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Karl IV. (HRR)

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Karl IV. (* 14. Mai 1316 in Prag; † 29. November 1378 in Prag) war Rex Romanorum (ab 1346), König von Böhmen (ab 1347) und römisch-deutscher Kaiser (ab 1355). Er stammte aus dem Geschlecht der Luxemburger .

Datei:Karl iv die goldene bulle erteilend.png
Kaiser Karl IV., die Goldene Bulle erteilend.
Kaiser Karl IV. Universitätsgründung

Karl war mehrmals verheiratet (1. Blanca Margarete von Valois 1329; 2. Anna von der Pfalz 1349; 3. Anna von Schweidnitz 1353; 4. Elisabeth von Pommern 1365) und hatte fünf Töchter und drei Söhne, von denen zwei später Könige in Deutschland werden sollten: Wenzel, der noch zu Karls Lebzeiten 1376 zum Rex Romanorum gewählt wurde, und Sigismund.

Chronologie:


Geschichte

Jugend und der Weg zum Königtum

Karl IV., getauft auf den Namen Wenzel, war der Sohn von Johann von Luxemburg (auch bekannt als Johann der Blinde), des Königs von Böhmen (1311-1346), und seiner dem Přemyslidengeschlecht entstammenden Gattin Elisabeth, der zweitältesten Tochter des Königs Wenzel II. Přemysl.

Die Luxemburger unterhielten seit langer Zeit gute Kontakte zum französischen Hof, so dass es der französische König Karl IV. war, der ihm seinen Taufnamen gab. In Paris erhielt Karl denn auch eine umfassende und für die damalige Zeit keineswegs selbstverständliche Erziehung (ca. 1323-30). 1331 begab er sich nach Italien, wo sein Vater Johann weitreichende Pläne verfolgte. Hier übernahm Karl auch zum ersten Mal selbständige Amtshandlungen vor. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn muss als ambivalent bezeichnet werden. Es war keineswegs frei von Spannungen, was teilweise wohl auch auf die Auseinandersetzung zwischen Karls Eltern zurückzuführen ist, aber auch auf die unterschiedlichen Charaktere. Johann galt als ein ritterlicher und verwegener Charakter, wobei Karl eher als nachdenklicher und dem Turnier (außer in seiner Jugend) abgeneigter Mensch wirkte.

Karl verfasste auch eine Autobiographie, die jedoch nicht sein gesamtes Leben abdeckt; aus dieser Autobiographie erfahren wir, dass er fünf Sprachen beherrscht habe (Latein, Deutsch, Tschechisch, Französisch und Italienisch). 1333 kehrte Karl nach Böhmen zurück und wurde 1334 mit der Markgraftschaft Mähren belehnt. Im Konflikt mit den einflussreichen Baronen und seinem Vater konnte sich Karl weitgehend behaupten.

Im selben Zeitraum spitzte sich der Konflikt zwischen Ludwig dem Bayern und der Opposition im Reich immer mehr zu. Papst Klemens VI., ein Jugendfreund Karls, förderte die Opposition. So wurde Karl schließlich als Gegenkönig zu Ludwig aufgestellt und am 26. November 1346 in Bonn zum König gekrönt, wobei er, um die Approbation zu erhalten, gegenüber dem Papst Zugeständnisse machen musste, sich nicht in Italien einzumischen. Nach Erhalt ließ sich Karl am 17. Juni 1347 noch einmal in Frankfurt am Main wählen.

Bereits im August 1346 war Karls Vater Johann in der Schlacht von Crécy gefallen, an der auch Karl teilgenommen hatte; Karl hatte sich jedoch frühzeitig und unter nicht geklärten Umständen zurückgezogen. Am 2. September 1347 folgte er seinem Vater als König von Böhmen nach.

Ludwig der Bayer starb bald darauf, so dass ein offener Konflikt verhindert wurde. Nun jedoch wurde Günther von Schwarzburg zum Gegenkönig Karls erhoben (1349).

Karls erste Regierungsjahre: Sicherung der Herrschaft, Pest und Judenpogrome

Karl konnte sich gegen Günther von Schwarzburg rasch durchsetzen. Noch im Mai 1349 verzichtete der schwache Gegenkönig in einem Vertrag auf seinen Titel und starb bald darauf. Nachdem Karl seine Gegner durch ein Heiratsbündnis mit dem Pfalzgrafen am Rhein und dem falschen Woldemar (einem angeblich überlebenden Mitglied der Herrscherfamilie der Askanier, der die Wittelsbacher in der Mark Brandenburg unter Druck setzte) empfindlich geschwächt hatte, kam es zu einer Verständigung: mit den Habsburgern 1348 und mit den Wittelsbachern 1350. Nun konnte Karl darangehen, seine Herrschaft zu festigen.

Gleichzeitig erreichte die Pestwelle ihren Höhepunkt. Während der Pestpogrome in Deutschland 1349 machte sich Karl mindestens der Mitwisserschaft schuldig. Um seine Schulden zu tilgen, verpfändete Karl das königliche Judenregal, u. a. an Frankfurt am Main. Es wurde gar geregelt, was mit dem Besitz von Juden zu geschehen habe, falls "die Juden daselbst nächstens erschlagen" würden (Frankfurter Urkunden vom 23., 25., 27. und 28. Juni 1349, bezogen auf Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber und Frankfurt am Main). Obwohl er in seinem Herrschaftsbereich die Juden effektiv schützen konnte, wirft dieses Ereignis viele Fragen bezüglich Karls Charakter auf. Besonders, da Karl sonst immer bestrebt war, das Bild eines gerechten christlichen Herrschers zu vermitteln. Dabei verstieß nämlich die Duldung der Morde auch gegen das damalige Rechtsverständnis, da die Juden unter dem direkten Schutz des König standen und dafür auch Zahlungen leisteten.

1354-55 zog Karl mit nur einem kleinen Heer nach Italien und wurde in Rom am 5. April 1355 von einem von Papst Innozenz VI. beauftragten Kardinal zum Kaiser gekrönt. Bereits wenig später verließ er Italien wieder, ohne sich um die Ordnung der dortigen Verhältnisse bemüht zu haben, wenn er auch durch die Zahlungen zahlreicher Kommunen finanziellen Gewinn aus dem Romzug ziehen konnte.

Reichspolitik Karls bis zu seinem Tod

Karls erster Italienzug 1354-55, dessen Ziel die Kaiserkrönung war, hatte ebenso wie der zweite Italienzug 1368-69 wenig Bedeutung. Seine Italienpolitik war im Großen und Ganzen ineffektiv, auch wenn er sich 1355 zum König von Italien krönen ließ. Denn Karl gab sich mit der Kaiserkrone zufrieden. Er kassierte Gelder der Kommunen ein und vergab dafür Privilegien, mischte sich sonst jedoch nicht weiter in die italienischen Angelegenheiten ein. Karl gab die universale Politik seines Großvaters Heinrich VII. zu Gunsten einer auf die Hausmacht gestützten Reichspolitik auf. Allerdings erreichte er die Anerkennung seiner Stellung als Kaiser durch Florenz und Mailand.

Der wohl wichtigste Schritt in seiner Regierung war die Verabschiedung der Goldenen Bulle 1356. Sie regelte unter anderem das Wahlverfahren des deutschen Königs und setzte die Anzahl und Namen der Kurfürsten fest. So wurde sie zum "Grundgesetz" des Reichs bis zu seinem Untergang 1806. Es ist in der Forschung allerdings strittig, ob Karl damit einen Erfolg verbuchen konnte, oder ob es nicht eher ein Erfolg der Kurfürsten war, die damit Karls Bestrebungen zu einem hegemonialen Königtum einen Riegel vorschieben konnten.

Im Norden wurde Karl auf die Hanse aufmerksam und besuchte als erster römisch-deutscher König seit Friedrich I. 1375 die Stadt Lübeck. Eine wichtige Rolle in Karls Politik spielte auch die Stadt Nürnberg, mit der der Kaiser eng zusammenarbeitete (siehe auch die Förderung der Hohenzollern).

Im Westen tat Karl kaum etwas, um der dortigen Expansionspolitik des Königreichs Frankreich entgegen zu wirken. Im Gegenteil: er entließ Avignon aus der Lehnsherrschaft des Imperiums und gab die Herrschaft über die Dauphiné preis, wohl um so ungestört von äußeren Einmischungen seine Reichspolitik betreiben zu können. Dennoch wurde so dem Vordringen Frankreichs Vorschub geleistet, auch wenn er 1361 Genf und Savoyen aus dem Königreich Burgund löste und direkt ins deutsche Königreich integrierte.

Karl starb zudem im gleichen Jahr, indem sich auch das abendländische Schisma ereignete (1378). Der Kaiser konnte nichts mehr unternehmen, um diese Kirchenspaltung zu verhindern.

Karl als König von Böhmen

Als 1344 das Prager Bistum zum Erzbistum befördert wurde, begann Karl mit der Errichtung des gotischen St. Veitsdoms (katedrála sv. Víta, Václava und Vojtěcha). Prag wurde das Goldene Prag (Universität, Karlsbrücke etc.). 1348 gründete Karl die erste mitteleuropäische Universität, die Karls-Universität (Karlova univerzita). Prag wurde von ihm zu einem der wichtigsten geistigen und kulturellen Zentren seiner Zeit ausgebaut und zur de facto Haupt- und Residenzstadt des Heiligen Römischen Reiches. Seine Kanzlei war vorbildlich für die spätere Weiterentwicklung der deutschen Sprache und stellte einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der nur rudimentären kaiserlichen Verwaltung dar. Allerdings scheiterte Karl mit seinem Landfrieden (1355) am Widerstand des einheimischen Adels. In seine Regierungszeit fällt auch die endgültige Eingliederung Schlesiens in den böhmischen Herrschaftsverband (Frieden von Namslau, 1348), für die sein Vater die Voraussetzungen geschaffen hatte. Im Gegenzug erhielt der polnische König Kasimir Masowien als persönliches Lehen. Karls Heirat mit Elisabeth, einer Enkelin Kasimirs, 1363 sollte den alten böhmisch-polnischen Konflikt vorerst beilegen.

Weiteres siehe in: Geschichte Prags

Hausmachtpolitik Karls

Karl war ohne Zweifel der erfolgreichste Hausmachtpolitiker des Spätmittelalters. Es wurde auch die böhmische Oberhoheit für Schlesien (endgültig 1368) und die Lausitz (Kauf 1367) erreicht. 1373 erhielt er die volle Verfüngungsgewalt über die Mark Brandenburg und damit eine der Kurwürden. Die Hochzeit seines Sohnes Sigismund mit der Erbin König Ludwigs I. von Ungarn (Verlobung 1372) sicherte den Luxemburgern auch dieses Königreich. Der erhoffte Erwerb Polens gelang jedoch nicht. Um seine Hausmacht zu stärken, scheute sich Karl nicht, Reichsgüter zu verpfänden oder gar Reichsrechte aufzugeben, wie im Westen Burgund, obwohl er der letzte Herrscher war, der sich in Arles zum König von Burgund krönen ließ (1365).

Karls Verpfändungspolitik war teils durch seinen chronischen Geldmangel begründet, teils auch durch seine dynastische Politik. Von nun an war jeder nachfolgende König auf seine Hausmacht angewiesen und die des Hauses Luxemburg war nun fast unangreifbar geworden. Doch sollte sich dies für seinen Sohn Sigismund als schwere Hypothek erweisen, da er im Reich selber über keine nennenswerte Hausmacht und keine größeren Reichsgüter verfügte.

Karl verfügte zudem, dass seine Söhne und Verwandten nach seinem Tode aus dem Hausmachtskomplex versorgt werden sollten, womit die von Karl geschaffene Machtstellung letztendlich wieder verloren ging.

Nachkommen

Erste Ehe: Karl IV. heiratete 1329 Blanca Margarete von Valois.

  • Katharina (1342-1395) - verheiratet mit Rudolf IV., Erzherzog von Österreich

Zweite Ehe: Karl IV. heiratete 1349 Anna von der Pfalz.
Dritte Ehe: Karl IV. heiratete 1353 Anna von Schweidnitz.

  • Elisabeth (1358-1373) - verheiratet mit Albrecht III., Herzog von Österreich
  • Wenzel IV. (1361-1419)), König von Böhmen

Vierte Ehe: Karl IV. heiratete 1365 Elisabeth von Pommern.

Forschungsmeinung

Karl IV. wird oft als der größte römisch-deutsche Kaiser des Spätmittelalters betrachtet. Unstrittig ist, dass Karl hoch intelligent und ein hervorragender Diplomat war. Allerdings werfen gerade die Judenmorde (die teils in der Literatur nur beiläufig genannt werden) einen Schatten auf seinen Charakter, der auch nicht dem ritterlichen Charakter seines Vaters Johann und seines Großvaters Heinrich VII. zu ähneln scheint. Karl war Diplomat, und agierte als solcher skrupellos und wirkte dabei teils verschlagen.

Negativ angerechnet wurde ihm unter anderem die Verpfändungspolitik, wodurch sich das Kaisertum zu einem reinen Hausmachtskönigtum entwickelte. In Italien war er zudem nicht bereit, die politische Lage vor Ort zu regeln. Sein Italienzug, bei dem er sich nach der Kaiserkrönung sofort wieder nach Norden aufmachte, wurde von Zeitgenossen sehr kritisch gesehen (Petrarca und Matteo Villani).

In der modernen Forschung wird er jedoch dafür gelobt, sich nicht in die italienischen Verhältnisse verwickeln zu lassen wie noch sein Großvater Heinrich VII.. Seine Regierungszeit wurde als der letzte Höhepunkt des alten Reichs im Mittelalter empfunden, wenn auch das Kaisertum Karls kaum noch Ähnlichkeiten mit dem universalen Kaisertum vergangener Zeiten hatte. Zudem gelang es nicht, die erschaffene Hausmacht und die Königsmacht zu bewahren.

Vertreter der positiven Sicht Karls sind unter anderem: F. Seibt, P. Moraw und teilweise J. Hoensch. Teils sehr kritisch, dabei auch höchst differenziert betrachtet ihn H. Thomas.


Literatur

  • Jörg K. Hoensch: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie von gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437, Stuttgart 2000, S. 105-192.
  • Martin Kintzinger: Karl IV., in: Bernd Schneidmüller/Stefan Weinfurter (Hrsg.): Die deutschen Herrscher des Mittelalters, Historische Porträts von Heinrich I. bis Maximilian I., München 2003, S. 408-32 und S. 593-94 (Bibliographie). Gute und informative Kurzbiographie. Dort auch weitere Angaben zur modernen Forschungsliteratur.
  • Ferdinand Seibt: Karl IV. Ein Kaiser in Europa, Frankfurt am Main 2003 (Nachdruck der Ausgabe von 1978). Teils jedoch etwas romantisierend.
  • Ders. (Hrsg.): Kaiser Karl IV. Staatsmann und Mäzen, Katalog der Ausstellung in Nürnberg und Köln 1978/79, München 1978. Katalog zur Ausstellung mit Aufsätzen von namenhaften Historikern.
  • Heinz Thomas: Deutsche Geschichte des Spätmittelalters, Stuttgart 1983, besonders S. 212 ff. Beste Gesamtdarstellung des deutschen Spätmittelalters.
  • Karl (deutsche Kaiser: K. IV.), in: Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl. 1888, Bd. 9, S. 515.


Siehe auch: Liste der Herzöge und Könige von Böhmen

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