Osmanisch-Polnischer Krieg 1620–1621

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Der Osmanisch-Polnische Krieg 1620–1621 wurde zwischen dem Osmanischen Reich und dem Königreich Polen-Litauen um die Herrschaft über die Donaufürstentümer, vor allem das Fürstentum Moldau geführt, die Vasallen des Osmanischen Reiches waren. Der Krieg endete 1621 in einem Vertrag, in dem Polen seinen Anspruch auf die Donaufürstentümer aufgab. Er war der erste in einer Reihe von militärischen Auseinandersetzungen zwischen Polen und der Türkei, die schließlich 1683 in den Großen Türkenkrieg mündeten.

Osmanisch-Polnischer Krieg 1620–1621

Die Schlacht von Chocim 1621
(Gemälde von Jan van Huchtenburgh 1647–1733)
Datum 1620–1621
Ort Polen-Litauen, heute Ukraine und Fürstentum Moldau, heute Rumänien und Moldavien
Ausgang Polnisch-Osmanischer Waffenstillstand
Folgen Vorteilhafter Vertrag zu Gunsten des Osmanischen Reiches, Polen zieht sich hinter den Dnister zurück, die Osmanen erneuern ihre Oberhoheit über die Donaufürstentümer
Friedensschluss Vertrag von Chocim
Konfliktparteien
Befehlshaber
Truppenstärke

bis zu 20.000 Mann (1620);
bis zu 250.000 Mann (1621);

bis zu 10.000 Mann (1620);
bis zu 75.000 Mann (1621);

Verluste

niedrig (1620); bis zu 50.000 Mann (1621);

hoch (1620); bis zu 15.000 Mann (1621);

Hintergrund

Zwischen Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich, die das 16. Jahrhundert hindurch in zumeist friedlichem, wenn nicht sogar recht freundlichem Verkehr gestanden hatten, war es seit etwa 1600 aus drei Gründen zu Misshelligkeiten gekommen.

Zum einen hatten sich seitdem polnische Magnaten mit der Billigung des polnischen Königs wiederholt in die inneren Angelegenheiten der osmanischen Vasallenstaaten und namentlich des Fürstentums Moldau eingemischt, um einer ihnen genehme Familie Mohila den dortigen Thron zu sichern. Der Großhetman der polnischen Krone Stanisław Żółkiewski etwa hatte seit 1615 einen regelrechten Privatkrieg auf dem Gebiet des Fürstentums geführt, der am 22. November 1617 im Vertrag von Busza am Dnister mit vorübergehend beendet worden war.

Hinzu kamen zum anderen wechselseitige Überfälle der Krimtataren, die den osmanischen Sultan als ihren Suzerän anerkannten, auf der einen Seite, und der formell der polnischen Krone unterstehenden Saporoscher Kosaken. Diese waren bei ihren Raubzügen wiederholt bis weit in die Gebiete des Osmanenreiches vorgedrungen und hatten etwa 1614 Sinop und 1615 das Ufer des Bosporus gebrandschatzt.

Drittens ging es um die Feldzüge, die der protestantische Fürst Gábor Bethlen von Siebenbürgen seit 1619 gegen die Herrschaft der Habsburger in Ungarn und ihre dortige Rekatholisierungspolitik führte. Dabei hatte er geschickt die Schwierigkeiten genutzt, die der katholische Kaiser Ferdinand II. mit dem beginnenden Dreißigjähriger Krieg hatte. Der polnische König Sigismund III. Wasa, der ebenfalls katholisch und mit dem Kaiser verschwägert war, hatte zur Unterstützung der katholischen Sache bis zu 10.000 Söldner nach Ungarn geschickt. Das Söldnerheer drang nach Siebenbürgen ein und zwang Bethlen so, seine Belagerung Wiens abzubrechen. Am 16. Januar 1620 wurde ein Waffenstillstand in Bratislava zu schließen, der indes nur von kurzer Dauer war. Das Eingreifen der polnischen Söldner veranlasste Bethlen bei seinem Suzerän dem Sultan um militärischen Beistand gegen den polnischen König zu bitten.

Währenddessen wechselte der Gospodar der Moldau Gaspar Gratiani die Seiten, verbündete sich mit Polen und stellte sich offen gegen seinen ehemaligen Lehnsherren. Der erst siebzehnjährige Sultan Osman II. sandte daraufhin eine Armee aus bis zu 22.000 türkischen und tatarischen Soldaten in die Donaufürstentümer. Der polnische Hof machte sich nun große Sorgen über die sich abzeichnende protestantisch-türkische Zusammenarbeit. Dennoch konnte der Sejm nicht dazu bewogen werden, eine vergleichbar große Streitmacht aufzustellen, da ein Großteil der Szlachta ebenfalls protestantischen Glaubens war. Daher wurde unter Führung des über siebzigjährigen Żółkiewski ein eher kleines Heer von nur rund 10.000 Mann aufgestellt, das zum Teil privat von den interessierten Magnaten finanziert worden war.

Der Feldzug von 1620

Am 10. September 1620 begannen die kriegerischen Auseinandersetzungen, als die Armeen in der Nähe des Flusses Prut bei Cecora (heute Ţuţora im Kreis Iaşi in Rumänien) aufeinander stießen. Im Verlauf der Kämpfe, die sich bis zum 7. Oktober hinzogen, errangen die zahlenmäßig überlegenden osmanischen Streitkräfte bald die Oberhand, auch weil die moldauischen Bojaren den Polen deutlich weniger Unterstützung zukommen ließen, als diese gehofft hatten. Żółkiewski befahl den Rückzug, der Durchbruch durch die türkischen Reihen gelang am 29. September. Ein geordneter Rückzug gestaltete sich unter den ständigen Attacken der Tataren und der Janitscharen schwierig, auch weil einige Magnaten, die bestochen worden waren, ihre Truppen zur Flucht aufgefordert hatten. Während eines türkischen Angriffs am 6. Oktober beschlossen die meisten Magnaten, mit der Kavallerie zu fliehen, und ließen Infanterie und Tross im Stich. Ihre Desertion führte dazu, dass das polnische Heer fast vollständig aufgerieben wurde. Zahlreiche Magnaten gerieten in türkische Gefangenschaft, darunter auch Stanisław Koniecpolski, der Schwiegersohn des kommandierenden Großhetmans. Żółkiewskis selbst fiel, seinen Kopf sandten die Türken im Triumph nach Istanbul. Nur wenigen gelang die Flucht über den Dnister, darunter auch Gratiani, der aber kurz darauf von moldauischen Bojaren aus Furcht vor Repressalien der Türken ermordet wurde. Der Wintereinbruch verhinderte eine unmittelbare Fortsetzung des erfolgreichen osmanischen Feldzugs.

Der Feldzug von 1621

Die Katastrophe von Cecora motivierte den Sejm, seinen Widerstand gegen die Militärpläne des Königs und der Magnaten aufzugeben. Im Dezember 1620 bewilligte das Adelsparlament die Kosten für eine Armee von 60.000 Mann für den nötigen Abwehrkampf, ohne den die Ukraine einem militärischen Zugriff der Türken schutzlos offengestanden hätte.

Im April 1621 setzte eine gewaltige Streitmacht von bis zu 250.000 Mann (inkl. Tross; die Quellen geben allerdings unterschiedliche Armeestärken an), unter der persönlichen Führung Osmans II. gegen Polen in Marsch. Die Polen waren allerdings auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit den Türken besser vorbereitet als ein Jahr zuvor. Sie legten einen gut befestigten Widerstandspunkt bei der Festung in Chocim am Dnister an. Die Festung wurde fünf Wochen lang belagert, beim geplanten Sturm verweigerten die Janitscharen allerdings den Gehorsam. Darauhin willigte Osman II. in einen ehrenvollen Friedensvertrag ein, der am 9. Oktober 1621 geschlossen wurde.


Frieden

Der im Jahr 1621 geschlossene Vertrag bekräftigte territorial den Status quo ante, doch musste sich Polen verpflichten, sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten der Donaufürstentümer einzumischen. Beide Seiten reklamierten den Sieg für sich, im Besonderen die Polen, da seit der Seeschlacht von Lepanto 1571 erstmals auch zu Lande dem Osmanischen Reich auf dem europäischen Kontinent Einhalt geboten worden war.

Folgen

Der Vertrag brachte keinen dauerhaften Frieden. Die kriegerischen Auseinandersetzungen Polens mit den türkischen Sultanen, setzten sich auch in den nächsten Jahrzehnten fort, so im Osmanisch-Polnischen Krieg 1633–1634, Osmanisch-Polnischen Krieg 1672–1676 und im Osmanisch-Polnischen Krieg 1683–1699 fort. Erst mit dem Vertrag zu Karlowitz 1699 beendete Polen endgültig seine Auseinandersetzungen mit dem südlichen Nachbarn.

Für Osman II. leitete der Feldzug das Ende seiner Herrschaft ein. Als er nach der Meuterei der Janitscharen vor Chocim darüber nachdachte, gegen diese notorisch eigensinnige Eliteinheit eine Truppe aus ihm loyalen Arabern aufzustellen, kam dies den Janitscharen zu Ohren, die ihn daraufhin ermordeten und seinen geistig behinderten Onkel Mustafa I. zum zweiten Mal als zwar offenkundig unfähigen, aber lenkbaren Sultan installierten.