Haiku

traditionelle japanische Gedichtform
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Ein Haiku (俳句, wörtlich: "lustiger Vers") ist eine japanische Versdichtung.

»Die japanische Dichtung hat als Samen das menschliche Herz, und ihr entsprießen unzählige Blätter von Wörtern. Viele Dinge ergreifen die Menschen in diesem Leben: sie versuchen dann, ihre Gefühle durch Bilder auszudrücken, die sie dem entnehmen, was sie sehen und hören.« (zitiert nach D. Keene, Japanische Literatur, 1962)

Dieses Zitat stammt aus dem Vorwort des Kokinshu (Sammlung alter und neuer Gedichte) aus dem Jahre 905. Es kennzeichnet die japanische Lyrik für über 1.000 Jahre.

Auch das Haiku lebt davon, dass sich der Dichter in einem einzigen Vers zu drei Wortgruppen à fünf, sieben und fünf japanischen Lautsilben darauf beschränkt, dem Leser einen einzigen sinnlich wahrnehmbaren Augenblick unmittelbar hinzustellen, ohne Titel, ohne Kommentar, ohne verschlüsselnde Sprache, ohne die Unmittelbarkeit störende Metaphern oder Vergleiche. Dem Leser ist es dann überlassen, den dargestellten Augenblick nachzuvollziehen und zum inneren Anlass des Verses zu finden.

Viele Haiku sind in kalligraphisch schöner Form dargestellt. Die Silbenzahl ergibt im Japanischen einen Sprechtakt, der ähnlichen Erinnerungswert bietet wie im Deutschen Reime. In der deutschen Gestalt ist das Silbenmuster 5-7-5 umstritten, da deutsche Silben viel freier gebildet werden können als im Japanischen und daher keinen Rhythmus ergeben. Nach einer Gewöhnung an die typische Kürze des Haiku mittels des strengen Musters greifen Fortgeschrittene seit einigen Jahren immer öfter zum Dreizeiler ohne Silbenzählung.

Geprägt wurde der Begriff Haiku von dem Japaner Masaoka Shiki (正岡子規)(1867-1902), doch entstanden ist das Haiku im Japan des 17. Jahrhunderts als Herauslösung des Startverses (Hokku) aus dem Kettengedicht Renga. Der Startvers musste einen Hinweis auf die Jahreszeit enthalten, um den Zeitpunkt der Entstehung eines Renga zu markieren. So ist es zu erklären, dass im Haiku meist Szenen aus der Natur gezeigt werden.

Der erste große Haikudichter war Matsuo Basho (松尾芭蕉) (1644-1694), dessen Frosch-Haiku wohl das meistzitierte Haiku der Welt ist:

Der alte Teich
Ein Frosch springt hinein
Vom Wasser ein Geräusch

Erst Mitte des 20. Jahrhunderts begann das Haiku auch die westliche Welt zu erobern. Zunächst verbreitete es sich in Nordamerika und im gesamten englischen Sprachraum. Heutzutage werden Haiku in fast allen Sprachen der Welt geschrieben. Selbst in Deutschland hat das Haiku inzwischen Fuß gefasst. Lange Zeit auf eine kleine Gemeinde von Haikuschreibenden beschränkt, hat sich in den letzten Jahren eine lebendige Szene im Internet entwickelt.

Eine Form, die sich mehr mit dem persönlichen und emotionalen befasst, ist der dem Haiku sehr ähnliche Senryû.

Siehe auch: Uta - Renga

Für Informationen zum gleichnamigen Betriebssystem siehe Haiku (Betriebssystem)