Politbüro der Kommunistischen Partei der Sowjetunion

Gremium des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion
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Politbüro (zwischen 1952 bis 1966 auch Präsidium) ist die verkürzte Bezeichnung für das Politische Büro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion.

Entstehung, Aufgabe und Entwicklung

Es wurde als dauerhaftes Führungsgremium durch Beschluss des VIII. Parteitages im März 1919 geschaffen. In der Zeit von 1917 bis 1919 gab es bereits ein vom Zentralkomitee eingesetztes Politbüro, welches die Aufgabe hatte, den Aufstand in Russland zu organisieren.

Die Aufgabe des Politbüros war ab 1919 die Leitung der Partei zwischen den Plenarsitzungen des Zentralkomitees und den Parteitagen. Es war somit das wirkliche Macht- und Führungsgremium von Partei und Staat.

In den Jahren von 1936 bis 1940 wurden im Rahmen der Stalinistischen Säuberungen 12 ehemalige Mitglieder des Politbüros (Trotzki (ermordet), Kamenew, Sinowjew, Bucharin, Rykow, Krestinski, Sokolnikow, Serebrjakow, Tomski, Rudsutak, Kossior, Tschubar) und 3 Kandidaten hingerichtet oder ermordet; ein Mitglied beging Selbstmord (Ordschonikidse). 1949 wurde ein weiteres Politbüromitglied (Wosnessenski) ohne Prozess erschossen.

1952 wurde das Politbüro und das Organisationsbüro zum Präsidium des ZK der KPdSU zusammengefasst, um - so Stalin - das Führunggremium zu vergrößern und eine Verjüngerung einzuleiten. Gleich nach Stalins Tod wurde das Politbüro wieder verkleinert.

Ab 1961 wurde für eine Zeit durch die Parteistatuten eine Begrenzung der Wiederwahl von Politbüromitgliedern festgelegt. Ein Viertel aller Mitglieder mussten durch neue Mitglieder ersetzt werden. 1961 waren das also 4 von 14 Vollmitgliedern.

Zusammensetzung

Das Politbüro bestand aus Vollmitgliedern und Kandidaten des Politbüros. Es setzte sich zusammen aus Sekretären des Zentralkomitees und aus führenden Regierungsmitgliedern der UdSSR. Es wurde zeitweise ergänzt z. B. durch den Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets (nominelles Staatsoberhaupt) oder den Vorsitzenden der Gewerkschaft oder einigen Ersten Sekretären der Partei aus größeren Unionsrepubliken oder den Vorsitzenden der Parteikontrollkommission.

1919 - zur Zeit Wladimir Lenins - gab es nur fünf Vollmitglieder des Politbüros, in den Jahren von 1940 bis 1949 neun bis 13, 1952 dann sogar 25, nach Stalins Tod 1953 nur noch 9, zur Zeit Chruschtschows zehn bis zwölf, in der Breschnew-Zeit elf (1964) bis 14 (1980) und am Schluss 24 Vollmitglieder (9 gewählte und 15 KP-Vorsitzende der Unionsländer).

Die einzigen Frauen als Vollmitglieder des Politbüros waren Ekaterina Alexejewna Furzewa und Galina Wladimirowna Semjonowa.

Zusammensetzung zu einigen wichtigen Zeitpunkten

  • 1917 (Revolution): Lenin, Kamenew, Trotzki, Krestinski, Stalin, Bubnow, Sokolnikow
  • 1924 (Nach Lenins Tod): Stalin, Kamenew, Trotzki, Bucharin, Sinowjew, Rykow, Tomski
  • 1931 (Linke und rechte Opposition entmachtet): Stalin, Molotow, Kalinin, Woroschilow, Rudsutak, Kuibyschew, Kirow, Kossior, Kaganowitsch, Ordschonikidse
  • 1939 (Nach den Säuberungen): Stalin, Molotow, Kalinin, Woroschilow, Kaganowitsch, Mikojan, Andrejew, Schdanow, Chruschtschow
  • 1953 (Nach Stalins Tod): Malenkow, Beria, Molotow, Woroschilow, Chruschtschow, Bulganin, Kaganowitsch, Mikojan, Saburow, Perwuchin
  • 1957 (Vor dem Putsch gegen Chruschtschow): Chruschtschow, Bulganin, Molotow, Mikojan, Woroschilow, Malenkow, Kaganowitsch, Saburow, Perwuchin, Suslow, Kiritschenko
  • 1965 (Nach dem Sturz Chruschtschows): Breschnew, Kossygin, Podgorny, Suslow, Mikojan, Kirilenko, Masurow, Poljanski, Schelepin, Schelest, Schwernik, Woronow
  • 1985 (Gorbatschow wird Generalsekretär): Gorbatschow, Gromyko, Ryschkow, Ligatschow, Schewardnadse, Alijew, Solomenzew, Worotnikow, Tschebrikow, Schtscherbitzki, Grischin

Liste aller Mitglieder des Politbüros

Lenin-Zeit 1919 bis 1924


Stalin-Zeit 1924 bis 1953

Chruschtschow-Zeit 1953 bis 1964

Breschnew-Zeit 1964 bis 1982

Andropow- und Tschernenko-Zeit 1982 bis 1985

Gorbatschow-Zeit 1985 bis 1991

Siehe auch:

Literatur

  • Georg von Rauch: Geschichte des bolschewistischen Rußland. Fischer Bücherei Bücher des Wissens, Frankfurt am Main und Hamburg, 1963
  • L. Schapiro: Die Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Frankfurt 1962
  • Merle Fainsod: Wie Russland regiert wird. Kiepenheuer & Witsch, Studienbibliothek, 1965, 747 Seiten
  • Michael Tatu: Macht und Ohnmacht im Kreml. Ulstein-Verlag, 1967, 560 Seiten
  • Michail Gorbatschow: Erinnerungen. Siedler-Verlag, 1995, 1216 Seiten