Karl I., der Große, lat. Carolus Magnus, franz. Charlemagne, (* 747; † 28. Januar 814 in Aachen) aus dem Geschlecht der Karolinger, Enkel von Karl Martell. Seit 768 König der Franken und am 25. Dezember 800 von Papst Leo III. in Rom zum römischen Kaiser gekrönt. Den Beinamen "der Große" erhielt er bereits zu seinen Lebzeiten. Sein voller Titel ab 800 lautete: Karolus serenissimus augustus a Deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum imperium gubernans qui et per misericordiam dei rex Francorum atque Langobardorum (frei übersetzt: "Karl allergnädigster Erhabener, von Gott gekrönt, großer Frieden stiftender Herrscher, das römische Reich regierend, von Gottes Gnaden König der Franken und Langobarden").

Leben
Karl war der ältere Sohn des späteren Königs Pippin des Jüngeren. Nach dem Tod seines Vaters 768 teilte er - er war 26 - die Herrschaft mit seinem Bruder Karlmann. Nach Karlmanns Tod wurde er 771 Alleinherrscher. Zu jener Zeit fielen die Franken in barbarische Gebräuche zurück und vernachlässigten Bildung und Religion. Die Sachsen im heutigen Norddeutschland beharrten auf ihrem Heidentum. Im Süden stritt die katholische Kirche mit den Langobarden um Einfluss, Besitz und Macht auf der Apenninen-Halbinsel, im Osten fielen Awaren ein - kurz: Europa war in Aufruhr, und der Bestand des Frankenreiches schien bedroht. Karl I. war offenbar von Anfang an zu einer Neuordnung der Verhältnisse in Westeuropa entschlossen und scheute sich während der Zeit bis 800 nicht, an den unterschiedlichsten Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Bereits 772 begannen die Sachsenkriege, die 32 Jahre währten und die den "Vater Europas" (Pater Europae), wie Karl später verklärend auch genannt wird, nicht nur in bestem Licht erscheinen lassen.
Karl bestätigte auch die Pippinische Schenkung seines Vaters an die Kirche, aus der später der Kirchenstaat hervorgehen sollte.
Da der Papst Karl als neuen Schutzherrn Roms anstelle des byzantinischen Kaisers ansah, forderte er ihn 799 auf, ihm gegen den Aufstand römischer Adeliger zur Seite zu stehen. Karl zog nach Rom und entschied die Angelegenheit für den Papst.
Infolge dieses guten Verhältnisses zwischen Franken und Papsttum wurde Karl anlässlich seines Aufenthalts in Rom am Weihnachtstag im Jahr 800 von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt. Dieser Titel war seit der Absetzung von Romulus Augustulus im Jahr 476 in Westeuropa nicht mehr geführt worden. Die Krönung zum Kaiser bedeutete somit eine Herausforderung für das byzantinische Kaisertum (Basileios), dem gegenüber Karl die Gleichberechtigung beanspruchte. Beide beanspruchten den Kaisertitel. Karl verstand sich als Augustus Imperator Renovatio Imperii Romani (Kaiser des erneuerten Römischen Reiches) und somit als direkter Nachfolger der römischen Kaiser; sein fränkisches Reich war damit das Nachfolgereich des römischen Kaiserreiches, dass er aufgrund seiner Legitimation durch die Kirche sanctus (heilig) nannte.
Nach altem fränkischen Brauch ordnete Karl schon früh seine Nachfolge durch eine Reichsteilung. Nachdem seine beiden älteren Söhne jedoch früh verstarben, erhob Karl 813 den einzigen legitimen Erben Ludwig I. (Ludwig der Fromme) zum Reichserben, der jedoch erst 814 als Mitkaiser eingesetzt wurde. Karl der Große starb am 28. Januar 814 in Aachen und wurde im Atrium der Marienkirche beigesetzt.
Es ist schwierig, das Verhältnis Karls zu seinen Töchtern zu verstehen. Keine von ihnen wurde verheiratet, möglicherweise um die Zahl der potenziellen politischen Allianzen zu kontrollieren. Nach Karls Tod wurden seine Töchter dazu gezwungen, ins Kloster zu gehen. Von seiner Tochter Bertha ist bekannt, dass sie eine Beziehung mit Karls Hofgeistlichen Angilbert hatte. Diese Liaison war Vorbild für die Sage von Eginhard und Emma.
Als Beschützer des Papstes, dann auch eigens vom Papst gekrönt, war Karl der Große sehr darauf bedacht, dass in seinem Reich jeder das Pater Noster oder Vaterunser kannte. Verschiedene Stämme, die sich nicht zum Christentum bekehren lassen wollten, wie die Sachsen, wurden von Karl dem Großen gewaltsam dazu gezwungen (siehe auch Verden (Aller)).
Kaiser und Papst sorgten gemeinsam für die Befestigung des Reiches gegen ständig neue Angreifer aus dem Osten.
Kulturelle Bedeutung
Kulturell ist Karls Herrschaft als karolingische Renaissance bekannt. Kunst, Literatur und Architektur erlebten einen ungemeinen Aufschwung. An seinem Hof versammelte Karl bedeutende Gelehrte seiner Zeit, unter anderem den Angelsachsen Alkuin als Leiter der Hofschule, den Langobarden Paulus Diaconus, Petrus aus Pisa, den Westgoten Theowulf aus Spanien sowie Angilbert und Einhard (auch genannt Eginhard). Karl wies die Klöster in seinem Reich an, alle vorchristlichen Mären, Heldenlieder und Sagen sammeln und aufschreiben zu lassen. Allerdings ließ sein Sohn Ludwig diese Aufzeichnungen als "barbarische Gesänge" vernichten, und nur wenige Schriften, wie zum Beispiel das Hildebrandslied, entgingen durch Zufall dieser Vernichtungsaktion.
Aachen, die neue "Reichshauptstadt" nördlich der Alpen, prägte er durch Architekturwerke mit großartigen, wohl aus Italien importierten Skulpturen.
Ehefrauen
- Himiltrud (Friedelehe?)
- Ermengarda oder Desiderata, Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, nach einjähriger Ehe 771 verstoßen
- Hildegard von Savoyen (de gente Suaborum) (geheiratet 771) (758–783)
- Fastrada (Ostfränkin) (geheiratet 784) († 794)
- Luitgard (Alemannin) (verheiratet 794) († 800)
Nachkommen
- Pippin der Bucklige (770-811)
- Karl (772-811)
- Karlmann, später Pippin genannt (773-810), König von Italien
- Ludwig der Fromme (778-840), Kaiser
- Bertha
Nachleben
Sagen
Um das Leben und Wirken Karl des Großen entstanden nach seinem Tod zahlreiche Sagen, unter anderem der Karlszyklus mit dem Rolandslied.
Heiligsprechung
Auf Betreiben Kaiser Friedrich Barbarossas wurde Karl 1165 durch den Erzbischof von Köln, unter Billigung von Gegenpapst Paschalis III., heilig gesprochen. Diese Heiligsprechung wurde von Papst Alexander III. aber abgelehnt, so dass sein Gedenktag nie offiziell anerkannt wurde. Seit 1176 wird die Verehrung allerdings von der katholischen Kirche geduldet.
Kein zeitgenössisches Portrait
Von Karl dem Großen ist kein zeitgenössisches Bildnis überliefert. Am Anfang der repräsentativen Karlsbilder steht Albrecht Dürers Bildtafel, die sich heute im Germanischen Nationalmuseum befindet. Zuvor gab es jedoch schon eine Fülle von Imaginationen über Karls Aussehen, der ja ungewöhnlich klein gewesen sein soll. Auffällig ist die wortwörtlich zu verstehende Überhöhung seiner Person schon in der Ottonenzeit.
Sprachentwicklung
In vielen slawischen Sprachen wurde vermutlich aus seinem Namen in der lateinischen Form 'Carolus' das Wort für König, so im Russischen 'korol', im Polnischen 'król'.
Karlsthron
Im Februar 2005 wurden von der Archäologin Mechthild Schulze-Dörrlamm vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz Reste des ältesten Königsthrons in Deutschland entdeckt. Es lag seit 1911 unerkannt in einem Magazin des Landesmuseums Mainz. Dabei handelt es sich um eine Seitenlehne des mit Ornamenten verzierten Thrones aus Kalkstein aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts. Dieser Königsthron ist damit älter als der Marmorthron in der Aachener Pfalzkapelle aus der Zeit um 800, der bisher als ältester galt.
Siehe auch:
Wissenschaft zur Zeit Karl des Großen - Kunst zur Zeit Karl des Großen - Karlsgarten - Karlsgraben - Ingelheimer Kaiserpfalz - Karolinische Bücher - Sachsenkriege - Herzog Widukind - Fränkisches Reich - Ottonen
Literatur
- Einhard: Vita Karoli Magni - Das Leben Karls des Großen. Stuttgart, 1995.
- Braunfels, Wolfgang: Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben. 4 Bde. Düsseldorf, 1967.
- Becher, Matthias: Karl der Große. München, 1999. (Sehr gute Einführung mit kommentierter Kurzbibliographie zum weiteren Studium)
- Dieter Hägermann: Karl der Große : Herrscher des Abendlandes. Berlin, 2003. - ISBN 3-54905-826-8
- Rudolf Schieffer: Die Karolinger. Stuttgart, 2000 (3. überarb. Aufl.)
Weblinks
Personendaten | |
---|---|
NAME | Karl I., der Große |
ALTERNATIVNAMEN | lat. Carolus Magnus, franz. Charlemagne |
KURZBESCHREIBUNG | König der Franken, (römischer) Kaiser |
GEBURTSDATUM | 1. April 747 |
GEBURTSORT | vermutl. Gauting/Bayern/Deutschland |
STERBEDATUM | 28. Januar 814 |
STERBEORT | Aachen/Nordrhein-Westfalen/Deutschland |