Bei der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) handelt es sich um die einzige Schildkröte, die in Mitteleuropa natürlich vorkommt.
Europäische Sumpfschildkröte | ||||||||||||
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![]() Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Emys | ||||||||||||
Duméril 1806 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Emys orbicularis | ||||||||||||
(Linnaeus, 1758) |
Sie gehört als alleiniger Vertreter zur Gattung Emys und als einzige Art der alten Welt der Unterfamilie der Emydinae an. Ihre nächsten Verwandten sind die Pazifische Sumpfschildkröte (Actinemys marmorata) sowie die Amerikanische Sumpfschildkröte (Emydoidea blandingii) in den USA.
Beschreibung
Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Körperlänge von durchschnittlich 15 bis 20cm. Nördliche und östliche Unterarten werden größer als südliche. Männchen bleiben meist kleiner als Weibchen. Das Gewicht bewegt sich im Normalfall zwischen 400 und 700 Gramm, es kann jedoch in Ausnahmefällen auch ein Gewicht von 1.500 Gramm erreicht werden. Die Färbung der Tiere ist ebenfalls sehr variabel. Gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze Rückenpanzer (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schildern von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der Bauchpanzer (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Meistens zeichnet er sich jedoch durch ein schwarzes Zentrum aus. Die Gliedmaßen und der Hals sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt und weisen häufig ebenfalls gelbe Zeichnungselemente auf.
Der Panzer der europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Bauchpanzer (Plastron) und Rückenpanzer (Carapax) sind im Bereich der sogenannten Brücke durch eine flexible Knorpelschicht und elastisches, häutiges Gewebe miteinander verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht.
Gliedmaßen und Schwanz sind von groben Schuppen bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf, der breiter als der Hals ist, sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Das Vorderende des Kopfes ist von oben betrachtet spitzwinklig und die Kiefer tragen unbezahnte scharfe Hornschneiden. Die seitlich im vorderen Bereich des Kopfes sitzenden Augen haben eine runde Pupille. Die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der Nominatform Emys orbicularis orbicularis , eine rötliche Iris, doch meistens haben sie eine bräunliche Irisfärbung vorzuweisen. Die Iris der Weibchen jedoch sind in den meisten Fällen gelb.
Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich Schwimmhäute. Alle Zehen sind außerdem mit einer Kralle versehen, wobei besonders die Vorderkrallen bei den Männchen deutlich stärker gekrümmt sind. Im Vergleich zu anderen Wasserschildkröten gehört die europäische Sumpfschildkröte zu den langschwänzigen Arten, und der Schwanz erreicht bei ausgewachsenen Tieren die Länge des halben Panzers. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die Kloake liegt deutlich hinter dem Carapax-Rand.
Verbreitung
Das Areal der europäischen Sumpfschildkröte reicht von Nordafrika (Marokko, Tunesien) über die iberische Halbinsel, Südfrankreich, Korsika, Italien mit Sardinien und Sizilien, Polen, Ungarn, Rumänien, die Länder der Balkanhalbinsel und ganz Anatolien bis zum Aralsee und in den nördlichen Iran. In Russland reicht die nördliche Grenze der Verbreitung etwa bis auf die Höhe von Moskau. Das nördlichste Vorkommen gibt es in Litauen. In der Schweiz, den Benelux-Ländern, in Tschechien und dem größten Teil von Österreich gibt es im besten Fall noch äußerst spärliche autochthone Bestände. Die wenigen Populationen, die es in Deutschland noch gibt, finden sich überwiegend in Ostdeutschland.
Lebensraum
Die europäische Sumpfschildkröte lebt in stillen oder langsam fließenden Gewässern, im Uferbereich von Binnenseen, in Teichen, Gräben und den Altarmen von Flüssen. Im Süden des Verbreitungsgebietes werden auch Bäche besiedelt. Entlang der Mittelmeerküste dringt sie in die brackigen Zonen der Flussmündungen vor. Stark verkrautete, nährstoffreiche Gewässer mit schlammigem Grund werden bevorzugt. Selbst in schlammigen Viehtränken kann man sie gelegentlich finden. Aus dem Wasser ragende Äste, von Bibern gefällte Bäume, Wurzelstrünke und anderes Totholz werden zum Sonnenbaden benötigt, auch Grasbülte, alte Nester von Wasservögeln und ähnliches werden zu diesem Zweck aufgesucht. Ebenfalls wichtig sind flache Stillwasserzonen, die durch die Sonne erwärmt werden können.
Für das Überleben der europäischen Sumpfschildkröte hat es sich als problematisch erwiesen, dass in der Nähe ihrer Wohngewässer stets günstig exponierte, warme Sandhügel oder andere Trockenstandorte für die Eiablage vorhanden sein müssen. Ursprünglich waren die Schildkröten auch in offeneren Vegetationen mit steppenartigem Charakter beheimatet. Ideale Bedingungen findet die Schildkröte beispielsweise in den klaren Bächen des Bruchwaldes NSG Zarth im Naturpark Nuthe-Nieplitz in Brandenburg vor. Allerdings kann man sie etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg auch in Söllen und Teichen inmitten von Agrarflächen finden. In Hessen existiert eine eigenständige Population am Reinheimer Teich, deren Nachzuchten im Frankfurter Zoo seit 2004 ausgesetzt werden. In Österreich findet sie sich in den Donauauen. In Mittelfrankreich und in Polen sind Vorkommen in Teichlandschaften bekannt, die für die Fischzucht angelegt wurden.
Fortpflanzung
Paarungsverhalten
Mit acht bis zehn Jahren sind die Weibchen, mit fünf bis sechs Jahren die Männchen fortpflanzungsfähig. Die Paarungsaktivitäten beginnen im zeitigen Frühjahr, oft schon im Februar oder März nach Beenden der Winterstarre. Die Männchen treiben die Weibchen im Wasser, reiten auf und klammern sich am Carapax fest. Mit schwingenden Kopfbewegungen und Schnappen bringen sie die Weibchen dazu, den Kopf einzuziehen, was dazu führt, dass der Schwanz umso weiter aus dem Panzer ragt, so dass der Penis eingeführt werden kann. Die Eiablage ist meist in der ersten Junihälfte, manchmal auch etwas früher oder später. Auf der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz können die Weibchen große Strecken zurücklegen, in der Regel sind die Nester aber weniger als 500 m vom Gewässer entfernt, in dem die europäischen Sumpfschildkröten leben.
Eiablage
Für die Eiablage werden trockene, sandige, der Sonnenwärme ausgesetzte Stellen benutzt, die nur schwachen Bewuchs aufweisen. Nach Süden orientierte Hänge, Böschungen, Waldränder etc. werden bevorzugt. Meist wandern die Weibchen jedes Jahr zu den selben Ablageplätzen. Gelegentlich werden auch weniger geeignete Stellen mit feuchtem oder schlammigem Boden aufgesucht, ja sogar Äcker oder ungeteerte Straßen werden oft nicht verschmäht. Die Eiablage findet in den Nachmittags- und Abendstunden statt. Zuerst wird mit den Hinterbeinen in mühsamer Arbeit eine etwa zehn Zentimeter tiefe Nesthöhle ausgegraben, die sich unter einer engen Öffnung birnenförmig erweitert. Harter Boden kann mit Wasser, dass die Schildkröte in paarigen Analsäcken mitführte, aufgeweicht werden. Die Gelege umfassen im Durchschnitt neun bis 15 Eier, Gelege mit mehr als 20 Eiern wurden schon gefunden. In den nördlichen Teilen des Verbreitungsgebietes ist die durchschnittliche Anzahl Eier pro Ablage größer, in den südlichen ist sie kleiner, dafür folgt meist ein zweites Gelege im Sommer. Die Eier sind etwa 20-25 mm lang und sechs bis zehn Gramm schwer. Nach der Ablage wird das Nest sorgfältig verschlossen und der Boden verfestigt, so dass die Stelle nur noch für kurze Zeit an der etwas dunkleren Färbung der Erde zu erkennen ist.
Schlupf der Jungtiere
Die Jungtiere schlüpfen im Spätsommer nach etwa 80-120 Tagen und verlassen das Nest, um das nächstliegende Gewässer aufzusuchen, wo sie sich am liebsten in dichter Unterwasservegetation aufhalten. In den nördlichen Arealteilen verbleiben sie bis zum folgenden Frühjahr im Boden. Mit Hilfe des Eizahnes auf der Schnauzenspitze ritzen die Schlüpflinge die Eischalen in der Nähe eines Ei-Poles an und strecken oft zuerst einmal nur die Schnauze oder einen Arm heraus.
Geschlechtsausbildung
Die Europäische Sumpfschildkröte wird seit den wegweisenden Arbeiten von Claude Pieau (ab 1974) zu den Reptilien mit temperaturabhängiger Geschlechtsbestimmung (TSD, von temperature-dependent sex determination) gezählt [1] . Werden ihre Eier im Inkubator bei Temperaturen unter 28°C bebrütet, so schlüpfen männliche Jungtiere. Bei Bruttemperaturen oberhalb von 29,5°C sind die Schlüpflinge überwiegend weiblich. Zwischen 28°C und 29,5°C können beide Geschlechter erbrütet werden.
Neuere Forschungen zeigen, dass sich die Situation im Freiland weit komplexer darbietet als unter kontrollierten Laborbedingungen. Vieles deutet darauf hin, dass die temperaturgesteuerte Geschlechtsbestimmung (TSD) bei Freiland-Bruten einen starken genetischen Beitrag überlagert [2]. Bei Emys orbicularis wirken wahrscheinlich TSD und GSD (genotypic sex determination) zusammen. Für dieses Zusammenwirken spricht, dass in den nördlichen Randregionen des Verbreitungsgebietes, wo während der empfindlichen Phase der Eientwicklung nur selten Bodentemperaturen erreicht werden, die für die Entstehung von weiblichen Schlüpflingen notwendig sind, dennoch genügend Weibchen auftreten, ja Weibchen in der Regel deutlich dominieren [3].
Ernährung
Die europäische Sumpfschildkröte ernährt sich vor allem von Schnecken, Krebstieren, Insektenlarven und anderen wirbellosen Tieren. Aber auch Kaulquappen, tote Fische oder Aas werden gerne angenommen. Größere Brocken packt sie mit ihren hornigen Kiefern und reißt sie mit den Klauen der Vorderbeine in Stücke, die sie ganz verschlingt. Entgegen den meisten Angaben in der Literatur ist sie nicht nur carnivor, sondern nimmt in allen Altersstufen durchaus auch Wasserpflanzen zu sich, beispielsweise Wasserpest, Algen und Wasserlinsen. Im Kot wurden auch Samen der gelben Teichrose gefunden, wobei nicht ganz klar ist, ob diese zufällig mit anderem Futter aufgenommen wurden.
Die europäische Sumpfschildkröte ist gelegentlich auch auf dem Land auf Beutesuche anzutreffen, frisst aber ausschließlich im Wasser. Das hängt damit zusammen, dass sie nur unter Wasser schlucken kann. Zum Fressen hält sie größere Nahrung mit den Vorderbeinen fest und reißt Stücke ab. Zum Schlucken stößt sie ruckartig den Kopf vor und der dabei eintretende Wasserstrom spült den Nahrungsbrocken in den Hals.
Gefährdung
Fressfeinde
Die Schlüpflinge und Jungtiere haben zahlreiche Feinde: Wildschwein, Dachs, Fuchs und andere graben die Gelege aus. Krähen, Raben, Elstern, Reiher und andere große Vögel verfolgen die Schlüpflinge. Katzen und Hunde verschleppen sie. Sogar ein Milan wurde schon mit einer Schildkröte in den Klauen beobachtet. Sobald die Winzlinge im Wasser sind, warten Hecht und Wels auf die Beute. Ausgewachsene Tiere haben dagegen kaum mehr tierische Feinde.
Weitere Gefährdungsarten
Während ausgewachsene Sumpfschildkröten durch Fressfeinde nur in geringem Maße gefährdet sind, sind sie vor allem durch die Folgen menschlicher Eingriffe in ihren Lebensraum bedroht: Trockenlegung von Sümpfen und Feuchtgebieten, Gewässerkorrekturen, die Zersiedelung der Landschaft und Zerstörung der Eiablageplätze setzen den Schildkröten stark zu. Während Emys orbicularis früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt wurde, ist der Straßenverkehr heute wohl der schlimmste Feind. Auf der Suche nach Nistplätzen oder auf dem Weg zurück in das Gewässer werden die Weibchen bei der Überquerung von Straßen häufig überfahren. Auch die Fischerei hat dort, wo sie mit Reusen betrieben wurde, sicher viele Opfer gefordert, denn die Schildkröten ertrinken in den Fischreusen unweigerlich. Die IUCN stuft die Europäische Sumpfschildkröte als "gering gefährdet" ein.
Taxonomie und Systematik
Taxonomie
Bereits Aristoteles erwähnte die Sumpfschildkröte, wobei er von einer „Wassermaus“ (mus aquaticus) sprach. Im 1. Jahrhundert n.Chr. verwendete Plinius zum ersten Mal den Namen „emys“.Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) erhielt im Jahre 1617 von Conrad Gesner die lateinische Bezeichnung Testudo lutaria. Dieser Artname findet sich auch bei LINNÉ (1758). LINNÉ vergab in seiner „Systema naturae“ versehentlich noch einen anderen Namen, Testudo orbicularis, der später von W.T. BLANFORD (1876) nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Der Artname orbicularis („mit kleinen Kreisen“) stammt also ursprünglich von Linné und bezeichnet die gelben Punkte auf Haut und Panzer. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf SCHNEIDER (1783) zurückgehende Name Testudo europaea verwendet. Die zoologische Gattung Emys wurde 1806 von Dumeril beschrieben. Gray nannte die europäische Sumpfschildkröte im Jahr 1831 Cistudo europaea („Europäische Schildkröte“). Dieser Name wurde im Jahr 1835 von Bibron durch Emys orbicularis ersetzt. Neben Testudo wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen Lutremys, Terrapene und Cistudo verwendet. Die Gattung Emys, in der die europäische Sumpfschildkröte als einzige Art enthalten ist, wurde von A. DUMÉRIL (1806) errichtet.
Äußere Systematik
Die nächsten Verwandten der Europäischen Sumpfschildkröte sind die Pazifische Sumpfschildkröte (Actinemys marmorata) sowie die Amerikanische Sumpfschildkröte (Emydoidea blandingii) in den USA. Als Schwestergruppe dieser Gattungen gilt ein Taxon aus den Vertretern der Dosenschildkröten (Terrapene) und der monotypischen Tropfenschildkröten (Clemmys).
--- Neue-Welt-Sumpfschildkröten (Emydinae) |-- Amerikanische Wasserschildkröten (Glyptemys) |-- N.N. |-- N.N. | | ?-- Amerikanische Sumpfschildkröte (Emydoidea blandingii) | | ?-- Pazifische Sumpfschildkröte (Actinemys marmorata) | | ?-- Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) | |-- N.N. |-- Dosenschildkröten (Terrapene) |-- Tropfenschildkröten (Clemmys)
Innere Systematik
Insgesamt sind bislang vierzehn Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte beschrieben worden, die mehreren Gruppen zugeordnet werden. Die Nominatform stellt die pontische Unterart Emys orbicularis orbicularis (Linnaeus, 1758) dar, zu der auch die Tiere in Deutschland gehören.
Occidentalis-Gruppe
"Mittelgroße, großköpfige Sumpfschildkröte mit sehr langer Intergularnaht und geschnörkelter, vermiformer Kopfzeichnung auf schwarzem oder dunklem Grund. Vorderbein meist mit zwei gelben Streifen. Beide Geschlechter gleich groß. Männchen mit gelber, weißer oder brauner Iris" [4]
- Emys orbicularis occidentalis (Fritz, 1993), dunkel gefärbte Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, max. 15 cm Carapaxlänge; Vorkommen: Marokko, Algerien, Tunesien
- Emys orbicularis hispanica (Fritz, Keller, Budde, 1996), hellere Unterart, Schlüpflinge mit dunkler Zeichnung auf Bauchpanzer, max. 17 cm SCL; Vorkommen: Donana (Spanien)
- Emys orbicularis fritzjuergenobsti (Fritz,1993), hellere Unterart mit auffallend schmalem Panzer, Bauchpanzer meist einfarbig gelb, max. 15 cm SCL; Vorkommen: spanische Mittelmeerküste
Galloitalica-Gruppe
"Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit schmalem, rechteckigen Nuchale. Vorderbein meist nur mit einem gelben Streifen. Männchen kleiner als Weibchen und mit weißer oder gelblicher Irisfärbung. Schlüpflinge mit kleiner bis mäßig großer dunkler Plastralfigur." [4]
- Emys orbicularis galloitalica (Fritz, 1995), Unterart mit stark unterschiedlicher Rückenpanzerfärbung, Bauchpanzer meist gelb, max. 16,5 cm, meist aber unter 15 cm SCL; Vorkommen: Süd-, Westfrankreich und Italien
- Emys orbicularis lanzai (Fritz,1995), Bauch- und Rückenpanzer dunkel, max. 15 cm SCL; Vorkommen: Korsika
- Emys orbicularis capolongoi (Fritz,1995), helle Unterart, Bauchpanzer einfarbig gelb, nur selten mit dunklen Flecken, max. 14,5cm SCL; Vorkommen: Sardinien
Orbicularis-Gruppe
"Sehr dunkel gefärbte, vorwiegend mittelgroße bis große Sumpfschildkröte. Plastron zumindest bei Männchen größtenteils schwarz, Nuchale grundsätzlich trapezförmig. Vorderbein meist mit nur einem schmalen gelben Streifen. Männchen mit roter Iris und kleiner als Weibchen. Plastra von Männchen gelegentlich mit charakteristischer Sprenkelung auf dunklem Grund. Schlüpflinge mit ausladender, großer dunkler Plastralfigur." [4]
- Emys orbicularis orbicularis (Linnaeus, 1758 sensu lato), U.Fritz beschreibt zwei neue Unterformen, die Unterform I als vorwiegend schwarz mit nur wenigen, hellen Kehlflecken, bis max. 23 cm SCL, die Unterform II als etwas heller mit häufig gelbem Bauchpanzer und hellerer Kehlfärbung bei Weibchen, max. 20 cm SCL; Vorkommen: Unterform I, von Polen bis an den Aralsee, Unterform II, Mittelfrankreich, Donau-Einzugsgebiet, Deutschland, Westpolen, in den beiden letzten Habitaten möglicherweise Mischformen mit Unterform I
- Emys orbicularis colchica (Fritz, 1994 sensu lato), möglicherweise mehrere Unterformen, kleiner und heller als E.o.o., max. 16,5cm SCL; Vorkommen: Südostbalkan, Türkei,
- Emys orbicularis eiselti, (Fritz, Baran, Budak, Amthauer, 1998), nahezu einfarbig schwarz, bis 13 cm SCL; Vorkommen: Südostanatolien
Hellenica-Gruppe
Nur eine Unterart wurde bisher beschrieben:
- Emys orbicularis hellenica (Valenciennes in Bibron, Bory de Saint-Vincent, 1832, Tiere regional sehr unterschiedlich groß, von 10 cm bis über 19 cm SCL. Rückenpanzer dunkel, Bauchpanzer meist gelb, manchmal mit verwaschener dunkler Zeichnung. Männchen und Weibchen unterscheiden sich in der Färbung, bei Weibchen ist die Kehle einfarbig gelb. Männchen unregelmäßig gezeichnet; Vorkommen: Italien, Balkan
Iberica-Gruppe
"Kleine bis mittelgroße Sumpfschildkröten mit gelben Kehlen, Nuchale grundsätzlich trapezförmig, Männchen mit braun/schwarz reticulierter Kopfzeichnung, Weibchen mit gelben Punkten auf dunklem Grund. Weibchen kleiner als Männchen, Iris von Männchen rötlich Schlüpflinge mit ausladender, großer, dunkler Plastralfigur." [4]
- Emys orbicularis iberica (Eichwald, 1831), in der Jugend dunkle, im Alter zunehmend auffhellende Unterart mit gelbem Bauchpanzer. Vorderbein unten mit breitem gelbem Band, Männchen mit roter Iris, bis max. 18 cm SCL; Vorkommen: Südrussland
- Emys orbicularis persica (Eichwald, 1831), dunkler Carapax, häufig mit ganz feinen gelben Punkten, max. 18 cm SCL, meist kleiner; Vorkommen: Iran, Turkmenistan
Luteofusca-Gruppe
Bislang wurde nur eine Unterart beschrieben:
- Emys orbicularis luteofusca (Fritz, 1989) – sehr helle, meist einfarbig gelbbraune Sumpfschildkröte, fast ohne schwarzes Pigment, kleinköpfig, bis 20 cm SCL, teilweise jedoch deutlich kleiner; Vorkommen: Zentralanatolien
Weitere Unterarten
Nach neueren molekularbiologischen Untersuchungen mit 423 Individuen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet wurden sogar 20 verschiedene Entwicklungslinien mit unterschiedlichen Verbreitungsmustern innerhalb der Art Emys orbicularis festgestellt, wobei sich sieben Hauptentwicklungslinien heraus kristallisierten. Diese sieben Hauptlinien sollen demnach einer Trennung im späten Pliozän entsprechen. Die weitere Aufspaltung deutet auf eine Vielzahl von Rückzugsgebieten innerhalb der Eiszeiten hin. [5]
2004 wurde eine vierzehnte Unterart, Emys orbicularis ingauna, mit Verbreitung im Ingauna-Gebirgszug im westlichen Ligurien beschrieben [6]
2005 wurde den auf Sizilien lebenden Sumpfschildkröten nach genetischen Untersuchungen der Status einer eigenständigen Art zugewiesen, Sizilianische Sumpfschildkröte (Emys trinacris).[7] Sie ist damit die zweite europäische Art innerhalb der Gattung Emys.
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ C. Pieau: Temperature-dependent sex determination in Emys orbicularis. Laboratory and field studies. Mertensiella 10, 199–207 (1996)
- ↑ M. Girondot, C. Pieau: Does Emys orbicularis have sex chromosomes?. Third world congress of herpetology, Prag, 2.–10. August 1997 Abstract
- ↑ J. Servan, M. Dorizzi, C. Pieau, P. Zaborski: Female biased sex ratio in adults of the turtle Emys orbicularis at the northern limit of its distribution in France: a probable consequence of interaction of temperature with genotypic sex determination. Can. J. Zool. Vol. 67: 1279–1284, 1989 (1988)
- ↑ a b c d Uwe Fritz: Die Europäische Sumpfschildkröte. Laurenti Verlag, Bielefeld 2003
- ↑ P. Lenk, U. Fritz, U. Joger, M. Wink: Mitochondrial phylogeography of the european pond turtle Emys orbicularis (Linnaeus 1758) . Molecular Ecology 8, 1911–1922 Abstract (1999)
- ↑ Jesu R., Piombo R., Salvidio S., Lamagni L., Ortale S., Genta P. (2004). Un nuovo taxon di testuggine palustre endemico della Liguria Occidentale. Ann. Mus. Civ. St. Nat. “G. Doria” Genova.
- ↑ Uwe Fritz, Tiziano Fattizzo, Daniela Guicking, Sandro Tripepi, Maria Grazia Pennisi, Peter Lenk, Ulrich Joger & Michael Wink A new cryptic species of pond turtle from southern Italy, the hottest spot in the range of the genus Emys (Reptilia, Testudines, Emydidae) Zoologica Scripta, Bd. 34, Nr. 4, Juli 2005, Seite 351.
Literatur
- Uwe Fritz: Die Europäische Sumpfschildkröte. Laurenti Verlag, Bielefeld 2003, ISBN 3-933066-14-X (weitere Bezugsquelle)
- Walter Hödl, Maria Rössler: Die Europäische Sumpfschildkröte. Stapfia, Linz 1999, ISBN 3-85474-049-2 (weitere Bezugsquelle)
- Norbert Schneeweiss: Demographie und ökologische Situation der Arealrand-Populationen der Europäischen Sumpfschildkröte in Brandenburg, LUA Brandenburg, 2003 ( http://www.mlur.brandenburg.de/cms/media.php/2320/lua_bd46.pdf Volltext])
- Jens R. Poschadel (2003). "Untersuchungen zur Populationsstruktur und zum Sozialverhalten der Europäischen Sumpfschildkröte Emys orbicularis (Linnaeus, 1758)." Dissertation.de, Berlin, 142 S.
- Jens R. Poschadel (2004). "Die Beziehung zwischen Herkunft, heute bekannter Phylogenie (Stammesgeschichte) und Lebensraum der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) am Beispiel dreier Vorkommen." Marginata 2:24-30.
- Jens R. Poschadel, Yvonne Meyer-Lucht, Martin Plath (2006). "Response to chemical cues from conspecifics reflects male mating preference for large females and avoidance of large competitors in the European pond turtle, Emys orbicularis." Behaviour 143: 569-587.
- Jens R. Poschadel, Martin Plath (2007). "Die Sprache der Düfte: Europäische Sumpfschildkröten (Emys orbicularis) verwenden wasserlösliche Botenstoffe für den Austausch von Informationen." Marginata 13: 40-46.
Weblinks
Artenschutz
- Europäisches Artenschutzprojekt, 2005 - 2009
- Spanisches Artenschutzprojekt im Doñana-Nationalpark, 2005
- Brandenburgisches Artenschutzprojekt, 1994
- Hessischer Statusbericht 2006
- Projekt Emys Schweiz
- Artenschutzprojekt in der Camargue
- Wiederansiedlungsprojekt im Elsass