Radioaktivität
Unter Radioaktivität (von lat. radius, Strahl) oder radioaktivem Zerfall oder Kernzerfall versteht man die Eigenschaft instabiler Atomkerne, sich spontan unter Energieabgabe umzuwandeln. Die freiwerdende Energie wird in Form ionisierender Strahlung, nämlich energiereicher Teilchen und/oder Gammastrahlung, abgegeben.


Der historisch geprägte Begriff „Zerfall“ beschreibt in erster Linie die Mengenabnahme des Ausgangsstoffes nach dem Zerfallsgesetz. Diese makroskopische Sichtweise charakterisiert den Vorgang unvollständig. Auf der Ebene der Atome findet eine gesetzmäßig definierte Umwandlung der Kerne in bestimmte andere Kerne statt.
Umgangssprachlich, gelegentlich auch fachsprachlich, wird das Wort Radioaktivität auch für „radioaktive Substanz“ gebraucht.
Insbesondere in der öffentlichen Diskussion werden die Begriffe Radioaktivität und Strahlung oft miteinander verwechselt: mit Radioaktivität ist häufig nicht das Material, sondern die abgegebene Strahlung – oder sogar ionisierende Strahlung aus nicht radioaktiven Quellen – gemeint, und umgekehrt wird z. B. bei Berichten über Zwischenfälle oft von "ausgetretener Strahlung" gesprochen, wenn ausgetretene radioaktive Stoffe gemeint sind.
Die im allgemeinen Sprachgebrauch übliche Formulierung „radioaktive Strahlung“ ist sprachlich ein Pleonasmus, da „radioaktiv“ schon „strahlend“ bedeutet. Allerdings kann man "radioaktive Strahlung" als eine Abkürzung für "Strahlung aus radioaktiven Stoffen" verstehen.
Der Begriff selbst (frz.: radioactivité) wurde 1898 von Marie Curie erstmalig benutzt.
Grundlagen
Radioaktiver Zerfall ist kein deterministischer Prozess. Der Zerfallszeitpunkt des einzelnen Atomkerns ist absolut zufällig. Allerdings ist für jedes Nuklid die Zerfallswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit ein fester Wert, der auch durch die Halbwertszeit beschrieben werden kann. Die Halbwertszeit ist der Zeitraum, nach dem durchschnittlich die Hälfte der instabilen Atomkerne einer Menge zerfallen sind. Sie kann Sekundenbruchteile, aber auch einige Milliarden Jahre betragen. Solche langlebigen Nuklide sind beispielsweise Uran-238, Uran-235, Thorium-232 und Kalium-40. Je kürzer die Halbwertszeit, desto größer ist die Aktivität einer gegebenen Substanzmenge.
Nicht nur der Zeitpunkt des Zerfalls ist zufällig, sondern unter Umständen auch die Art des Zerfalls. Bismut-212 kann beispielsweise mit jeweils unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit auf drei verschiedene Arten zerfallen. Eine Nuklidkarte zeigt alle Nuklide mit Arten und Anteilen der möglichen Zerfälle und den Halbwertszeiten.
Bei den meisten Zerfallsarten (s. unten) ändert sich die Kernladungszahl (Ordnungszahl) – es entsteht also ein anderes chemisches Element (durch Ausstoß von Protonen, aber immer zusammen mit anderen neutralen Teilchen wie Neutronen) –, bei manchen auch nur die Massenzahl (durch Ausstoß von Neutronen und keinen Protonen). Daneben gibt es Übergänge, bei denen sich nur der Anregungszustand des Kerns ändert (Übergang zwischen verschiedenen Energiezuständen desselben Nuklids). Die Stärke der Radioaktivität wird durch die physikalische Größe Aktivität beschrieben und in der Einheit Becquerel, abgekürzt Bq, angegeben. 1 Bq steht für durchschnittlich einen Zerfall pro Sekunde, ist also eine gegenüber dem früher auch üblichen Curie eine sehr kleine Aktivität.
Ein Atomkern ist dann stabil und kann nicht weiter von sich aus zerfallen, wenn es keine Zerfallsart gibt, der zu einem energetisch niedrigeren Zustand führt. Beim Wasserstoff ist dieser Zustand das einzelne Proton als Atomkern, bzw. das Deuteron, das aus Proton und Neutron besteht. Beim Helium enthält das stabile Isotop Helium-3 zwei Protonen und ein Neutron, das stabile Helium-4 zwei Protonen und zwei Neutronen. Beim Lithium und allen schwereren Elementen müssen mindestens gleich viele Neutronen wie Protonen den Kern bilden, damit der Kern stabil ist, und bei schwereren Kernen überwiegen immer mehr die Neutronen. Ab einer gewissen Massenzahl werden alle Atomkerne instabil. Durch Einwirkung von Teilchenstrahlung, insbesondere Neutronenstrahlung (Neutronenaktivierung) können in Kernreaktionen stabile Atomkerne in andere, instabile Atomkerne umgewandelt werden.
Geschichte
1896 entdeckte Antoine Henri Becquerel bei dem Versuch, die gerade gefundene Röntgenstrahlung durch Fluoreszenz erklären zu wollen, dass Uransalz fotografische Platten zu schwärzen vermochte. Allerdings war die Uranprobe dazu auch ohne Vorbelichtung in der Lage, was Fluoreszenz als Ursache ausschloss. Wie er später zeigte, konnte diese neue Strahlung lichtundurchlässige Stoffe durchdringen und Luft ionisieren, ohne dabei von Temperaturänderungen oder chemischen Behandlungen der Probe beeinflusst zu werden. Weitere radioaktive Elemente fanden Marie und Pierre Curie 1898 mit Thorium sowie zwei neuen um ein Vielfaches stärker strahlenden Elementen, die sie Radium und Polonium tauften.
Durch Untersuchung des Durchdringungsvermögens gelang es Ernest Rutherford 1899, zwei Strahlungskomponenten zu unterscheiden. Stefan Meyer und Egon Schweidler sowie Friedrich Giesel konnten noch im gleichen Jahr zeigen, dass diese in magnetischen Feldern in unterschiedliche Richtungen abgelenkt werden. Eine dritte Komponente, die sich nicht durch Magnetfelder ablenken ließ und ein sehr hohes Durchdringungsvermögen aufwies, wurde 1900 von Paul Ulrich Villard entdeckt. Für die drei Strahlungsarten prägte Rutherford die Bezeichnungen Alpha-, Beta- und Gammastrahlung. Bis 1909 hatte sich erwiesen, dass Alphastrahlung aus Heliumkernen und Betastrahlung aus Elektronen besteht. Die Vermutung, dass es sich bei Gammastrahlung um eine elektromagnetische Welle handelt, konnte erst 1914 von Rutherford und Edward Andrade gezeigt werden.
Bereits 1903 – sechs Jahre bevor man von Atomkernen wusste – entwickelten Rutherford und Frederick Soddy eine Hypothese, nach der die Radioaktivität mit der Umwandlung von Elementen verknüpft sei. Davon ausgehend formulierten 1913 Kasimir Fajans und Frederick Soddy die so genannten radioaktiven Verschiebungssätze. Diese beschreiben die Änderung von Massen- und Ordnungszahl beim Alpha- und Betazerfall, womit die natürlichen Zerfallsreihen als eine schrittweise Abfolge von diesen Zerfallsprozessen erklärt werden konnten.
Irène und Frédéric Joliot-Curie gelang es 1933 erstmals, radioaktive Elemente künstlich zu erzeugen. Durch den Beschuss von Proben mit α-Teilchen konnten sie neue Isotope herstellen, die aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeiten in der Natur nicht vorkommen. Bei ihren Versuchen entdeckten sie 1934 eine neue Art des Betazerfalls, bei dem Positronen anstelle von Elektronen abgestrahlt werden. Seither unterscheidet man zwischen β+- und β−-Strahlung.
Zerfallsarten
Verschiedene Zerfallsarten eines Radionuklids in der Darstellung der Nuklidkarte. Senkrecht: Ordnungszahl, waagerecht: Neutronenzahl
Radioaktive Kerne können auf verschiedene Weise zerfallen, je nach ihrer Zusammensetzung aus Protonen und Neutronen. Historisch besonders bedeutsam sind die Zerfallsarten Alpha-, Beta- und Gammazerfall. Sie wurden als erste entdeckt und sind die bei weitem am häufigsten auftretenden Umwandlungsarten. Später fand man noch weitere Zerfallsarten, die nicht mehr zu diesen drei klassischen Arten gezählt werden konnten.
Die Vielzahl existierender Zerfälle lässt sich in drei Kategorien einteilen:
- Zerfälle unter Aussendung von Nukleonen: viele radioaktive Kerne wandeln sich unter Aussendung von Nukleonen, also von Protonen, Neutronen oder sogar leichten Kernen, um. Prominentestes Beispiel ist der Alpha-Zerfall. Hierbei spaltet der Mutterkern einen Heliumkern ab. Seltener tritt die Aussendung einzelner Neutronen oder Protonen oder ganzer Kohlenstoffkerne auf.
- Beta-Zerfälle: wenn bei einem Zerfall Elektronen (oder deren Antiteilchen) beteiligt sind, spricht man von einem Beta-Zerfall. Es gibt eine ganze Reihe solcher Prozesse. Nicht immer muss auch ein Elektron als Produkt entstehen, wie beispielsweise beim Elektroneneinfang.
- Übergang zwischen Zuständen ein- und des selben Kerns: in diesem Fall werden keinerlei Materieteilchen abgestrahlt. Entsprechend wandelt sich auch der Kern nicht in einen anderen um; er gibt seine überschüssige Energie direkt in Form hochenergetischer elektromagnetischer Strahlung ab. Diese kann als Gammastrahlung frei werden, oder an ein Elektron der Atomhülle abgegeben werden (innere Konversion).
Alphazerfall
→ Hauptartikel: Alphastrahlung
Ist der Atomkern sehr schwer oder enthält er deutlich weniger Neutronen als Protonen, kann die Anziehung der starken Wechselwirkung überwunden werden und es kommt zum Alphazerfall. Dabei verlässt ein Helium-4-Kern, in diesem Fall Alphateilchen genannt, mit einer Geschwindigkeit von einigen Prozent der Lichtgeschwindigkeit den Mutterkern. Dies ist trotz der hohen Potentialbarriere aufgrund des Tunneleffekts möglich. Der Restkern, auch Rückstoßkern oder Tochterkern genannt, verringert bei diesem Vorgang seine Nukleonenzahl um vier und die Kernladungszahl um zwei.
Die allgemeine Reaktionsgleichung des Alphazerfalls lautet
- Der Mutterkern X mit Nukleonenzahl A und Protonenzahl Z zerfällt unter Aussendung eines Alphateilchens
in den Tochterkern Y mit einer um 4 verminderten Nukleonenzahl und um 2 verminderten Protonenzahl.
Ein Beispiel für den Alphazerfall ist der Zerfall von Uran-238 in Thorium-234:
Beta-Zerfall
→ Hauptartikel: Betastrahlung
Wenn ein ungünstiges Verhältnis von Neutronen zu Protonen besteht, tritt normalerweise Betazerfall ein.
β−-Zerfall
Beim β−-Zerfall (Beta-Minus-Zerfall) wird im Kern ein Neutron in ein Proton umgewandelt und ein hochenergetisches Elektron sowie ein Elektron-Antineutrino emittiert. Die Nukleonenzahl des Kerns ändert sich dabei nicht, seine Ordnungszahl erhöht sich um eins.
Die allgemeine Reaktionsgleichung des Beta-Minus-Zerfalls lautet
- Der Mutterkern X mit Nukleonenzahl A und Protonenzahl Z zerfällt unter Aussendung eines Elektrons
und eines Anti-Elektronneutrinos in den Tochterkern Y mit gleicher Nukleonenzahl und um 1 erhöhten
Protonenzahl.
Ein Beispiel für den β−-Zerfall ist der Zerfall von Kohlenstoff-14 in das stabile Isotop Stickstoff-14:
Durch einige Meter Luft oder z. B. eine Plexiglasschicht lässt sich die Beta-Strahlung vollständig abschirmen. Die Reichweite der Strahlung hängt dabei von ihrer Energie und dem zur Abschirmung verwendeten Material ab.
Die Neutrinostrahlung ist sehr schwer nachzuweisen (und völlig unschädlich), da Neutrinos nur der schwachen Wechselwirkung unterliegen. Ein Strom von Neutrinos durchquert z. B. die gesamte Erde fast ungeschwächt.
β+-Zerfall
Beim β+-Zerfall wird im Kern ein Proton in ein Neutron und ein hochenergetisches Positron umgewandelt und ein Elektron-Neutrino emittiert. Die Nukleonenzahl des Kerns ändert sich dabei nicht, seine Ordnungszahl verringert sich um eins.
Die allgemeine Reaktionsgleichung des Beta-Plus-Zerfalls lautet
- Der Mutterkern X mit Nukleonenzahl A und Protonenzahl Z zerfällt unter Aussendung eines Positrons
und eines Elektronneutrinos in den Tochterkern Y mit gleicher Nukleonenzahl und um 1 verminderter Protonenzahl.
Ein Beispiel für den β+-Zerfall ist der Zerfall von Stickstoff-13 in Kohlenstoff-13:
Elektroneneinfang, ε-Zerfall
Eine andere Möglichkeit zur Umwandlung eines Protons in ein Neutron besteht darin, ein Elektron aus der Atomhülle in den Kern zu „ziehen”, dem so genannten Elektroneneinfang (englisch: electron capture, kurz EC), auch ε-Zerfall genannt. Nach der Bezeichnung der typisch betroffenen Elektronenschale, der K-Schale, wird der Elektroneneinfang auch als K-Einfang bezeichnet. Das Proton des Kerns wird in ein Neutron umgewandelt, und ein Elektronneutrino emittiert.
Bei diesem Umwandlungsmechanismus ist der Kern denselben Änderungen unterworfen wie beim -Zerfall, die Nukleonenzahl bleibt unverändert, die Ordnungszahl verringert sich um eins. Der Elektroneneinfang konkurriert daher mit dem -Zerfall und wird auch als eine Variante des Betazerfalls angesehen. Da der -Zerfall die Energie für das emittierte Positron aufbringen muss, kommt energetisch nicht für jedes Nuklid, das mit Elektroneneinfang zerfällt, der -Zerfall in Frage. Da das eingefangene Elektron meist aus der innersten Elektronenschale stammt, wird in dieser ein Platz frei und Elektronen aus den äußeren Schalen rücken nach, wobei charakteristische Röntgenstrahlung emittiert wird.
Allgemein lautet die Gleichung für den Elektroneneinfang
- Der Mutterkern X fängt ein Elektron aus der Atomhülle ein und wandelt sich unter Emission eines Elektronneutrinos
in den Tochterkern mit gleicher Nukleonenzahl und um 1 verminderter Protonenzahl um.
Ein Beispiel für den Elektroneneinfang ist der Zerfall von Nickel-59 zu Kobalt-59:
Doppelter Elektroneneinfang: Bei einigen Kernen ist ein einfacher Elektroneneinfang energetisch nicht möglich, sie können sich aber durch gleichzeitigen Einfang zweier Elektronen umwandeln. Die Halbwertszeiten derartiger Umwandlungen sind typischerweise sehr lang und konnten erst in jüngster Zeit nachgewiesen werden.
Ein Beispiel ist der Zerfall von Xenon-124 zu Tellur-124:
Doppelter Betazerfall
Bei einigen Kernen ist ein einfacher Betazerfall energetisch nicht möglich, sie können aber unter Abstrahlung zweier Elektronen zerfallen. Derartige Zerfälle haben typischerweise sehr lange Halbwertszeiten und sind erst in jüngster Zeit nachgewiesen worden. Bis vor Kurzem war die Frage offen, ob beim doppelten Betazerfall stets zwei Neutrinos emittiert werden, oder ob auch ein neutrinoloser doppelter Betazerfall vorkommt. 2006 gelang dann am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg der Nachweis dieses Zerfallsmodus mit 6,4 Sigma Sicherheit, was überhalb der allgemein akzeptierten Vertrauensgrenze von fünf Sigma liegt.[1]
Gammazerfall
→ Hauptartikel: Gammastrahlung
Ein γ-Zerfall (γ ist der kleine griechische Buchstabe gamma) ist möglich, wenn der Atomkern nach einem Zerfall in einem energetisch angeregten Zustand vorliegt. Beim Übergang in einen energetisch niedrigeren Zustand gibt der Atomkern durch Emission hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung, sogenannter γ-Strahlung, Energie ab.
Die Emission von Gammastrahlung verändert nicht die Neutronen- und Protonenzahl des emittierenden Kerns, es erfolgt lediglich ein Übergang zwischen zwei angeregten Kernzuständen oder einem angeregten Kernzustand und dem Grundzustand. Dies geschieht meist unmittelbar nach einem Beta- oder Alphazerfall. Die Bezeichnung Gamma"zerfall" ist insofern etwas irreführend, aber trotzdem übliche Nomenklatur.
Die allgemeine Gleichung für den Gammazerfall ist
- Der angeregte Kern X regt sich unter Aussendung eines Gammaquants ab. Mutter- und Tochterkern
stimmen dabei überein
Ein bekanntes Beispiel ist die Aussendung von Gammastrahlung durch einen Nickel-60-Kern, der (meist) durch Betazerfall eines Cobalt-60-Kerns entstanden ist:
Das Zerfallsschema dieses Prozesses ist in der Grafik am rechten Rand dargestellt. 60Co, ein Isotop mit vielen praktischen Anwendungen, ist ein Betastrahler mit einer Halbwertszeit von 5,26 Jahren. Es zerfällt zu einem angeregten Zustand von Nickel-60, der praktisch sofort (< 1 ps) durch Emission von zwei Gammaquanten zum Grundzustand zerfällt.
Bei den praktischen Anwendungen von Co-60 und vielen anderen Radionukliden geht es sehr oft nur um diese Gammastrahlung; die Alpha- oder Betastrahlung wird in diesen Fällen durch das Gehäuse des radioaktiven Präparates abgeschirmt und nur die Gammastrahlung dringt nach außen.
Obwohl die Gammastrahlung aus dem Tochternuklid des Alpha- oder Betazerfalls kommt, ordnet man sie sprachlich immer dem Mutternuklid zu, spricht also vom "Gammastrahler Cobalt-60" usw., denn die einzige praktisch brauchbare Quelle dieser Gammastrahlung ist ein Co-60-Präparat.
Es kann allerdings sein, dass der angeregte Zustand ein Kernisomer ist, d. h., dass er eine ausreichend lange Halbwertszeit hat, die eine praktische Nutzung dieser Gammastrahlungsquelle getrennt von ihrer Erzeugung ermöglicht, wie im Falle von Technetium-99:
Dieses Technetium-Isotop mit einer Halbwertszeit von 6 Stunden wird in der medizinischen Diagnostik verwendet.
Zur Abschirmung von γ-Strahlung sind unter Umständen meterdicke Beton- oder Bleiplatten nötig, denn sie hat in Materie keine bestimmte Reichweite, sondern wird nur exponentiell abgeschwächt. Es gibt daher für jedes Abschirmmaterial eine von der Gammaenergie abhängige Halbwertsdicke. -Strahlung ist wie Licht elektromagnetische Strahlung, ihr Quant ist aber sehr viel energiereicher und liegt damit weit außerhalb des für das menschliche Auge sichtbaren Spektrums.
Innere Konversion
Die freiwerdende Energie beim Übergang eines Atomkerns in einen energetisch niedrigeren Zustand kann auch an ein Elektron der Atomhülle abgegeben werden. Diesen Vorgang nennt man Innere Konversion. Konversionselektronen sind im Gegensatz zu -Teilchen monoenergetisch.
- Der angeregte Kern X regt sich ab. Die dabei freiwerdende Energie geht auf ein Elektron der Atomhülle über.
Radioaktive Zerfälle sind Prozesse, die nur im Atomkern stattfinden. Im Falle der inneren Konversion überträgt sich die bei der Umwandlung freiwerdende Energie auf ein Elektron in der Atomhülle. Nach dem Zerfall fehlt also eine negative Ladung und es bleibt ein positives Ion zurück.
Weitere Zerfallsarten
Spontane Spaltung
Die spontane Spaltung ist ein weiterer radioaktiver Umwandlungsprozess, der bei besonders schweren Kernen auftritt. Der Atomkern zerfällt in zwei oder mehrere Bruchstücke. Dabei entstehen in der Regel zwei etwa gleichgroße Tochterkerne und zwei oder drei Neutronen. Es ist eine Vielzahl verschiedener Tochterkernpaare möglich, jedoch sind die Summe der Kernladungszahlen und die Summe der Massenzahlen stets gleich denen des Ursprungskerns. Beispiele:
Auch die natürlich vorkommenden Uranisotope zerfallen zu einem kleinen Teil durch spontane Spaltung.
Spontane Nukleonenemission
Bei Kernen mit besonders hoher oder besonders geringer Neutronenzahl kann es zu spontaner Nukleonenemission, also Protonen- oder Neutronenemission kommen. Atomkerne mit sehr hohem Protonenüberschuss können ein Proton abgeben, Atomkerne mit hohem Neutronenüberschuss können Neutronen abgeben.
Helium-5 sendet zum Beispiel spontan ein Neutron aus:
- 5He → 4He + 1n
Bor-9 spaltet dagegen ein Proton ab, um den Überschuss auszugleichen:
9B → 8Be + 1p
Clusterzerfall
Statt einzelner Nukleonen oder Helium-4-Kerne werden in sehr seltenen Fällen auch größere Atomkerne emittiert. Beispiele:
Zwei-Protonen-Zerfall
Bei extremem Protonenüberschuss (wie zum Beispiel bei Eisen-45) kann der Zwei-Protonen-Zerfall auftreten, bei dem sogar zwei Protonen gleichzeitig abgestrahlt werden.
45Fe → 43Cr + 2 1p
Übersicht
Zerfallsmodus | teilnehmende Teilchen | Tochterkern |
---|---|---|
Zerfälle unter Aussendung von Nukleonen | ||
Alphazerfall | Ein Alphateilchen (A=4, Z=2) wird ausgesandt. | (A-4, Z-2) |
Protonenemission | Ein Proton wird ausgesandt. | (A-1, Z-1) |
Neutronenemission | Ein Neutron wird ausgesandt. | (A-1, Z) |
Doppelte Protonenemission | Zwei Protonen werden gleichzeitig ausgesandt. | (A-2, Z-2) |
Spontane Spaltung | Der Kern zerfällt spontan in zwei oder mehr Tochternuklide und meist 2 oder 3 Neutronen. | - |
Clusterzerfall | Der Kern sendet einen kleineren Kern (typ. 6% bis 20% der ursprünglichen Größe) mit Ac, Zc aus. Bei Ac=4, Zc=2 handelt es sich um einen Alphazerfall. |
(A-Ac, Z-Zc) + (Ac,Zc) |
Verschiedene Betazerfälle | ||
Beta-Minus-Zerfall | Ein Kern sendet ein Elektron und ein Antineutrino aus. | (A, Z+1) |
Beta-Plus-Zerfall | Positronenemission; Ein Kern sendet ein Positron und ein Neutrino aus. | (A, Z-1) |
Elektroneneinfang | Ein Kern absorbiert ein Elektron aus der Atomhülle und emittiert ein Neutrino. Der Tochterkern verbleibt in einem angeregten, instabilen Zustand. | (A, Z-1) |
Doppelter Betazerfall | Ein Kern sendet zwei Elektronen und zwei Antineutrinos aus. | (A, Z+2) |
Doppelter Elektroneneinfang | Ein Kern absorbiert zwei Elektronen aus der Atomhülle und emittiert zwei Neutrinos. Der Tochterkern verbleibt in einem angeregten, instabilen Zustand. | (A, Z-2) |
Elektroneneinfang mit Positronenemission | Ein Kern absorbiert ein Elektron aus der Atomhülle und emittiert ein Positron und zwei Neutrinos. | (A, Z-2) |
Doppelte Positronenemission | Doppelte Positronenemission; Ein Kern sendet zwei Positronen und zwei Neutrinos aus. | (A, Z-2) |
Übergänge zwischen Zuständen desselben Kerns | ||
Gammazerfall | Ein angeregter Kern emittiert ein hochenergetisches Photon (Gammaquant). | (A, Z) |
Innere Konversion | Ein angeregter Kern überträgt Energie auf ein Hüllenelektron, welches das Atom verlässt. | (A, Z) |
Zerfallsreihen
→ Hauptartikel: Zerfallsreihe
Im Allgemeinen sind die Zerfallsprodukte nicht stabil. In den meisten Fällen sind die Tochterkerne ihrerseits wieder radioaktiv und zerfallen gemäß ihrer eigenen Halbwertszeiten. Auf diese Weise entsteht eine Abfolge von radioaktiven Zerfällen, bis schließlich ein stabiler Kern als Endprodukt übrig bleibt. Diese Aufeinanderfolge radioaktiver Zerfälle heißt Zerfallsreihe (oder Zerfallskette).
Eine Zerfallsreihe kann viele verschiedene Isotope durchlaufen, welche über verschiedene Zerfallsarten desintegrieren. Das Isotop Uran-238 beispielsweise zerfällt unter Aussendung eines Alpha-Teilchens in Thorium-234, dieses wandelt sich dann durch einen Betazerfall in Protactinium-234 um, welches wieder instabil ist und so fort. Nach insgesamt 14 Zerfällen erreicht diese Zerfallsreihe ein Ende beim stabilen Kern Blei-206. Da manche Kerne auf verschiedene Weisen zerfallen können, können von einem Mutterkern auch mehrere Zerfallsreihen ausgehen. So geht zum Beispiel Bismut-212 zu etwa 64 % durch einen Betazerfall in Polonium-212, und zu etwa 36 % durch einen Alphazerfall in Thallium-208 über.
Die mittleren Lebensdauern der einzelnen Isotope einer Kette kann sehr stark variieren; von Sekundenbruchteilen bis hin zu mehreren Milliarden Jahren und darüber hinaus. So geschieht es auch, dass eine ursprünglich reine Probe eines radioaktiven Materials mit der Zeit in ein Gemisch verschiedener radioaktiver Isotope übergeht. Dabei werden sich langlebige Isotope stärker ansammeln, solche mit kurzer Lebensdauer dagegen in geringerem Ausmaß. Deswegen gibt man, insbesondere wenn die Halbwertszeit des Tochterkerns größer ist als die des Mutterkerns, auf der Probe oft auch das entstehende Tochterisotop mit an. Für physikalische Untersuchungen können diese natürlich entstehenden Verunreinigungen einer Probe eventuell störend sein. Daher verwendet man in entsprechenden Experimenten häufig radioaktive Isotope, deren Tochterkerne entweder stabil sind oder eine sehr kurze Lebensdauer besitzen und praktisch sofort selbst zerfallen.
Größen und Maßeinheiten
SI-Einheit | Alte Einheiten | |
---|---|---|
Aktivität | Becquerel | Curie |
Energiedosis | Gray | Rad |
Ionendosis | C/kg | Röntgen |
Äquivalentdosis | Sievert | Rem |
Als Aktivität bezeichnet man die Anzahl der Zerfallsereignisse pro Zeiteinheit, die in einer Probe eines radioaktiven oder radioaktiv kontaminierten Stoffes auftritt.
- Becquerel Bq
- 1 Bq = 1 Zerfall pro Sekunde. SI-Einheit für die Aktivität.
- Curie Ci
- Veraltete Einheit radioaktiver Aktivität.
- 1 Ci = 37 GBq = 3,7 · 1010 Bq
- Die folgenden Größen und Maßeinheiten beziehen sich auf ionisierende Strahlung allgemein, aus radioaktiven oder anderen Quellen:
Energiedosis
Als Energiedosis (kurz Dosis) bezeichnet man die von einem bestrahlten Objekt, z. B. Körpergewebe, über einen Belastungszeitraum absorbierte massenspezifische Energiemenge. Sie ist abhängig von der Intensität der Bestrahlung, der Absorptionsfähigkeit des bestrahlten Stoffes für die gegebene Strahlungsart und -energie und geometrischen Faktoren.
- Gray Gy
- (SI-Einheit der Energiedosis). Das Gray löst die alte Einheit „Rad“ („radiation-absorbed dose“) ab.
- 1 Gray = 1 J/kg = 100 Rad;
- Rad
- radiation absorbed dose; alte Einheit der Energiedosis, abgelöst durch Gray (Gy).
- 1 Rad = 0,01 Gray.
Die Ionendosis ist ein Maß für die Stärke der Ionisierung, ausgedrückt durch die freigesetzte Ladung pro Kilogramm des bestrahlten Stoffes.
- C/kg (Coulomb pro Kilogramm)
- SI-Einheit der Ionendosis
- Röntgen R
- alte Einheit der Ionendosis, abgelöst durch Coulomb/kg. 1 R = 2,58 · 10−4 C/kg.
Die Äquivalentdosis ist ein Maß für die Stärke der biologischen Wirkung einer bestimmten Strahlendosis. Gleich große Äquivalentdosen sind somit in ihrer Wirkung auf den Menschen vergleichbar, unabhängig von der Strahlenart und -energie.
Die Äquivalentdosis ergibt sich durch Multiplikation der Energiedosis (Gray) mit einem Qualitätsfaktor, der sog. Relativen biologischen Wirksamkeit, die von der Strahlungsart und -energie abhängt und auf Erfahrungswerten beruht.
Für - und -Strahlung ist der Qualitätsfaktor 1, die Äquivalentdosis in Sv ist hier also zahlenmäßig gleich der Energiedosis in Gy. Für Neutronen beträgt der Qualitätsfaktor 10, für -Strahlung 20, was die erhöhte Wechselwirkung im Gewebe berücksichtigt.
Messgeräte für Radioaktivität
→ Hauptartikel: Teilchendetektoren und Strahlungsdetektoren
In der Kernphysik gibt es für den Nachweis und die Messung der verschiedensten Teilchenstrahlen eine Vielzahl von Detektoren, die jeweils für die Untersuchung bestimmter Elementarteilchen oder Messgrößen ausgelegt sind. Oft handelt es sich dabei um spezielle Großgeräte, die allein für die Forschung bestimmt sind (Teilchendetektor). Zum Nachweis radioaktiver Strahlung benötigt man in der praktischen Anwendung dagegen kleine, leichte und mobile Geräte. Der wohl bekannteste Detektor für ionisierende Strahlung ist der Geigerzähler. Für den Strahlenschutz werden zur Messung der individuellen Strahlenbelastung verschiedene Dosimeter verwendet.
Ionisationskammern und Nebelkammern sind zum Nachweis von Alpha-, Beta- und Gammastrahlung verwendbar, Szintillationszähler (gekoppelt mit Fotomultipliern) und Halbleiterdetektoren dienen der Detektion von Beta- und Gammastrahlen. Für Neutronenstrahlung gibt es Geigerzähler mit dickem Paraffinmantel, Neutronendetektor und Long Counter.
Die allererste Messung, die eine quantitative Aussage über die Strahlung machte, wurde von Pierre Curie und Marie Curie mit Hilfe eines Elektroskops durchgeführt. Allerdings misst dieses nicht direkt die Strahlung, sondern die durch Ionisation verminderte elektrische Ladung.
Anwendungen
Technische Anwendung
Wichtige Anwendungen, welche die Radioktivität von Stoffen ausnutzen, sind die Altersbestimmung von Objekten und die Materialprüfung.
In der Archäologie, Kunstwissenschaft, Geologie und Paläoklimatologie werden Messungen der Konzentration radioaktiver Isotope zur Altersbestimmung verwendet, z. B. die Radiokohlenstoffdatierung (Radiokarbonmethode).
Eine technische Anwendung ist die Dickenmessung und Materialprüfung mittels Durchstrahlung. Hierbei wird ein Material mit Gamma-Strahlen bestrahlt und ein Zähler ermittelt aufgrund der durchdringenden Strahlen und des Absorptionsgesetzes die mittlere Dichte bei bekannter Schichtdicke oder umgekehrt die Schichtdicke bei bekannter Dichte. Die Strahlung kann auch auf einem Röntgenfilm hinter der Materialschicht ein Bild erzeugen. In dieser Form wird die Durchstrahlungsprüfung bei Werkstoffen angewandt.
Auch Füllstandsanzeiger in Großbehältern mit Schüttgut oder Granulaten werden mit Gamma-Durchstrahlung von einer zur anderen Behälterwand ausgeführt. Dabei ändert sich der Meßwert an der Sonde je nachdem, ob der Füllstand den durch die Anbringungshöhe der Vorrichtung bestimmten Pegel überschritten hat oder nicht.
Weitere Anwendungen sind die Elementanalyse (siehe Gammaspektroskopie) und Präzisionsmessungen in der chemischen Analytik (siehe Mößbauer-Effekt). Des Weiteren wurden vereinzelt Blitzableiter mit Spitzen aus radioaktivem Material installiert, obgleich deren Wirksamkeit nie bewiesen werden konnte.
Medizinische Anwendung
Die Anwendung offener radioaktiver Stoffe am Menschen ist Gegenstand der Nuklearmedizin.
- Diagnostik
- In der nuklearmedizinischen Diagnostik wird meist die Szintigrafie angewendet. Dabei werden geringe Mengen einer γ-strahlenden Substanz (Tracer) am Patienten angewendet („appliziert“), zum Beispiel in eine Vene gespritzt oder eingeatmet. Die vom Tracer ausgehende Strahlung wird außerhalb des Körpers von einer auf Szintillationsdetektoren beruhenden Gammakamera registriert und ergibt eine zweidimensionale bildliche Darstellung. Moderne Weiterentwicklungen der Methode erlauben mittels Computertomographie dreidimensionale Darstellungen (Single Photon Emission Computed Tomography, SPECT); ein weiteres bildgebendes Verfahren in der Nuklearmedizin, das auch dreidimensionale Bilder liefert, ist die Positronen-Emissions-Tomografie (PET). Mit radioaktiven Stoffen können auch bestimmte Laboruntersuchungen durchgeführt werden, zum Beispiel der Radioimmunoassay.
- Therapie
- In der nuklearmedizinischen Therapie werden reine oder überwiegende β-Strahler verwendet. Die häufigsten Anwendungsgebiete sind die Radioiodtherapie bei gutartigen und bösartigen Erkrankungen der Schilddrüse, die Radiosynoviorthese bei bestimmten Gelenkerkrankungen und die Radionuklidbehandlung zur Schmerzlinderung bei Knochenmetastasen.
Biologische Wirkung
Der Mensch kann ionisierende Strahlung, ob aus radioaktiven oder anderen Quellen, nicht direkt wahrnehmen. Für einen wirksamen Strahlenschutz beim Umgang mit radioaktiven Materialien ist daher besondere Sorgfalt und ggf. der Einsatz von Messeinrichtungen (Dosimetern) erforderlich.
Hinsichtlich der Gefährlichkeit von Radioaktivität müssen zwei verschiedene Risiken unterschieden werden: 1. die Strahlenbelastung selbst, 2. die Kontamination (Verunreinigung) mit radioaktivem Material, die unter Umständen zu lange andauernder Bestrahlung führen kann, insbesondere z. B. bei Kontamination der Haut von Personen oder gar Aufnahme (Inkorporation) radioaktiver Substanz in den Körper durch Einatmen (Inhalation) oder Essen/Trinken (Ingestion).
Diese beiden Begriffe werden in Berichterstattung und Öffentlichkeit oft verwechselt. Entsprechend wird beispielsweise der Begriff „verstrahlt“ falsch anstatt kontaminiert benutzt; Verstrahlung bedeutet – analog der Verbrennung – eine durch Bestrahlung hervorgerufene erhebliche Schädigung oder Verletzung.
Die Strahlenbelastung für Lebewesen wird als effektive Dosis oder Äquivalentdosis in der Einheit Sievert gemessen (s. oben). Darin wird die unterschiedliche Schädlichkeit von -, - und -Strahlen sowie die unterschiedliche Empfindlichkeit einzelner Gewebe berücksichtigt.
Die Alphastrahlung hat auf lebendes Gewebe durch ihre Ionisierungsfähigkeit eine besonders hohe schädliche Wirkung, jedoch besitzt sie in Luft eine Reichweite von nur wenigen Zentimetern und kann durch ein einfaches Blatt Papier vollständig abgeschirmt werden (den gleichen Zweck erfüllen die obersten abgestorbenen Hautschuppen), so dass Alphastrahler, die sich außerhalb des menschlichen Körpers befinden, weitgehend ungefährlich sind. Gefährlich sind Alphastrahler, wenn sie in direkten Kontakt mit lebendem Gewebe kommen. Ein Weg dafür ist das Einatmen von Aerosolen, die über die Schleimhäute des Atemweges aufgenommen werden; radioaktiver Staub wird in der Lunge eingelagert und kann dort Krebs auslösen. Das Edelgas Radon wird zwar nicht eingelagert, gefährdet aber während des Einatmens durch Zerfälle in der Lunge. Wenn ein Alphastrahler mit einer Halbwertszeit von einigen Tagen durch Nahrung aufgenommen wurde oder durch Injektion in den Blutkreislauf gebracht wurde, können bereits wenige Mikrogramm für Menschen tödlich sein.
Unmittelbar beobachtbare (akute) Strahlenwirkungen (Strahlenkrankheit) treten beim Menschen erst bei sehr hohen kurzfristigen Äquivalentdosen ab 0,5 Sv auf. Auch wesentlich geringere Strahlendosen führen jedoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu Langzeitfolgen (Krebs oder Erbschäden).
Anderseits ist es bemerkenswert, dass beispielsweise Bad Gastein ein seit dem Mittelalter berühmtes Heilbad ist, dessen Heilwasser sich lediglich durch hohe Temperatur und den Gehalt an Radon auszeichnet, siehe Radonbalneologie.
Natürliche Strahlenbelastung
Jeder Mensch ist schwacher natürlicher Strahlenbelastung ausgesetzt. Ein kleiner Teil davon geht auf ständig vorhandene Radionuklide im eigenen Körper zurück (beim Erwachsenen rund 8000 Bq, hauptsächlich Kohlenstoff-14 und Kalium-40). Die übrige, äußere natürliche Strahlenbelastung stammt etwa zur Hälfte von aus dem Erdboden austretendem Radon und seinen Zerfallsprodukten, daneben auch von Kalium-40 in Baustoffen und einigen anderen Nukliden. Radon ist als die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs in Deutschland bezeichnet worden.
Es ist umstritten, ob eine Reduktion der natürlichen Strahlenbelastung krankheitsfördernd ist (vgl. Hormesis).
Warnzeichen
→ Hauptartikel: Trefoil, ISO 21482
Weil das bisher verwendete Warnzeichen (☢, Trefoil genannt, im Unicode an Code-Position U+2622) oft nicht als Warnung vor starken radioaktiven Strahlern erkannt wurde, kam es vor allem in Entwicklungsländern schon zu tödlichen Unfällen, weil Menschen ein stark strahlendes Nuklid aus seiner Abschirmung entnahmen (zum Beispiel der Goiânia-Unfall in Brasilien im Jahr 1987). Am 15. Februar 2007 gab deshalb die IAEO bekannt, dass direkt an Nukliden der Strahlungskategorie 1, 2 und 3 [2] ein neues, auffälligeres Warnschild angebracht werden soll. Dieses warnt mit Hilfe von aussagekräftigen Symbolen vor der tödlichen Gefahr durch radioaktive Strahlung und fordert zur Flucht auf. Am Behälter selbst soll weiterhin nur das alte Symbol angebracht werden, da er die Strahlung soweit abschirmt, dass sie keine unmittelbare Gefahr darstellt. Durch die Normung als ISO Norm 21482 soll das neue Warnschild für gefährliche Strahlenquellen möglichst schnell und international verbindlich eingeführt werden. Bei schwachen Strahlenquellen soll keine Änderung der Kennzeichnung erfolgen. [3]
Literatur
- Stolz, Werner: „Radioaktivität. Grundlagen, Messung, Anwendungen“, 2005, Teubner Verlag, ISBN 978-3519530220
- B. Povh, K. Rith, C. Scholz, Zetsche: „Teilchen und Kerne. Eine Einführung in die physikalischen Konzepte“, 2006, Springer, ISBN 978-3540366850
- K. Bethge, G. Walter, B. Wiedemann: „Kernphysik“, März 2001, Springer, ISBN 978-3540414445
- Krieger, Hanno: „Grundlagen der Strahlungsphysik und des Strahlenschutzes“, 2007, Teubner, ISBN 978-3835101999
- IAEO: „IAEA Safety Glossary. Terminology Used in Nuclear Safety and Radiation Protection“, 2007, IAEA Publications, ISBN 92-0-100707-8
- M. G. Stabin: „Radiation Protection and Dosimetry. An Introduction to Health Physics“, 2007, Springer, ISBN 978-0387499826
- Knoll, Glenn: „Radiation Detection and Measurement“, 2007, Wiley & Sons, ISBN 978-0471073383
Siehe auch
Weblinks
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