Bounty

britisches Schiff
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In Arbeit Die Bounty war ein Dreimaster der britischen Admiralität, der 1787 zu einer Expedition in die Südsee aufbrach, um Stecklinge des Brotfruchtbaums aus Tahiti nach den Antillen zu bringen. Auf der Rückreise kam es zur berühmten „Meuterei auf der Bounty“, die seither immer wieder Gegenstand von Romanen, Filmen, Theaterstücken und Sachbüchern ist.

Vorgeschichte

Wegen des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs waren die früher regelmäßigen Getreidelieferungen aus den nordamerikanischen Kolonien Englands in die Karibik ausgefallen. In der Folge fielen mehreren Hungersnöten zwischen 1780 und 1787 etwa 15.000 Menschen zum Opfer. Insbesondere die Besitzer der großen Zuckerrohrplantagen auf Jamaica verlangten nach einem ständig verfügbaren und preiswerten Grundnahrungsmittel für ihre Sklaven.

Joseph Banks, Präsident der Royal Society, der Königlichen Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Forschung, empfahl die der Süßkartoffel ähnlich schmeckende vitaminreiche Brotfrucht. Einmal gepflanzt, würden die Bäume fast ohne Pflege auskommen und könnten das ganze Jahr über beerntet werden. Banks hatte sich auf James Cooks erster Weltumsegelung für die in Europa vorher wenig bekannte Frucht begeistert.

Statt die Beschaffung und Überführung der Stecklinge selbst durchzuführen, erwirkten die Großgrundbesitzer mit Banks’ Unterstützung die Finanzierung des Projekts durch die Krone: Am 5. Mai 1787 beauftragte Georg III. seine Admiralität, die ihren ersten kommerziellen Auftrag, hinter dem weder militärische noch Forschungszwecke standen, mit geringstmöglichen Kosten zu erfüllen versuchte.

Das Schiff

Herkunft und Name
Aus Zeitgründen, und weil für nicht-militärische Fahrten Stauraum wichtiger war als Feuerkraft, erwarb die Admiralität den zivilen Kohletransporter Bethia. Auch James Cook hatte für seine Südseereisen ähnliche aber deutlich größere Schiffe genutzt.

Bethia hatte eine Rumpflänge von rund 27 m, eine größte Breite von rund 7,5 m und ein Fassungsvermögen von rund 220 tons (Cooks Endeavour: ca. 370 tons). Sie wurde Ende Mai in die Werft der Admiralität in Deptford Yard bei Chatham on Thames verlegt und dort zum „segelnden Treibhaus“ umgebaut. Die Masten wurden gekürzt. Am 8. Juni wurden der Neuerwerb und der neue Name Bounty öffentlich bekanntgegeben.

Der Name bedeutet Wohltat, Güte, gnädige Gabe und sollte die „Gnade“ des Königs zum Ausdruck bringen, den vom Hungertod bedrohten Sklaven seiner Untertanen in Westindien mit Hilfe der Brotfrucht-Expedition ein billiges Nahrungsmittel zu verschaffen.

HMS oder HMAV?
Als Bewaffnung der Bounty waren vier Vierpfünder-Kanonen und zehn kleine Drehbassen an Bord – genug zwar für den Zweck der Reise, aber die bis heute andauernde Debatte „HMS, His Majesty’s Ship, oder HMAV, His Majesty’s Armed Vessel“ geht auf die geringe Größe, Bewaffnung und Bemannung zurück: Was man zu dieser Zeit „Schiff“ nannte, war in sechs Klassen eingeteilt, von Klasse 1, Linienschiff mit mindestens hundert Kanonen und rund 850 Mann Besatzung, bis Klasse 6, (meist Fregatten) mit 20 bis 28 Kanonen und gut 150 Mann Besatzung. Niedriger als Schiffe rangierten Schaluppen (Sloop of War) mit rund 16 Kanonen und einer Besatzung von rund 100 Mann, und die noch kleineren Kriegskutter. Als Kanonen gezählt wurden dabei Stücke vom Sechspfünder aufwärts.

  • Ein vom National Maritime Museum, Greenwich, derzeit leider nicht online gestellter Seitenriss ist mit Bounty armed Transport... beschriftet (siehe privaten Weblink).
  • Der Leutnant Bligh wurde erst nach seiner Rückkehr zum Post Captain (Hauptmann) befördert. Einem Captain sollte die Admiralität nämlich mindestens ein Schiff der Klasse 6 zur Verfügung stellen, allerwenigstens aber mehr Mannschaft, als an Bord der Bounty unterzubringen gewesen wäre.
  • Bligh selbst beklagte in Briefen, die er in Batavia, also nach seiner Rettung, an Banks und Duncan Campbell schrieb, den Verlust von wörtlich His Majesty’s Armed Vessel.

Die Bounty trat also ihre Reise wohl als HMAV, bewaffnetes Fahrzeug, an. Erst, als der spektakuläre Prozess die Nation beschäftigte, war Seiner Majestät ein Schiff entwendet worden, und seither gibt es in offiziellen Dokumenten nur noch die HMS Bounty. Die Nachfahren der Meuterer bleiben bis heute bei der Bezeichnung Armed Vessel.

Die nautische Ausrüstung des Schiffes war relativ gut: „Borduhr“ war die von Larcum Kendall gebaute K2. Dass dem Kommandanten auch der Bericht über die 1767 entdeckte Insel Pitcairn vorlag, die bereits Cook (be)suchen wollte, gilt als sicher.

Die Besatzung

Das Kommando des Unternehmens erhielt der 33-jährige Leutnant William Bligh, der bereits als Schiffsführer (Sailing Master) James Cooks auf dessen dritter Reise gedient und dabei auch Tahiti kennengelernt hatte, daher die Verhältnisse für die Verhandlungen vor Ort kannte. Ohne das Wohlwollen der einheimischen Machthaber wäre das Abnehmen und Bewurzeln einer derartigen Anzahl Stecklinge kaum möglich gewesen. Bestellt wurde Bligh auch auf Betreiben seines Mentors Joseph Banks und des Onkels seiner Gattin, Duncan Campbell, Großgrundbesitzer auf Jamaika und Reeder (dem auch die Bethia gehört hatte!). Campbell hatte dem König die Expedition nahegelegt (nahelegen lassen), Banks hatte die Petition, die letztlich seinem Vorschlag folgend eingereicht worden war, nach Kräften unterstützt, und Bligh war beiden verpflichtet. Beide brachten Protegés auf seinem Schiff unter, weshalb Bligh beispielsweise fünf statt der nötigen zwei Midshipmen einstellte (siehe Kapitel Anmerkungen).

Der Ranghöchste nach Bligh war John Fryer, Sailing Master. Fryers Bestellung durch die Admiralität hatte ihn für die Dauer der Reise in den Rang eines Acting Lieutenant versetzt – er übte eine Funktion aus, die ansonsten ein Leutnant zu bekleiden gehabt hätte. Er befehligte auch die Erste Wache.
Zu Beginn der Reise waren möglicherweise insgesamt fünf Warrant Officers auf Grund ihrer Funktion als Offizier eingestuft:
Fryer, der Artilleriemeister (Gunner) und Zweite Wachhabende Peckover, der (Ober)Bootsmann Cole, der Schiffszimmermann Purcell (??ic, siehe unten??) und der Arzt Huggan. Offiziersähnlichen Status hatten noch der Waffenmeister (Armourer), der Bordschreiber (Captain’s Clerk) und der Kapitänsdiener (Captain’s Steward), der Assistent des Arztes und die beiden „Gärtner“.

Im Unteroffiziersrang („Petty Officers“; frz. petit=klein) waren ca. neun Leute:
Die beiden Master’s Mates (Mate=Gehilfe, Maat) Fletcher Christian und William Elphinstone, zwei Quartermaster und ein Quartermaster’s Mate, ein Gunner’s Mate, der Segelmacher, der Zimmermann Purcell (siehe oben) und dessen Gehilfe.

Fünf Seekadetten (Midshipmen) standen ebenfalls noch mehr (formal) oder weniger (fachlich) über den Matrosen, unter denen der Hannoveraner Küfer Heinrich Hillbrant aufschien. Als Leichtmatrose geführt wurde ein halb blinder irischer Geiger namens Michael Byrn.

Bligh hatte also 45 Mann, aber keine zwei Dutzend echter Matrosen. In Spithead (in Sichtweite von Portsmouth), wo die Bounty am 24. September angekommen war, um letzte Vorkehrungen zu treffen und den endgültigen Befehl zur Reise abzuwarten, hatte es vierzehn Desertionen gegeben, die aber weitgehend wieder aufgestockt werden konnten. Den späteren Meuterer Fletcher Christian kannte Bligh von gemeinsamen Fahrten auf HMS Cambridge 1782, später für Campbell. Bligh hatte Christian auf dessen briefliche Bitte hin eingestellt. Auch mit einigen anderen seiner Crew war er schon unterwegs gewesen, mit dem altgedienten Artilleristen Peckover beispielsweise unter Cook.

Eine vollständige Liste der Besatzung, verfügbare Biografien, soweit nicht in eigenen Artikeln behandelt, und andere Anmerkungen finden sich unter Bounty (Biografien der Crew).

Die Hinfahrt

Die befohlene Route sollte auf dem streckenmäßig kürzesten Weg über Kap Hoorn nach Tahiti führen. Von dort sollte die Bounty mit ihrer Ladung Australien berühren, über das Kap der Guten Hoffnung die Antillen ansteuern, die Pflanzen abliefern und nach England zurückkehren. Allenfalls unbekannte Küstenabschnitte oder Inseln sollten, soweit der Zeitplan dies erlaubte, kartografiert werden - ein für jedes Schiff der Admiralität gültiger allgemeiner Auftrag.

Am 23. Dezember 1787 stach die Bounty endlich in See. Es war der zweite Versuch nach dem im Dezember eingelangten Befehl: Der erste hatte nach wenigen Tagen wegen Schwerwetters abgebrochen werden müssen. In Santa Cruz de Tenerife bunkerte man Wasser und Proviant. Mit der Abreise von dort am 10. oder 11. Januar führte Bligh zum Wohl seiner Crew ein fortschrittliches Drei-Wachen-System ein und bestellte Christian zum Dritten Wachführer.

Am 7. Februar 1788 passierte man den Äquator.

Am 23. März begann Bounty den Angriff auf Kap Hoorn. Trotz minimaler Wahrscheinlichkeit, das Kap mit dem kleinen Schiff um diese Jahreszeit runden zu können, versuchte Bligh den Befehl trotz des schweren gegenan wütenden Sturms auszuführen. In der Mannschaft gab es kleinere Verletzungen und Erkrankungen, über die Verpflegung wurde gemurrt. Man warf Bligh vor, er habe einen Käse aus dem Proviant der Mannschaft für sich selbst abzweigen lassen. Dass Bligh Fryer lautstark tobend vor den Augen der Mannschaft kritisierte, weil dieser nicht rechtzeitig die Segel gekürzt, also das Schiff gefährdet hatte, sollte die Spannungen zwischen den beiden Ranghöchsten an Bord in Zukunft erheblich erhöhen.

Am 22. April beschloss Bligh den Kurswechsel zum Kap der Guten Hoffnung, den ihm die Admiralität als Notlösung zugestanden hatte.

Bounty traf am 24. Mai in der False Bay bei Kapstadt ein, wo sie generalüberholt werden musste. Christian, der kaum Bargeld dabeihatte (ein Zwischenaufenthalt war ja nicht vorgesehen gewesen!), musste von Bligh Geld borgen, um während der Liegezeit standesgemäß an Land auftreten zu können, was Bligh ihm später mehrmals öffentlich vorwerfen sollte. Das Schiff lief Ende Juni wieder aus.

Einen vierzehntägigen Zwischenaufenthalt gab es ab 20. August in der Adventure Bay (Insel Bruni, südöstlich von Tasmanien). Danach, am 19. September, entdeckte Bligh die Bounty Islands, eine Gruppe winziger Felsen auf 47°44’S, 179°7’E (südöstlich Neuseelands). Das Schiff stand jetzt nahe der Datumsgrenze.
Am 9. Oktober starb der Vollmatrose James Valentine an Blutvergiftung, was Bligh auf unsaubere Instrumente des Bordarztes zurückführte. Am selben Tag gab es auch wieder einen Eklat mit Fryer, der sich geweigert hatte, das Logbuch zu unterschreiben, und es erst tat, als Bligh ihm dies vor versammelter Mannschaft befahl.

Tahiti

Bounty erreichte Tahiti am 25. Oktober 1788 und ging in der Matavai-Bucht vor Anker.

Bligh und seine Mannschaft verbrachten fünf Monate dort, da sich der Brotfruchtbaum zur Ankunftszeit in einer Ruhephase befand, daher keine Stecklinge zu ziehen waren. Die Mannschaft und auch Bligh genossen das Leben mit den freundlichen Eingeborenen, es gab zahlreiche Kontakte zu Tahitianerinnen. Einige Besatzungsmitglieder, etwa Fletcher Christian und Peter Heywood, gingen längerfristige Beziehungen ein. Manche, insbesondere Heywood, ließen sich tätowieren, wie es bei den Einheimischen Brauch war.

Am 9. Dezember 1788 erlag der inzwischen seiner Funktion enthobene Schiffsarzt seiner Trunksucht.

Ende Dezember scheint die Disziplin verfallen zu sein. Am 5. Januar 1789 versuchten drei Männer mit einem Beiboot zu desertieren, wurden jedoch am 22. wieder eingefangen und mit einem Dutzend oder zwei Dutzend Hieben mit der Neunschwänzigen Katze bestraft, das heißt äußerst milde: auch die Todesstrafe (Erhängen) wäre in Frage gekommen.

Am 4. April 1789 verließ die Bounty Tahiti mit Kurs auf die Torres-Straße, die Meerenge zwischen Australien und Neuguinea. 1015 Jungpflanzen hatte sie an Bord, entsprechend eng muss es also ab jetzt zugegangen sein.

Meuterei

Südwestlich von Tofua, einer Insel der Tonga-Gruppe, kam es am 28. April zur Meuterei.

Am Vorabend war Christian von Bligh beschuldigt worden, sich an seinem persönlichen Vorrat an Kokosnüssen vergriffen zu haben. Christian begannt ein Floß zu bauen um zu desertieren – in seinen höchstwahrscheinlichen Tod:
ein einzelner Schiffbrüchiger ohne seetüchtiges Fahrzeug, ohne Proviant, ... Einige redeten ihm zu, lieber Bligh auszusetzen.

Christians vierstündige Wache begann um 04:00, nachdem er keine halbe Stunde geschlafen haben konnte (er war in seiner Freiwache bis 03:30 an Deck geblieben).
Ab 04:30 kam es zu Debatten an Deck, gegen 05:20 wurde Bligh festgenommen und an den Handgelenken gefesselt. Christian, Mills, Churchill, Burkett und Adams bedrohten ihn mit Waffen.
Hitzige Debatten entstanden, Bligh tobte, Fryer brüllte auf Christian ein, und das kleine Beiboot wurde zum Wassern vorbereitet. Um 07:00 war das geschehen, aber das Boot in so elendem Zustand, dass man Bligh die Barkasse zugestand.

Nach einer halben Stunde war diese gewassert, und zu Christians Verwunderung wollten jetzt 20 Mann einsteigen. Gegen acht Uhr war die Barkasse voll besetzt, Bligh aber noch an Bord der Bounty. Im Beiboot waren zwei kleine Fässer Wasser (maximal 125 Liter), etwas Wein, Rum, Brot und Zwieback (insgesamt rund 75 kg), einige Kokosnüsse. Ein wenig Kleidung wurde ins Boot geworfen, der Zimmermann durfte sein Werkzeug mitnehmen, und der Bordschreiber konnte die allerwichtigsten Unterlagen Blighs organisieren. Kurz nach acht Uhr wurde dieser als letzter in Boot genötigt, wo wieder ein Hin und Her begann, als er Christian umzustimmen versuchte, die Bootsmannschaft noch ein wenig Dörrfleisch erbettelte (an die zehn Kilo) und, kurz bevor um 10:00 das seit zwei Stunden nachgeschleppte Boot losgeworfen wurde, vier Entermesser, aber keine Feuerwaffen zugeworfen bekam.

Der harte Kern der Meuterer, neun, waren Edward „Ned“ Young (die treibende Kraft – er hatte Christian angestiftet!) und Christian, weiters Adams, Brown, Martin, McCoy, Mills, Quintal, Williams. Dazu kamen neun aktive Mitläufer: Burkett, Churchill, Ellison, Hillbrandt, Millward, Muspratt, Skinner, Sumner, Thompson.
Rund 22 waren relativ loyal, einige unentschlossen. Manche blieben freiwillig auf der Bounty, andere waren dazu gezwungen gewesen, da an Bord des Beiboots kein Platz mehr war. Martin war nach Streit mit Peckover aus dem Beiboot aufs Schiff zurück genötigt worden. Später entschieden sich sechzehn, lieber in Tahiti zu bleiben und auf die unvermeidliche Suchexpedition zu warten, statt Christian zu begleiten.

Die Fahrt der Barkasse nach Kupang

 
Bligh und die loyal gebliebenen Seeleute verlassen die HMS Bounty

Zusammen mit Bligh waren Fryer, Ledward, Hayward, Nelson, Norton, Lamb, Tinkler, Peckover, Smith, Elphinstone, Hallet, Purcell, Cole, Simpson, Hall, Linkletter, Lebogue und Samuel im 7 m langen und 2 m breiten Beiboot, das um fast 20 cm tiefer eintauchte als bis zur vorgesehenen zulässigen Höchstmarke!

Ausgerüstet lediglich mit Kompass, Log, einem Oktanten und seiner Taschenuhr navigierte Bligh das Beiboot der Bounty in 41 Segeltagen über 5.800 km bis zur niederländischen Faktorei Kupang auf Timor, dem einzig in Frage kommenden europäischen Stützpunkt.

Das einzige Todesopfer unterwegs war John Norton, der noch auf Tofua, der unmittelbar nach der Meuterei zwecks Versorgung angelaufenen Insel, von Eingeborenen erschlagen worden war. Wie aus Blighs Bericht (z.B. Forster 1791) heute klar genug hervorgeht, entstand der Kampf, weil Bligh und seine Leute nichts Brauchbares gegen die benötigten Nahrungsmittel einzutauschen hatten, aber auch keine Feuerwaffen, sich die Lebensmittel mit Gewalt zu beschaffen: Die Eingeborenen hatten ihre Ware angeboten, fühlten sich bestohlen, als die Gruppe aufzubrechen begann, und griffen an.

Bligh rationierte sofort drastisch die verbliebenen Lebensmittel, auf 60g Zwieback und 125 ml Wasser, abgemessen in einer improvisierten Waage aus Kokosschalen und einer Musketenkugel als Gewicht.

Am 24. Mai stellte sich beim Überprüfen des Proviants heraus, dass die Rationen nochmals gekürzt werden mussten!

Bis Kupang entdeckte und verzeichnete Bligh etwa 40 kleine Inseln. Zu landen getraute er sich nach den Erfahrungen auf Tofua kaum noch. Erst Ende Mai wagte er sich auf eine Insel, die er Restauration Island taufte (nach restore, sich erholen). Dort war ein wenig Wild und Trinkwasser zu finden.

Am 14. Juni 1789, 48 Tage nach der Meuterei, erreichte die Barkasse Kupang. Die erfolgreiche Fahrt der vollkommen überladenen Barkasse war eine sogar von Blighs Feinden fraglos anerkannte seemännische Meisterleistung. Zeitweise war der Seegang so stark gewesen, dass die Segel im Wellental keinen Wind mehr fassten! Andererseits hatte es Flauten gegeben, in denen die halbverhungerte Mannschaft rudern musste.

Die Männer warteten in Kupang auf die erste Möglichkeit zur Heimreise, litten dabei aber an den kaum überstandenen Strapazen und unter dem Tropenklima. Zwei verstarben.

Bligh nahm die erste Reisemöglichkeit wahr. Er verließ Kupang am 20. August 1789, musste in Batavia noch einmal auf die Weiterreise warten und erreichte, zusammen mit seinem Diener John Samuel und dem Koch John Smith, Portsmouth am 14. März 1790. Mit späteren Schiffen trafen Hayward, Hallet, Lebogue, Morrison, Simpson, Cole, Fryer, Peckover, Tinkler und Purcell ein, insgesamt also 12 Personen; drei von ihnen, darunter Fryer, waren zeitweilig auf Blighs Anordnung in Ketten gelegt gewesen!

Zwei weitere von Blighs Leuten starben in Batavia an Fieber, der Wundarzt Thomas Ledward trat seine letzte Reise an Bord einer holländischen Fregatte an, die iem Sturm unterging: Zwölf der 18 mit Bligh Ausgesetzten überlebten.

Im Oktober 1790 wurde Bligh in dem Kriegsgerichtsprozess, der bei Verlust eines Schiffes stets stattzufinden hatte, freigesprochen.

Die Irrfahrt der Bounty und ihr Ende

Tubuai – Tahiti – Tubuai – Tahiti...
Die Meuterer fuhren zunächst nach Tubuai, wo sie eine Woche lang ankerten, beratschlagten und entschieden, sich anzusiedeln. Sie segelten daher zuerst nach Tahiti zurück, trafen ihre Frauen wieder und rüsteten sich aus, um auf Tubuai eine Kolonie zu gründen. Den Machthabern logen sie vor, die Brotfruchtmission erfüllt und danach Captain Cook getroffen zu haben, der sie beauftragt habe, eine Kolonie zu gründen und seine Freunde in Tahiti bitten lasse, die Bounty entsprechend zu versorgen.

In Tubuai wurde das Schiff aufgelegt (an den Strand gezogen) und mit dem Bau eines Forts begonnen, doch das Experiment musste nach drei Monaten, während derer Streitigkeiten untereinander ebenso auftraten wie Kämpfe mit den Einheimischen, als gescheitert aufgegeben werden.

Am 22. September 1789 – Bligh war bereits in England – traf Christian wiederum in Tahiti ein. Da die Meuterer erwarten mussten, dort aufgespürt zu werden, war Christian entschlossen, ehebaldigst wieder aufzubrechen. Sechzehn seiner Kameraden entschieden sich jedoch zu bleiben. Christian stach mit den acht übrigen, dazu vier Männern aus Tahiti und zwei aus Tubuai und zwölf Frauen aus Tahiti, heimlich wieder in See.

Die kleine Truppe durchsegelte auf der Suche nach einer Bleibe die Cookinseln, Tonga und das Lau-Archipel. Am 15. Januar 1790 stand Fletcher Christian vor der Insel Pitcairn, die noch kein Weißer betreten hatte. Vieles spricht dafür, dass er genau diese Insel gesucht hatte, mitten im Pazifik, fernab jeder Handelsroute. Wie wir heute wissen, war Pitcairn in den Karten der Royal Navy mit einem Fehler von mindestens 170 Seemeilen eingezeichnet, was leicht zwei Tagesreisen entspricht. Sie bot, falls sie auch bewohnbar war, das ideale Versteck.

Drei Tage lang war wegen der starken Brandung ein Erkunden der Insel unmöglich, dann landete Christian mit zwei Gefährten und blieb zwei Tage dort. Zum Schiff zurückgekehrt, konnte er Pitcairn als verlassen und bewohnbar bezeichnen, Reste einer verlassenen polynesischen Siedlung hatte er gefunden.

Das Ende der Bounty: vor Pitcairn gestrandet
Man beschloss die Bounty auf Grund zu setzen, um das Anlanden der mitgebrachten Habseligkeiten, Yamswurzeln, Süßkartoffeln, einiger Schweine, ziegen und Hühner, zu erleichtern.

Einer der Meuterer steckte das Wrack am 23. Januar eigenmächtig in Brand, um jede von See aus sichtbare Spur zu vernichten und die Rückkehr eines möglichen Verräters in ein Gebiet auszuschließen, in dem man der Admiralität anheimfallen konnte: Dass jedem von ihnen in einem solchen Fall der Tod durch Erhängen beschieden wäre, war klar.

Reste der Bounty liegen in wenigen Metern Tiefe und in unmittelbarer Nähe der „Bounty Bay“, des Landungsplatzes von damals bis heute.

Die Geschichte der Meuterer endet auf Pitcairn mit dem Tod von John Adams, 1829.

Nicht ganz 50 Personen, großteils direkte Nachkommen der Meuterer, leben heute noch auf Pitcairn. Am 23. Januar schleppen die Pitcairner alljährlich ein Schiffsmodell aufs Wasser hinaus und brennen es nieder.

Verhaftung und Bestrafung der Meuterer

Die Expedition der HMS Pandora
Nach dem Bekanntwerden der Meuterei entschied die Admiralität, die Meuterer verhaften und vor ein Kriegsgericht stellen zu lassen. Mit der Suche wurde Kapitän Edward Edwards betraut, der Anfang November mit der Fregatte HMS Pandora und 160 Mann Besatzung aufbrach. Am 23. März 1791, 18 Monate nach der Ankunft der Meuterer, landete er auf Tahiti. Edwards ließ alle vierzehn noch lebenden Europäer in Ketten legen und in einen 3,4×5,5 m winzigen Käfig auf dem Achterdeck sperren, der als Pandoras Box traurige Berühmtheit erlangte. Zwei Meuterer waren schon tot: 1789 oder 1790 hatte Matthew Thompson Charles Churchill erschossen und war der Blutrache durch dessen tahitianische Familie nicht entgangen. Acht Meuterer waren mit Fletcher Christian davongesegelt.

Auf der Rückreise lief die Pandora am 29. August 1791 vor der Küste (Australiens) auf ein Korallenriff und sank. Neben 31 Männern der Crew ertranken die angeketteten Gefangenen Stewart, Hillbrant, Skinner und Sumner. Die 99 Überlebenden legten in Beibooten etwa 1.100 Meilen zurück - wiederum nach Kupang.

Kriegsgericht
Im September 1792 wurden alle Engländer, die Edwards zurückgebracht hatte, angeklagt. Vier wurden freigesprochen:

...the Court further agreed That the Charges had not been proved against the said Charles Norman, Joseph Coleman, Thomas McIntosh and Michael Byrn, and did adjudge them and each of them to be acquitted. (Urteil, Transkription [1])

Die übrigen sechs wurden zum Tod durch Erhängen verurteilt, Peter Heywood, William Muspratt und James Morrison jedoch am 22. Oktober vom König begnadigt. Burkitt, Ellison und Millward wurden am 29. Oktober 1792 an einer Rah des Kriegsschiffes HMS Brunswick im Hafen von Portsmouth gehängt und dem Urteil gemäß „für zwei Stunden hängen gelassen“.

Nach dem Prozess

Von den Meuterern lebten Ende Oktober 1793 nur noch vier, Young, Adams, McCoy und Quintal, ab Ende 1799 nur noch John Adams, der am 5. März 1829 starb, als vorletzter der Mannschaft.

William Bligh erhielt einen zweiten Auftrag zu einer Brotfruchtreise, diesmal auf einem geeigneten Schiff, der HMS Providence, 338 tons (Bounty: ca. 220 tons), und eskortiert von HMS Assistance. Er brachte die Pflanzen am 24. Januar 1793 nach St. Vincent und am 5. Februar nach Jamaika. Er nahm 1801 unter Nelson an der Seeschlacht von Kopenhagen teil, wurde von Nelson wegen seiner Tapferkeit besonders gelobt, 1805 zum Gouverneur von Neusüdwales bestellt. Er erlebte in dieser Zeit noch zwei weitere Meutereien und stand einmal wegen seines Umgangstons mit einem untergebenen Offizier vor Gericht. Danach wurde er rehabilitiert, zum Konteradmiral und 1814 zum Vizeadmiral befördert, erhielt jedoch kein Kommando mehr. Er starb im Dezember 1817.

John Fryer blieb im Flottendienst, wurde Kapitän, obwohl Bligh ihm eine Referenz verweigerte, und starb ein halbes Jahr vor Bligh in England.

Thomas Hayward und John Hallet reisten mit der Strafexpedition der HMS Pandora. Ihre Begeisterung, nach dem Schiffbruch die Torresstraße ein weiteres Mal im offenen Boot befahren zu müssen, soll sich in Grenzen gehalten haben. Beide kamen später auf See um.

Peter Heywood konnte nach der Begnadigung seine Karriere in der Marine weiter verfolgen und brachte es ebenfalls bis zum Kapitän. Aus seinen Aufzeichnungen aus Tahiti entstand das erste Wörterbuch der tahitianischen Sprache. Er starb 1831

Der Zimmermann William Purcell starb als letzter Überlebender der Bounty am 10. März 1834 im Haslar Hospital, Portsmouth. Sein Sterbezimmer soll Ausblick auf Spithead gehabt haben, wo die Bounty 47 Jahre zuvor Segel gesetzt hatte.

Anmerkungen

Dieses Kapitel ist erst in Entstehung. Um den übrigen Text zu glätten, sollten Anmerkungen möglichst hier aufscheinen, oder, gewissen Konsens vorausgesetzt, in der leider kaum übersichtlichen Diskussion.

Maßangaben
Die Maße der Bounty variieren auch in als zuverlässig zu sehenden Quellen. Längenangaben schwanken zwischen 84'6" (Seitenriss, Weblink) bis zu 90'10". Unter tons gibt der selbe Riss „200“ (?; schlecht leserlich) an, was der Berechnung nach Builder’s Measurement gerecht wird, Bligh notiert jedoch 215 tons.
Datumsangaben variieren aus zwei Gründen (etwaige Schreibfehler nicht gerechnet).

  • Bligh notiert, dass zu seiner Zeit der Nautische Tag stets mittags beginnt (heute: mitternachts), Verschiebungen um 12 Stunden wären also normal.
  • Bligh überschritt auf dieser Fahrt zweimal die Datumsgrenze, die Meuterer später dreimal. Sämtliche Angaben aus Pitcairn bis zum Besuch von HMS Briton und HMS Tagus, 1814, sind um einen Tag falsch. Dass der Fehler eher Christian als dem perfekten Navigator Bligh unterlaufen sein wird, ist anzunehmen. Überprüfen zu wollen, welcher Autor später versucht hat, Datumsangaben rückwirkend zu korrigieren, scheint heute müßig.

Übersetzung von Begriffen des 18. Jh.
Hier ist mit teilweise groben Ungenauigkeiten zu rechnen. Dies betrifft schon den Schiffstyp, Bounty wird zu ihrer Zeit zwischen Sloop of War und Cutter angesiedelt, war eindeutig keine Fregatte, am ehesten würde ihr vielleicht Dreimastbark gerecht. Spezialisten, korrigiert!
Wie bereits aus dem Kapitel Mannschaft ersichtlich, ist auch die Bezeichnung der Dienstgrade und Funktionen nicht einwandfrei übersetzbar, weil auch übersetzbare Begriffe heute meist mit anderen Bedeutungen belegt sind (Leutnant wohl ausgenommen).

Hierarchien und Machtverhältnisse an Bord
Überzählige Midshipmen, die formal stets als Matrosen angeheuert wurden, konnte der Kommandant aus eigenem Ermessen einstellen. Dies war zwar üblich, um jungen gentlemen ab etwa 14 den Einstieg in die Offizierslaufbahn zu ermöglichen. Manchmal wird die Bezeichnung mit Fähnrich übersetzt, was jedoch für 14-jährige Neulinge unpassend scheint, sie werden in diesem Artikel als Seekadetten bezeichnet. Fünf oder mehr midshipmen aber sonst eher nur auf größeren Schiffen.

Zu William Bligh

Meinungen zur Eskalation
Bligh war Christian sehr zugetan. Bereits der Mannschaft der HMS Cambridge war 1782 aufgefallen, dass der 6. Leutnant Bligh sich dem Leichtmatrosen Christian merklich zuwandte. Wieweit homoerotische Momente eine Rolle spielten, wird aus zeitgenössichen Schriftstücken niemals rekonstruierbar sein. Das irrationale Verhalten Blighs und Christians während der Meuterei wäre jedenfalls durch eine solche Annahme ein wenig begreiflicher: Die Meuterer konnten mit dem Leben letztlich nur davonkommen, wenn die Ausgesetzten spurlos verschwanden. Stattdessen erhielten sie sogar Werkzeug, mit dem man womöglich sogar ein größeres Boot bauen hätte können!

Die unglückliche Entwicklung während der Reise, bis zur Meuterei, war unter anderem dadurch möglich, dass Bligh den mittelmäßigen Seemann Fryer häufig überging und den nach Bligh vermutlich besten Seemann Fletcher Christian bevorzugte, den er Fryer formal nur nahezu gleichstellen konnte.

Die Meuterei auf der Bounty in Literatur und Film

Zeitgenössische Beschreibungen
Bligh verfasste zwischen 1790 und 1824 etliche unterschiedlich ausführliche Beschreibungen, die durchwegs reißenden Absatz fanden. Bereits 1791 waren seine Artikel auch in Deutsch erschienen, übersetzt und herausgegeben von Georg Forster. Als Unterlagen dienten Bligh...

  • Sein privates Logbuch. Da das Schiffslogbuch nach der Fahrt abzugeben war, hatte er zusätzlich private Aufzeichnungen gemacht. Das Original liegt in der State Library of New South Wales, Sydney.
  • Das im Beiboot geschriebene Notizbuch, in dem Bligh den Ablauf der Fahrt beschreibt, seine Vorkehrungen, die Rationierung des Essens und die 40 von ihm entdeckten Inseln. Es wird in der National Library of Australia, Canberra, verwahrt.

Als amtliche Dokumente liegen vor:

  • Das Schiffslogbuch, aufgezeichnet vom Kapitänsdiener J. Samuel, liegt in The National Archives, London (früher Public Records Office).
  • Die Gerichtsprotokolle.

Die Gegenseite brachte ihre Darstellungen zu Papier:

  • Edward Christian, Fletchers Bruder, Professor für Recht in Cambridge, schrieb Short Reply to Captain Bligh und stellt ihn als unerträglich strengen Offizier dar.
  • Peter Heywood, zum Tod verurteilt und nicht zuletzt dank seiner einflussreichen Famile begnadigt, verteidigte sein Verhalten ihn ähnlicher Weise.
  • James Morrison, ebenfalls begnadigt, desgleichen.
  • John Fryer, der auf der Fahrt im offenen Boot heftigen Streit mit Bligh gehabt hatte, veröffentlichte ebenfalls seine für Bligh weniger schmeichelhaften Erinnerungen.

Spätere Literatur

  • Die Bounty. Die wahre Geschichte der Meuterei auf der Bounty von Caroline Alexander, Berlin 2004, ISBN 3-827-00163-3
  • Bounty Trilogie: Mutiny on the Bounty, Men Against the Sea und Pitcairn's Island von Charles Nordhoff und James Norman Hall, ISBN 0316611662
  • The armed transport Bounty von John McKay, ISBN 0851778933
  • Meuterei auf der Bounty und die Piratenjagd der Pandora von William Bligh und Dr. George Hamilton, ISBN 3-522-61000-8

Verfilmungen: Meuterei auf der Bounty

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Das Schiff

Die Reise und die Meuterei

Hintergrund- und andere Informationen