Geschichte Polens
Siehe auch: Polen / Liste der Herzöge und Könige von Polen
Frühgeschichte
Über die frühe Besiedlung Polens weiß man wenig, denn es gibt nur wenige aussagekräftige Quellen.
Seit der Mitte des 1. Jahrtausends v. Chr. siedelten auf dem Gebiet des heutigen Polens germanische Stämme. Einige von ihnen, namentlich die Goten, begannen sich allerdings ab Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Richtung Süden und Osten zu bewegen. Im 5. Jahrhundert endete die germanische Besiedelung des heutigen Polens ausweislich der archäologischen Zeugnisse fast vollständig. Ob und inwieweit dies mit dem großen Vorstoß der Hunnen nach Zentraleuropa im Jahre 451 zusammenhängt, ist unklar.
Erst danach begannen sich slawische Stämme, wahrscheinlich auf den Druck seitens der Awaren um 550, aus Osteuropa kommend, in den fast menschenleeren Gebiete anzusiedeln. Wie einst im 4. Jahrhundert die Hunnen, hatten im 6. und 7. Jahrhundert die Awaren die Völker in Bewegung gesetzt und die politische Karte Europas verändert. Sie rissen die Slawen aus ihrer Heimat zwischen Karpaten und Don nach Westen und Süden mit sich fort und setzten sich, nach dem sie im Verbund mit den Langobarden das Gepidenreich im heutigen Rumänien 567 vernichtet hatten, gleich den Hunnen in der Donau-/Theißebene fest, von wo aus sie ganz Europa bedrohten. Im Westen waren es vorallem die Reiche der Langobarden und der Franken und im Südosten das mächtige Oströmische Reich (Belagerung Konstantinopels 626) .
Die Westslawen hatten um 600 die Elbe-Saale-Linie überschritten. Es werden diverse westslawische Stämme erwähnt, wie die Abodrites, Veleti, Liutici, Sorben, wie auch den Stamm, aus dem sich das spätere Polen entwickeln sollte, die Polanen. Soviel geht aus der Geschichte der Völkerwanderungen in Europa hervor.
Die ersten Versuche einer Staatenbildung unter den Westslawen fanden südlich des heutigen Polens im Gebiet der heutigen Tschechei und Slowakei statt. Um 626 wurde im Kampf gegen das Awarenreich das kurzlebige Reich des Samo gegründet. Nach dem wahrscheinlichen Auseinanderbrechen gegen 660 verlieren sich jedoch die Spuren, da bis ca. 800, der Zeit Karls des Großen, überhaupt keine schriftlichen Quellen über die Westslawen verfügbar sind. Die schriftlichen Quellen setzen erst am Ende des 8. Jahrhundert ein, im Zusammenhang mit dem Kampf der Franken gegen die Awaren (791 - 796/803). Etwa 805/06 wurde zur Sicherung der Ostgrenze der Limes Sorabicus an der Elbe, die sorbische Grenzmark errichtet. In den von Karl eroberten ehemaligen awarischen Gebieten (Pannonische Marken) entstanden lose dem Reich angehörende slawische Fürstentümer. Bedeutende Rollen spielten vorallem das mährische und das nitraer Fürstentum, aus denen sich das spätere Reich der Großmährer um 830 herausbilden sollte. Unter Sventopluk erreichte dieses Reich seine größte Ausdehnung und dehnte sich weit bis in die Gebiete des heutigen Polens, vorallem nach Schlesien und Kleinpolen aus.
Die direkte Grenze mit dem inzwischen christlich gewordenen Mährern forcierte die politische Vereinigung polanischer Kräfte in der Hand einer einzigen Exekutive. Das Reich der Polanen wurde nach großmährischem Muster aufgebaut. Im 9. Jahrhundert berichtete ein Bayerischer Geograph erstmalig über die slawischen Stammesstrukturen im heutigen Polen. Der Slawenapostel Methodius sprach von einem mächtigen Staat der Wislanen, der bereits im 9. Jahrhundert existierte und nach griechischem Ritus christianisiert gewesen sein soll. Der weitere Weg zu einer eigenständigen staatlichen Entwicklung wurde aber wahrscheinlich durch ungarische Raubzüge unterbunden. Unter ihrem Fürst Arpad drangen die Magyaren nach Mitteleuropa vor und wüteten dort länger als ein halbes Jahrhundert. Erst deren vernichtende Niederlage, die sie 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg gegen den deutschen Otto I. hinnehmen mussten und die zum vollständigen Rückzug ins ungarische Stammland führte, öffnete den Weg zur staatlichen Konsolidierung Polens.
Die Zeit war günstig dazu, denn auch die deutschen Könige und Kaiser machten keine Anstalten ihr eigenes Reich gen Osten auszuweiten (siehe Drang nach Osten). Es wurden in karolingischer Tradition Grenzmarken errichtet, die anfangs dem Schutz des "Reiches" vor den heidnischen Slawen dienen sollten. Die deutschen Könige schickten sich vielmehr an, auch Könige des viel attraktiveren Italien zu werden - eine Voraussetzung um die Kaiserwürde zu erhalten und damit die Führerschaft der abendländischen Christenheit. Eine Führerschaft, die vor allem die slawischen Nachbarn, bald negativ zu spüren bekamen.
Staatsgründung und die ersten Piasten
Um das Jahr 960 trat Polen aktiv auf die politische Bühne Europas auf. Das Land, dessen Name sich von dem westslawischen Stamm der Polanen (Feldbewohner) ableitet, ist als Herzogtum im frühen 10. Jahrhundert von Posen und Gnesen aus gegründet worden. Es wurde in jener Zeit 960-992 vom Herzog Mieszko I. aus der Dynastie der Piasten regiert. Das weiß markierte Gebiet auf der Karte representiert die ungefähre Größe des polnisches Staates um das Jahr 960 zu Beginn der Herrschaft Mieszkos I. Da es sich um eine recht alte Karte handelt (19 Jh.?), ist das dort erwähnte Datum 992 falsch.
In den 960er (963 und 967) hatte das junge Staatswesen unter deutschen Einfällen angeführt vom Grafen Wichmann dem Jüngeren, eines abgefallenen sächsischen Vasalls des deutschen Königs Otto I., der gleichzeitig auch ein Neffe des Markgrafen Hermann Billung (Billunger Mark) und späteren Herzogs von Sachsen war, und seinem Verbündeten im heidnischen "Wendland", dem mächtigen Markgraf Gero aus der Ostmark, zu kämpfen.
963 wurde auch Mieszko das erste mal historisch fassbar. Vom Markgraf Gero und seinem Verbündeten Wichmann in mehreren siegreich geführten Schlachten besiegt, wurde er für einen Teil seines Herrschaftsgebietes (bis zur Warthe/Region um Lebus) , welches bereits um 950 polnisch wurde, dem "Reich" tributpflichtig gemacht.
965 kam es zu einem Bündnis mit den schon christlich gewordenen slawischen Böhmen. Mieszko I., konvertierte zum christlichen Glauben nach römisch-katholischen Ritus und heiratete die tschechische Prinzessin Dubrawka aus dem Geschlecht der Przemysliden. Mit diesem Schritt vollzog Mieszko I. nicht nur für seine Person, sondern auch für sein gesamtes Volk, eine Jahrtausendentscheidung, die zu einer der vielen Wendepunkte der polnischen Geschichte zählen sollte. Es war eine äußerst kluge Entscheidung. Zum einen, weil Polen dadurch nicht zwischen missionseifrigen Nationen aus dem Westen aufgerieben wurde und zum anderen er sich nicht nur eine bessere Organisation der Verwaltung und der Außenpolitik mit den Nachbarvölkern seines Reiches versprach, sondern auch unter dem Vorwand der Heidenmission die eigenen Grenzen ausweiten konnte. Damals besass die römisch-katholische Kirche das Monopol auf die Schriftsprache Latein, auf dessen Basis sich später das Kirchenpolnische entwickelte. Eine unabhängige Kirchenprovinz bot somit nicht nur den Schutz, sondern forcierte unteranderem die Weiterentwicklung des Polnischen.
966 Christianisierung Polens
967 zahlte sich das Bündnis mit Böhmen das erste Mal aus. Mit Hilfe przemyslidischer Reitertruppen schlug Mieszko I. den Querulanten Wichmann, der diesmal die slawischen Wolliner gegen die polnische Herrschaft in Pommern aufgestachelt hatte, vernichtend. Sein Schwert wurde an den amicus imperatoris (so wurde Mieszko seit seiner Taufe genannt) ausgeliefert. Er selbst starb auf der Flucht.
968 zwei Jahre nach der christlichen Taufe Polens wurde in Posen das erste Missionsbistum errichtet, unabhängig vom deutschen Erzbistum in Magdeburg und direkt dem Heiligen Stuhl (Papst) unterstellt. Der erste polnische Bischof wurde Jordan.
967-79 Auf der Grundlage eines im Innern gefestigten Staatswesens wurde in den Jahren ganz Pommern mit Stettin und Danzig (Gründung einer Festung bei Danzig 979) unterworfen. Ein Zugang zum Meer bedeutete einen unmittelbaren Kontakt zu Skandinavien. Mieszkos Tochter aus der Ehe mit Dobrawa, Swietoslawa, heiratete König Sven von Dänemark und wurde die Mutter Knuts des Großen.
972 wurden die Truppen des Markgrafen Odo (Hodon) bei an der unteren Oder (Zehden/Cedynia) besiegt und in die Flucht geschlagen, Tod des einzigen bei Namen bekannten Bruders von Mieszko, Czcibor.
973 kam es zu einem Verständigungsfrieden mit dem "Reich" (Quedlinburger Hoftag von 973), wo Mieszko als "Freund des Kaisers" (amicus imperatoris) seinen persönlichen Treueeid dem Kaiser leistete, jedoch trat Polen damit nicht in ein Lehnsverhältnis ein!
977 starb Mieszkos erste christliche Frau Dubrawka, und es kam zum Bruch mit den slawischen Böhmen.
978 heiratete der polnische Herrscher Oda von Haldensleben die Tochter des Markgrafen Theoderic (Dietrich) von der Nordmark. Diese Heirat bedeutete eine Neuausrichtung in der Außenpolitik Polens. Nicht mehr das Bündnis mit Böhmen, sondern eine Annäherung an das Reich bestimmte die letzten Jahre seiner Herrschaft. Die Jahrhunderte anhaltende Konkurrenz zwischen Böhmen und Polen, vorallem um Schlesien nahm 978 ihren Anfang und dauerte bis weit in die Mitte des 14. Jahrhunderts.
um 980 Im Verlauf der ersten 6 Jahrzehnte seit der Machtergreifung der deutschen Königsdynastie der Ottonen im Reich 918, bildete sich ein langer Gürtel von Grenzmarken vom Erzgebirge bis zur Ostsee. Diese Grenzmarken sollten die Sicher- und/Oberhochheit des Reiches zu den heidnisch gebliebenen Elbslawen, im Altdeutschen auch Wenden genannt, sichern. Bis 965 bestand die Gegend aus zwei großen Grenzmarken, der Mark des Grafen Hermann Billung im Norden (Billunger Mark, heute Mecklenburg) und im Süden aus der Ostmark die von dem Grafen Gero verwaltet worden ist (heute Brandenburg und Sachsen). 965 teilte Otto der Große, nach dem Tod Geros, die Ostmark in kleinere politische Gebilde, um keine zu große Machtkonzentration in dieser Region aufkommen zu lassen. Es entstand die Nordmark bzw. Altmark (später Brandenburg), die Mark Lausitz und die Mark Meißen (beide später Neu-Sachsen, zum besseren Verständnis: Sachsen, heute Niedersachsen) u.a. Die poltische Ordnung von 965 hatte jedoch keine allzu große Bestandsdauer, denn nur nach wenigen Jahrzehnten kam es zu einem Sturm, der die deutsche Fremdherrschaft für fast 200 Jahre aus dieser Gegend hinwegfegen sollte.
981 Verlust der wichtigen Tscherwenischen Burgen und somit die Kontrolle über die Ost-Westhandelspassage zu Gunsten des Kiejewer Großfürsten Wladimir I., der die schwierige militärische Lage Polens im Westen für sich selbst auszunutzen wußte.
983 Großer Slawenaufstand im Wendland - der sowohl nach Westen ins "Reich", wie auch in das jung-christliche, slawische Polen im Osten, nicht ohne starke politischen Verwerfungen einherging. Verlust der deutschen Herrschaft über einen Großteil der Ostmarken (vorallem der Billunger Mark und der Nordmark), jedoch konnten die Marken Lausitz und Meißen gehalten werden. Die deutsche Ostkolonisationsbewegung bekam einen Schlag von dem sie sich für fast 200 Jahre nicht erholen konnte. Erst im 12. Jahrhundert (um 1160), wurden diese Gebiete mit militärischer Gewalt durch den Wendenkreuzzug Heinrich des Löwen von Sachsen "Heim ins Reich" geholt. 1160, von den Sachsen und Dänen gleichzeitig in die Zange genommen, erlagen dann auch die Reste der noch unabhängigen Obodritenherrschaft in Mecklenurg dieser Übermacht (Pribislaw).
Gründe für den Aufstand: Brutale Unterdrückung der Deutschen gegenüber der autochtonen slawisch-heidnischen Bevölkerung und ein jahrzehntelang aufgestauter Deutschenhass (gegen die deutsche Obrigkeit), mündeten in einem Aufstand gegen die Fremdherrschaft. Die deutsche Herrenschicht samt Grafen und Klerus, wurde über die Elbe regelrecht "hinaustorpediert". Die Bistümer Oldenburg, Brandenburg und Havelberg (alle in den Marken ansässig) wurden vernichtet. Man bedenke hierbei den großen Kraftakt der hiesigen slawischen Elbstämme, die es mit einer europäischen Großmacht, dem Reich aufnahmen! Laut Kaiser Otto II. waren (heidnische) Slawen: "Slawen sind für die Deutschen keine Menschen, sondern wirtschaftlich zu nutzende Sachwerte, so wie man Schafe und Rinder nutzt." und "Es ist unser Wille, dass ihr mit den Redariern (slaw. Stamm) keinen Frieden macht. Gehet also zu Rate und traget Sorge, daß dieses Volk ausgerottet werde und damit den Unruhen ein Ende gesetzt." . Es wurde berichtet, dass bereits unter dem Grafen Gero Massaker an den Slawen stattfanden: ...939 n. Chr. hatte Gero unter Vortäuschung friedlicher Absichten dreißig Wendenfürsten zu einem Gastmahl eingeladen und nachts heimtückisch ermorden lassen, um den Slawen die Führungsschicht zu nehmen.
986 bestätigte Mieszko seinen Vasallenstatus (Tributpflicht) abermals, indem er dem noch knabenhaften Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation Otto III. wiederum in Quedlinburg huldigte. Er führte in seinem Namen einen Heidenfeldzug gegen die Elbslawen an. Bei den Rechtsvertretern des kindlichen Kaisers konnte er hierdurch auch auf Hilfe bei der Eroberung Kleinpolens und Schlesiens setzen
990-999 Im Böhmisch-Polnischen Krieg, Anschluss von Schlesien/Breslau, Kleinpolen/Krakau, Mähren und der Slowakei an das Reich der Piasten auf Kosten Böhmens und Ungarns.
991 Kurz vor seinem Tod stellte der erste historisch belegte Herrscher Polens sein gesamtes Land, unter den Schutz des Papstes. Polen wurde päpstliches Lehen (Peterspfennig). Die ersten Jahre der Herrschaft hatten den alten Fürsten stark geprägt, vorallem die ständigen Abwehrkämpfe gegen die gen Osten unaufhaltsam vordringenden Deutschen. Der politische Zwang gegen seine heidnisch gebliebenen slawischen Brüder jenseits der Oder vorzugehen, um Treue-/Bündnisfähigkeit gegenüber dem Kaiser und Reich zu beweisen (sonst wäre er selbst ganz schnell ein Ziel einer "Heidenmission" gewesen), hatte trotz so mancherlei Lippenbekenntnisse und familiärer Banden (dem Zweck dienliche Hochzeiten, wie die mit Oda) eine tiefe Spur des Mißtrauens, aber auch Angstgefühle gegenüber seinem übermächtigen, westlichen Nachbar bei ihm hinterlassen.
992 Tod Mieszkos I. Er liegt in der Kathedrale zu Posen begraben. Sein Nachfolger wurde sein Sohn aus erster Ehe mit Dubrawka Bolesław I. „der Tapfere“.
992/993 Mieszko I. teilte sein Reich in altslawischer Tradition unter seinen Söhnen Boleslaw (aus der Ehe mit Dubrava) und Swietopelk, Lambert, Mieszko (jun.) aus der Ehe mit der deutschen Oda auf. Boleslaw (als Ältester) fühlt sich jedoch um sein Erbe übergangen,und brach mit dem Willen des Vaters, indem er, sicherlich unterstützt durch eine starke Gruppe einflussreicher Magnaten, seine deutsche Stiefmutter, wie auch seine Halbbrüder, ins Reich vertrieb. Die Reichseinheit wurde wiederhergestellt. Boleslaw schloß an die Poltik seines Vaters "Bündnis mit dem Reich" als Tributpflichtiger (keine Lehnspflicht) an und unterstützte 995 den für volljährig erklärten Kaiser Otto III., bei der Verteidigung des chrsitlichen Glaubens - Gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen die heidnischen Elbslawen, Quedlindburger Absprache von 991 -, die jedoch weitesgehend erfolglos blieben. Die Feldzüge scheiterten am hartnäckigen Widerstand des "Wieleter-Bundes". Die Deutschen konnten die Kontrolle über die Nordmark, die sie 983 verloren hatten, nicht zurückgewinnen. Bis ins 12. Jahrhundert hielten sich dort vermutlich einheimische slawische Fürsten an der Macht, nachdem sie zuerst von den polnischen Piasten unterworfen wurden. Die Nordmark (Brandenburg-Berlin) blieb bis ins 12. Jahrhundert unter polnischem Einfluß, der sein Zentrum in der Region um Lebus hatte.
997 Im Rahmen der Christianisierung der baltisch-pruzzischen Stämme (Masuren) kam der später heilig gesprochene Adalbert von Prag nach Polen, wo er mit polnischer Hilfe in das Pruzzenland gelangte. Dort wurde er jedoch heimtückisch ermordert. Herzog Boleslaw löste den Leichnam gegen Gold in Höhe von Adalberts Gewicht aus und wurde in der Kathedrale zu Gnesen beigesetzt, aber 1038 nach dem polnisch-böhmischen Krieg, nach Prag gebracht. Der Märtyrertod des Adelberts rief im restlichen Europa hohe Bestürzung hervor, so wurde er bereits 999 von Papst Silvester II. heilig gesprochen. Dieses Faktum forcierte das Bestreben des polnischen Herzogs um die Errichtung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz in Rom ungemein, sodass schließlich Kaiser Otto III. und Papst Silvester II. diesem Wunsch entsprachen.
1000 Ein europäischer Kaiser und ein König ohne Krone - Der Staatsakt zu Gnesen
Im Jahre 1000 pilgerte Otto III. ans das Grab seines Freundes und Märtyrers Adlabert und verkündete in einem groß angelegten Staatsakt im der Hauptstadt Polens -Gnesen- sein Reichskonzept von »Renovatio Imperii Romanorum«. Ein Konzept indem Polen, das Slawenland, ein gleichrangige Stütze am Gebäude des "Imperiums" war, genauso wie Gallia oder Germania. Der junge Kaiser wollte unter Einbindung der inzwischen christianisierten Völker im Osten ein neues christliches Weltreich unter der Führung des Kaisers als weltlichem Oberhaupt der Christenheit über Königtümer wiedererstehen lassen. Dabei sollte Polen ein führender Platz innerhalb der "Sclavinia" zukommen. Otto begünstigte die Konsolidierung und Machtausweitung der Piasten gegenüber den tschechischen Premysliden, die mit ihren traditionellen Bindungen an die heidnischen Lutizen und ihrer Feindschaft gegenüber den Slavnikiden, deren berühmtestes Familienmitglied, sein Freund und Märtyrer Adalbert von Prag war, mit den Interessen des Reiches weit weniger in Einklang standen. Es wurden für die polnischen Provinzen das Erzbistum Gnesen errichtet, mit Adalberts Bruder Gaudentius (Radim) als ersten Erzbischof von Gnesen, dem die neugegründeten Bistümer Kolberg/Pommern,Karakau/Kleinpolen und Breslau/Schlesien unterstanden. Die Rolle des alten Missionsbistums Posen war umstritten, entweder war es unter Unger noch bis 1012 direkt dem Papst unterstellt oder seit dem Tod von Jordan und seinem direkten Nachfolger bereits unter der Kontrolle Magdeburgs. Die Errichtung einer unabhängigen Kirchenprovinz, war ein erster Grundpfeiler der Emanzipation Polens vom Reich. Während dieses Besuches erkannte Otto III. offiziell die Souveränität des polnischen Herrschers an (keine Tributflicht mehr, die seit 963 bestand). Der polnische Herzog Boleslaw soll von Otto in Gnesen in den Stand der Könige erhoben worden sein, dieses ist jedoch umstritten. Es gibt jedoch deutliche Hinweise darauf, die die Königsthese, stützen. Otto III. vergab nämlich an Boleslaw das Recht neue Bischöfe ins "Amt und Würde" einzusetzen. Laut dem Dekret von Papst Johannes X. 921 war dies in damaliger Zeit nur den Königen vorbehalten! Boleslaw wurde zum Bruder des Kaisers und Helfer im Reich ernannt (Frater et Cooperator Imperii). In der Adelshierarchie benannten sich nur Könige und Kaiser untereinander als "Brüder" im Vergleich zur nächst niedrigen Stufe der "Söhne" also der Fürsten. Um diese Aufwertung symbolisch zu untermauern,legt er ihm sein kaiserliches Diadem aufs Haupt und händigte ihm eine Kopie der Lanze des heiligen Mauritius aus. Um jedoch die Königszeromonie zu vollenden, fehlte ihm noch die Erlaubnis des Papstes. Der frühe Tod von Otto III. und der vehemente politische Widerstand des neuen deutschen Königs und späteren römisch-deutschen Kaisers Heinrich II. gegen jegliche Bestreben des polnischen Königs (ohne Krone) die Königstitulatur nicht nur de facto, sondern auch de jure (Papstsegen) zu tragen, wurden für fast 2 Jahrzehnte unterbunden.
1002 Der frühe Tod des Visionärs einer "mittelalterlichen EU" Ottos III. und die Thronbesteigung von Heinrich II., der dem Polenkönig nicht wohlgesonnen war - es entstand eine regelrechte Intimfeindschaft zwischen den Beiden -, änderte die Beziehungen des Königreich Polen zum Reich um 180°, die die nächsten 20 jahren in Zentraleuropa grundlegend verändern sollten. Boleslaw trat in Oppostion zum Reich, wo er nun mehr seine eigene politische Ziele zu verwirklichen suchte, nämlich den gesamten zentral-europäischen Becken, der damals mehrheitlich von Slawen bewohnt war, in einem (christlichen) in Europa festverankerten Großwestslawischen Reich zu vereinigen. Der polnische "Drang nach Westen" und der deutsche "Drang nach Osten" fanden Ihren Höhepunkt in einem mehrjährigen Zerreibungskrieg Polens mit dem Reich, indem fast jedes Mittel den Zweck heiligte.
1002-1018 Krieg Polens gegen das Heilige Römische Reich Deutscher Nation um die Vorherrschaft
Dem polnischen Herrscher mangelte es nicht an Selbstbewußtsein und Pfiffigkeit. Sein Reich war durch seine kluge, weitsichtige Politik und die seines Vaters Mieszko I., im Innern insoweit gefestigt, dass dem Reich, ein wahrhaft nicht nur mächtiger, sondern ein ebenbürtiger Konkurrent im Osten erwuchs, der jedoch absolut konträr zur deutschen Ostpoltik stand. Er hatte starke Verbündete sowohl im Innern des Reiches (innerdeutsche Opposition Heinrichs II.), wie auch im Ausland, in Dänemark herrschte sein Neffe, Knut der Große, der Sohn seiner leiblichen Schwester Swietoslawa. Der erste große polnisch-deutsche Krieg der Geschichte (man muss anmerken, dass es kein Krieg der Nationen war, sondern viel eher einer der Dynastien) fand in mehreren Phasen statt und begann mit der Besetzung der deutschen Ostmarken Lausitz und Meißen durch die Truppen des polnischen Königs, in dem Boleslaw den christlich-slawischen Stamm der Sorben, von der deutschen Fremdherrschaft zu befreien versuchte, hier übte sicherlich auch seine dritte Ehefrau Emnilda, die aus einem sorbischen Fürstengeschlecht entstamm, einen nicht minderkleinen Einfluß auf ihren Ehemann aus (Boleslaw ist bis heute Nationalheld der Sorben). Den politischen Grund für die Besetzung lieferte jedoch die Ermordung seines deutschen Freundes und Verbündeten im Reich des Markgrafen Ekkehardt von Meißen. 1002 traf sich Boleslaw mit Heinrich II. und anderen deutschen Fürsten in Merseburg (Heinrichs Wahl zum deutschen König), auf dem Weg Richtung Heimat wurde er jedoch von einem deutschen Aufgebot überfallen, sodass er mit seinem Leben knapp dem Tod entging, es ist umstritten, ob es mit Einverständnis König Heinrichs geschah. Durch diesen Vorfall kam es dann definitiv zum Bruch zwischen den beiden Herrschern.
1003 Besetzung Böhmens
Boleslaw nutzte die Thronwirren in Böhmen aus und marschierte in die tschechische Hauptstadt Prag ein. Er erklärte sich dort selbst zum Herzog von Böhmen. Dieses Vorgehen begründete er mit seiner przemyslidischer Abstammung. König Heinrich II. vor nackte Tatsachen gestellt, akzeptierte dies, nur unter einer Bedingung, dass Boleslaw das Böhmenland als kaiserlich-königliches Lehen aus Heinrichs Hand entgegennehmen sollte. Boleslaw weigerte sich als "König" einem anderen König den Lehnseid auch nur für ein Teil seines Reiches (und dieses hatte mit der Besetzung Böhmens schon riesige Ausmasse angenommen, Polens Einfluß reichte von der Ostsee/Elbe bis hinunter an die Donau (Böhmen, Mähren, Slowakei), und von dort tief ins russische Gebiet zu leisten, und so erklärte Heinrich ihm 1004 den Krieg. Der "aktive" Krieg zog sich mit kurzen Pausen über mehrere Jahrzehnte hinweg. 1004 maschierte Heinrich II. in Prag ein, und vertrieb Boleslaw von dort. Mit böhmischer Hilfe (Herzog Jaromir von Böhmen) zog er dann gen Norden und da er ihn selbst mit böhmischer Hilfe miltärisch nicht greifen konnte, ließ er nun mehr alle Hemmungen fallen, und verbündete sich sogar mit den heidnischen Lutizen, was im Reich nicht nur einem Skandal gleichkam, sondern auch mit offener Auflehnung gegen den Kaiser und Unterstützung für Boleslaw aufgenommen wurde. Gerade bei den Sachsen (Heimatgebiet Ottos III.) fand er eine politische Stütze im Kampf gegen Heinrich II. dem Bayer.
1018 Friede von Bautzen
Die Lage im Ostelbischen wurde immer prekärer und chaotischer, das Land blutete regelrecht aus. Man entschloß die Waffen ruhen zu lassen. Polen wurde das Milziner Land und die Mark Lausitz zugesprochen und verblieb bis 1031 (lehnsfrei) auch dort. Für Boleslaw Chrobry führte dieser Krieg (langfristig) zu einem Substanzverlust des Landes. Für den Rest seines Lebens leistete Boleslaw weiterhin dem Reich Widerstand. In der Nordmark unterwarf er die hiesigen Slawenstämme, wo er in Köpenick (Berlin-Köpenick) eine Burg auf der heutigen Schlossinsel anlegte. Für fast 200 Jahre, bis tief ins 12. Jahrhundert, war Köpenick der Sitz eines polnischen Vasalls. Als Dreingabe bekam sein Sohn Mieszko II. eine Nichte Kaiser Ottos III. zur Frau, dies ist wohl als ein Zeichen zu werten, dass Heinrich nicht nur des mittelalterlichen Stellungskrieges leid, sondern dass er sich bei der Person "Boleslaws Chrobrys" schlicht verspekuliert hatte. Am Ende war er als Kaiser zu jeder politischen Konzession gegenüber König Boleslaw bereit.
1018 Boleslaws Zug gen Osten
Nun mehr richtete sich der polnische Blick gen Osten. Sein Schwiegersohn, der Kiewer Großfürst Swietopelk, wurde von seinem Bruder Jaroslaw gestürzt und suchte bei Boleslaw Hilfe bei der Zurückgewinnung der Macht im Reich der Rus. Er entsprach diesem Hilfegesuch und maschierte 1018 Richtung Kiew. Er nahm die reiche Stadt ein und setzte Swietopelk als seinen Vasallen, auf den Kiewer Thron ein. Auf dem Rückweg nach Gnesen, schloß er die Tscherwenischen Burgen, die 981 verloren gingen, wieder an Polen an.
1024/25 starb sein ärgster Widersacher König und Kaiser Heinrich II., der das boleslawische Reich bloss als eine seiner vielen Ostmarken ansah, in der irgendein slawischer "Kleingeist" herrsche, der sich gefälligst einem "kaiserlich-römischen" Germanen unterzuordnen hatte. Dieses, nach heutigem Verständnis, rüpelhaftes, ja diktatorisches Verhalten, war in damaliger Zeit durchaus legitim -christliches Weltbild von Kaiser und Gott-, alles was nicht den Titel König trug (Heinrich II. erkannte die Erhebung Boleslaws während des Akts zu Gnesen in den Stand der Könige zeitlebens nie an), hatte sich unterzuordnen! Nun stand nichts mehr im Wege, sich seine Krönung des Jahres 1000 nicht nur de facto, sondern auch de jure, im Rahmen der polnischen Kirche zu holen! 1025 setzte er sich nun mehr ein zweites Mal die Krone aufs Haupt, wodurch er auch rechtlich der erste König von Polen wurde. Er starb kurz darauf. Boleslaw war ein glühender Förderer und Vertreter des christlichen Glaubens in Polen. Es entstanden viele Kirchen, die Boleslaw, direkt über das Staatsbudget finazieren und unterhalten ließ, im Gegensatz zu Deutschland, wo das gemeine Volk im Rahmen des Zehnten diese Aufgabe aufgetragen worden war. Durch die erfolgreiche Gründung einer unabhängigen polnischen Kirchenprovinz mit dem Erzbistum Gnesen und seiner Krönung zum König, begründete er die polnische Emanzipation vom Reich. Er war auch der Begründer der polnischen Kastellaneiverfassungsordnung. Die Abkehr von der Universalidee Kaiser Ottos III. und sein politisches Gespür beim Durchsetzen seiner eigener Ziele, verhalfen ihm aus einem ehemals kleinen westslawischen Stamm der Polanen innerhalb von wenigen Jahrzehnten eine geachtete und respektierte Großmacht in Zentraleuropa (Heinrich II. mal ausgenommen) zu etablieren, die sich von der Ostsee/Elbe/Donau bis tief in die Lande der Rus erstreckte. Auch wenn er sicherlich nicht ganz frei von Tadel war -wie die meisten Herrscher damaliger Zeit-, ging er in die Geschichte als eine der größten Persönlichkeiten Polens ein, und blieb bis heute, auch als "der Große" genannt, unvergessen. Er liegt neben seinem Vater Mieszko I. in der Kathedrale zu Posen begraben.
Staatskrise und ein Neubeginn
1025/26 Nach dem Tod Boleslaws übernahm sein gebildeter Sohn Mieszko II. die Exekutive und krönte sich kurz darauf selbst zum König, um die Unabhängigkeit seines Vaters und natürlich die Seine vor dem deutschen "Huldigungswahn" zu sichern. Jedoch gelang es ihm die von seinem Vater eroberten Gebiete nicht zu halten. Nach nur 5 glücklichen Jahren seiner Herrschaft begann sein Reich bedingt durch innere Unruhen (Kriege, Aufbau der Monarchie und Kirche, die riesige Kosten verusachten, und nun mehr auf den Buckel des einfaches Volkes abgeschoben wurden) und von außen erzeugte Instabilitäten (ins Ausland geflüchtete Brüder Mieszkos II., Otto und Bezprym, die mit dem Willen des Vaters Boleslaw brachen) zu erodieren.
1028-30 Krieszüge Mieszkos
gegen östliche Teile des Reiches vor allem Thüringens und Sachsens. Da Mieszko II. ein innenpolitischer Gegner des neuen Kaisers Konrads II. war, schloss er an die Poltik seines Vaters an, wodurch er sich im Ausland eine Menge Feinde gemacht hatte. Blind vor drohendem Unheil, übersah er die schon unter seinem Vater beginnenden Substanzverlust im Innern und die geographische Überdehnung des Staates völlig!
1029 1. Kriegszug Konrads II.
gegen Mieszko II. brachte keinen Erfolg, jedoch gingen Mähren an Böhmen (Udalrich) und die Slowakei an Ungarn verloren. Mieszkos II. Brüder, Bezprym und Otto sahen für sich die Zeit gekommen, und suchten bei den Regenten der Nachbarvölker um Unterstützung zur Erlangung der Exekutive in Polen.
1031 2. Kriegszug Konrads II.
gegen Mieszko. Kriegsziel war das Milzener Land und die Lausitz. Mieszko kapitulierte und gab die Lausitz zurück ans Reich. Im gleichen Jahr griff Jaroslaw von Kiew Polen vom Osten an, und besetzte die Tscherwenischen Burgen, die er sogleich wieder an sein Reich anschloß. Mit Bezpryms auftauchen, der mit Jaroslaw gemeinsam Polen vom Osten her angriff, kam es im Innern zu Aufständen. Mieszko war nicht mehr Herr der Lage und floh nach Böhmen. Bezprym machte sich daraufhin zum Herrscher von Polen. Königin Richeza floh (für immer) mit den Königsinsignien (Bezprym verzichtete auf den Königstitel) und ihrem kleinen Sohn Kasimir in ihre deutsche Heimat, wohl im Rahmen einer heidnisch-antideutschen Reaktion und fanden bei ihren deutschen Verwandten (Kölner Erzbistum) im Reich Schutz. Sie trug zeitlebens den Titel einer polnischen Königin, was ihrem Mann Mieszko auf Druck des Kaiseres verwehrt worden war.
1031-1032 Bezpryms Herrschaft
dauerte nicht lange. Es kam zu einem Aufstand gegen den neuen, verhassten Herrscher, kurz darauf (1032) wurde Bezprym ermordet. Der Tod Bezpryms öffnete für Mieszko die Rückkehr in die Heimat. Er verständigte sich mit seinem jüngeren Bruder Otto und kam aus Böhmen nach Polen zurück.
1032 Der Verlust der Krone
Die Rückkehr Mieszkos II. nach Polen, rief beim Kaiser Beunruhigung hervor. Nun rüstete das Reich für einen neuen Kriegszug gegen Polen. Mieszko kam diesem zuvor und durch diplomatische Verhandlungen kam es in Merseburg zu einer einvernehmlichen Einigung. Mieszko verzichtete auf die Königskrone, und musste sein Reich und Macht mit seinen Verwandten Otto und Dietrich (ein Verwandter von Oda von Haldensleben) teilen.
1032-1034 Wiedervereinigung Polens
(1033) starb bereits Mieszkos Bruder Otto, Dietrich verlor aus nicht bekannten Gründen sein ihm zugewiesenen polnischen Machtbereich und so konnte Mieszko noch kurz vor seinem Tod (1034) die Hauptprovinzen Polens an seine Exekutive binden. Die boleslawischen Eroberungen sowohl im Osten, wie auch im Westen waren jedoch verloren. Polen beschränkte sich auf die Hauptprovinzen Groß-/Kleinpolen, Masowien, Pommern und Schlesien und entsprach (1034) somit ungefähr den heutigen (piastischen) Grenzen.
1034-39 Die Exekutive ging an seinen Sohn Kasimir,
der aus der Heimat seiner deutschen Mutter kam und die Gewalt im Staate übernahm. Er hielt sich jedoch nicht lange an der Macht, und musste 1037 auf den Druck der Opposition Polen Richtung Ungarn verlassen. 1037-39 fand ein Auflösungsprozess des polnischen Staates statt. Es kam vorallem in Großpolen/Posen zu Aufständen gegen die Kirche und das Magnatentum, die eigentlichen Profiteure des sozio-politischen Umbruchs der ersten Piasten (die Einführung eines des "Zehnten" ähnlichen Systems für die Kirche und den Adel- die Bauern waren bis dato frei), Verbunden war das ganze mit einem starken Rückfall ins Heidentum. Einzelne Regionen machten sich selbständig zum Beispiel Masowien und Pommern. Dies blieb bei dem böhmischen Nachbarn nicht unbemerkt, so rüstete 1038 Herzog Bretislaw gegen Polen. Da es zu diesem Zeitpunkt in Polen keine echte Exekutive noch Widerstand mehr gab, war das Land schutzlos den Böhmen ausgeliefert. Großpolen mit Posen und Gnesen wurden geplündert und vernichtet, die Heiligenreliquien Adelberts und seines Bruders Radims nach Prag entwendet (mit dem Ziel bei dem Papst die Gründung eines eigenen Erzbistum zu erwirken, was jedoch scheiterte), auf dem Rückweg nach Prag, schloß der böhmische Herzog Schlesien seinem Reich an. Hinzu kamen noch Plünderungszüge der heidnischen Pruzzen und Pommern. Zusammengefasst: Es herrschte schlicht das Chaos. Wer konnte floh über die Weichsel nach Masowien oder Kleinpolen, die vor dem Chaos unbeheligt geblieben waren. Nach dem Böhmenraubzug gab es weder eine weltliche noch geistliche Autorität im Land.
1039-1058 Rückkehr der Piasten
Der neue Kaiser im Reich, Heinrich III., befürchtete ein politisches Erstarken Böhmens unter Bretislaw und erteilte auf Gesuch des jungen Herzogs Kasimir ihm daraufhin militärische Hilfe, mit dieser gelangte der Herzog in den Besitz Großpolens (Posen-Gnesen) und Kleinpolens (Krakau) zurück. Sogleich machte er diese Stadt zur neuen Hauptstadt Polens, da Großpolen durch die vielen Aufstände und den Böhmenraubzug zu verwüstet waren. 1041 zwang der Kaiser den Böhmenherzog zum Verzicht auf Ansprüche gegenüber Polen. Er verzichtete auf diese, gab Schlesien jedoch nicht preis. Um die Grenze im Osten abzusichern, schloß Kasimir ein Bündnis mit Jaroslaw von Kiew (1039) und heiratete wenig später eine seiner Töchter. Jaroslaw gewährte ihm auch militärische Hilfe bei der Rückeroberung Masowiens und Danzigs (1047). Kasimir brachte Polen aus dem Chaos in die Ordnung hinein und erneuerte die piastisch-königlichen Institutionen, sowie die römisch-katholischen Kirche. Kurz vor seinem Tod (1058) anerktierte er 1050, gegen den Willen des Kaisers, Schlesien und gewann es für Polen zurück, sodass die Grenzen von 1034 zurück erkämpft werden konnten. Erst nachdem Bretislaw 1053/54 die bayrischen Rebellionen unterstützte, musste er auf Drängen des Kaisers in Quedlinburg 1054 auf Schlesien endgültig gegen jährliche polnische Tributzahlungen schließlich verzichten, was zum Anlaß für weitere böhmisch-polnische Auseinandersetzungen wurde. Er versuchte auch das Erzbistum in Gnesen zu erneuern, jedoch gelang es ihm das nicht mehr. Obwohl er historisch stets im Schatten seiner erfolgreichen Vor- und Nachfahren stand (zu Unrecht!), backten die nachfolgenden Piasten-Herrscher nun kleinere Brötchen und verzichteten gänzlich auf imperiale Politik. Im Amt des Herzogs folgte ihm sein ältester Sohn Boleslaw der Kühne.
1058-1079 Boleslaw der Kühne
stand im Kampf zwischen Kaisertum und Papstum wegen der gegen ihn gerichteten Koalition (Heinrich IV., Kiewer Rus, Böhmen) auf der Seite des Papstes Gregors VII. Er wurde 1076 zum König gekrönt. Polen hatte seit 1032 in männlicher Linie wieder einen König (in weiblicher bis 1063/Richeza)! Er wurde aber kurz darauf, aufgrund des Mordes an dem Krakauer Bischof, vom geistlichen und weltlichen Adel zur Abdankung gezwungen. In der Exekutive folgte ihm sein jüngerer Bruder Wladyslaw I. Herman.
1079-1102 Wladsylaw Herman
verzichtete ganz auf die Königswürde, und versuchte mit einer Neutralitätspoltik (Heirat mit einer böhmischen, dann mit einer deutschen Prinzessin) gegenüber dem Reich, wie auch Böhmen zu agieren. Nach seinem Tod, wurde das Land zwischen seinen zwei Söhnen Zbigniew und Boleslaw geteilt.
1102-1138 Zbigniew und Boleslaw III. Schiefmund
Boleslaw gelang es seinem Bruder zu unterwerfen, sodass Polen bereits nach 6 Jahren (1108) geeinigt war. 1109 wurde ein Invasionsversuch des Kaisers Heinrich V. erfolgreich abgeschmettert, der mit der Vertreibung von Zbigniew nicht einverstanden war. Unter Boleslaw III. entwickelte Polen eine neue Machtentfaltung durch die Unterwerfung der heidnischen Pommern (1121), die er von Otto von Bamberg christianiseren ließ. Er dehnte seinen Einflußbereich bis in das heutige Brandenburg hinein (Berlin-Köpenick/Gründung eines polnischen Bistums in Lebus). Da er viele männliche Nachkommen hatte, und er Kämpfe unter seinen Söhnen vermeiden wollte, wie damals die seinen mit Zbigniew, teilte er sein Reich -nach slawischem Brauch- unter seinen Söhnen auf, indem nur der älteste das Land nach außen repräsentieren sollte -Senioratsprinzip-. 1138 war es soweit, Einführung des Senioratsprinzips. Der Älteste Vorsteher der Piastendynastie, sollte als Seniorherzog Kleinpolen mit der Krönungs- und Hauptstadt Krakau, die übrigen Mitglieder der Familie als Juniorherzöge in den ihnen zugewiesenen Gebieten herrschen. Bereits 1146 kam es zum Bruch, Wladyslaw II. wurde mit Hilfe des Adels von seinen Bürdern aus Polen vertrieben. Die erhoffte Stärkung der Einheit blieb aus, vielmehr entstanden in den nächsten 150 Jahren ständige Kämpfe um Macht und die Exekutive in Krakau. Der Staat bestand aus Teilfürstentümern. Die Idee der polnischen Einheit lebte weiter in der einheitlichen Kirchenorganisation und der Tradition der großen Adelsgeschlechter.
Verlust der Einheit und die letzten Piasten
1138-1306 Zerfall in Teilfürstentümer
Während dieser Periode gab es mehrmalige Versuche das zersplitterte Reich zu einigen, denn es kam nicht nur außenpoltisch (Druck auf die piastischen Grenzen, durch Böhmen, Deutschen Orden, Mark Brandenburg), sondern auch sozio-ökonomisch (deutsche Ostkolonisation, Hanse, Landwirtschaft, Rechtsformen etc.) zu großen Umwälzungen, die die Geschichte dieser Region maßgebend bis 1945 bestimmen sollten.
Die Zersplitterung Polens forcierte die deutsche Ostkolonisation ungemein. Nachdem der slawische Obodriten- und Wieletenbund während des Wendenkreuzzuges (1147), und der sächsich-dänischen Invasion (1160) nach fast 200 Jahren Widerstand der militärischen Übermacht gänzlich unterlag, verlagerte sich die Grenze zwischen dem Reich und Polen, nun mehr (um 1180) direkt an die Oder-Neiße-Linie. Im Süden der ehemaligen Nordmark übernahm Albrecht der Bär um 1150 die Herrschaft über die neugegründete Mark Brandenburg. Aus dieser Mark entwickelte sich jahrhunderte später Polens Feind -Preußen-. In Mecklenburg unterwarf sich der Obodritenfürst Pribislaw den sächsichen Invasoren, wurde Christ und konnte wenig später die Macht aus den Händen Heinrichs zu Lehen entgegennehmen. Mit diesem Seitenwechsel konnte er nicht nur das Überleben seiner Dynastie sichern, sondern auch den Grundstein für die Entstehung des Fürstentums Mecklenburg legen, das bis 1918 von einem Fürstenhaus beherrscht wurde, dessen Urahn der besagte Slawenherrscher war. Seine slawischen Untertanen, wie er auch selbst und seine Nachfahren, verloren mit der Zeit aufgrund der deutschen Ostkolonisation (deutscher Klerus) jegliche kulturelle slawisch-obodritische Eigenart und gingen so im deutschen Volk auf. Ebenso erging es den slawischen Stämmen in der Mark Brandenburg, mangels eigener christlichen Kirchenarchitektur einerseits (große Teile der Wenden hingen selbst noch im 12. Jahrhundert dem Heidentum an), und einer starken wendischen Exekutive andererseits, erlagen auch sie schließlich der Übermacht der weltlich-geistlichen Obrigkeit der Deutschen. Diese Kolonisation machte auch vor der Oder-Neiße-Grenze keinen Halt und sprang sogar auf die polnischen Gebiete über! Bereits zwischen 1200-1250 waren große Teile Niederschlesien mit Deutschen und Flamen besiedelt, die durch die schlesische Linie der Piasten ins Land geholt wurden. Diese wurde somit seitens der polnischen Obrigkeit nicht nur gefördert, sondern war auch politisch gewollt! Ähnlich verlief es auch in Hinterpommern, wo die einheimischen slawischen Herrscher das Deutschtum förderten, jedoch wie auch in Mecklenburg dabei durch und durch ihre slawische Eigenart verloren (das galt auch für Nieder-Schlesien). Nach 1250 setzte sie über die Weichsel, wo sie im Rahmen der Poltik des Deutschen Ritterordens die Autochtonen Pruzzen entweder assimilierte und verdrängte oder bei geleisteten Widerstand einfach vernichtete (die Pruzzen waren nämlich keine Germanen, sondern viel mehr Balten, wie die Letten und Litauer). Im Zuge dieser "Kolonisation vom Westen" lösten sich die ehemals polnischen Provinzen nun mehr ganz vom piastischen Staatsverband.
Hier nun mehr die wesentlichen Geschehnisse bezogen direkt auf die polnischen Kerngebiete.
1180 Reichstag zu Lentschiza
Die Versammlung der polnischen Herzöge und Bischöfe in Lentschiza hob das Senioratsprinzip auf und verbriefte Vorrechte der Geistlichkeit. Die Einheit Polens wurde nicht erreicht, die Fürstentümer der Piasten bestanden weiterhin als (teil-)souveräne Gebilde nebeneinander.
1181 Verlust Hinterpommerns
Sowohl vom Westen (Mark Brandenburg), wie auch vom Norden (Königreich Dänemark) bedrängt und auf keine Hilfe aus der zerstrittenen Autoritätsmacht Polen hoffend, stellten sich die pommerschen Fürsten unter den Schutz des Reiches. Pommern wurde Reichslehen, die pommerschen Herzöge Reichsfürsten.
1226 Konrad von Masowien und die Goldene Bulle von Rimini
Der polnische Herzog Konrad von Masowien , begann seinen Machtbereich auf eigene Hand zu erweitern. Das pruzzische Gebiet um Kulm (Kulmer Land) war sein Kriegsziel. Die Expansion auf Kosten seiner heidnischen Nachbarn wurde jedoch zu einem Fiasko. Er vorlor seiner Eroberungen wieder und wurde nun seinerseits von dem aufgewachten Nachbarn bedroht. Da er keine Hilfe von seinen piastischen Brüdern bekam, richtete er den Blick auf den Deutschen Orden, der 1225 aus Ungarn vertrieben wurde, weil dieser in Siebenbürgen im Kampf gegen heidnische Steppenvölker einen eigenen Staat gründen wollte. Im Jahre 1226 bat Konrad von Masowien den Deutschen Orden um Hilfe und versprach ihnen das Kulmer Land als herzögliches Lehen, dafür sollten sie ihm dabei helfen, die heidnischen Pruzzen im Namen Christi zu unterwerfen, mit dem Ziel die eroberten Gebiete an Masowien zu übergeben. Auch hier hat sich der "gute" Konrad auf breiter Front völlig verspekuliert und unterschätzte die Pfiffigkeit der Deutschen. Er legte damit (unwissend) das Fundament für den jahrhundertelangen deutsch-polnischen Gegensatz! Der Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, war jedoch darauf bedacht, nicht mit Konrad von Masowien eine ähnliche Entwicklung wie mit dem König von Ungarn zu erleben. Er sicherte sich bei dem Kaiser Friedrich II. den Besitz des Kulmer Landes mit der Goldenen Bulle von Rimini ab. Sie sehen, im Mittelalter war es nämlich Gang und Gebe, etwas, dass weder im Besitz noch im Eigentum des Kaisers war, an andere ihm wohlgesonnen Autoritäten und Günstlige zu verschenken, denn es war eh alles Heidenland, und was die deutschen Kaiser von Heiden hielten, siehe das Jahr 983! Mit dem Auftauchen des Deutschen Ritterordens im Pruzzenland, entwickelten sich im Mittelalter aus den Mönchsrittern die Erzfeinde Polens, später auch Litauens.
1241 Mongoleneinfall
Die einsetzende Einigung Polens durch die schlesische Linie der Piasten wurde mit dem Tod Herzogs Heinrichs II. zur Grabe getragen. Der Herzog verlor im Kampf gegen die mongolischen Horden in der "Schlacht bei Liegnitz" sein Leben und Schlesien zerfiel in eine Unzahl kleinerer, piastischer Fürstentümer, die nach dem Mongolensturm 1241 nach und nach dem Königreich Böhmen angeschlossen wurden. Obwohl die Reiterhorden des Großkahns siegreich blieben, zogen sie sich in die von ihnen eroberten russische Fürstentümer zurück und wurden, auch als die Tartaren genannt, über 250 Jahre die neuen Herren des zerfallenden Reiches der Kiewer Rus. In den folgenden Jahrzehnten unternahmen sie jedoch weitere Raubzüge Richtung Westen, die Polen miltärisch immer schwächer werden ließen, sodass die Nachbarvölker wie die Litauer, Böhmen oder die Deutschen (Brandenburg, Deutscher Orden), begannen ihre eigenen Territorien auf Kosten Polens zu erweitern.
1250 - 1271 Expansion der Mark Brandenburg gen Osten auf polnisch-piastische Gebiete
(1250) Verlust von Lebus, 1252-1271 Entstehung der Neuen Mark, als Gegenstück zur der Altmark (später Brandenburg genannt).
Die Wiedervereinigung Polens
1295-96 Przemyslaw II. - König von Polen -
Nun versuchte ein Piastenherzog aus Großpolen (Posen-Gnesen), das piastische Reich zu einigen. Er gelang zwar nie in einen dauerhaften Besitz von Kleinpolen (Krakau), regierte dort nur von 1290-91, und mußte es auf Druck der Böhmen, 1291 Richtung Posen verlassen, nichtsdestotrotz wurde er vom polnischen Erzbischof zu Gnesen zum 4. polnischen König seit Boleslaw dem Kühnen gekrönt. Von dieser neuen Machtpräsenz bedroht, wurde er im Auftrag des Markgrafen von Brandenburg (brandenburgische Erwerbungen ehemaliger piastisch-polnischer Gebiete: Lebus, Neue Mark) ermordet.
1300-1306 Böhmische Herrschaft
Nach dem gewaltsamen Tod von Przemyslaw gelangten die böhmischen Könige mit Hilfe der Kirche und des in Polen ansässigen deutschen Bürgertums in den Besitz der polnischen Krone. Es waren Wenzel II. (Wenzel II. war verheiratet mit einer Tochter Przemyslaws) und Wenzel III.. Bereits 1291 wurden sie die neuen Herren von Kleinpolen, ab 1300 sogar Könige von Polen. Der Besitz Polens, wie auch der polnischen Krone wurde jedoch seitens des Papstums - Bonifatius VIII. - 1304 für illegal erklärt. Mit dem Tod Wenzels III. (er wurde ermordet) erloschen die Przemysliden im Mannesstamm und die erste deutsche Dynastie, nämlich die der Luxemburger, kam in Böhmen an die Macht. Erst nach der Ermordung des böhmischen Herrschers, gelang es einem anderen Herzog aus dem Geschlecht der Piasten, Wladyslaw Ellenlang, die Macht in Kleinpolen zu gewinnen, sowie später in Großpolen. Nach 1306 wurde Polen unter seiner Ägide, in einer etwas verkleinerten Form, wiedervereinigt.
1306-33 Wladyslaw Ellenlang
Wladyslaw glang es mit päpstlicher und ungarischer Hilfe die nationale Einigung.
1308 Verlust von Danzig - Pomerellen -
Gegen den Willen des polnischen Herrschers Wladyslaw Ellenlangs und durch den offenen Bruch der vorher getroffenen Absprache, gewaltsame Annexion Danzig-Pommerns durch den Deutschen Ritterorden. Mit diesem agressiven Akt, der gegen einen christlichen Staat gerichtet war, verlor der Orden seine Heidenmission und wurde nun mehr zur einer Territorialmacht. Polen wurde der Zugang zur Ostsee verbaut. Entstehung des Korridors, sowie einer jahrhundertelangen Feindschaft zwischen dem Kgr. Polen und dem Deutschen Ritterorden, die erst 1466 mit dem Zweiten-Thorner-Frieden ein Ende fand.
1320 Krönung von Wladyslaw Ellenlang zum polnischen König in Krakau.
1329-31 Expansionspolitik des Deutschen Ritterordens gegen das christliche Polen.
Eine gegen Polen gerichtete Expansionspoltik des Deutschen Ritterordens, die sich mit den böhmischen Luxemburgern verbündet hatten - König Johann der Blinde - führte zum Verlust von Kujawien und des Dobriner Ländchens.
1333 Tod Wladyslaw Ellenlangs
die Macht ging an seinen Sohn Kasimir über. Wladyslaw ging in die Geschichte als Reichseiniger Polens ein. Trotz widriger Umstände (Deutscher Orden, Brandenburg, das luxemburgische Böhmen) konnte er sein Werk mit einer Krönung zum polnischen König festigen. Wladyslaw gelang es die alten piastichen Grenzen nicht mehr zurückzugewinnen. Er vermachte seinem Sohn nur 2 alte Herrschaftsbreiche der Piasten, Großpolen (Posen) und Kleinpolen (Krakau). Die piastischen Provinzen Schlesien und Hinterpommern waren von da ab de facto bis 1945 für Polen für immer verloren.
1333-1370 Kasimir III. der Große
1335 Verlust Schlesiens (de facto und de jure)
(1335) bemühte sich der polnische König Kasimir um eine Beilegung des Konflitks mit Johann. Die Könige trafen sich in Visegrad. Kasimir erkannte die böhmische Oberhoheit über Schlesien an und Johann gab seine Ansprüche auf die polnische Krone gegen eine Geldzahlung auf und schränkte die Unterstützung für den Deutschen Orden ein. Mit der Anerkennung der böhmischen Herrschaft über Schlesien, bildet sich eine Westgrenze zwischem dem Reich und Polen, die ihren Bestand bis 1945 haben sollte.
1343 Schloß Kasimir in Kalisch Frieden mit dem Deutschen Orden, hierfür bekam er Kujawien und das Dobriner Ländchen zurück.
1347 Kodfikation des polnischen Rechts.
1348/49 Durch Verhängung einer Quarantäne über sein Reich konnte er die Pest - Schwarzer Tod - weitgehend abwehren.
1344-66 Ruthenien (Rotrussland) wurde polnisch
Da die alten piastischen Gebiete im Westen durch und durch ein Teil des Reiches wurden (auch etnisch im Rahmen der Ostkolonisation ), richtete sich nun mehr Polens Blick gen Osten. Kasimir gelang in den Besitz Galiziens, was Polens -Drang nach Osten- begründete.
1364 Gründung einer Universität ( Jagiellonen-Universität ) in Krakau, der zweiten nach Prag in Zentraleuropa!
1370 Tod Kasimirs III.
Kasimir förderte im Innern das Städtewesen durch zahlreiche Baumaßnahmen, Aufnahme von Deutschen und Gewährung deutschen Stadtrechts. Er lud nach dem Progromen in Westeuropa im Zuge der Pest die Juden nach Polen ein. Er ließ das polnische Rechts- und Münzwesen vereinheitlichen und war der Begründer der ersten polnischen Universität. Mit ihm starben die polnischen Piasten in königlicher Linie aus (in Schlesien erst im 17. Jahrhundert und Masowien im 16. Jahrhundert), sein Nachfolger wurde sein Neffe, der ungarische König Ludwig der Große, Personalunion mit Ungarn von 1370 bis 1386.
Renaissance: Haus Anjou und die Jagiellonen
Mit dem Tod König Kasimirs III. des Großen (Kazimierz III Wielki), 1385/86 wurde Polen durch Heirat mit dem damals noch nicht christianisierten Litauen verbunden. Der litauische Großfürst Jagiello (Jogaila) ließ sich taufen, verband sich in der Union von Krevo ehelich mit Polens Königin Hedwig von Anjou (Jadwiga Andegaweńska), bestieg den polnischen Thron und begründete als König Wladyslaw II. Jagiello (Władysław II Jagiełło) von Polen das Herrscherhaus der Jagiellonen.
Die Personalunion von Krevo hatte für die orthodoxe Bevölkerung einschneidende Folgen. Zwar sollte der Status quo erhalten bleiben, doch in Folge wurden die Orthodoxen schlechter gestellt als die katholischen Litauer und Polen. Im 14. Jahrhundert wurden Moskau nach Kiev und Vladimir zu großfürstlichen Residenzen. Im Zuge der Sammlung des russischen Landes beanspruchten die Moskauer Herrscher alle ostslawischen Territorien des Großfürstentums Litauen.
Unter dem Eindruck der Moskauer Offensive im Livländischen Krieg (1558-1582/83), bei dem Russland und das Litauische Großfürstentum zeitweilig die Hauptwiedersacher waren, mussten Litauen der Union von Lublin mit Polen zustimmen. Die Realunion von Lublin (1569) bildeten für die Geschichte der Ukraine eine deutliche Zäsur. Die ukrainischen Länder wurden nun direkt dem Königreich Polen unterstellt und die kulturelle und religiöse Integration des ukrainischen in den polnischen Adel beschleunigt. Es bildetet sich eine tiefe Kluft zwischen dem priviligierten katholischen Adel und den orthodox gebliebenen ukrainischen Unterschichten.
Unter seinen Nachfolgern, zum Teil dynastisch mit Habsburg verbunden, stieg das polnisch-litauische Reich im 16. Jahrhundert zu einer der führenden Kontinentalmächte Europas auf und dehnte sich weit nach Osten aus. Die jagiellonischen Könige befestigten die jahrhundertelange Herrschaft Polens über Gebiete wie Litauen, Kurland, Polesien, Wolynien, Podolien und die Ukraine.
Hinzu kam, insbesondere während der Regierungszeit des Renaissancekönigs Sigismunds I. des Alten (Zygmunt I Stary), eine Blüte von Literatur und Kunst, wobei das bis dahin im Schrifttum dominierende Latein zugunsten des Polnischen zurücktrat, das sich ab etwa 1500 zu voller Ausdruckskraft entfaltete. Krakau stieg zum führenden Zentrum des Buchdrucks in Ostmitteleuropa auf. Die Dichter Mikołaj Rej, Jan Kochanowski und Łukasz Górnicki begründeten die polnische Literatur, der Philosoph Andrzej Frycz-Modrzewski die polnische Staatstheorie und Nikolaus Kopernikus (Mikołaj Kopernik) das heliozentrische Weltbild. Religiös Verfolgte aus ganz Europa fanden im (damals) toleranten Polen Zuflucht, unter anderem Gelehrte aus Böhmen und Deutschland. In Architektur und Kunst spiegelten sich italienische und französische Einflüsse. Zahlreiche Adelspaläste, Bürgerhäuser und Kirchen entstanden, das Krakauer Königsschloss auf dem Wawel-Hügel wurde zur prunkvollen Residenz ausgebaut, neue Städte gegründet. Der Großkanzler Jan Zamoyski ließ eine Renaissance-Modellstadt, Zamość, anlegen, Lemberg (Lwów), Wilna (Wilno) und Posen (Poznań) stiegen zu wichtigen Kulturzentren auf, Danzig (Gdańsk), die "Perle Polens", zum Handelshafen des Landes.
Die Adelsrepublik (Rzeczpospolita)
1572 verstarb der letzte Jagiellonenkönig, Sigismund II. August (Zygmunt II August) - ebenfalls ein großer Kunstmäzen. Polen wurde zu einer "Adelsrepublik" (Rzeczpospolita) und führte die Wahlmonarchie ein. Adel und Hochadel hatten 1569 ihre Vormachtstellung im Staat in der Lubliner Union zementiert, die zugleich die polnisch-litauische Personalunion in eine Realunion umwandelte. Für Litauen bedeutete dies die weitgehende Polonisierung seiner Führungsschicht und weiter Teile der Bevölkerung (siehe auch Geschichte Litauens). Über viele Jahrzehnte war die Adelsrepublik der größte Staat Europas. Sie umfasste das heutige Zentral-, Nord- und Ostpolen, Litauen, Lettland, Weißrussland und die Ukraine.
Erster Wahlkönig Polens wurde 1573 Heinrich von Valois (Henryk Walezy) - ab 1574 als Heinrich III. König von Frankreich. Sein Nachfolger, König Stephan Báthory (Stefan Batory), ein geschickter Taktiker im adeligen Machtgefüge, führte Polen siegreich in militärische Auseinandersetzungen mit dem Osten (Moskowiter). 1579 gründete er die Universität von Wilna (Wilno). König Sigismund III. Wasa (Zygmunt III Waza), der als Jagiellonen- und Wasa-Spross beide Geschlechter in sich vereinte und die katholische Wasa-Linie repräsentierte, verlegte 1596 die Königsresidenz nach Warschau - wegen seiner zentralen Lage in Polen und der größeren Nähe zu Sigismunds Erbkönigreich Schweden. Kriege gegen das Großfürstentum Moskau (Besetzung Moskaus) und Schweden sowie innere Unruhen (Kosakenaufstand 1648 unter Bogdan Chmielnicki) überforderten im Verlauf des frühen 17. sowie während des 18. Jahrhunderts die Adelsrepublik zunehmend. Gebiete entlang der Ostsee gingen an Schweden und Teile der Ukraine, Litauens und Weißrusslands an die Moskowiter verloren. 1673 konnten die Türken (Osmanisches Reich) bei Chocim in Podolien besiegt werden.
Unter König Johann III. Sobieski (Jan III Sobieski) kam es Ende des 17. Jahrhunderts noch einmal zu einer kurzen politisch-kulturellen Blütezeit (1683 zweiter Sieg über die Türken in der Schlacht am Kahlenberg vor den Toren Wiens), die sich in reicher Barockliteratur (Jan Andrzej Morsztyn, Wacław Potocki, Jan Chryzostom Pasek) und -architektur (Wilanów) niederschlug, sich jedoch unter dem sächsischen Kurfürsten und polnischen König August II. dem Starken (August II Mocny) rasch ihrem Ende zuneigte.
Die Zeit der Teilungen
Das 18. Jahrhundert markiert den Niedergang Polens. Machtkämpfe innerhalb des Hochadels (Magnatentum), das Fehlen einer Zentralgewalt und die völlige Lähmung des Staates und der Gesetzgebung (vor allem infolge des Liberum Veto) führten 1772, zu Anfang der Regierungszeit des letzten polnischen Königs Stanislaus II. August (Stanisław II August Poniatowski), eines Aufklärers und Förderers von Wissenschaft und Kunst, zur Ersten Teilung Polens, in der Preußen Pommerellen und Danzig (Gdańsk) annektierte, Russland Teile Weißrusslands und Österreich Gebiete in Südpolen (Galizien).
Gleichwohl stellten die letzten Jahrzehnte der polnischen Unabhängigkeit eine Zeit des Aufschwungs für die Hauptstadt dar. Bereits 1747 hatten die Grafen Załuski die erste öffentliche Bibliothek des Landes angelegt (eine der ältesten in Europa). In Warschau konzentrierten sich sämtliche Aktivitäten des so genannten Reformadels, zahlreiche Bildungseinrichtungen und Manufakturen wurden gegründet. Es entstanden prunkvolle Bauten und Parks (Łazienki, Ujazdów). Verewigt ist die Atmosphäre jener Jahre in den Stadtveduten des Venezianers Bernardo Bellotto (Canaletto), Hofmaler bei Stanislaus August Poniatowski. Die Staatsreformer Hugo Kołłątaj und Stanisław Staszic riefen die Kommission für nationale Bildung (Komisja Edukacji Narodowej) sowie die Gesellschaft für Wissenschaft (Towarzystwo Przyjaciół Nauki) ins Leben, auf Initiative des Königs wurde die Zeitschrift "Monitor" gegründet, die Logen der Freimaurer hatten regen Zulauf (Cagliostro, Casanova). Dichter (Ignacy Krasicki, Adam Naruszewicz, Stanisław Trembecki) konkurrierten mit Dramatikern (Franciszek Zabłocki, Wojciech Bogusławski, Julian Ursyn Niemcewicz). Graf Jan Potocki, Völkerkundler und Schriftsteller, erhob sich per Heißluftballon über die Stadt, der Pflanzerssohn Lewis Littlepage aus Virginia bereiste als königlicher Sekretär und Diplomat die Höfe Europas.
Am 3. Mai 1791 trat der Sejm zusammen. Polen gab sich die erste geschriebene Verfassung Europas, die für die damalige Zeit als revolutionär galt. Durch von außen geschürte politische Instabilität (Konföderation von Targowica gegen die Verfassung) wurde jedoch die Zweite Teilung Polens im Jahre 1793 begünstigt, in deren Verlauf Preußen das polnische Kernland um Posen (Poznań) als Provinz zugeteilt bekam, während Russland weitere Teile Weißrusslands und der Ukraine erhielt. Der darauf folgende nationale Aufstand gegen die Besatzer unter Tadeusz Kościuszko bot, nach Teilsiegen der Aufständischen, den Anlass, den Reststaat 1795 vollends zu liquidieren (Dritte Teilung Polens).
1807 errichtete Napoleon zwar ein Großherzogtum Warschau, das aber nach den napoleonischen Kriegen als "Kongresspolen" zu einem russischen Satellitenstaat wurde, der immer mehr Einschränkungen hinnehmen musste. Auf dem Wiener Kongress von 1815 wurde Polen erneut zwischen Preußen, Österreich und Russland aufgeteilt, wobei alle drei Mächte sich verpflichteten, die nationale Eigenart ihrer polnischen Bürger zu achten. Erst später kam für diese Entscheidung die Bezeichnung Vierte Teilung Polens auf.
In den drei Landesteilen fanden 1830/31 (Roman Soltyk), 1846 und 1863 Aufstände statt. Während Österreich und bis gegen 1890 auch Preußen die polnische Sprache und Kultur respektierten und teilweise sogar förderten, begann Russland frühzeitig eine Russifizierungspolitk. Ab etwa 1890 begann auch Preußen, das ab 1871 Teil des Deutschen Reiches war, in seinen polnischsprachigen Gebieten (Posen, Teile Westpreußens und Oberschlesiens) mit antipolnischen Maßnahmen. Dazu gehörten die Förderung deutscher Ansiedlungen, Ortsumbenennungen (die Stadt Inowroclav wurde 1904 in Hohensalza umbenannt), Beschränkungen für Polen beim Bodenerwerb (Polen durften zeitweise auf neuerworbenem Boden nicht bauen) sowie die Abschiebung von Polen mit russischer Staatsbürgerschaft. Bemerkenswerterweise sank dennoch der Anteil der Deutschen bzw. Deutschsprachigen in der Provinz Posen (im polnischen Sprachgebrauch: Region Großpolen, 1939 bis 1945 "Reichsgau Wartheland") von 1871 bis 1910 von 44 auf 38 Prozent, der Anteil der Polen stieg vice versa von 56 auf 62 Prozent. Hauptursache war die hohe polnische Geburtenrate und eine gewisse deutsche Abwanderung.
Noch ganz anders behandelte das zaristische Russland den von ihm annektierten (größten) Teil Polens. Dort waren sämtliche Polizisten, Lehrer und Verwaltungsbeamte Russen. Die Verwendung der polnischen Sprache in Zeitungen, Bücher, Schulen und Kirchen war untersagt. Nach dem blutig niedergeschlagenen Aufstand 1863/1864 setzte sich unter den oppositionellen polnischen Jugendlichen die Erkenntnis durch, dass der bewaffnete Kampf gegen die Besatzungsmacht wenig erfolgversprechend sei. Sie suchten durch Aufklärung und Bildung die Einheit der polnischen Nation zu bewahren und gründeten u.a. die sogenannten "Fliegenden Universitäten", bei deren heimlichen Treffen die sozialen, naturwissenschaftlichen und medizinischen Probleme ihrer Zeit diskutiert wurde. In Anlehnung an das Hauptwerk "Positive Philosophie" des französischen Philosophen Auguste Comte nannten sich die der Bewegung angehörenden Positivisten. Zu der Bewegung der Positivisten gehörte u.a. auch die Wissenschaftlerin Marie Curie.
Im 1. Weltkrieg versuchte das Deutsche Reich die polnische Bevölkerung für sich zu gewinnen, indem es ein unabhängiges Königreich Polen auf russisch beherrschten Landesteilen in Aussicht stellte und 1916 proklamierte.
Piłsudski zog mit seiner Armee zusammen mit Österreich und Deutschland gegen die russische Armee.
Die Zweite Republik: Zwischen Demokratie und Diktatur
Anfang des Jahres 1918 gewann Polen zusammen mit anderen Ländern durch den Friedensvertrag von Brest-Litowsk seine Unabhängigkeit von Russland, obwohl Polens Gebiete wurden drastisch eingeschränkt (besonders von Deutschland und Ukraine). Durch Eintritt der USA verlor Deutschland schließlich den Krieg, der Vertrag von Brest-Litowsk wurde von den Sowjets annulliert. Polen wurde unabhängige Republik und bekam die preußische Provinz Posen, Teile Oberschlesiens und einen Zugang zur Ostsee bei Gdingen in der Nähe von Danzig ("polnischer Korridor"). Es ist nicht gelungen, die ehemalige Westgrenze von 1772 wiederherzustellen (Ermland blieb deutsch und Danzig wurde zur freien Stadt erklärt).
Um den Besitz Schlesiens kam es zu Auseinandersetzungen mit Deutschland. In Oberschlesien ergab eine Volksabstimmung am 20. März 1921 über die staatliche Zugehörigkeit des Gebiets eine Mehrheit von fast 60 Prozent für den Verbleib beim Deutschen Reich. Polnische Freischärler begannen daraufhin am 3. Mai 1921, unterstützt von französischen Besatzungstruppen (Italiener und Briten stellten sich auf die deutsche Seite), einen bewaffneten Aufstand, um den Anschluss östlicher Teil Oberschlesiens an Polen gewaltsam duchzusetzen (die Aliierten wollten vorher nur den Kreis Pleß an Polen anschließen).
Das Deutsche Reich konnte aufgrund der Beschränkungen durch den Versailler Vertrag und aufgrund der Intervention der anglo-französischen Sieger nicht offiziell gegen die Freischärler vorgehen, trotzdem kam es zu einigen blutigen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Polen. Mit Billigung der deutschen Regierung versuchten Freikorps gewaltsam den Anschluss an Polen zu verhindern. Am 23. Mai 1921 gelang den Deutschen Freikorps des "Selbstschutz Oberschlesien" die Erstürmung des St. Annabergs, der stärksten Befestigung der Polen und eine Stabilisierung der Lage. Am 20. Oktober 1921 beschloß der Oberste Rat der Alliierten nach einer Empfehlung des Völkerbunds, das ostoberschlesische Industrierevier an Polen zu übertragen. Beim Deutschen Reich verblieb der zwar flächen- und bevölkerungsmäßig größere, vor allem jedoch eher agrarisch strukturierte Teil des Abstimmungsgebiets (Industriestädte wie Beuthen, Gleiwitz oder Zabrze blieben aber weiter deutsch).
1918 wurde J. Piłsudski Staatspräsident des wiederentstandenen Polen. Pilsudski versuchte, die Grenzen Polens vor 1772 unter Einschluss Litauens, Weißrusslands und der Ukraine, die damals von Millionen von Polen bewohnt wurden, wiederherzustellen. Östliche Teil von Litauen (Gebiete um Vilnius), das seine Unabhängigkeit gerade gegen Russland durchgesetzt hatte, wurde von polnischen Truppen besetzt. Die litauische Hauptstadt Wilna wurde besetzt, ebenso wie (vorübergehend) Kiew in der Ukraine - was, aufgrund der ähnlichen territorialen Ansprüche der Sowjetunion zum polnisch-sowjetischen Krieg führte: Zunächst drangen die polnischen Truppen unter General Rydz-Smigly mit Unterstützung von nationalukrainischen Kräften bis nach Kiew vor. Der schnelle Erfolg war durch das Ausweichen der sowjetischen Truppen begünstigt, die nach der Eroberung Kiews durch die Polen eine Gegenoffensive starteten. Die sowjetischen Einheiten unter Budionny drangen bis vor Warschau, während Stalin Lemberg belagerte. Durch ein waghalsiges Zangenmanöver gelang der polnischen Armee unter Pilsudskis Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten: während die polnischen Einheiten versuchten, die Armee des Budionny bei Radzymin (nordöstlich von Warschau) aufzuhalten, startete Pilsudski vom Fluss Wieprz (Wojewodschaft Lublin) eine Großoffensive in Richtung Norden. Der Überraschungseffekt war so groß, dass die letzten sich zurückziehenden Einheiten der Roten Armee über deutsches Gebiet - Ostpreußen - flüchten mussten.
1921 wurde in Riga (Lettland) der Friedensvertrag zwischen den Kriegsparteien geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Polen entwickelte hierbei insbesondere gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich - welche den Bau eines neuen Hafens in Gdingen finanzierten. Aus dem Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein Groß- und Militärhafen mit über 100.000 Einwohnern. Ebenso wurde aus dem Danziger Hafen Westerplatte ein polnisches Munitionslager. Der Zugang zu Ostpreußen vom restlichen Deutschen Reich war per Korridorzug (von Chojnice/Konitz bis Tczew/Dirschau Fahrt durch das polnische Gebiet) auf der Ostbahn oder per Schiff (Seedienst Ostpreußen) möglich.
1935 starb Piłsudski, was Polen schwächte. Parallel dazu wuchs die Bedrohung aus Deutschland, das die Einschließung von Danzig ins Reich forderte.
Als eine bittere Ironie erscheint es, daß Polen, kurz bevor es selbst von Deutschland überfallen werden sollte, Gebietsforderungen an die Tschechoslowakei gestellt hat. Im Oktober 1938 wurden an Polen (mehrheitlich von der Polen bzw. Schlesier besiedelt) das Industriegebiet Zaolzie und Jaworzyna angeschlossen.
Zweiter Weltkrieg: Das besetzte Polen
Nach Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes 1939 folgte der Überfall Deutschlands auf Polen am 1.9.1939, was den Kriegseintritt Großbritanniens und Frankreichs und damit den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte. Die deutschen Truppen kamen rasch voran. Nach zwei Wochen wurde die polnische Hauptstadt eingeschlossen. Am 17.9. wurde Polen - wie in dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen - auch von der Sowjetunion angegriffen. Am 28. September 1939 kapitulierte Polen.
Das Land wurde zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt. Die polnische Regierung von Ministerpräsident Sikorski ging zuerst nach Paris, später nach London ins Exil und organisierte von dort aus die Streitkräfte neu.
Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen.
Der westliche und nördliche Teil des deutsch besetzten Gebietes wurde Schlesien und Ostpreußen zugeschlagen beziehungsweise wurde als Reichsgau Westpreußen und Warthegau Teil des Deutschen Reichs. Zentralpolen wurde als Generalgouvernement Polen deutsche Kolonie, in dem Polen den Status von Arbeitssklaven erhielten. Langfristig sollte der gesamte polnische Raum germanisiert werden, was in der Konsequenz die Vernichtung des polnischen Volkes einschloss. Die Namen von Vernichtungslagern, wie Auschwitz, Majdanek oder Sobibor, stehen für unzählige Morde an polnischen Staatsbürgern durch Deutsche.
Auch die Polen, die in Ostpolen unter sowjetische Herrschaft geraten waren, waren von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Man schätzt, daß ungefähr 1,7 Millionen ehemalige polnische Bürger deportiert wurden, von denen 50-60 Prozent Polen, 15 Prozent Ukrainer, 5 Prozent Weißrussen und ungefähr 20 Prozent Juden waren. Ein eklatantes Verbrechen war die Massenerschießung von polnischen Offizieren durch sowjetische Truppen bei Katyn 1940.
Während des Krieges und der Besatzungszeit kamen unter deutscher Herrschaft rund 2,3 Millionen Polen und weitere 2,3 bis 2,8 Millionen polnische Juden ermordt oder kamen durch Folgen der Besatzung (im weitesten Sinne) ums Leben.
Durch Bildung von Partisanengruppen versuchten Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand zu leisten. Bereits 1943 kam es zum Aufstand im Warschauer Ghetto. Nachdem die Rote Armee im Januar 1944 die polnische Grenze von 1939 überschritten hatte, wurden die Truppen der Heimatarmee vom NKWD entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder in den Gulag geschickt.
Im Jahr 1944 folgte der Warschauer Aufstand, der in Deutschland oft mit dem Ghettoaufstand von 1943 verwechselt wird. Dieser Aufstand war eine Erhebung der polnischen Heimatarmee, der größten polnischen Widerstandsorganisation unter General Tadeusz Komorowski und Oberst Antoni Chrusciel, die der bürgerlichen Exilregierung in London unterstand. Die Sowjetunion, deren Truppen bereits am Ostufer der Weichsel standen, hatte kein Interesse, die Einheiten der Heimatarmee zu unterstützen. So konnten deutsche Truppen den Aufstand brutal niederschlagen, die Zahl der Toten wird auf 180.000 geschätzt, früher wurde sogar die Zahl 250.000 genannt. Dabei wurde die Innenstadt Warschaus unter kaum nachvollziehbar großem Einsatz an Sprengmaterial akribisch Haus für Haus dem Erdboden gleichgemacht.
Angesichts der enormen Leiden der polnischen Bevölkerung wurde lange nicht beachtet, dass es auch Polen gab, die zu Tätern geworden waren. Angestoßen wurde eine Debatte über polnische Täter durch die Geschehnisse im Ort Jedwabne unweit Lomza, wo sich polnische Nachbarn an der Ermordung von mehreren Hundert ihrer jüdischen Mitbürger beteiligt hatten.
Im so genannten Potsdamer Abkommen von 1945 setzte Stalin eine verklausulierte Zustimmung der beiden Alliierten USA und Großbritannien zur Vertreibung der Deutschen aus den Gebieten jenseits von Oder und Lausitzer Neiße durch. Außerdem billigten sie, dass diese Gebiete bis zur endgültigen Entscheidung durch eine Friedenskonferenz (die dann ausblieb) unter polnische Verwaltung gestellt würden, was faktisch bereits einige Wochen zuvor geschehen war. Diese Beschlüsse und Maßnahmen führten faktisch zur Verschiebung des polnischen Staatsgebietes nach Westen, annähernd in die Grenzen des hochmittelalterlichen Piastenreiches. Um dessen Grenzen auch zu "ethnischen Grenzen" zu machen, wurde der "Transfer" (so der Begriff der Potsdamer Konferenz) der dort beheimateten 9,8 Millionen Deutschen beschlossen.
Bei der Vertreibung der Deutschen aus den durch die Alliierten Polen zuerkannten Teilen des ehemaligen Deutschen Reiches und Danzigs, wie (dem südlichen) Ostpreußen, Westpreußens, Pommerns, der Neumark Brandenburgs und Schlesiens, kam es zu zahllosen Misshandlungen und Morden an der wehrlosen Zivilbevölkerung. Aber auch soweit man die Deutschen nicht umbrachte, wurde ihnen teilweise nur eine Stunde Zeit eingeräumt, um ihre seit Jahrhunderten bewohnten Dörfer und Städte mit höchstens 20 Kilo Gepäck zu verlassen. Aus den östlichen Teilen des heutigen Polens wurden in den Jahren 1944 bis 1946 etwa 500.000 Ukrainer zum Teil gewaltsam in die Ukraine umgesiedelt, weitere etwa 400.000 wurden nach Niederschlesien und Pommern, also in die so genannten "wiedergewonnenen West- und Nordgebiete" Polens deportiert.
In den ehemals deutschen Gebieten wurden die aus der Ukraine, Litauen und Weißrussland vertriebenen Polen und ehemalige Zwangsarbeiter angesiedelt, die aus Deutschland zurückströmten.
Die Volksrepublik: Herrschaft der Kommunistischen Partei
Das Lubliner Komitee erklärte sich, gestützt von den Sowjets, unter Übergehung der Exilregierung in London zur provisorischen Regierung Polens. Die Ostgrenze Polens (Curzon-Linie) wurde 1945 von ihr anerkannt. Gleichzeitig fanden Verstaatlichungen und Kollektivierungen statt. 1950 wurde die Oder-Neiße Linie als polnische Westgrenze auch von der DDR anerkannt.
1956, 1970 und 1980 kam es in Industriebetrieben (v. a. an der Küste) zu Streiks gegen die kommunistische Regierung, die gewaltsam niedergeschlagen wurden. Parallel wurde in den 1970er Jahren unter dem deutschen Kanzler Brandt eine Entspannung im westdeutsch-polnischen Verhältnis eingeleitet (Kniefall von Warschau).
Wendezeit 1980-1990: Kampf um Demokratie und Unabhängigkeit
Während des Streiks 1980 wurde die unabhängige Gewerkschaft Solidarność unter Lech Wałęsa gegründet und gerichtlich bestätigt. 1981 wurde General Wojciech Jaruzelski Präsident und verhängte das Kriegsrecht, um mehr Vollmachten im Kampf gegen Solidarność zu haben. Mehr als 1000 Personen wurden interniert. Ende der 80er Jahre wurde der Druck durch immer neue (von der katholischen Kirche unter Papst Johannes Paul II. moralisch unterstützte) Streiks so groß, dass in Runden-Tisch-Gesprächen für 1989 freie Wahlen angesetzt wurden. Die Zahl der Abgeordnetenmandate, die für die Opposition erreichbar waren, wurde allerdings beschränkt. Als Solidarność jedoch die volle Zahl der erreichbaren Mandate errang, bedeutete dies das Ende der kommunistischen Herrschaft. Wałęsa wurde Staatspräsident und Polen ein freier, marktwirtschaftlicher Staat. Diese Ereignisse trugen maßgeblich zum Fall der Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.
Die Dritte Republik: Euroatlantische Integration
1990 wurde die Westgrenze Polens durch das wiedervereinigte Deutschland unter Bundeskanzler Helmut Kohl anerkannt. Kohl vollendete damit, was Willy Brandt zu Beginn der 1970er Jahre begonnen hatte. Die Kontakte Polens zu seinem westlichen Nachbarn entwickeln sich seitdem sehr vertrauensvoll und eng. Auch zwischen ehemaligen deutschen Bewohnern der damaligen Ostgebiete und den heutigen polnischen Einwohnern sind inzwischen viele Freundschaften entstanden: Besondere Katalysatoren in dieser Verständigung sind die Kirchen sowie Teile der Vertriebenenverbände. Auch in Polen wächst das Interesse an der Beschäftigung mit dem "Komplex der Vertreibung", einschließlich der Vertreibung von Polen aus den damaligen Ostgebieten. Ein weiterer Höhepunkt der besseren Beziehungen zwischen Polen und Deutschland war 2004 die Einladung an den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder zu den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Warschauer Aufstandes. Schröder war damit der erste deutsche Kanzler, der an den alljährlich wiederkehrenden Feiern teilnehmen durfte. Bitterer Beigeschmack waren die an den Besuch Schröders sich anschließende Diskussionen, um Wiedergutmachungsleistungen an die deutschen Vertriebenen, die dazu führten, dass in Polen neue Ängste gegenüber den Deutschen in den Vordergrund rückten.
Polen gilt heute als wirtschaftlich aufstrebender, stabiler und demokratischer Staat, was in seiner Aufnahme in die NATO (12. März 1999) und in die Europäische Union (1. Mai 2004), nachdem sich eine Mehrheit der polnischen Bürger (73% Ja-Stimmen bei einer Beteiligung von etwa 59%) in einer Volksabstimmung im Juni 2003 für den EU-Beitritt ausgesprochen hatte, Ausdruck findet. Der Grad der Westintegration Polens findet unter anderem auch in der Übernahme der Verwaltung einer von drei Besatzungszonen im Irak nach dem 3. Golfkrieg 2003 seinen Ausdruck.
Literatur
deutschsprachig
- Norman Davies: Im Herzen Europas - Geschichte Polens, Verlag C.H. Beck, 2000. (Aktualisiert um die Geschichte nach 1989)
- Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens, Stuttgart 2003.
- Peter Gatter: Der weiß-rote Traum. Polens Weg zwischen Freiheit und Fremdherrschaft, Düsseldorf/Wien 1983.
- Jörg K. Hoensch: Geschichte Polens, Stuttgart 1983.
- Gotthold Rhode: Geschichte Polens. Ein Überblick, Darmstadt 1980.
- Hans Roos: Geschichte der polnischen Nation 1918-1985, Stuttgart etc. 1986.
- Andrea Schmidt-Rösler: Polen - vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Regensburg 1996. (mit Vorsicht zu genießen).
- Wlodzimierz Borodziej: Der Warschauer Aufstand 1944, Frankfurt/Main 2001.
- Norman Davies: Aufstand der Verlorenen. Der Kampf um Warschau 1944, München 2004.
englischsprachig
- Davies, N.: God's Playground. A History of Poland. Oxford 1981 (Standardwerk)
- Lukowski, Jerzy T.; Zawadzki, Hubert: A concise history of Poland, Cambridge : Cambridge University Press 2001, 317 S. ISBN 0-521-55109-9
- Prazmowska, A.J.: A History of Poland. London 2004
- Stone, D.: The Polish-Lithuanian State 1386-1795. Seattle 2001
polnischsprachig
- Norman Davies: Powstanie '44 - Verlag Znak, August 2004
- Norman Davies: Boże Igrzysko. Historia Polski - Verlag Zank, März 2001
- Witold Pronobis: Polska i świat w XX wieku
Weblinks
- http//come.to/polhist - Polhist - Mailingliste zur Geschichte Polens
- http://freepages.history.rootsweb.com/~koby/political/chapter_02/0205pol992.html - Karte Polens von 922
- Michał Drzymała - Portrait eines polnischen "Nationalhelden" zum Thema Germanisierung um 1900.