Bieber ist ein Stadtteil der hessischen Großstadt Offenbach am Main und liegt an der Bieberbach. Heute hat der Stadtteil rund 15.000 Einwohner. Die Gemarkung Bieber umfasst heute 842,76 Hektar. Direkte Nachbargemeinden von Offenbach-Bieber sind die Orte Mühlheim am Main, Obertshausen und Heusenstamm.
Bieber ist umgeben von Wäldern, Wiesen und Parkanlagen. Entlang der Bieberbach erstrecken sich weite Wiesen, Äcker und Kleingartenanlagen.
Geschichte
Der Name ist vermutlich keltischer Herkunft. In der Gemarkung wurden zahlreiche Funde aus prähistorischer, römischer und fränkischer Zeit gemacht (vgl. Bieberer Amulett unten). Eine römische Villa Rustica und ein römisches Gräberfeld konnte auf den Steinäckern zwischen Bieber und Waldhof nachgewiesen werden. Ebenso durchzogen römische Straßen die Bieberer Gemarkung. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Siedlung am 22. April 791 im Lorscher Codex. Seit dem Jahre 1425 war der Erzbischof und Kurfürst von Mainz der Landesherr. Bieber war bis 1819 mit dem alljährlich abgehaltenen Märkerding am südöstlichen Ortsrand Mittelpunkt der sogenannten Biebermark, einer Markgenossenschaft. Nach dem Untergang des Kurfürstentums Mainz gehörte Bieber von 1802 bis 1816 zum Fürstentum Isenburg (Grafschaft)-Birstein und wird danach Teil des Großherzogtums Hessen-Darmstadt.
Im 19. Jahrhundert erfolgte der Wandel Biebers vom Bauerndorf zur Industriegemeinde. Am 1. April 1938 wurde Bieber nach Offenbach zwangsweise eingemeindet. Zahlreiche Straßen wurden umbenannt, sofern ihre Namen bereits in Offenbach oder im 1908 ebenfalls nach Offenbach eingemeindeten Bürgel vorkamen. Der Zweite Weltkrieg brachte zahlreiche Zerstörungen durch Bombenangriffe. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es zu einem Aufblühen der Lederwarenindustrie gekommen, die ihre Hochzeit in den 1950er und 1960er Jahren hatte. Aufgrund veränderter Marktbedingungen ging der Absatz der Lederwaren in den 1970er Jahren stark zurück, so dass heute nur noch 3 Lederwarenbetriebe in Bieber ansässig sind. In den Jahren 1965 bzw. 1967 entstanden mit Bieber-West und Bieber-Waldhof ausgedehnte Neubaugebiete, das Waldhofgebiet wurde zudem zum Industriegebiet.
1991 feierte Bieber das 1.200 jährige Bestehen nach der ersten urkundlichen Erwähnung mit einem großen Festumzug und Volksfesten. Im Dezember 2003 konnte nach langer Bau- und Planungszeit der S-Bahnanschluss eröffnet werden. Seitdem ist Bieber und der Ortsteil Waldhof an die S-Bahn Rhein-Main angeschlossen und mit der Linie S 1 und S 2 erreichbar. Bei Bieber teilen sich die Schienen in die Strecke nach Dietzenbach und die Strecke nach Rödermark-Ober-Roden. Zuvor war Bieber über die Rodgaubahn an das Schienenetz angeschlossen.
Für die Zukunft ist ein großes Neubaugebiet Bieber-Nord geplant. Es soll sich zwischen den Bahngleisen der S-Bahnstrecke und der Bundesstraße 448 erstrecken und Wohnraum für etwa 2.400 Menschen bieten. Die Baulandumlegeung und die Planungen hierzu laufen schon seit Jahrzehnten. Momantan ist das Gebiet vorwiegend Acker- und Gartenland. Als Ausgleichsmaßnahme soll ein Teil der Streuobstwiesen erhalten bleiben.
Ortsteile
Bieber-West
Bieber-West ist ein Ortsteil von Bieber und liegt westlich des alten Ortskerns. 1965 wurde mit der Baulandumlegung begonnen. Zuvor erstreckten sich hier ausgedehnte Streuobstwiesen. Der Ortsteil ist mit moderaten Wohnhochhäusern und Ein- und Zweifamilienhäusern bebaut. Bieber-West ist Standort der 1966 eröffneten Geschwister-Scholl-Schule.
Bieber-Waldhof
Bieber-Waldhof ist ein weiterer Ortsteil von Bieber und liegt zwischen dem Ortskern von Bieber und der Stadt Obertshausen und grenzt an den Lämmerspieler Wald. Das Waldhofgebiet ist in ein Wohngebiet und ein ausgedehntes Industriegebiet unterteilt. Im Industriegebiet haben viele Firmen von Weltruf ihre Niederlassung oder sogar ihre Deutschland- bzw. Europazentrale (z.B. Honda).
Namensgeber des Ortstteils war der durch Graf Portrellé 1829 erbaut alte Gutshof Waldhof, der hier einst inmitten des Waldes stand. Später kam der Hof durch Erbschaft in den Besitz der landgräflichen Hauptverwaltung zu Rumpenheim. Bomben des 2. Weltkrieges zerstörten den Waldhof am 29. November 1944. Das Waldhofgebiet selbst wurde während des 1. Weltkrieges in seiner heutigen Ausdehnung von russischen Kriegsgefangenen gerodet. Ab 1967 begann die Erschließung des östlichen Waldhofgebietes für die Ansiedlung von Industrie- und Gewebebetrieben. Im Anschluss daran entstand das Wohngebiet.
Politik
Bieber hat keinen Ortsbeirat, aber die Parteien CDU, FDP und SPD haben eigene Orts- bzw. Stadtbezirksverbände in Bieber gegründet. Politischen Einfluß auf die Offenbacher Politik nehmen die Bieberer Bürger über ihre politischen Persönlichkeiten wie den ehemaligen Offenbach Bürgermeister Josef Petermann sowie zahlreiche Stadtverordnete und Stadträte.
Der Offenbacher Ehrenbürger Dr. Bruno Knapp lebt seiner Jugend in Bieber und engagiert sich hier seit Jahrzehnten vielfältig.
Der letzte frei gewählte Bürgermeister Biebers war Adam Marsch (SPD). Er wurde 1933 von den Nationalsozialisten abgesetzt und durch Fritz Bosche ersetzt. Diesem folgte 1934 - 1936 Wilhelm Perterhänsel, welcher wiederum 1937 durch Wilhelm Kromm aus Nordhessen ersetzt wurde. Kromm schloss mit dem damaligen Offenbacher Oberbürgermeister Dr. Schranz einen Vertrag über die Eingemeindung Biebers ab. Die Inhalte dieses Vertrages wurden bis auf die Eingemeindung bis heute nicht erfüllt. Die Eingemeindung wurde schließlich durch den NS-Gauleiter und Reichsstatthalter von Hessen Jakob Spenger erlassen.
Religion
Bis ins 19. Jahrhundert war Bieber rein katholisch. Überwiegend durch Zuzug kam eine große Anzahl von Protestanten nach Bieber. Die katholische Pfarrei St. Nikolaus ist auch heute noch größer als die evangelische Luthergemeinde in Bieber, obwohl die evangelische Gemeinde Biebers die größte im Dekanat Offenbach ist. Das 1968 eingeweihte katholische Pfarrheim ist das Kommunikationszentrum im Ort. Hier finden im großen Saal die meisten Veranstaltungen statt. Seit 1307 ist die Pfarrei St. Nikolaus eine eigenständige Pfarrei. Vorher gehörte die Pfarrei zu Mühlheim. Die heutige St.-Nikolaus-Kirche wurde 1936 neu errichtet. An ihrer Stelle sind bereits seit dem 13. Jahrhundert Kirchengebäude nachgewiesen. Das für den heutigen Neubau abgerissene Gotteshaus wurde 1701-1708 neu angelegt und 1878/79 erheblich erweitert. 1865 fand der erste evangelische Gottesdienst in einem Dachstuhl statt. 1869 wurde eine kleine Kapelle errichtet, welche 1935 zu der Lutherkirche in ihrer heutigen Form erweitert wurde.
Sehenswürdigkeiten
- Der Bieberer Berg ist eine Erhebung zwischen Bieber und der Stadt Offenbach am Main. Sein Gipfel liegt auf Bürgeler Gemarkung. Dennoch nennt er sich Bieberer Berg, denn der Ort Bieber liegt ihm am nächsten und viele Bieberer Wohngebiete erstrecken sich unmittelbar am und auf dem Berg.
Mit dem Namen unmittelbar verbunden ist das Stadion am Bieberer Berg und der dortige Fußballverein OFC Kickers Offenbach. Die Bundesstraße B 448 endet hier.
- Vom 24 Meter hohen Bieberer Aussichtsturm auf dem Bieberer Berg hat man einen weiten Ausblick bis in den Spessart und vor allem auf die Frankfurter Skyline. Obwohl der Turm knapp 10 Meter von der Bieberer Gemarkungsgrenze auf Rumpenheimer Gebiet steht und 1882 Jahren vom Verschönerungsverein Offenbach errichtet wurde, trägt er den Namen Bieberer Aussichtsturm, wohl wegen seiner geografischen Nähe zu Bieber und seinem Standort auf dem Bieberer Berg.
In den Somemrmonaten kann der Turm an Sonn- und Feiertagen bestiegen werden.
- Das Bieberer Amulett ist eine Grabbeigabe, die 1979 in einem Steinkistengrab gefunden wurde. Das Grab hat ein Bauer auf den Bieberer Struthäckern in einem vorgeschichtlichen Gräberfeld gefunden. Das Bieberer Amulett kann im Stadtmuseum Offenbach besichtigt werden.
Veranstaltungen
- Jährlich am Fastnachtssamstag findet der Bieberer Fastnachtsumzug unter reger Beteiligung ortsansässiger Vereine statt.
- An einem Sonntag im Juni findet der Bieberer Markt auf der Hauptstraße statt. Hier stellen sich Vereine und Geschäfte in alter Bieberer Markttradition vor.
- In den Sommerferien laden die Bieberer Vereine zum Fest der Vereine auf den Ostendplatz.
- Zur Bieberer Kerb am Ostendplatz am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt findet im Pfarrhof von St. Nikolaus ein großes Pfarrfest statt.
- Am Samstag vor dem ersten Advent findet der Bieberer Nikolausmarkt rund um die Pfarrkirche St. Nikolaus statt.
Spezialitäten
- Bekannt sind die Bieberer in der näheren Umgebung für den Bieberer Kartoffelsalat. Dieser ist sozusagen das Bieberer "Nationalgericht". Wobei zu beachten ist, dass der Salat nicht mit Majonäse sondern mit Essig, Öl und Zwiebeln angemacht wird. Aufgrund des Bieberer Kartoffelsalates entstand das alte "Lied vom Bieberer Kartoffelsalat".
- Aufgrund der sehr Kalkhaltigen Böden in der Bieberer Gemarkung werden schon seit altersher Äpfel angebaut. Noch heute gibt es in den Bieberer Feldern ausgedehnte Obstwiesen. Daher kommt auch die starke Verbreitung und Beliebtheit des Apfelweines aus Bieber. Auch heute nich gibt es in Bieber einen Getränkehändler und einen Gastwirt der eigenen Bieberer Apfelwein keltert und verkauft.
- Besonders beliebt sind Bieber "Riwwel- und Quetschekuche". Ersterer ist außerhalb Biebers als Sträußel- letzterer als Zweschgenkuchen bekannt.
- Ansonsten sind normale hessische Gerichte wie "Handkäs mit Musik", "Rippschen mit Kraut" oder "Grüne Soße" etablierte Speisen.
- Aus der Zeit vor dem dreißigjährigen Krieg wird von Weinbau in Bieber berichtet. Davon sind allerdings nur noch alte Flurbezeichnungen geblieben, nach denen die "Wingert-" und die "Weinbergstraße" benannt wurden.