Die eigentliche Geschichte Armeniens beginnt mit der Einwanderung der indogermanischen Armenier.
Vorgeschichte
Der Name der Hauptstadt Armeniens, nämlich Yerewan, ist seit 2500 v. Chr. belegt. Ein Vorgängerreich Armeniens war das Reich von Urartu. Um 850 v. Chr. bildete sich das Reich von Urartu im Gebiet des heutigen Armenien mit Zentrum um den Vansee - das Reich besteht bis um ca. 600, steht im Konflikt mit den Assyrern und wird von den Kimmeriern verwüstet. Ca. 518 v. Chr. wird Armenien in das Perserreich der Achaimeniden eingegliedert, das durch den Perserfeldzug Alexander des Großen (334-323 v. Chr.) in dessen Reich eingegliedert wird. In der Folge regieren einheimische Dynasten in Armenien unter Oberhoheit der Seleukiden.
Artaxiden
190 v. Chr. macht die Dynastie der Artaxiden Großarmenien (Mec Hayk) zu einem unabhängigen Königreich; daneben entsteht ein armenisches Reich von Sophene (Südwestarmenien am Euphrat und Tigris), nachdem die Seleukiden als Folge der Niederlage gegen die Römer geschwächt sind. Um 95-55 v. Chr. ist der Höhepunkt des Artaxidenstaates und des antiken Königreiches der Armenier unter Tigran dem Großen (Ausdehnung des Reiches bis zum Kaspischen Meer, nach Kappadokien, Atropatene und Syrien), der sich zum König der Könige ausrufen läßt. Sein Bündnis mit Mithridates von Pontos bringt ihn in den Konflikt mit den Römern, deren Oberhoheit er am Schluss anerkennen muss.
Großarmenien ist in der Folge zwischen Römern und den in Mesopotamien und dem Iran herrschenden Parthern umstritten.
Arsakiden
Den Parthern gelingt es, nach dem Ende der Artaxidendynastie in den Jahren n. Chr. Vertreter des eigenen Herrscherhauses der Arsakiden (Arshakuni) auf den Thron zu setzen, was die Römer 66 n. Chr. anerkennen (Krönung von Tiridates I. in Rom durch Nero). Dennoch bleibt die Oberhoheit über Großarmenien umstritten. 116-117 n. Chr. gelingt es Trajan sogar kurz, das Land als römische Provinz einzugliedern. Doch die Arsakidendynastie herrscht weiter in Armenien bis 428 n. Chr. 224 werden die Arsakiden in Persien von den Sassaniden besiegt und verdrängt. Die Sassaniden beginnen wieder ein aggressivere Westpolitik, 252-297 gelingt es ihnen, Großarmenien unter ihren Einfluss zu bringen und auch einen Sasaniden auf den Thron zu setzen. Erst als Diokletian die Sassaniden 297 besiegt, müssen diese die Oberhoheit über Großarmenien aufgeben - Tiridates III. aus dem Haus der Arshakuni besteigt den Thron, der in der Folge das Christentum in Armenien einführen wird.
Christianisierung
Die Armenische Apostolische Kirche feierte im September 2001 ihr 1700-jähriges Bestehen, da 301 der Überlieferung nach die Annahme des Christentums unter König Trdat III. und der geistlichen Führung des Hl. Grigor Lusaworitsch, dem "Erleuchter" erfolgte. Armenien wurde so der erste christliche Staat der Welt. 387 teilten Rom und das persische Reich der Sasaniden das großarmenische Königreich untereinander auf. Dennoch entwickelten die Armenier eine hochstehende christliche Kultur, Literatur und Baukunst - vor allem nach der Schaffung eines eigenen Alphabets durch Mesrob Masthoc im Jahr 405.
Das Ende des antiken Staates
Sowohl im römischen Teil als auch im sehr viel größeren sasanidischen Teil des alten Großarmenien wurde die Dynastie der Arshakuni 390 bzw. 426 abgesetzt, die Sasaniden setzten einen Marzban als Vertreter des Großkönigs ein. Als die Sasaniden unter Yazdagerd III. versuchten, die zoroastrische Staatsreligion in Armenien einzuführen, kam es zu einem Aufstand der Armenier unter dem adeligen Haus der Mamikonean. 451 unterlag aber das armenische Adelsaufgebot bei Avarayr den persischen Truppen. Es folgte ein langer Guerillakrieg, der schließlich mit der Anerkennung des Christentums und des Vahan Mamikonean als Marzban 484 endete.
Armenien und Byzanz
Im 6. Jh. wurde Armenien zu einem der Hauptkampfgebiete zwischen Byzantinischen Reich und den Sasaniden, verschiedene Mitglieder des armenischen Adels wechselten mehrmals die Seiten. Unter Kaiser Maurikios (582-602) von 591 bis 602 und Kaiser Herakleios (610-641) von 630-637/640 gelang es dem Byzantinischen Reich, den Großteil von Großarmenien unter seine Kontrolle zu bringen - allerdings führten die Verwaltungsmaßnahmen der Byzantiner und ihre Versuche, die Armenier zur Annahme der Beschlüsse des Konzils von Chalkedon (451), die die armenische Kirche in zwei Synoden 505 und 555 abgelehnt hatte, zu bewegen, zu Aufständen des armenischen Adels. Deshalb gelang es auch nicht, eine gemeinsame Verteidigung gegen die ab 640 in Armenien eindringenden Araber zu errichten.
Die Araber
Nach mehreren Wechseln in der Oberhoheit über Armenien zwischen Byzanz und dem Kalifat gelang es den Arabern bis 700 ihre Herrschaft dauerhaft im Land zu errichten. Ein sogenannter Ostikan als Vertreter des Kalifen nahm seine Sitz in der Hauptstadt Dvin, Garnisonen besetzten die Städte an der byzantinischen Grenze. Im 8. und 9. Jh. kam es zu einer Reihe von Aufständen von Teilen des armenischen Adels, die oft blutig niedergeschlagen wurden; während dieser Zeit wechselte die Führung im Adel vom Geschlecht der Mamikonean zu dem der Bagratiden (Bagratuni), die ihre Macht auch auf Teile Georgiens ausdehnen konnten.
Bagratiden
Ashot I. Bagratuni gelang es dann unter Ausnutzung der allmählichen Schwächung des Kalifats 885/886 wieder ein armenisches Königreich zu errichten, das sowohl vom Kalifen als auch vom byzantinischen Kaiser anerkannt wurde. Der Nachfolger Ashots, Sembat (892-914) wurde von den Arabern getötet, Ashot II (915-928) brachte die Freiheitskämpfe zum Abschluss.
Die Blütezeit des Reiches der Bagratiden fällt unter Gangik (990-1020). In der zweiten Hälfte des 11. Jhd. ging das Reich durch unglückliche Kriege und innere Zwistigkeiten zugrunde. Der letzte Herrscher wurde von den Byzantinern ermordet. In der Folge gründeten armenische Flüchtlinge 1080 in Kilikien ein unabhängiges Fürstentum von Kleinarmenien unter den Rubeniden. Diese verbündeten sich mit den Kreuzfahrern gegen Byzantiner und Türken und umgekehrt. Leon II. (1189-1219) erhielt 1199 den Königstitel. 1342 fiel das Königreich an die katholischen Lusignans von Zypern, kam aber bald darauf an die ägyptischen Mamluken und darauf zum Osmanischen Reich.
Siehe auch
- Ani, Hauptstadt des armenischen Königreiches unter den Bagratiden.
Russische Herrschaft und Sovietunion
1828 kam der nördliche Teil Armeniens unter die Oberhoheit des Russischen Reiches und wurde nach Gründung der UdSSR eine der Teilrepubliken der Sowjetunion (1920).
Aus dieser Zeit stammen auch die berühmten Witze von Radio Eriwan (Yerewan) bezogen auf die Hauptstadt Armeniens.
Nach der Auflösung der Sowjetunion entstand der heutige unabhängige Staat Armenien. Der südliche, weitaus größte Teil des armenischen Siedlungsgebietes blieb unter türkischer Herrschaft.
Am 24. April 1915 veranlasste die 1908 an die Macht gekommene jungtürkische Bewegung die Verhaftung, Deportation und Ermordung armenischer Intellektueller in Konstantinopel und leitete damit den Völkermord an 1,5 Millionen Armeniern - zwei Dritteln des im Osmanischen Reich seit Jahrtausenden lebenden christlichen Volkes - ein. Die Türkei bestreitet die Faktizität des Völkermordes noch immer. Er wurde jedoch seit dem Ende des Kalten Krieges durch eine zunehmende Zahl nationaler Parlamente anerkannt.
Armenien und Aserbaidschan haben seit dem Zusammenbruch der UdSSR (1988) militärische Auseinandersetzungen um Nagorni-Karabach geführt. Nagorni-Karabach ist ein autonomes Gebiet von Aserbaidschan, in dem mehrheitlich Armenier leben.
Seit einem Waffenstillstand im Mai 1994, der einer Besetzung eines Fünftels Aserbaidschans durch armenische Truppen folgte, hat sich die Situation nicht wesentlich verbessert. Es hat bislang keinen Durchbruch in der Beziehung beider Staaten gegeben, ein Zustand, der ihre wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflusst.
Eine große Rolle spielt auch die armenische Diaspora (4 Millionen Menschen).
Siehe auch: Armenier in Mitteleuropa, Liste der Herrscher von Armenien
Literaturhinweis
- Richard G. Hovannisian (Ed.): The Armenian People from Ancient to Modern Times. 2 Volumes, New York 1997. ISBN 0-312-10169-4