wahren Ich nicht ertragen konnten. Von Atréju erfährt Bastian also nicht die Ablehnung, die er von anderen gewohnt ist.

Bastian greift in die Geschichte ein, indem er Atréju einen „Befehl“ gibt, nicht aufzugeben, den dieser befolgt. Er hat also erkannt, welches der richtige Weg ist. Doch hat er noch nicht die Kraft, ihn selbst zu gehen. Stattdessen entsendet er mit Atréju seine eigene, alternative Persönlichkeit, um diese Aufgabe zu lösen. In der realen Welt müsste er Kraft investieren, Risiken eingehen, doch im Reich der Phantasie kann er sein, was er sein möchte, ohne sich dies erarbeiten zu müssen. Atréju handelt an seiner Stelle, so, wie er es am Ende des Buches tut, um Bastian die Rückkehr in seine eigene Welt zu ermöglichen.

VII. Kapitel

Nach dem Passieren eines langen Ganges trifft er auf die Uyulála, die sich als bloße Stimme herausstellt, ohne Körper oder sonstige Erscheinungsform.

Das Gespräch zwischen Uyulála und Atréju ist durch zwei Dinge erschwert: Die Uyulála kann nur in Reimform sprechen und sie kann nur Reime verstehen. Hinzu kommt die Tatsache, dass Atréju immer noch keinerlei Erinnerungen daran hat, warum er bei der Uyulála ist.

Mehr durch Zufall erfährt er schließlich doch, dass nur ein Menschenkind aus der Außenwelt Phantásien retten kann, indem es der Kindlichen Kaiserin einen Namen gibt. Bastian reagiert auf diese Äußerung im Buch eher belustigt; er glaubt nicht daran, dass er tatsächlich ins Buch kommen kann.

Nach dem Gespräch schläft Atréju ein und als er erwacht, ist er auf einer riesigen Ebene ohne irgendetwas. Ganz in der Nähe hat sich wieder ein Loch aus Nichts ausgebreitet. Er rennt schnell weg, in die andere Richtung, wo er ein Tor vermutet. Er trifft tatsächlich auf das Tor, das jedoch eingestürzt und von den Sphinxen verlassen ist.

Engywuck ist zunächst von Atréjus Bericht begeistert, doch kann er nun nichts mehr damit anfangen und ist zutiefst enttäuscht, dass die Uyulála verschwunden ist. Am Ende des Kapitels verlassen die Zweisiedeler mit Gepäck ihre Höhle und Atréju und Fuchur beginnen, ein Menschenkind zu suchen.

Bastian tritt hier mehrmals in Erscheinung. Er reagiert auf die Beschreibung des Jungen, der genauso beschrieben wird, wie er sich zur Zeit aufhält, in Militärdecken gehüllt und ein Buch lesend. Außerdem fühlt er sich angesprochen, als die Rede davon ist, dass ein Menschenkind nach Phantásien kommen soll, doch er tut diesen Gedanken als etwas Unmögliches ab. Ferner wird davon berichtet, dass Bastian nun Probleme mit der Dunkelheit bekommt, doch er verschafft sich Licht, indem er einen Kerzenleuchter anzündet.

Anmerkungen

Das Orakel erwähnt, dass die Menschen nicht mehr an Phantásien glauben, weshalb die Kindliche Kaiserin und ihr Reich zu verschwinden beginnen. Mit seiner Ungläubigkeit hilft Bastian dem Nichts somit indirekt bei seiner Verbreitung.

VIII. Kapitel

Atréju und Fuchur reiten tagelang durch den Himmel, um hinter den Grenzen Phantásiens ein Menschenkind zu finden. Nach Tagen der Reise ist Atréju extrem müde und Fuchur gibt zu bedenken, dass die Kindliche Kaiserin nur die Erforschung der Krankheit aufgetragen hatte, nicht jedoch die Heilung, also die Beschaffung des Menschenkindes. Atréju beschließt, noch eine Stunde weiter zu reisen und danach zum Elfenbeinturm zurückzukehren, sollte man bis dahin die Grenzen Phantasiens nicht erreicht haben. In genau dieser Zeit treffen Atréju und Fuchur auf ein Unwetter und geraten in einen Streit zwischen den vier Windriesen Lirr, Baureo, Schirk und Mayestril. Entgegen der Angst von Fuchur tritt Atréju den Windriesen gegenüber, weil er sie fragen möchte, wo die Grenzen Phantásiens liegen. Auf diese Weise erfährt er, dass Phantásien grenzenlos ist. Nach der Frage setzen die Windriesen ihr Kampfspiel fort. Dabei wird Atréju von dem Rücken Fuchurs geschleudert und erwacht erst an einem Strand wieder. AURYN hat er im Laufe des Sturzes verloren.

Weil er nicht weiß was er sonst tun soll, geht er einfach in Richtung Land entlang einer Straße, auf der er eine Prozession aus seltsamen Gestalten entdeckt, die Musik mit Pfeifen und Trommeln machen und dabei merkwürdig tanzen. Atréju folgt dem Zug aus phantásischen Wesen, der geradewegs ins Nichts wandert, was Atréju, in Gedanken über die Kindliche Kaiserin und Menschenkinder, die nach Phantásien kommen fast zu spät bemerkt. Fast wird er auch von dem Sog des Nichts angezogen, doch er kann sich befreien. Schnell rennt er weg und folgt dabei der Straße, die er gekommen war, in eine Stadt.

Bastian fühlt sich immer mehr von dem Ruf nach einem Menschenkind nach Phantásien angesprochen und gibt dies auch zum Ausdruck, in dem er in das Buch flüstert und mit sich selber spricht, dass er es nicht kann, weil er nicht weiß wie. Ansonsten steht er im Hintergrund.

Anmerkung

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Der menschliche Geist kann immer wieder neue Geschichten ersinnen. Doch natürlich kann ein Wesen, das selbst nur eine Phantasiefigur ist, die Außenwelt, in der die Menschen leben, nicht betreten und ist für immer auf das grenzenlose Phantásien beschränkt. Und doch gibt es eine Welt jenseits Phantásiens. Die reale Welt, die Menschenwelt.

IX. Kapitel

Zu Beginn des Kapitels wird davon berichtet, wie es Fuchur ergangen war, als er Atréju verlor und dass er ihn sucht. Doch der sonstige Handlungsablauf beschränkt sich fast ausschließlich auf Atréjus Erlebnisse in Spukstadt.

Die Stadt ist verlassen, alt, vermodert und heruntergekommen. Sie sieht jedoch fluchtartig verlassen aus, wie verwüstet. Essensreste stehen herum, von denen Atréju isst, um seinen Hunger zu stillen. Plötzlich hört er einen Werwolf heulen und geht zu ihm. Er ist fast verhungert und ausgemergelt. Er wolle sterben, sagt er. Im Gespräch stellt sich heraus, dass der Werwolf Gmork heißt, dass es sich bei der Stadt um Spukstadt im Gelichterland handelt, von der es viele Geschichten gibt, dass er keine Überlebenschancen mehr hat, das Nichts bald da sein wird und er nur von seiner Besitzerin von der fesselnden Kette befreit werden kann, die aber bereits im Nichts ist. Außerdem verrät er, dass es verschieden Welten gibt, zum Beispiel die der Menschenkinder und die phantásische und dass Werwölfe keine eigene Welt haben und überall hinkommen. Atréju, sagt der Wolf, müsse nur ins Nichts springen, um als Lüge in einer anderen Welt aufzutauchen. Phantásien sei nur eine Welt aus Geschichten und Erfindungen und wenn eine Geschichtsfigur ins Nichts springt, werden sie zu einer Vorstellung, die für jedes phantásische Wesen individuell ist. Lügen, sagt der Werwolf, seien dazu da, die Menschen zu verblenden und sie dazu zu bringen, sinnlose Dinge zu tun. Und da keiner mehr an diese Lügen glaube, könne kein Kind mehr nach Phantásien kommen.

Bastian erkennt sogar, dass also nicht nur Phantásien krank ist, sondern auch die andere Welt. Und er spürt, dass er beide Welten gesund machen kann, weiß aber nicht wie.

Atréju erfährt schließlich, dass ihn eine Frau angekettet hat, weil er den Auftrag hatte, gegen ganz Phantásien zu kämpfen. Er diente jemandem, der die Vernichtung Phantásiens beschlossen hatte und nun Gefahr für seinen Plan sah, weil Atréju ausgesandt war. Er folgte ihm, doch die Spur riss ab und als er diese Geschichte der Finsteren Fürstin erzählt hatte, wurde er von ihr hier angekettet. Als Atréju ihm schließlich erzählt, wer er ist, was er bisher noch nicht getan hat, lacht der Werwolf und stirbt anschließend. Noch im Tod beißt Gmork ihm ins Bein und hält ihn somit in der Stadt.

Anmerkungen

Wesen aus Phantásien die vom Nichts verschlungen wurden, werden zu „Lügen“ in der Welt der Menschen. So, wie ein Blick ins Nichts auf den Phantásier wirkt, als sei er erblindet, raubt auch die Lüge den Menschen die Fähigkeit, die Wahrheit zu sehen. Im Umkehrschluss wird jedes Mal, wenn ein Mensch lügt, ein Phantásier vernichtet. Gmork steht als Werwolf quasi zwischen der Welt der Menschen und der Fantasie, gehört jedoch zu keiner von beiden. Er ist ein Symbol für den Neid und die Eifersucht vieler Menschen. Weil sie selbst das Glück nicht erlangen können, das ein anderer hat, missgönnen sie es ihm und zerstören es. In diesem Fall wirkt Gmork daran mit, Phantásien zu vernichten, weil er selber ohne Heimat ist.

Gmork steht im Dienste geheimnisvoller Auftraggeber, die ein Interesse daran haben, das Wissen um und den Glauben an Phantásien zu zerstören, um den Menschen die Fähigkeit zu rauben, selbstständig zu denken. Auf diese Weise können die Menschen ihre Phantasie nicht mehr nutzen, um zu erkennen, wenn sie belogen und manipuliert werden sollen; das Leugnen der Phantasie und ihrer Wirkungen dient also dazu, Macht über andere auszuüben. Diese geheimnisvollen Auftraggeber dürften die Habgier und die Eigensucht sein. Wenn die Menschen nicht mehr zu einem korrekten Urteil in der Lage sind, ist es einfacher, ihnen Dinge zu verkaufen, die sie nicht brauchen oder ihren Willen zu lenken. Auf diese Weise haben Gmork und seine Auftraggeber über lange Zeit verhindert, dass Menschenkinder nach Phantásien kommen. Die Menschen glauben nicht mehr an die Macht der Phantasie und ihre heilende Wirkung. Vielmehr ist Phántasien als Ursprungsort der Lügen in Misskredit geraten. Dabei besteht jedoch kein Zweifel daran, dass es ausschließlich die Motivation des menschlichen Handelns selber ist, die über die Qualität einer Idee entscheidet. Menschen können ihre geistigen Kräfte einsetzen, um die Welt zu heilen, zu verbessern, um sie erträglicher zu machen. Oder sie können sie aus egoistischen Motiven heraus missbrauchen, um andere ihres persönlichen Vorteils wegen zu manipulieren. Phantásien ist also stets das, was die Menschen aus ihm machen.

X. Kapitel

Zu Beginn des Kapitels wird beschrieben, wie Fuchur AURYN auf dem Grund des Meeres findet, während er Atréju sucht. Es handelt sich nicht um einen Zufall, das Zeichen der Kindlichen Kaiserin lenkt seinen Willen. Doch er merkt, dass er bewusstlos werden wird und hängt es sich um den Hals, was dazu führt, dass er auch während der Ohnmacht in einer bestimmten Richtung fliegt. Die Macht AURYNS bewegt ihn dazu, in die Stadt zu fliegen, in der Atréju vergeblich versuchte, sich aus den Klauen des Werwolfes zu befreien. Atréju hatte vollständig aufgegeben und die Zähne des Werwolfs hielten ihn fest und schützten ihm somit auch vor dem Sog des Nichts. Nach einer Weile kommt der Glücksdrache Fuchur angeflogen, der ihn, vom Willen AURYNS gelenkt, retten muss und dem dies schließlich auch mit etwas Glück gelingt.

Sie fliegen schließlich durch die Luft und landen eine Nacht später beim Elfenbeinturm. Im Gespräch zwischen Fuchur und Atréju kommen allerlei Dinge über die Kindliche Kaiserin heraus, z. B., dass sie von jedem Geschöpf in Phantásien nur einmal gesehen werden kann und dass sie kein wirkliches Geschöpf Phantásiens, aber auch kein Menschenkind ist.

Schließlich macht sich Atréju auf einen beschwerlichen Weg innerhalb des Elfenbeinturmes, was ihm sehr schwer fällt, da er verwundet ist. Am Ende des Kapitels trifft er auf die Kindliche Kaiserin.

Bastian hat hier zum ersten Mal das Gefühl, nicht mehr nur seine eigene Vorstellung von der Unendlichen Geschichte zu haben, sich nicht nur in seiner Phantásie auszumalen, wie die Handlung im Buch aussehen mag, sondern er hat die Kindliche Kaiserin für einen winzigen Moment selbst gesehen. Er kann sich dies nicht erklären.

Anmerkungen

Die Kindliche Kaiserin symbolisiert die menschliche Phantasie. Ohne die Phantasie kann nichts in Phantásien bestehen, weil jede Geschichte aus der menschlichen Imaginationsfähigkeit geboren wird. Zugleich wertet sie nicht, da jede Idee der menschlichen Gedankenwelt entspringt und deshalb zunächst den gleichen Wert besitzt wie jede andere Idee desselben Ursprungs. Erst die menschlichen Moralvorstellungen führen zu einer Kategorisierung der Wünsche, Träume und Hoffnungen des Menschen, und der Impuls ist der Bewertung erst unterworfen, wenn aus ihm eine Handlung erwachsen ist; vorher ist er Teil der unsichtbaren, inneren Welt des Individuums. Die Allegorie der Phantasie, die Kindliche Kaiserin, ist ein Teil des menschlichen Denkens, doch sie ist etwas anderes als ein Mensch, eben ein Teilaspekt seiner Fähigkeiten, Kräfte und Möglichkeiten.

Wie sich später herausstellt, kann man der Kindlichen Kaiserin durchaus ein zweites Mal begegnen, dazu muss man ihr jedoch erneut einen anderen Namen geben. Jede Reise in die Welt der Phantasie ist anders, jede erwächst aus einer ganz individuellen Situation. Möchte Bastian noch einmal die Reise nach Phantásien antreten, wird er dies als völlig anderer Mensch tun und mit anderen Zielsetzungen, Wünschen und Träumen zurückkehren.

XI. Kapitel

In diesem Kapitel wird die Nachbesprechung der Großen Suche zwischen Atréju und der Kindlichen Kaiserin beschrieben. Die Kindliche Kaiserin erzählt Atréju, dass er den Auftrag erfüllt habe und erklärt ihm in einer längeren Diskussion, dass er nur die Geschichte bot, um den eigentlichen Retter mithilfe des Buches nach Phantásien zu holen.

Immer wieder liest Bastian, dass die Kindliche Kaiserin nur darauf wartet, dass der Retter ihren Namen ruft, doch Bastian, der sich seiner Sache noch nicht sicher ist, weiß nicht recht, wie er sich entscheiden soll und die Kindliche Kaiserin ist betrübt und entschließt sich schließlich zum Alten vom Wandernden Berge zu gehen, der Bastian zwingen könne zu kommen. Von ihren sieben Mächten, die sie immer umgeben, gibt sie drei Atréju und Fuchur, die die erschöpften Helden behüten sollen, vier nimmt die kranke Herrscherin selbst an sich und läuft mit ihnen zum Alten vom Wandernen Berge, den man nicht suchen, sondern nur finden könne und der alles aufschriebe. Sie tragen sie in ihrer Sänfte durch die Kälte.

Anmerkungen

In diesem Kapitel (und dem darauf folgenden) handelt die Kindliche Kaiserin zum ersten und einzigen Mal entgegen ihres „gleichgültigen“ Wesens, sonst würde sie einfach akzeptieren, dass Bastian eben nicht kommt. Im übertragenen Sinne ist es hier Bastians eigene Phantasie, die nicht zulässt, dass Bastian ihre Zerstörung in Kauf nimmt, obwohl er sich selbst schon fast aufgegeben hat.

Bastian kann sich nicht entschließen, den Schritt nach Phantásien zu gehen, weil ihm noch immer der Mut fehlt, vor allem aber, weil er befürchtet, dass er von Atréju und der Kindlichen Kaiserin die gleiche Ablehnung erfahren wird, die er von allen anderen Menschen gewohnt ist. Er fürchtet die Enttäuschung der beiden, wenn er ihnen entgegentritt anstelle des großen Helden, den sie in seinen Augen verdient hätten.

XII. Kapitel

Nach einem langen Weg mit ihren Mächten in der Sänfte kommt die Kindliche Kaiserin schließlich im Schicksalsgebirge an, wo sie aber nicht gezielt hin wollte, sondern wo die vier Mächte sie, nach dem Befehl irgendwohin zu gehen, hingebracht haben. Dort findet sie den Alten vom Wandernden Berge.

Sie läuft zu ihm und steigt eine Strickleiter zum Alten hinauf, auf der ein Gedicht aufgeschrieben ist, in dem versucht wird, der Kindlichen Kaiserin zu erklären, dass sie nicht zu dem alten Mann gehen darf, weil die beiden in allem das Gegenteil sind. Er war nie jung, sie war nie alt, sie ist der Anfang, er ist das Ende.

Schließlich kommt sie nach einem beschwerlichen Aufstieg oben an. Der Alte vom Wandernden Berge schreibt ein Buch. Er schreibt alles auf, was geschieht. Er schreibt es, wenn er etwas sagt und wenn jemand anders etwas sagt, er hat die ganze Geschichte Phantásiens in den Händen, er selbst sagt, dieses Buch sei Phantásien. Es folgt ein Gespräch zwischen der Kindlichen Kaiserin und dem Alten, in dem der Alte erklärt, dass alles, was er schreibt, geschieht und umgekehrt. Die Kindliche Kaiserin erklärt, dass sie des Alten Hilfe benötige. Der Alte beginnt dann auf Befehl der Kaiserin die Unendliche Geschichte vorzulesen, was, wie er sagt, bedeute, dass Phantásien in diesem Kreislauf ohne Ende nicht mehr austreten und nur ein Menschenkind sie und sich selbst retten könne.

Er beginnt die Geschichte von Bastian zu lesen, den Anfang des eigentlichen Buches von Michael Ende. Er beginnt mit der Inschrift der Ladentür, wie sie auch auf Seite 1 des wirklichen Buches zu finden ist. Erst nach und nach merkt Bastian, dass diese Geschichte seine Geschichte ist und er nichts dagegen tun kann, sie zu hören. Und bald schon erzählt der Alte von Atréju und von dem Nichts und schließlich von Gmork, dann dem Ende der Großen Suche und wie der Alte wieder die Geschichte anfängt zu erzählen. Um nicht in dem Kreislauf eingeschlossen zu bleiben, ruft Bastian schlussendlich den schon lange ausgewählten Namen: Mondenkind. Die Schale des Eis, in dem die Kindliche Kaiserin und der Alte vom Wandernden Berge sitzen, wird gesprengt und Bastian wird von einem Wind, der in Phantásien beginnt und auf dem Schulspeicher aufhört, nach Phantásien mitgerissen.

Anmerkungen

Die Kindliche Kaiserin ist eine Allegorie der menschlichen Phantasie. Diese ist jung, wandelbar und dadurch lebendig. Sie stellt den Anfang jeder Geschichte dar, die aus der Phantasie entspringt. Der Alte vom Wandernden Berge hingegen ist der Chronist, der die Geschichte niederschreibt. Er stellt somit eine Personifikation des Buchautors dar, also von Michael Ende selbst. Indem er die Geschichte niederschriebt, die aus der Phantasie geboren wird/durch die Kindliche Kaiserin entsteht, wird sie starr und unveränderlich und gleichermaßen "tot". Er ist somit das Ende (in diesem Fall Michael Ende) ihrer Entwicklung. Eine Aufgabe, die ihm auch hier obliegt. Indem an dieser Stelle die Geschichte immer und immer wieder von neuem beginnt, kann sie nicht fortgeführt werden, sie ist also an dieser Stelle gleichermaßen zu Ende, ohne aber abgeschlossen zu sein. Auch, wenn Bastians Ideal eine unendliche Geschichte ist, eine Geschichte also, bei der er sich niemals von lieb gewonnenen Figuren verabschieden muss, dürfte dies kaum seinen Vorstellungen entsprechen.

Indem die Kindliche Kaiserin den Alten vom Wandernden Berge auffordert, die Geschichte von vorn zu erzählen, entsteht ein Kreislauf, der stets durch die Aufforderung der Kindlichen Kaiserin von neuem beginnt. Nur Bastian kann diesen Kreislauf durchbrechen, indem er der Kindlichen Kaiserin ihren Namen gibt. Der Teufelskreis, den sie erzeugt, ähnelt Bastians eigenem inneren Teufelskreis, bei dem sich Versagen und mangelndes Selbstvertrauen gegenseitig bedingen und der ebenfalls nur durch Bastian selbst durchbrochen werden kann. Er entspricht auch dem Kreislauf, den Auryn symbolisiert.

So, wie auch andere Schutzmechanismen des menschlichen Geistes, etwa Depressionen, den Menschen zwingen können, aus einer unerträglichen Situation auszubrechen, ist es in diesem Fall Bastians Phantasie, die ihn zwingt, endlich Verantwortung zu übernehmen und das zu tun, was zu tun er längst als richtig erkannt hat. Dies findet seine Entsprechung darin, dass Bastian gegen Ende des Buches zu Koreander geht, um ihm den Diebstahl des Buches zu beichten, anstatt diese unangenehme Aufgabe dem Vater zu überlassen, wie er es zuvor getan hätte.

Indem der neue Name der Kindlichen Kaiserin die Schale des Eis sprengt, wird alles neu geboren, sie selbst, Phantásien, aber auch Bastians Leben wird in völlig neue Bahnen gelenkt.

Vorbemerkung:

Bastian erhält AURYN, das Zeichen der Kindlichen Kaiserin in Form eines Amuletts, von derselben. Es hat die Macht, jeden seiner Wünsche in Phantásien Wirklichkeit werden zu lassen. Seine Aufgabe lautet, unter dem Leitspruch Tu was du willst wünschend Phantásien schöner denn je neu zu erschaffen. Obwohl mit dieser Aufforderung scheinbar keine Einschränkungen verbunden sind, muss Bastian schließlich feststellen, dass es solche Beschränkungen durchaus gibt. Sie bestehen darin, die Bindung an seine eigene Welt nicht zu verlieren, und sie erwachsen aus der Verantwortung, die Bastian für seine Handlungen trägt, die in der Ausübung von Macht bestehen.

In Wahrheit geht es im zweiten Teil von Die unendliche Geschichte um Bastians Persönlichkeitsentwicklung, weshalb Wilfried Kuckartz von einem Bildungsmärchen spricht (Wilfried Kuckartz: Michael Ende, Die unendliche Geschichte. Ein Bildungsmärchen. Verlag Die Blaue Eule, Essen: 1984). Es geht um die Überwindung der Scham aufgrund der angenommenen körperlichen Unzulänglichkeiten, um das Erlangen eines starken Selbstwertgefühls. Darüber hinaus geht es um das Finden und Entwickeln der eigenen Liebesfähigkeit. Es ist die zentrale Botschaft des zweiten Romanteiles, nachdem es im ersten Teil um die Bedeutung der menschlichen Fantasiebegabung ging, in der das Potenzial für beide Welten angelegt ist, „sich gegenseitig gesund zu machen“. In dem Augenblick, wo Bastian aufhört, seine Phantasie zur Flucht aus der Realität zu benutzen, öffnet er sich selbst die Möglichkeit, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen, erwachsen zu werden und zu verändern, was ihn belastet.

Kapitel XIII. Perelin, der Nachtwald bis Kapitel XXIII. Die Alte Kaiser Stadt

Von dem Überwesen in Gestalt eines Löwen Graógramán („der Herr der Farbenwüste, den man auch den Bunten Tod nennt“) erfährt Bastian seine Bestimmung: er muss seinen wahren Willen finden, indem er den Weg der Wünsche beschreitet. Doch Bastian weiß zunächst nicht, dass er mit jedem Wunsch eine Erinnerung an sein Leben in der realen Menschenwelt verliert. Mit seinem letzten Wunsch verlöre er also seine letzte Erinnerung an sich selbst – seinen eigenen Namen. Damit wäre er entmachtet: ohne Identität, Wissen, weitere Wünsche und ohne ein Ziel. Sollte er zuvor nicht die Menschenwelt erreicht haben, wäre dies das Ende.

Es folgt die Erzählung vom Aufstieg und Fall Bastians in Phantásien. Ausgestattet mit grenzenloser Macht, jedoch charakterlich ungefestigt, wird er alsbald von Misstrauen und Neid erfasst. Er entwickelt sich – stets im Glauben an seine Integrität und unter dem Einfluss der Hexe Xayide – zum Tyrannen. Anstatt nach dem Weg zurück in seine Welt zu suchen, gibt er sich dem Genuss der eigenen Macht und Herrlichkeit hin. Er beansprucht schließlich den Kaisertitel über ganz Phantásien für sich und stellt sich damit gegen seine Freunde Atréju und Fuchur und die Kindliche Kaiserin selbst. In einer blutigen Schlacht um den Elfenbeinturm, in der die Untertanen Bastians gegen die rebellierenden Geschöpfe Phantásiens unter der Führung von Atreju kämpfen, kann die Kaiserkrönung jedoch vereitelt werden. Atreju wird von Bastian mit dem Schwert Sikánda verwundet. Bastian gelangt bei der Verfolgung der vermeintlichen Feinde in die Alte Kaiser Stadt (Kapitel 23), wo die Handlung eine abrupte Wendung erfährt. Er wird dort vom Aufseher Argax, einem sprechenden Affen, über seine fatalen Fehler aufgeklärt. Hätte die Krönung stattgefunden, so wäre Auryn und alle Macht Bastians – welche in Wahrheit stets von der Kindlichen Kaiserin geliehen war – sofort verschwunden, denn es „ist sonnenklar, dass man die Macht der Kindlichen Kaiserin nicht dazu verwenden kann, ihr genau diese Macht zu nehmen“. Aber auch nachdem dies nicht geschehen ist, sieht Argax kaum noch Hoffnung für Bastian, dem er den Zusammenhang von Wunsch-Macht in Phantásien mit dem Schwinden des Erinnerungsvermögens (und damit der eigenen Identität) erklärt. Argax entlässt Bastian mit der Aussicht auf ein ewig währendes Ende innerhalb der Mauern der Alte Kaiser Stadt, welche bevölkert ist von gescheiterten Besuchern Phantásiens aus der Menschenwelt. Menschen, die vor Bastian dessen Fehlentwicklung durchgemacht und schließlich versagt haben.

Von diesem Moment an ist Bastian ernsthaft auf der Suche nach seinem wahren Willen und auf der Suche nach einem Weg zurück in seine Welt. Er lernt das Leben in vollkommener menschlicher Gemeinschaft und Geselligkeit kennen (Yskálnari, Nebelschiffer), kehrt diesem jedoch alsbald den Rücken zu, da es ihm reizlos erscheint.

Anmerkungen

Weder die Kindliche Kaiserin noch Auryn haben Bastian darauf vorbereitet, dass er rechtzeitig beginnen muss, den Weg nach Hause zu suchen. Und doch hätte er es wissen müssen, schließlich hatte er durch Atréjus Heldenreise erfahren, dass die Macht der Phantasie dazu eingesetzt werden soll, beide Welten zu heilen, das Reich der Phantasie ebenso wie die Menschenwelt.

Bastian tut aber etwas ganz anders: Berauscht von der Macht der Phantasie, ausgestattet mit der Möglichkeit, sich all jener Defizite zu entledigen, unter denen er in der realen Welt so sehr zu leiden hat, tritt er die Flucht in eine alternative Persönlichkeit an, die alles ist, was er schon immer sein wollte, und verstrickt sich mehr und mehr in diese Rolle, so dass er schließlich vergisst, was und wer er wirklich ist. Ende warnt davor, die Macht der Phantasie zur Realitätsflucht zu benutzen. Die Alte Kaiser Stadt ist voll von Menschen, die sich aus der Rolle, die sie in Phantásien gespielt haben, nicht mehr zu lösen vermochten. Sie alle haben die Bodenhaftung verloren, können nicht mehr zwischen Realität und Phantasie unterscheiden: Sie sind dem Wahnsinn anheim gefallen.

Spätestens in diesem Augenblick wird klar, dass der Elfenbeinturm, in dem die Kindliche Kaiserin residiert, auch in Endes Geschichte einen Ort der geistigen Abgeschiedenheit und der Unberührtheit von der Welt symbolisiert. Wäre es Bastian gelungen, die Herrschaft über den Turm anzutreten, hätte er von einem Moment auf den anderen jegliche Verbindung zu seiner eigenen Welt verloren und wäre als Verrückter in die Alte Kaiser Stadt gebracht worden. Als Mensch muss Bastian in seiner Welt verbleiben, der Menschenwelt. Realitätsflucht fügt seinem Geist auf Dauer schweren Schaden zu. Ganz und gar unmöglich ist es hingegen, dass Bastian selbst zum Inbegriff der menschlichen Phantasie wird, wie er es durch den Angriff auf den Elfenbeinturm anstrebt.

Wie schon im ersten Teil des Buches widmet sich Ende auch in diesen Kapiteln dem Thema Machtmißbrauch. Im ersten Teil hat Ende die Lügen der Menschen angesprochen, die die Phantasie zerstören und dazu dienen, anderen Menschen ihr Urteilsvermögen zu rauben, um Macht über sie ausüben zu können. Diese Thematik findet hier ihre Fortsetzung, nur dass Bastian in allererster Linie sich selbst belügt. Auch er verliert dabei Schritt für Schritt seine Erinnerungen und damit die Möglichkeit, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist. Am Ende hat er nicht nur Phantásien schweren Schaden zugefügt, sondern vor allem sich selbst.

XXIV: Dame Aíuóla

Seine nächste Station ist das organische Änderhaus, Heim der Dame Aíuóla. Bei dieser Märchenfigur, einer Art Ur-Mutter und Pflanze in menschlicher Gestalt, findet er Ruhe und Heilung. Sie verwöhnt ihn mit Liebe und einem Überfluss köstlicher Nahrung. Von ihr erfährt er, dass er jenen Ort finden muss, an dem die Wasser des Lebens entspringen. Nur ein einziger Wunsch könne ihn dorthin führen: Der letzte, der ihm noch geblieben ist. Nach einer langen Zeit des Loslassens, der Ruhe und des Verwöhntwerdens im (mütterlichen) Änderhaus reift in Bastian dieser Wunsch. Damit hat er seinen Wahren Willen gefunden: „Dein Wahrer Wille ist es, zu lieben.“ (Dame Aíuóla). Doch er kann es nicht, da er nicht weiß, wen er lieben soll.

XXV: Das Bergwerk der Bilder

Um Eintritt zu den Wassern des Lebens zu erhalten, muss er den Wächtern antworten können, wen er liebt. Da er aber alle Erinnerung bis auf seinen Namen verloren hat, kann er diese Frage nicht beantworten. Nur ein vergessener Traum könnte ihm ein Bild von diesem Menschen zeigen, den er einst kannte, nun aber vergessen hat. Dies erklärt ihm der Blinde Bergmann des Bergwerks der Bilder, zu dem ihn sein Weg geführt hat. Ohne Licht, denn seinen Licht spendenden Talisman hat er für eine andere Sache bereits gebraucht, muss er unter Tage im Bergwerk der vergessenen Träume danach graben. Mit bloßen Händen gilt es, hauchdünne, zerbrechliche Bildtafeln zu bergen und sie an die Oberfläche schaffen, wo er sie betrachten und ihre Wirkung auf sich feststellen kann. Nach einer unbestimmbar langen Zeit mühevoller Arbeit wird er fündig: Es ist das Bild eines Mannes, der von Eis eingeschlossen zu sein scheint. Es ist Bastians Vater.

XXVI: Die Wasser des Lebens

Mit dem Fund des Bildes verlor Bastian seinen Namen, seine letzte Erinnerung. Als der Junge ohne Namen irrt er durch eine endlose Schneelandschaft, geleitet nur von der Liebe zu dem Mann auf dem Bild. Es kommt zum Wiedersehen mit Atréju und Fuchur. Der Junge ohne Namen legt AURYN vor Atréju ab. Die Szenerie verwandelt sich, und die drei Freunde stehen bei den Wassern des Lebens: »Dieser Ort ist AURYN«.

Als die Wasser des Lebens zu fragen beginnen – eine tiefgründige Prüfung des Menschen Bastian – kann Bastian die Frage nach seinem Namen nicht beantworten. Er hat auch diese letzte Erinnerung an das verloren, was er war und ist. Aus diesem Grund wollen ihn die Wächter nicht passieren lassen. Wie Atréju auf seiner Großen Suche erfahren hatte, ist es der Name, der einem Wesen seine wahre Wirklichkeit verlieht. Doch diese hat Bastian nun verloren. Da setzt sich Atréju in seiner Funktion als Bastians Freund für den Menschenjungen ein. Da Freundschaft menschliche Defizite vergessen macht, akzeptieren die Wächter diese Autorität und gewähren Bastian den Eintritt.

In dem Moment in dem er im Wasser steht, verliert er alle Gaben, die er in Phantásien erhalten hat, und er ist wieder der kleine dicke Junge aus der wirklichen Welt. Als er das Wasser trinkt, wird er von Freude erfüllt und er möchte nun genau der sein, der er wirklich ist. Ihm wird klar, dass es sich bei den vielen verschiedenen Arten der Freude im Grunde immer nur um eines handelt: die Freude, lieben zu können.

Als Bastian in die Menschenwelt zurückkehren will, stellen ihm die Wächter eine letzte Frage. Sie wollen wissen, ob Bastian alle Geschichte zuende geführt hat, die er begonnen hat. Bestürzt muss er zugeben, dass es nicht eine einzige war. Daraufhin verweigern ihm die Wächter die Rückkehr nach Hause, bis sich Atréju bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen.

Zurück in der wirklichen Welt erzählt Bastian seinem Vater ausführlich was er erlebt hat, aber leider hat er das Wasser des Lebens, das er mitbringen wollte, verschüttet. Dadurch wird auch die Beziehung zwischen Bastian und seinem Vater geheilt und der Vater weint Freudentränen. Bastian wird klar, dass er das Wasser des Lebens seinem Vater doch mitgebracht hat. Bastian und sein Vater schwören einander, dass nunmehr alles anderes werden wird, dass sie die Fehler, die beide gemacht haben, nicht wiederholen werden.

Nach dem Wiedersehen mit seinem Vater in der realen Welt endet die Geschichte mit einem Besuch Bastians bei dem Buchhändler Herrn Koreander, dem er seine Geschichte erzählt. Bastian entschuldigt sich dafür, das Buch, das seit seiner Rückkehr verschwunden ist, genommen zu haben, doch Koreander kann sich nicht erinnern, ein solches Buch jemals besessen zu haben. Bastian erfährt stattdessen, dass auch Koreander einst ein Phantásienreisender war, der auf einem ganz anderen Weg dorthin gelangt ist, einem Weg, der seiner eigenen Lebenswirklichkeit entsprach. Von der früheren Ablehnung des Buchhändlers ist nichts mehr zu spüren, im Gegenteil. Dieser ist froh, mit Bastian sprechen zu können, schließlich gibt es ja nicht allzu viele Menschen, mit denen er über so etwas reden kann.

„Bastian Balthasar Bux“, brummte er, „wenn ich mich nicht irre, dann wirst du noch manch einem den Weg nach Phantásien zeigen, damit er uns das Wasser des Lebens bringt.“

Anmerkungen

Die Forderung, die an Bastian gestellt wird, scheint nicht lösbar zu sein. Es wäre Bastian niemals möglich, alle Geschichten zu Ende zu führen, die er begonnen hat. Schon seit den ersten Seiten des Buches ist Ende nicht müde geworden, zu betonen, dass aus jeder Geschichte eine Vielzahl weiterer Geschichten erwachsen kann (Doch das ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll). Auch der Titel des Buches selbst weist darauf hin: Die unendliche Geschichte. Eine Geschichte, die niemals endet, das ist auch Bastians Ideal, weil er es hasst, immer wieder Abschied nehmen zu müssen von Figuren, die er während der Lektüre eines Buches lieb gewonnen hat. Zwar hat Bastian den unendlichen Kreislauf durchbrochen, den die Kindliche Kaiserin durch ihre Begegnung mit dem Alten vom Berge erzeugt hat, doch nur zu dem Zweck, die Geschichte Phantásiens fortzuschreiben. Die Geschichten, die Bastian begonnen hat, werden niemals enden, und aus jeder von ihnen können neue Geschichten erwachsen.

Die Frage der Wächter zielt in eine andere Richtung. Sie wollen wissen, ob Bastian Verantwortung für seine Taten übernommen hat. Die Kindliche Kaiserin hat ihm unbegrenzte Macht in die Hände gegeben, und er hat sie eingesetzt. Doch er hat sie nicht eingesetzt, um die Welten zu heilen, Phantásien ebenso wie die Menschenwelt, sondern um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Auf diese Weise hat er Taten begangen und Realitäten geschaffen, für deren Konsequenzen er nun einzutreten hat.

Ende betont in diesem Augenblick, wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen sind. Es war die Liebe zu seinem Vater, die ihn an diesen Ort geführt hat, und es ist die Freundschaft Atréjus, die ihm ermöglicht, ihn wieder zu verlassen. Atréjus Entscheidung zeigt aber auch, dass Bastian selbst sich verändert hat. Er hat nun begriffen, dass er Verantwortung für sein eigenes Leben und für andere trägt. Und er hat verstanden, dass er all das sein kann, was er immer sein wollte, auch ohne sich nach Phantásien zu flüchten und eine schier unbegrenzte Macht zu missbrauchen. Wie Bastian und Atréju schon bei den Toren des Südlichen Orakels erfahren hatten, ist der gut gebaute, starke, entschlossene, mutige Indianerjunge Bastians anderes Ich, ein Teil von ihm, der schon immer in ihm steckte und den er jetzt zum ersten Mal richtig kennengelernt hat. Und der er wieder werden kann, ohne die Macht der Kindlichen Kaiserin entgegen ihrer Bestimmung zu gebrauchen, wenn er sich nur entschließt, es zu tun, und die nötige Arbeit in seinen neuen Weg investiert. Da er die Fähigkeit gewonnen hat, zu lieben, kann er künftig den Verführungen der Macht widerstehen. Indem Atréju sich bereit erklärt, an Bastians Stelle die unlösbare Aufgabe zu übernehmen, die die Wächter von ihm verlangen, gibt er zugleich zu erkennen, dass auch Bastian selbst gelernt hat, für sein Handeln einzustehen, schließlich sind beide zwei Aspekte der gleichen Persönlichkeit.

Bastian stellt dies sogleich unter Beweis, indem er selbst zu Koreander geht, um sich für den Diebstahl des Buches zu entschuldigen, anstatt die Flucht vor sich selbst und der Welt anzutreten oder diese unangenehme Aufgabe seinem Vater zu überlassen, wie er es früher getan hätte. Überrascht muss er feststellen, dass dieses Vorgehen viel einfacher ist, als er dachte. Nicht nur, dass Koreander sich nicht erinnern kann, ein solches Buch jemals besessen zu haben; beide stellen fest, dass sie noch viel mehr gemeinsam haben, als ihre erste Begegnung schon ahnen ließ, denn sie beide sind Phantásienreisende. Dadurch, dass Bastian seine Angelegenheiten selbst in die Hand nimmt, erwirbt er Koreanders Respekt, möglicherweise sogar seine Freundschaft.

Durch die Lehren, die Bastian in Phantásien gezogen hat, ist er nun in der Lage, anderen Menschen zu helfen, für sich selbst die gleichen Erkenntnisse zu ziehen, und dadurch die Phantasie so einzusetzen, wie sie auch eingesetzt werden soll: um beide Welten zu heilen.

Koreander Anmerkung, Bastian werde weitere Menschen nach Phantásien führen, ist doppeldeutig und spielt auf die Struktur der unendlichen Geschichte als Buch im Buch an. Einerseits kann ein anderer Erzähler hergehen und Bastians Geschichte fortschreiben, andererseits führt Bastian aber auch schon dadurch Menschen nach Phantásien, dass ein Leser Michael Endes Buch in die Hände nehmen und seine Reise nachlesen kann.

Ein letztes Doch dies ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden weist darauf hin, dass auch Bastians Geschichte gerade erst begonnen hat und weitere Geschichten nach sich zieht, eine unendliche Geschichte eben.

Charaktere

Bastian Balthasar Bux

Bastian ist ein kleiner, dicker Junge von vielleicht zehn oder elf Jahren. Er ist ein schüchterner und schwächlicher Bücherwurm, der an der Schule gehänselt wird. Seine Mutter ist verstorben, was auch seinen Vater sehr belastet, welcher nur selten mit ihm spricht. In der unendlichen Geschichte wird er groß, stark und mächtig, vergisst, wer er früher war, und gerät so in große Schwierigkeiten.

Die Kindliche Kaiserin

Die Kindliche Kaiserin ist die Herrscherin Phantásiens, doch unter diesem Titel darf man sich keinesfalls das vorstellen was man gewöhnlich darunter versteht. Die Kindliche Kaiserin, oder „Die goldäugige Gebieterin der Wünsche“ wie sie auch noch genannt wird, herrscht nicht und macht niemals von ihrer Macht Gebrauch: Sie urteilt niemals, vor ihr gelten alle Wesen gleich. Egal ob schön oder hässlich, böse oder gut. Obwohl sie aussieht wie ein Mädchen von etwa 10 Jahren, hat sie strahlend weißes Haar und ist alterslos. Sie ist kein Wesen Phantásiens, doch kann ohne sie nichts in Phantásien existieren. Ihre Lebenskraft bemisst sich nach Namen. Ist ihr Name in Vergessenheit geraten, braucht sie unbedingt einen neuen, sonst stirbt sie und ganz Phantásien mit ihr.

Atréju

Atréju gehört zum Volk der „Grünhäute“, die in einer Gegend leben, die „Das Gräserne Meer“ genannt wird. Obwohl er erst 10 Jahre alt ist, wird er von der Kindlichen Kaiserin zu ihrem Stellvertreter ernannt und auf „Die Große Suche“ geschickt. Die Grünhäute sind ein stolzes Volk von Jägern, schon die kleinsten lernen, auf sattellosen Pferden zu reiten. Ihre Haut ist olivgrün und ihre Haare sind schwarz wie Ebenholz. Alles was sie benötigen, fertigen sie aus Gras oder den Häuten der Purpurbüffel, die in großen Herden durch ihr Land ziehen. Atréju ist Bastians Freund und hilft ihm oft aus fast aussichtslosen Augenblicken.

Fuchur

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Fuchur im Filmpark Babelsberg

Fuchur ist ein Glücksdrache, und gehört damit zu den seltensten Geschöpfen Phantásiens. Fuchurs Schuppen sind perlmuttfarben, schimmern rosig und glitzern weiß. Er hat eine üppige Mähne und Fransen an Schweif und anderen Gliedmaßen.

Im Englischen heißt Fuchur übrigens Falcor.

Glücksdrachen haben so gut wie keine Ähnlichkeit mit „gewöhnlichen“ Drachen, wie sie beispielsweise in der Fantasyliteratur auftreten. Sie leben weder in dunklen Höhlen, in denen sie Schätze horten, noch speien sie unentwegt Feuer und Qualm oder richten nur so aus Spaß Verwüstungen an. Sie besitzen keine ledernen Flügel und sind keinesfalls plump, sondern haben einen langen geschmeidigen Leib.

Vom Aussehen und auch von ihrer Bedeutung her ähneln die Glücksdrachen in der unendlichen Geschichte mehr denen aus der chinesischen Mythologie. Sie sind Geschöpfe der Luft, der Wärme und unbändiger Freude. Sie sind trotz ihrer Körpergröße so leicht wie eine Wolke und brauchen daher keine Flügel um zu fliegen – sie schwimmen quasi durch die Lüfte, wie Fische im Wasser.

Eine weitere Besonderheit ist sein Gesang, der wie „das Dröhnen einer riesigen Bronzeglocke“ beschrieben wird. Wer je diesen Gesang gehört hat, vergisst ihn sein Leben nicht mehr. Glücksdrachen scheinen nie die Hoffnung und ihren Frohmut zu verlieren, sie vertrauen auf ihr Glück. Sie verstehen alle Sprachen der Freude.

Adaptionen

Film und Fernsehen

Der erste Teil des Buches (Atréjus Suche) wurde 1984 von Wolfgang Petersen als gleichnamiger Fantasyfilm umgesetzt. Darsteller waren Barret Oliver (Bastian), Gerald McRaney (Bastians Vater), Noah Hathaway (Atréju), Tami Stronach (Kindliche Kaiserin), Moses Gunn (Cairon), Silvia Seidel (Fee) und andere. Die Stimme des Glücksdrachen Fuchur war Heinz Reincke. Klaus Doldinger komponierte die Musik für den deutschen Soundtrack. Der Titelsong Never Ending Story, komponiert von Giorgio Moroder und Keith Forsey, war ein Charterfolg für Limahl, den früheren Sänger von Kajagoogoo. Er war nur Teil des Soundtracks der US-Fassung. Die beiden Fassungen hatten von Haus aus unterschiedliche Soundtracks (die US-Fassung enthielt neben der Musik Doldingers auch noch einige elektronische Stücke von Giorgio Moroder), allerdings wurde nach Limahls Erfolg der Film auch in Deutschland mit dem US-Soundtrack erneut veröffentlicht.

Gegen Endes Willen folgten Die unendliche Geschichte II und III, die mit dem ursprünglichen Buch nur den Titel und einige Charaktere gemein haben:

  • In Die unendliche Geschichte 3 – Rettung aus Phantasien (1994) klaut eine Schülergang, die „Nasties“, in Bastians neuer Schule das Buch und bedrohen Phantásien und die reale Welt. Im dritten Teil spielen unter anderem Jason James Richter als Bastian, Melody Kay als Bastians Stiefschwester Nicole und Jack Black als Slipp, Anführer der Nasties, mit. Der Film spielt größtenteils in der realen Welt, u.a. ist eine amerikanische High School hauptsächlicher Handlungsort. Während der zweite Film noch einige Handlungsstränge des Buches übernimmt, ist die Geschichte des dritten Filmes komplett neu erfunden und hat - außer den Charakteren - nichts mehr mit dem Buch gemeinsam.

1996 wurde eine 26-teilige deutsch-französisch-kanadische Zeichentrickfassung hergestellt. Die inhaltliche Gestaltung setzte aber andere Schwerpunkte als das Buch.

2001 wurde eine vierteilige kanadische Fernsehverfilmung hergestellt, die im Original Tales from the Neverending Story hieß und 2004 bei RTL2 ausgestrahlt wurde. Trotz starker Ausnutzung der künstlerischen Freiheiten (von der ursprünglichen Geschichte sind nur einige einzelne Grundelemente enthalten, viele Charaktere wurden zum Teil sehr stark verändert) wurde Atréju-Darsteller Tyler Hynes für den Young Artist Award in der Kategorie Best Performance in a TV Drama Series - Leading Young Actor nominiert. Die Kostüme der Serie gewannen den Gemini Award.

Hörspiel

1980 produzierte Phonogram eine knapp dreistündige Hörspielfassung (später von Karussell vermarktet). Für Produktion und Regie zeichnete Anke Beckert verantwortlich. Die eindringliche Musik komponierte Frank Duval. Als Erzähler fungiert Harald Leipnitz. Michael Ende selbst arbeitete sein Buch zum Hörspielmanuskript um. Daher kommt das Hörspiel dem Original näher als die Verfilmungen. Allerdings handelt es sich um eine gekürzte Fassung. Dem damaligen Medium Compact Cassette geschuldet mussten einige Passagen angepasst werden, um den zeitlichen Rahmen nicht zu sprengen.

Das Hörspiel erschien in drei Teilen auf je einer Compact Cassette mit jeweils ca. 55 Minuten Laufzeit mit folgenden Untertiteln:

  1. Die große Suche
  2. Das Zeichen der Kindlichen Kaiserin
  3. Die Reise zum Elfenbeinturm

Es existieren zwei CD-Versionen, eine bestehend aus 3 CDs und eine mit nur 2 CDs. Die 3-CD-Version entspricht genau den jeweiligen Compact-Cassetten. Die Version mit 2 CDs enthält jeweils den Inhalt von etwa eineinhalb Cassetten, bei dieser Version wurde leider ein Teil der Musik und Teile des einleitenden Erzählertextes von Die Reise zum Elfenbeinturm herausgeschnitten.

Kürzungen

Hier eine kurze Übersicht über die Kürzungen. Wenn möglich ist das jeweilige Kapitel des Buches angegeben. Es werden nur größere Kürzungen genannt, die eine wirkliche Änderung der Geschichte bedeuten.

Die erste Kürzung erfolgt nach dem Ende von Kapitel IV. Die Charaktere der Zweisiedler Engywuck und Urgl wurden zu einem namenlosen „Heiler“ zusammengefasst. Der Heiler versorgt Atréju und Fuchur mit dem Gegengift gegen Ygramuls Gift. Kapitel VI wurde komplett gestrichen. Anstatt durch die drei magischen Tore geht Atréju durch ein gewöhnliches Felsentor und gelangt direkt zur Uyulala. Kapitel XVI bis einschließlich XVIII wurden ebenso komplett gestrichen. Am Ende von Kapitel XV gelangt Bastian auf eine Waldlichtung, wo er Atréju und Fuchur trifft (direkt aus Graógramáns Höhle heraus, der „Tausend-Türen-Tempel“ wird ausgelassen). Die Geschichte geht weiter mit einem Bruchteil von Kapitel XIX (dem Eintreffen von Bastians „Verehrern“ aus allen Teilen Phantásiens), Kapitel XXI wird ausgelassen und direkt in Kapitel XIII übergeleitet. Kapitel XXV wird übersprungen und die Geschichte endet mit Kapitel XXVI.

Hörbuch

Im März 2008 brachte der Audio Verlag Die unendliche Geschichte als Lesung heraus. Diese neue Fassung auf 9 CDs und mit einer Laufzeit von ca. 657 Minuten wird gelesen von Rufus Beck. Auch hier ist das Buch nicht komplett, doch im Gegensatz zum Hörspiel wurden nur einzelne Abschnitte und nicht ganze Szenen ausgelassen. Am Ende fällt es jedoch besonders auf: Herr Koreander sagt zu Bastian „Laß dir etwas von einem alten, erfahrenen Phantásienreisenden sagen, mein Junge!“, allerdings wurde vorher gar nicht erwähnt, dass auch Herr Koreander in Phantasien war (genauso wurde Bastians Frage bzgl. eines Wiedersehens mit der Kindlichen Kaiserin überhaupt nicht thematisiert).

Ballett

1999 wurde das Ballett Die unendliche Geschichte mit Musik von Siegfried Matthus in Magdeburg uraufgeführt.

Oper

Der Komponist Siegfried Matthus hatte sich noch bei Michael Ende persönlich die Rechte an einer Opernfassung der Unendlichen Geschichte gesichert. Die Matthus-Oper wurde am 10. April 2004 zeitgleich in Trier und Weimar uraufgeführt und in der Saison 2004/2005 auch am Linzer Landestheater gespielt.

Musical

Die Stage Entertainment plant in naher Zukunft Die unendliche Geschichte als Musical auf die Bühne zu bringen. Genaues ist noch nicht bekannt.[1]

Theater

Für die Rübeländer Baumannshöhle im Harz, dem einzigen unterirdischen Theater Deutschlands entstand eine Bühnenfassung des Werkes als Schauspiel und wurde am 26. November 2005 uraufgeführt. Die Inszenierung wurde von Mario Jantosch, dem Direktor des Harzer Bergtheaters Thale übernommen, die Rolle des Bastian spielte Kerstin Dathe.

Übersetzungen

Es existieren Übersetzungen des Buches in den Sprachen Arabisch, Brasilianisches Portugiesisch, Bulgarisch, Chinesisch, Dänisch, Englisch (gekürzt und ungekürzt), Esperanto, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Hebräisch, Holländisch, Isländisch, Italienisch, Japanisch, Koreanisch, Kroatisch, Lettisch, Litauisch, Norwegisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Russisch, Schwedisch, Serbisch, Slowenisch, Spanisch, Thailändisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch und Vietnamesisch.

Weitere Literatur

Ende 2003 erschienen die ersten Bücher aus der Droemer-Reihe Die Legenden von Phantásien, in der sich deutsche Autoren mit Michael Endes Unendlicher Geschichte beschäftigt haben. Beim ersten Band (Titel: Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz), handelt es sich um ein Prequel von Ralf Isau, welches die Vorgeschichte darstellt. Erzählt wird, wie Herr Koreander zu dem Antiquitätenladen und dem Buch Die Unendliche Geschichte kommt, sowie seine eigenen Abenteuer in Phantásien. Die weiteren Bände sind unabhängige Geschichten, die in dem Land spielen und in denen viele Dinge, die man aus Michael Endes Buch kennt, erwähnt oder sogar genauer erklärt werden.

Verschiedenes zum Schluss

  • Die Vorderseite des AURYN zeigt zwei Schlangen, die einander in den Schwanz beißen. Dieses mythologische Symbol ist seit dem Altertum in vielen Kulturen verbreitet. Mehr dazu unter „Ouroboros“.
  • Der Leitspruch „Tu was du willst“ (der auf der Rückseite des AURYN steht) und dessen Deutung, den eigenen „wahren Willen“ zu erkennen und zu leben, stammt aus der Thelema-Lehre, die unter anderem die Basis für den Orden Astrum Argenteum (A∴A∴) bildete.
  • Der erste und zweite Film wurden zum Teil in der Bavaria Film in München gedreht, Teile des dritten Films in Potsdam-Babelsberg. Im Filmpark sowie in der Bavaria Filmstadt befinden sich einige öffentlich zugänglich Requisiten des Films. In Babelsberg ist unter anderem der Glücksdrache Fuchur zu sehen, wobei es sich bei Fuchur um ein komplett neues Design des Drachen handelt.
  • In der Bavaria Filmstadt können unter anderem der Felsenbeißer, Morla und die in den ersten beiden Filmen verwendete Version Fuchurs besichtigt werden. Im Falle von Fuchur kann dieser sogar geritten werden. Mit Hilfe der Bluescreen-Technik kann man sich auf einem Bildschirm über die selbe Landschaft fliegen sehen, über die auch Atréju und Bastian im Film hinwegfliegen.
  • Ursprünglich sollte Atréju im Film olivgrüne Haut haben, so wie im Buch beschrieben. Nach einigen Testaufnahmen mit grünem Make-Up wurde dieses Vorhaben allerdings aufgegeben, da es nicht gelang, einen glaubwürdigen Farbton zu erzielen.
  • Michael Ende schrieb extra für den Film eine zusätzliche Szene, in der Atréju einem Riesen begegnet, der durch das Nichts immer kleiner wird. Die Sequenz wurde zwar gedreht, aber schließlich aus dem Film geschnitten.
  • Ursprünglich sollte Ygramul im Film vorkommen, es wurde ein Design entworfen, doch schließlich entschied man sich gegen Ygramul, denn mit den damaligen technischen Mitteln wäre das Insektenwesen nicht glaubhaft zu realisieren gewesen.
  • Im damaligen Filmpark Warner Bros. Movie World (heute: Movie Park Germany) gab es ein auf der Unendlichen Geschichte basierendes Wasserfahrgeschäft. Man betrat ein Haus mit Bibliothek, deren Bücher immer größer wurden. In einer Halle mit schließlich riesigen Büchern flehte die Kindliche Kaiserin in einem Einspielfilm (Darsteller unbekannt), Phantásien zu retten. Durch eine als Buchseite maskierte Tür gelangte man in eine Höhle mit Booten und reiste mit weiteren acht Personen über einen zwischenzeitlich auch reißenden Fluss (das leere Phantásien) an den bekannten Charakteren des Filmes vorbei. Zum Ende sah man in einer großen Halle den Elfenbeinturm bei Nacht wieder erstrahlen –- das Land war gerettet (und man selbst nass). Das Fahrgeschäft wurde, nachdem alle Warner-Bros.-Nutzungsrechte ausgelaufen waren, in der Winterpause 2004/2005 in Mystery River umdekoriert.
  • Ralf Isau veröffentlichte einen Roman mit dem Namen „Die geheime Bibliothek des Thaddäus Tillmann Trutz“, in dem erklärt wird, wie Herr Koreander an die Unendliche Geschichte kam. Der Titel erschien in der Reihe „Legenden von Phantasien“
  • Das Nichts wird im Film als eine Art schwarzes Loch dargestellt, was alles in sich hineinsaugt, während es sich in dem Buch schleichend ausbreitet und Phantasien Stück für Stück auflöst.

Einzelnachweise

  1. http://www.stage-entertainment.de/news/4917.html vom 14. September 2007