Assessmentcenter für Führungskräfte der Bundeswehr

Einrichtung zur Prüfung der Offizierbewerber der Bundeswehr
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Die Offizierbewerberprüfzentrale (OPZ) ist ein Tätigkeitsbereich des Personalamtes des Bundeswehr. Sie stellt das zentrale Assessment-Center der Bundeswehr dar, in dem Bewerber, die eine Laufbahn als Offizier der Bundeswehr anstreben, auf ihre psychische und physische Eignung geprüft werden. Sie befindet sich in der Mudra-Kaserne in Köln. Sie stellt gleichzeitig die Phase I der Prüfung der Offizierbewerber für den fliegerischen Dienst dar.

Von den rund 14.000 Offizierbewerbern im Jahr werden rund 7.000 nach Köln eingeladen. Von diesen 7.000 bekommen rund 3.500 eine Urkunde überreicht, die die allgemeine Tauglichkeit als Offizier bescheinigt. Von diesen Tauglichen bekommen 1.995 eine Festeinstellung als Offizier bei der Bundeswehr. Diese werden ab ihrem Einstellungsdatum als Offizieranwärter (OA) bezeichnet.

Diese 1.995 Stellen teilen sich wie folgt auf:

Das Auswahlverfahren dauert zwei Tage, hinzu kommt ein Anreisetag. Die Bewerber bekommen für die Hin- und Rückreise einen Gutschein von der Bundeswehr zugesandt, der für die Deutsche Bahn gilt.

Die Prüfstationen

Die Reihenfolge unterscheidet sich ein wenig von Prüfling zu Prüfling, diese Aufteilung wird vorgenommen um die Kapazitäten besser ausnutzen zu können und Wartezeiten zu verkürzen.

Persönlichkeitsfragebogen

Bei dem Fragebogen werden die Gründe für die Bewerbung als Offizier erfragt. Des Weiteren kommen Fragen zur Einstellung der Familie und Freunde und deren Einfluss auf die Bewerbung als Offizier. Weitere Fragen beschäftigen sich mit den Vorstellungen des Offizierlebens und den Studienwünschen.

Kurzaufsatz

Bei dem Kurzaufsatz bekommen die Bewerber zwei Themen, von denen sie sich eines auswählen dürfen. Diese Themen enthalten je zwei ähnliche Wörter, die man nun innerhalb von 30 min. definieren, von einander abgrenzen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzeigen muss.

Bei diesem Test werden die Ausdrucksfähigkeit, Rechtschreibung und Grammatik überprüft.

Beispiele:

  • Versprechen und Zusage
  • Erfolg und Sieg
  • Mut und Tapferkeit
  • Treue und Loyalität

Ärztliche Untersuchung

Hierbei handelt es sich um eine Untersuchung, die die männlichen Bewerber von der Musterung kennen. Für die weiblichen Bewerber ist dies die erste militärärztliche Untersuchung. Am Ende wird der Bewerber in einen Tauglichkeitsgrad eingestuft. Es wird mindestens T2 benötigt.

Da die Ärzte der OPZ geringere Massen mustern müssen als in den KWEAs, kann hier genauer auf die Einhaltung der Kriterien für die Musterung geachtet werden. Dadurch kann es auch vorkommen, dass hier ein günstigeres Ergebnis als bei der Musterung im KWEA herauskommt. Dabei werden folgende Tests bzw. Messungen vorgenommen.

  • Seh-Test
  • Messung von Körpergewicht und Körpergröße
  • Blendungstest
  • Hörtest
  • Urinprobe
    • hier wird kontrolliert, ob Drogen oder andere verbotene bzw. gesundheitsschädigende Stoffe enthalten sind
  • abschließende Untersuchung durch einen leitenden Arzt
    • Messung von Blutdruck
    • Analyse der Körperhaltung (Füße, Beinlänge usw.)
    • Analyse der Körpererscheinung (Profil usw.)
    • Beweglichkeitstest

Da dieser Test für weibliche Bewerber in der Regel die erste Untersuchung im Rahmen einer Musterung darstellt, kommt es deutlich häufiger als bei den jungen Männern vor, dass sie als nicht tauglich gemustert werden.

Computergestützter Persönlichkeitstest

Dieser Test wird während der Prüfung auch als "Personaler Fragebogen" bezeichnet.

Dieser Test besteht aus 116 Fragen zu psychischen, charakterlichen und allgemeinen Aussagen bzw. Meinungsfragen. Diese sind, je nachdem inwiefern sie auf den Bewerber zutreffen, zu bewerten. Es gibt sieben Stufen. Die Reihenfolge der Fragen bzw. Bereiche ist zufällig.

Es sind folgende Themen zu beantworten:

Fragen/Meinungen zu

  • Alkoholkonsum
  • Drogenkonsum
  • Wie arbeitet man am liebsten? (eher alleine oder im Team)
  • Haben Sie schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht?

Computergestützter Intelligenztest

Hierbei handelt es sich um einen allgemeinen Intelligenztest. Dieser Test wird in einem wohnortnahen Kreiswehrersatzamt durchgeführt.

Der Test besteht aus den drei Teilen:

  • Verbaler Analogie Test
  • Rechentest
  • Matrizentest

Gruppensituationsverfahren (GSV)

Drei bis fünf Bewerber sitzen an einem Tisch und werden von einem Prüfoffizier und einem Psychologen (sofern verfügbar) ständig beobachtet. Sämtliche Inhalte von Aussagen der Bewerber werden dokumentiert.

In diesem Verfahren werden die Beherrschung des Worts in der Gruppe (Rhetorik), das Verhalten in einer Gruppe und der Inhalt der Aussagen (Wissen) geprüft. Es sollte dabei eine angemessene und höfliche Gesprächskultur bestehen.

Um dies zu überprüfen, bekommt die Gruppe drei Bereiche aufgetragen.

Als erstes wird eine Situationsdiskussion geführt. Dabei handelt es sich um ein Problem, für welches die Bewerber in 12 Minuten eine möglichst gute Lösung finden sollten. Man sollte hier so weitreichend wie möglich denken. Es gibt dabei keine Musterlösung.

Als nächstes geht es um Ressourcenknappheit, d.h. die Gruppe erhält von einer Ressource nicht genug für alle Mitglieder der Gruppe, dabei geht es darum seinen Anspruch auf die Ressource zu vertreten, bzw. eine angemessene Entgeltung für den Verzicht zu erhalten. Hierfür hat die Gruppe 8 Minuten Zeit.

Als letztes folgt ein Kurzvortrag. Für diesen bekommt jeder ein Thema zugeteilt, welches aus dem Alltagsleben kommt bzw. kommen könnte. Nun hat man 25 Minuten Bearbeitungszeit, um sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Danach hat man maximal 10 Minuten Zeit, seine Lösung des Problems darzustellen und zu begründen.

Interview

Das Interview stellt ein ganz normales Bewerbungsgespräch dar. Nur hier werden auch sämtliche Testergebnisse aus dem Persönlichkeitsfragebogen, dem Kurzaufsatz, dem Computergestützter Persönlichkeitstest und dem Gruppensituationsverfahren einbezogen.

Es werden Fragen zu bestimmten "auffälligen" Aussagen gestellt. Dem Bewerber wird eine Reihe von Fragen gestellt, welche der Prüfstabsoffizier/ der Prüfoffiziere/der Psychologe aufgrund der einzelnen vorangegangen Tests individuell für den Prüfling zusammengestellt haben bzw. welche sich aus dem Gespräch ergeben (Hypothesen).

Das Gespräch wird von dem Prüfungsoffizier und Psychologen (sofern verfügbar) geführt, die auch beim Gruppensituationsverfahren anwesend waren.

Nach dieser Testphase werden die meisten Bewerber aus der OPZ entlassen.

Computergestützter Mathematiktest

Es werden Fragen aus den Bereichen der Mathematik, der Klasse 11 und Anfang 12 bzw. 13 gestellt. Dies entspricht den Teilgebieten Analysis, Algebra, Analytische Geometrie, Arithmetik, nicht jedoch der Stochastik.

Computergestützter Sanitätstest

Dieser Test ist nur für Bewerber für den Sanitätsdienst. Er gliedert sich in einen 40 minütigen Biologie/Chemie/Physik-Test und in einen 45 minütigen Mathematik-Test. Für den Sanitätstest wird kein besonderes Vorwissen im Bereich der Medizin verlangt, jedoch ist logisches sowie abstraktes Denken erforderlich.

Studienberatung

Die Studienberatung wird mit Bewerbern des Sanitätsdienstes durchgeführt, nur noch in sehr seltenen Ausnahmen bei den Bewerbern für den Truppendienst. Der Bewerber muss also Rede und Antwort stehen. Es wird verlangt, dass sich der Bewerber intensiv mit dem Studiengang und dem in der Schule vermittelten Wissen auseinandergesetzt hat und dies auch darlegen kann.

Es werden für jede erreichte Marke Punkte verteilt. Am Ende müssen mindestens 6 Punkte erreicht worden sein, jedoch mindestens einen in jeder Übung. Für Bewerber, die Sportwissenschaft studieren wollen, gilt es mindestens 17 Punkte zu erreichen.

Die Übungen werden von einem Soldaten bewertet.

Folgende Übungen sind zu erfüllen:

  1. Pendellauf
    • 4 x 9m in einer möglichst kurzen Zeit (2 Durchgänge)
  2. Sit-Ups
    • 40s so viele wie möglich
  3. Standweitsprung
    • so weit wie möglich springen. Es wird von einer Matte abgesprungen. (3 Durchgänge)
  4. Bundeswehrliegestütze
    • 40s so viele wie möglich
    1. Bauchlage mit Händen auf dem Rücken
    2. Hochdrücken mit beiden Armen in Liegestütz
    3. mit einer Hand den Unterarm oder die Hand des anderen Arms berühren
    4. Ablegen (Bauchlage mit Händen auf dem Rücken)
  5. Cooper-Test
    • in 12 min. eine möglichst weite Strecke laufen

Einplanung

Alle Bewerber, die alle diese Tests bestanden haben, werden nun in ein Einplanungsgespräch geführt. Man kommt hier das erste Mal mit seiner zukünftigen Teilstreitkraft ins Gespräch.

Der Offizier überreicht dem Bewerber zunächst eine Urkunde und ein Präsent. Danach geht es um die Einplanung.

Ist das Ergebnis positiv, wird das Einstellungsdatum, der Studienbeginn, die Studienrichtung, die mit der Studienrichtung abhängigen Universität und die Verwendung dargestellt. Dies ist eine Sofort-Zusage.

Die übrigen Bewerber werden vorerst in zwei Wartelisten (Offiziereignung / Studiumseignung) aufgenommen und gegebenenfalls später eingestellt oder abgelehnt.

Ein geringer Prozentsatz der Bewerber wird direkt als Berufsoffizieranwärter (BOA) eingestellt, d.h. bei Erreichen bestimmter Voraussetzungen (Beförderung zum Leutnant und Bestehen des Diploms bzw. bestimmter Ausbildungsabschnitte) wird dem BOA die Übernahme zum Berufssoldaten angeboten, welche dieser jedoch ablehnen kann. Somit ist die Verleihung des Status BOA eine einseitige Verpflichtung der Bundeswehr gegenüber dem Bewerber.

Bei Nichtbestehen besteht die Möglichkeit den Offiziertest nach einem halben Jahr einmal zu wiederholen, sofern man von den Prüfern nach dem Interview nicht als "nicht geeignet", sondern lediglich als "derzeit nicht geeignet" eingestuft wurde, andernfalls ist eine Wiederholung nicht möglich. Hat es an der Studienempfehlung gelegen, kann ebenfalls nach einem halben Jahr (auf Antrag) eine Studiennachberatung stattfinden. Wenn es am PFT lag, kann dieser nach sechs Wochen wiederholt werden. Bei den beiden letzten Varianten bleibt das Prüfungsergebnis erhalten.

Bewerber für den Fliegerischen Dienst

Wer sich als Luftfahrzeugführer bewirbt, muss über die OPZ hinaus noch zwei fünftägige Testverfahren absolvieren.

In der zweiten Phase (Phase I ist der Test an der OPZ) wird die psychische und die medizinische Eignung festgestellt. Hier wird der Bewerber bis ins kleinste Detail überprüft. Hier kann eine zu dicke Ader am Herzen bzw. im Bein oder ein zu langer/zu breiter Oberschenkel über das Bestehen entscheiden. In der Phase III wird das technische Verständnis geprüft. Der Bewerber muss sich schon in Phase II für den gewünschten Luftfahrzeugtyp entscheiden. Es stehen Strahlflugzeuge, Hubschrauber und Flächenflugzeuge zur Auswahl. Die Bewerber, die sich für den Hubschrauber entschieden haben, müssen zur Phase III nach Bückeburg. Die Bewerber für Flugzeuge müssen in Fürstenfeldbruck antreten. Wer die Phase III nicht besteht, kann nicht als Offizier für den fliegerischen Dienst berücksichtigt werden, jedoch stehen diesen Bewerbern noch alle anderen vom Einplaner vorgeschlagenen Verwendungsmöglichkeiten offen.

Viele der Bewerber für den fliegerischen Dienst, die nach Köln geladen werden, erfüllen nicht die gleichen Qualifikationen, wie die restlichen Bewerber. Dies liegt daran, dass die Bundeswehr ein größeres Auswahlspektrum in den nachfolgenden fliegerischen Tests haben will, um eine bessere Auslese zu treffen. Daher müssen die angehenden Flieger zuerst im Fliegertest in Köln ihre Fähigkeiten beweisen, um damit ihr Anrecht, Offizier zu werden, zu legitimieren. Es werden hier also bereits einige Bewerber nach Hause geschickt. Andere, die nicht für den fliegerischen Dienst geeignet sind, aber die gleichen Voraussetzungen in Hinblick auf eine Offizierkarriere mitbringen wie die restlichen Bewerber, dürfen bleiben.

Bewerbung für die anderen Dienstgradbereiche

Für die Laufbahnen der Mannschaften, Unteroffiziere und Feldwebel gibt es die Zentren für Nachwuchsgewinnung Nord, Ost, Süd, West und Marine.