Diskussion:Jenische Sprache

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Juli 2008 um 09:27 Uhr durch Brigitte-mauch (Diskussion | Beiträge) (90 Prozent sesshafte Jenische: Lützenhardt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Letzter Kommentar: vor 16 Jahren von Brigitte-mauch in Abschnitt 90 Prozent sesshafte Jenische

Siehe auch Diskussion:Jenische Sprache/Diskussionen Mitwirkende und Randtexte.

Archiv
Archiv 2004 bis 2006

Archiv 2007

Wie wird ein Archiv angelegt?

NS- und NS-Nachfolgeforschung, "Blut" und Sprache und deren Rolle bei Erfassung und Verfolgung

Ein Blick ins Geschichtsbuch

„Die Hauptqualifizierungen zur Feststellung von Zigeuner und Zigeunermisschlingen waren ihr Abstammung, ihr Wandertrieb, ihre Sprache, ihre Sitten das habe ich schon oft gelesen ich werde euch die Quellen ganz genau bringen. Was nun das Jenische damit zu tun hat kann ich euch sagen. Zigeunermischlinge waren Sinti mit deutschem Blutsanteil oder aber wie Wippermann es sagt Blutsanteil asozialer Gruppen. Und als diese hat man die Jenischen bezeichnet“

Noch wieder einen Schritt zurück. Mit einem kleinen Vorspann, der deshalb hier einbracht wird, weil Du, Gamlo, immer wieder mit pauschalen Darstellungen einer Verfolgung von Jenischen im NS dieses Thema zum Nutzen anderer Kontexte zu instrumentalisieren und den Widerspruch gegen Deine Darstellungen in eine Ecke wegzudrücken und zu disqualifizieren versuchst. Das möchte ich mir nicht gerne bieten lassen. "Pervers" ist Dein Vorgehen sicher nicht, aber unverschämt. Hier grenzt Du Dich dann plötzlich nicht weiter von "Zigeunern" ab, sondern hängst Dich mit großem Eifer hintendran. Also das Folgende:

Zunächst ist zu sagen, daß die NS-Maßnahmen gegen „Zigeuner“ nicht unbedingt auch „nach Zigeunerart umherziehende Landfahrer“, was sich mit "Jenische“ übersetzen ließe, mitbetrafen.

  • Der Runderlaß Himmlers vom 8.12.1939 "betr. Bekämpfung der Zigeunerplage" sprach von einer "Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus". Er führte eine Kategorisierung in drei Gruppen ein: „rassereine Zigeuner“, „Zigeunermischling“ und nach „Zigeunerart Umherziehende“, für die ein erstes Mal Ausweise entsprechend der Einteilung und in unterschiedlichen Farben vorgesehen waren. Mit "dieser Rasse" war die "Zigeunerasse" gemeint, in die die "nach Zigeunerart Umherziehenden" nicht eingeschlossen waren.(Nachträglich 11:57, 16. Sep. 2007 von Kiwiv eingefügt --Gamlo 12:51, 16. Sep. 2007 (CEST))Beantworten
  • Der „Feststellungserlaß“ des RSHA (17.10.1939) sollte das „Umherziehen“ der „Zigeuner und Zigeunermischlinge“ beenden und diese in überwachten kommunalen „Zigeunerlagern“ internieren.
  • Der Schnellbrief Himmlers vom 27.4.1940 zur familienweise Deportation von 2.500 westdeutschen „Zigeunern“ in das Generalgouvernement richtete sich gegen "Zigeuner und Zigeunermischlinge".
  • Das OKW verfügte am 11.2.1941 „aus rassepolitischen Gründen“ die Entlassung von „Zigeunern und Zigeunermischlingen“ aus dem aktiven Wehrdienst.
  • Am 13.3.1942 wurde die seit 1940 als 15%ige Sondersteuer für Juden, Polen und andere slawische Volksgruppen eingeführte „Sozialausgleichsabgabe“ auf „Zigeuner“ übertragen ("Anordnung über die Beschäftigung von Zigeunern").
  • Am 21.5.1942 wurden „Zigeuner und Zigeuner-Mischlinge“ wie vorher Juden und Slawen reichsweit von den Leistungen der NSV ausgeschlossen.
  • Der Himmler-Erlaß vom 16.12.1942 („Auschwitz-Erlaß“; 16.12.1942 - Tgb. Nr. 1 2652/42 Ad./RF/V) verfügte die Deportation der „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütigen Angehörigen zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft“, zusammengefaßt wurden sie als „zigeunerische Personen“. Er liegt nicht im Wortlaut vor. So wie oben zitiert nehmen die Ausführungsvorschriften vom 29.1.1943 auf ihn Bezug.(Nachträglich 11:57, 16. Sep. 2007 von Kiwiv eingefügt --Gamlo 12:51, 16. Sep. 2007 (CEST))Beantworten
  • Ausführungsvorschriften: Schnellbrief des RSHA vom 29.1.1943 "Betrifft: Einweisung von Zigeunermischlingen, Rom-Zigeunern und balkanischen Zigeunern in ein Konzentrationslager"(Nachträglich 11:57, 16. Sep. 2007 von Kiwiv eingefügt --Gamlo 12:51, 16. Sep. 2007 (CEST))Beantworten

"Nach Zigeunerart umherziehende Landfahrer" bzw. "Nichtzigeuner" oder, wie es heute auch heißt, "Jenische" waren von diesen und weiteren Maßnahmen im großen wie im kleinen jedenfalls auf der normativen Ebene nicht betroffen (was nicht heißt, daß sie nicht in der Praxis der Umsetzung mitunter betroffen sein konnten).

Die "Feststellung" im Jahre 1939 übrigens wurde von der Kripo organisiert und von lokaler Polizei durchgeführt. Sie beinhaltete eine Personenfeststellung mit einem "Fingerabdruckblatt des Reichskriminalpolizeiamts in Berlin". Das fragte die üblichen steckbriefrelevanten Personendaten und die Merkmale der äußeren Erscheinung ab. Punkt 16 (von 17 Punkten): "Sprache: (Mundart, fremde Sprache, stotternd, lispelnd, auffallend tiefe oder helle Stimme)". Mit einer rassenbiologischen Kategorisierung hatte diese kriminalpolizeiliche Personenfeststellung nichts zu tun, die die Autorität dafür lag ausschließlich bei der RHF in Berlin-Dahlem.

Aber gerade diese Qualifizierungen der Sprachkompetenz und des aktiven wie passiven Wortschatzes waren eines der Schemata, der pseudowissenschaftlichen Rassenforscher Robert Ritter und Eva Justin, um Jenische, Sinti und Roma als "Zigeuner" oder "Zigeunermischlinge" zu selektieren. Zudem missbrauchten Ritter und Justin ihre angeeigneten Sprachkenntnis dafür, Genealogien über sie zu erfragen, um sie eugenisch begründet verfolgen und ermorden zu können. Daher ist es bei diesen Gruppen im Allgemeinen tabuisiert sich "über seine Sprache" erforschen zu lassen.

Um es noch etwas detaillierter zu sagen: Natürlich, es gab in dem von nationalsozialistischen Rassenforschern geführten Zigeuner- und Asozialendiskurs bei allen grundlegenden Gemeinsamkeiten unterschiedliche Positionen zum Stellenwert einzelner Einstufungskriterien. Da mag dann gelegentlich auch einmal von der „Zigeunersprache“ die Rede gewesen sein, als ausgesprochenes Randthema. Aus völkischem und rassepolitischem Blickwinkel ging es weit vor allem anderen um „Blutreinheit, um den Abstammungszusammenhang. Deshalb spielten „Bräuche“, „Traditionen“, die Frage der Nichtseßhaftigkeit bzw. der Ortsfestigkeit so wenig eine Rolle wie eben die Sprache. Sprachliche Kompetenzen konnten demnach verfallen, Erwerbsweisen mochten sich ändern, Lebensweisen konnten aufgegeben werden. Der „Blutzusammenhang“ blieb. Sprachliche Kriterien hätten nur gestört, denn Ritter und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (von denen Justin nur eine war) wollten ja „schädliche Blutsvermischungen“ verhindern. Auf der normativen Ebene setzten sich Rassenhygienische Forschungsstelle und Reichskriminalpolizeiamt klar durch. Entscheidungsgrundlage jeder Einstufung wurde der Runderlaß des RFSS vom 7.8.1941 zur „Auswertung der rassenbiologischen Gutachten über zigeunerische Personen“. Demnach war ausschließlich nach „Blutsanteilen“ einzustufen, so wie die Gutachten der RHF es seit 1937 auswiesen. Das führte zu den folgenden Kategorien (kursiv = Zitat):

  • 1. Z bedeutet Zigeuner, d. h. die Person ist oder gilt als Vollzigeuner bzw. stammechter Zigeuner,
  • 2. ZM+ oder ZM (+) bedeutet Zigeuner-Mischling mit vorwiegend zigeunerischem Blutsanteil,
  • 3. ZM bedeutet Zigeuner-Mischling mit gleichem zigeunerischen und deutschen Blutsanteil. (1) In Fällen, in denen ein Elternteil Vollzigeuner, der andere Elternteil deutschblütig ist, ist dieses durch die Kennzeichnung "ZM I. Grades" besonders vermerkt. (2) In Fällen, in denen ein Elternteil ZM I. Grades, der andere Elternteil deutschblütig ist, ist dieses durch die Kennzeichnung "ZM II. Grades" besonders vermerkt.)""
  • 4. ZM- oder ZM (-) bedeutet Zigeuner-Mischling mit vorwiegend deutschem Blutsanteil,
  • 5. NZ bedeutet Nicht-Zigeuner, d. h. die Person ist oder gilt als deutschblütig.

Alle Einstufungen ergaben sich ausschließlich aus genealogischen Recherchen. „Zigeuner-Mischlinge mit vorwiegend deutschem Blutsanteil“ waren zur Sterilisierung vorgesehen, während die als "Nicht-Zigeuner" Etikettierten als aus völkischer Sicht so gutartig betrachtet wurden, daß sie „eingedeutscht“ werden könnten. Mit diesen zwei Einstufungen waren vor allem die bezeichnet, die wir hier als „Jenische“ sehen. Sie wurden eben nicht als andersartige "Rasse" oder als andersartiges "Volk" beurteilt, sondern als deutsche "Asoziale", als integrierbar oder auch nicht.

Die Berleburger „Zigeuner“ waren seit Generationen seßhaft. Romanes sprachen sie schon lange nicht mehr. Das schützte sie nicht. Ein großer Teil von ihnen wurde 1943 deportiert, nicht jedoch die als „Nichtzigeuner“ eingestuften Bewohner des Stadtviertels. Die 1940 zur Deportation ins Generalgouvernement im Sammellager in Hohenasperg Festgehaltenen wurden deportiert: bis auf 22 von einem Vertreter der RHF als „Nichtzigeuner“ Eingestufte (Karola Fings/Frank Sparing, Rassismus – Lager – Völkermord. Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Köln, Köln 2005, S. 211; zu Berleburg: Ulrich Friedrich Opfermann, The registration of Gypsies in National Socialism: Responsibility in a German region [Berleburg, Morsbach, Siegen], in: Romani Studies (continuing Journal of the Gypsy Lore Society), 5th Series, Vol. 11, No. 1 [2001], S. 25-52; zur Deportation Seßhafter: die Genannten oder z. B. Peter Sandner, Frankfurt. Auschwitz. Die nationalsozialistische Verfolgung der Sinti und Roma in Frankfurt am Main, Frankfurt a. M. 1998). Darüber darf nicht vergessen werden, daß entgegen den Buchstaben der Vorschriften in der Praxis der Verfolgung auch Jenische bis hin zur Deportation nach Auschwitz von Maßnahmen betroffen waren, die auf „Zigeuner“ zielten. (Fings/Sparing, S. 200; Christoph Götz, Die Jenischen – eine diskriminierte deutsche Minderheit in der Vergangenheit und in der Gegenwart ausgehend von der Situation im Raum Singen, Waldshut 1997, S. 26).--Kiwiv 13:22, 9. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Zurück zur Sprache: Für die verschiedenen Arten von „Jenisch“ interessierte sich die für die Erfassung und Kategorisierung entscheidende Instanz, die RHF, anders als beim Romanes noch nicht einmal als für ein Mittel des verbesserten Zugangs bei der Erfassung (s. o., Bemerkungen von Otfried). Es gab jedoch ein Interesse am Romanes, das über seine instrumentelle Verwendung hinausging, bei einer anderen NS-Einrichtung, nämlich dem SS-Amt „Ahnenerbe“. Man beabsichtigte Kulturforschung bei den „stammesechten Zigeunern“, die in ein Reservat sollten, um sie sozial, kulturell und biologisch besser eingrenzen zu können. „Ein erstes Projekt sollte deshalb ‚die Zigeunersprache von den der Sprache der Wirtsvölker entlehnten Wörtern’ bereinigen, eine ‚eigene Grammatik der Zigeuner’ aufstellen und die ‚Schaffung eines die Zigeunergemeinschaft isolierenden Zigeuneralphabets’ fördern.“ So der Reichsgeschäftsführer des „Ahnenerbes“ (zitiert nach Zimmermann, S. 298), ). Hier finden wir das völkische und rassistische Reinheitskonzept im Sprachlichen wieder, das vorher in der Ermittlung der „Blutsanteile“ begegnete und das den „Mischling“ zum Hauptschädling des als großen Verwandtschaftsverband imaginierten „deutschen Volkskörpers“ machte.

Siehe das Standardbuch zum Thema: Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“ (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Bd. 33), Hamburg 1996

„Ferdinand v. Neureiter Kriminalbiologie "Handbücherrei für den öffentlichen Gesundheitsdienst" Bd. 14 Berlin 1940 Zitat S.43 : "Ferner bewies Ritter klar und eindringlich, dass es sich bei den Vagabunden und Jenischen 1)nicht um einzelne verarmte, ins Unglück geratene oder entgleiste Mitbürger, sondern um die Vertreter eines eigenen Menschenschlages handelt, der sich als solcher dank seiner blutmässigen Prägung jahrhundertelang durch die verschiedensten wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse hindurch in einer gewissen Selbständigkeit, fernab von jeder Bindung an irgendwelch andere Gemeinschaft erhalten hat.“

Was soll jetzt das? Sollen Ritter und andere NS-Rassisten als Zeugen für die Existenz eine „jenischen Volks“ herangezogen werden? Kurios. Aber vielleicht seid ihr mit euren Reinheitsfantasien ja tatsächlich so weit nicht voneinander weg. "Pervers" sicher nicht, aber verfehlt schon.

„Wippermann, Wolfgang: Wie die Zigeuner, Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich. Elefanten Press Verlag, Berlin, 1997 Zitat S.143f "Die Zigeunermischlinge jedoch seien am schlimmsten, weil sie aus Verbindungen zwischen "rassisch minderwertigen Zigeunern" und "Asozialen" und "Verbrechern" stammen würden"“

Das mag Wolfgang Wippermann ja dann doch nicht zutrauen. Tatsächlich ist auch bei ihm nur das folgende zu lesen:

„Dabei hatte er sich auf eine einzige Familie bzw. ‚Sippe’ mit Namen Pfau gestützt, in deren Familiengeschichte, die er bis ins 18. Jahrhundert zurück nachkonstruiert hatte, verschiedene Personen aufgetreten waren, die mit den Gesetzen in Konflikt geraten waren. Was hatte dies mit Sinti und Roma zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Doch Ritter meinte, daß die meisten deutschen Sinti und Roma gar keine ‚reinrassigen Zigeuner’, sondern Abkommen von ‚Zigeunern’ seien, die sich ‚entgegen der Stammenssitte (...) mit minderwertigen Geschlechtern’ gepaart hätten, die wie die Angehörigen der ‚Sippe Pfau’, durch ‚nichtsnutziges Verhalten, versbrecherische Anlagen, Erbkrankheiten oder Schwachsinn gekennzeichnet waren’. Während Ritter in diesen ‚Zigeunermischlingen’ ‚geborene Verbrecher’ und genetisch bedingte Asoziale sah, bezeichnete er die ‚reinrassigen Zigeuner’ als ‚fremdrassige Splitter’, weil sie einem ‚primitiven’ indischen Stamm bzw. einer Kaste angehörten.“ (S. 143)

Sauber zitieren heißt, daß man den Urheber des Zitats erkennen können sollte. Aber davon hat der Zitierende wohl nicht soviel weg, es ist ihm egal oder er blickt einfach nicht durch. Im übrigen, von „Sprache“ ist auch bei Wippermann mit keinem Wort die Rede. Die Hartnäckigkeit, mit der Du an einer These hängst, die Du bei Durchsicht Deiner eigenen "Belege" sofort wieder verwerfen müßtest, ist schon ein Phänomen.

Eine Nebenbemerkung noch. Irritiert hat mich der folgende Satz von Dir: ein bestimmter Umgang mit dem "Lachoudischen" ergebe "sich aus politischen Gründen weil man meint man dürfe die Grenzen der politischen Korrektheit bei Juden betreffenden Sprachen nicht tangieren." Sauber antisemitisch!

Ein paar Punkte nur wieder, auf die einzugehen war. Inzwischen wimmelt es davon erneut in diesem Artikel (von der zweiten Baustelle zu schweigen, auf der sich noch die Kelten und Generationen von Rothaarigen tummeln ...). Ich frage mich, was WP und Jenische von dieser Vorgehensweise und von deren Ergebnissen haben.--217.236.175.236 21:31, 4. Sep. 2007 (CEST); --Kiwiv 21:36, 4. Sep. 2007 (CEST), ergänzt--Kiwiv 14:37, 6. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

„Unzählige male bin ich auf den Namen "Hermann Arnold" gestossen für Referenzierung und Konsolidierung von Argumenten in der Sondersprachenforschung, ohne daß es dich daran gehindert hätte diese Forschung neu im Artikel "Jenische Sprache" als Quellenbelg einzuführen. Deine Befindlichkeiten bei meinen Ausführungen habe ich bei deinen Quellenangaben vermisst.“

Hallo Gamlo, sag mir doch bitte mal, wo ich Arnold zustimmend zur Unterstützung meiner Auffassungen herangezogen haben sollte! Es wäre das erste Mal gewesen.

Es gibt hier noch ein paar mehr Leser als uns vier, deshalb (und weil mir Distanz zu Arnold eine Herzenssache ist) an dieser Stelle einige Angaben zu ihm. Der Mediziner und Amtsarzt Hermann Arnold, der sich als Erbhygieniker verstand, war der Fortführer der NS-Forschung zu "Zigeunern" und "Asozialen" nach 1945 (Er starb im vergangenen Jahr). Er zog auf bislang ungeklärte Weise einen großen Teil der Bestände des Ritter-Instituts, dessen Personal er gut kannte, für sich an Land und gründete darauf seine Forschungen, mit denen er (weil sich sonst kaum jemand für die Themen interessierte) zum einflußreichen „Experten“ aufstieg. Seine Spuren finden sich leider bis heute in der Literatur zum Thema „Fahrende“ oder „Räuberbanden“ (siehe Küther, selbst Schubert!). Auch er vertrat wie seine Vorgänger die mythische Metapher vom gemeinsamen „Blut“ als dem organischen Träger kollektiver Eigenschaften durch alle Zeiten hindurch und unbeeinflußt von den jeweiligen gesellschaftlichen Konstellationen und Strukturen und ihrem Wandel und hielt die „Blutsvermischung“ für verderblich. Musterbeispiel für die schädlichen Folgen mangelnder rassischer und völkischer Abgrenzung waren für ihn die Jenischen, die er insgesamt als hyperasoziale „Zigeunermischlinge“ beschrieb. Zeit seines Lebens suchte er nach dem „Nomaden-Genkomplex“ einer bereits im Neolithikum hinter den Zeiten zurückgebliebenen weltweiten Restpopulation von Vertretern der Altsteinzeit (Arnold, Hermann, Randgruppen des Zigeunervolkes, Neustadt 1975, S. 127f.) bzw., wie er es auch sagte, von „nomadisierenden Wildbeutern“.

Gamlo, du gerätst hier ja schon gerne einmal in Wallung, was dir als Frage des Temperaments hier nicht vorgeworfen sein soll. Wird dir eigentlich nicht schlecht, wenn du Arnold liest? Wenn du liest, wie er über Jenische herzieht? Wie er sie mit den übelsten Beschimpfungen ausgrenzt? Und du beziehst dich auf ihn, indem du ihn bei Efing zustimmend zitierst („... findet sich ein weiteres hilfreiches und somit entscheidendes Kriterium bei Hermann Arnold ...“ usw.). Und - was mich viel stärker noch irritiert - es gibt eine weltanschauliche Grundmenge, die du mit ihm teilst?--Kiwiv 11:12, 7. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

„Auch was die kontaminierte pseudowissenschaftliche Forschungsarbeit Ritters und Konsorten anbelangt, ... sie deckt sich im Ergebnis mit ihr [den Feststellungen der heutigen Forschung], daß es die Jenischen als Gruppe bereits oder schon vor dem erstmals dokumentierten Begriff "der Jenischen Sprache(1714)" gab.“

Hier verwendest du "Ritter und Konsorten" als deine Gewährsleute. Was sagen sie?

Robert Ritter in: Ein Menschenschlag, Erbärztliche und erbgeschichtliche Untersuchungen über die - durch 10 Geschlechterfolgen erforschten - Nachkommen von "Vagabunden, Jaunern und Räubern", Leipzig 1937:

„Der gewichtigste Einwand gegen den Versuch, den Erbwert der Vaganten zu bestimmen, schien derjenige zu sein, daß die Landstreicher eine wild zusammengewürfelte Gesellschaft verschiedenartigsten Herkommens bildeten.“ (S. 28) Ritter lehnte diese Ansicht ab. Er war der folgenden Meinung: „Noch vor 150 Jahren kannte man die ‚Jaunergesellschaft’ [die Ritter mit „den Jenischen“ gleichsetzte, S. 54, 62, 105] und sah in ihr immerhin ein gefahrvolles soziales Gebilde. ... Später aber ging die Erkenntnis von dieser Einheitlichkeit verloren, als durch die staatlichen Maßnahmen die Banden aufgelöst und die Vagabunden und Gauner zerstreut und zersplittert wurden. Aber der Schein war trügerisch. Die Jaunergesellschaft ... verschwand, aber der Schlag, das biologische Gepräge, blieb unerkannt bestehen. Durch die Zerstreuung löste sich der Schlag nicht auf. .. so waren es neben psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Ursachen vor allem biologische Kräfte, ererbte Instinkte und Bindungen des Blutes, die in reichem Wechselspiel zusammenwirkten, daß sich gleich zu gleich immer wieder von neuem zugesellte. Denn das Zusammenfließen des gleichen Blutes war die Voraussetzung für die Erhaltung der gleichen Art.“ (110f.)

In der Annahme der biologischen Entstehung dieses „Schlags“ ging Ritter weit zurück. Er mutmaßte, die „Kerngruppe der Asozialen (= Jenische)“ gehe zurück auf die „Reste unsteter, primitiver – d. h. in ihrer Gesamtentwicklung rückständig gebliebener – Stämme“. [Robert Ritter, Die Asozialen, ihre Vorfahren und ihre Nachkommen, in: Fortschritte der Erbpathologie, Rassenhygiene und ihrer Grenzgebiete 5 (1941), H. 4, S. 137-155, hier: S. 151f.; ders., Primitivität und Kriminalität, Zeitschrift für Kriminalbiologie und Strafrechtsreform (1940) (die zweite Literaturangabe ist der ersten entnommen: Ritter zitierte sich selbst)] Nichtzigeunerische Fahrende erklärte Ritter zu "Resten primitiver Stämme" und Teilen einer "Urbevölkerung", die die Entwicklung der "weißen Rasse" nicht mitzuvollziehen in der Lage sei. [Ders., Zigeuner und Landfahrer, in: Der nichtseßhafte Mensch, 1938, S. 71-88, hier: S. 82; ders., Primitivität und Kriminalität, in: Monatsschrift für Kriminalbiologie und Strafrechtsreform, 31 (1940), S. 198-210, hier: S. 206, zit. nach Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische "Lösung der Zigeunerfrage", Hamburg 1996, S. 152); Arnold zu Ritter: Arnold, Hermann, Randgruppen des Zigeunervolkes, Neustadt 1975, S. 6].

Arnold selbst betrachtete die Gruppe der Jenischen als urtümliche „Wildbeuter“ mit „sammelnder Wirtschaftsweise“, die irgendwie biologisch noch aus ältesten Zeiten übrig geblieben seien. (ebenda, S. 3). Von serologischen Untersuchungen, in deren Mittelpunkt die Blutgruppenbestimmung stand, erhoffte er sich mehr Aufschluß. Mit den vorliegenden Untersuchungsergebnissen war er nicht zufrieden. „Was die vermutlich zugrunde liegende Gendrift steuern könnte, ist eine völlig offene Frage. Weitere serologische Studien sollten angestellt werden.“ (ebenda, S. 126)

Die „Forschungsarbeit Ritters und Konsorten“ verhält sich zu den Untersuchungen von Seidenspinner, Schubert oder Opfermann und vielen anderen wie Schwarz zu Weiß, gerade auch in ihren Ergebnissen. Ich finde es wichtig, sich nicht nur verbal, sondern auch inhaltlich von diesen „pseudowissenschaftlichen“ Theoremen zu distanzieren. Z. B. in der Auseinandersetzung um die Frage ethnisch-biologischer Kollektive mit dem harmlosen Titel „Volk“.--Kiwiv 23:13, 7. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Theorie und Praxis in der Verfolgung der Jenischen im Dritten Reich oder Stein des Anstoßes in einem Internetforum

Also Kiwiv und Otfried wie den bitte schön, sollen die Nazis die Sinti, Roma und Jenischen rein durch Schädelvermessungen und Studium von Kirchen-Büchern von anderen Menschen unterschieden haben können, damit impliziert ihr ja , dass es praktisch möglich ist durch Schädelvermessungen einen "Zigeuner" "Zigeunermischling" und Jenischen identifizieren zu können. Dieser Erbiologische Ansatz war und konnte nur ein theoretischer sein und bleiben in der Praxis. In der praktischen Verfolgung der Jenischen, Sinti und Roma, konnte man hauptsächlich nur durch die Schemata, Berufe, Sprache, nomadische und peripathetische Lebensführung „Wandertrieb“ ihrer Habhaft werden. Und indem die Mitarbeiter von Ritter anhand der Befragung der Opfer direkt ihre verwandtschaftliche Verhältnisse erforschten und dieses gelang ihnen am besten durch Sprachkenntnisse. Gruss--Gamlo 18:12, 8. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Zitat Otfrid:

„Die Hauptkriterien fuer Ritter u. Justin waren biologische Abstammung, biologische Abstammunng und nochmals biologische Abstammung. Sie wurde durch Studium von Kirchenbuechern und duch Schaedelvermessungen festgestellt, von Sprachtests zur Trennung von Zigeunern u. Zigeunermischlingen ist mir nichts bekannt (was nichts heisst) und hast Du nichts nachgewiesen, und darum geht's

Zitat Otfrid .“ Wenn Justin gut Romani sprach u. damit das Vertrauen ihrer Opfer zu gewinnen u. diese auszuforschen suchte, dann hat das nichts, aber auch garnichts, mit rassebiologischer Selektion anhand sprachlicher Kriterien zu tun, weder in Hinsicht auf Roma, noch gar in Hinsicht auf Jenische.

Zitat Kiwiv Sprachliches spielte auf dem gesamten Weg von den Aktionen „Arbeitsscheu Reich“ u. ä. der 1930er Jahre bis zur Deportation nach Auschwitz nie eine Rolle. Die NS-Vorschriften definierten die im Fokus der Rassenpolitik stehenden Gruppen völkisch und rassistisch nach dem Grad der „Blutreinheit“. Die Rassehygienische Forschungsstelle unter Robert Ritter unterschied nach „Blutsanteilen“, die durch genealogische Recherchen festgestellt wurden.

Zitat Gamlo 4.Die Hauptqualifizierungen zur Feststellung von Zigeuner und Zigeunermisschlingen waren ihr Abstammung, ihr Wandertrieb, ihre Sprache, ihre Sitten das habe ich schon oft gelesen ich werde euch die Quellen ganz genau bringen. Was nun das Jenische damit zu tun hat kann ich euch sagen. Zigeunermischlinge waren Sinti mit deutschem Blutsanteil oder aber wie Wippermann es sagt Blutsanteil asozialer Gruppen. Und als diese hat man die Jenischen bezeichnet siehe:

"Aber gerade diese Qualifizierungen der Sprachkompetenz[2]und des aktiven wie passiven Wortschatzes waren eines der Schemata,[3] der pseudowissenschaftlichen Rassenforscher Robert Ritter und Eva Justin, [4] um Jenische, Sinti und Roma als "Zigeuner" oder "Zigeunermischlinge"[5] im NS-Regime zu selektieren. Zudem missbrauchten Ritter und Justin ihre angeeigneten Sprachkenntnisse dafür, Genealogien über sie zu erfragen, um sie eugenisch begründet verfolgen und ermorden zu können.[6] Daher ist es bei diesen Gruppen[7] im Allgemeinen tabuisiert sich "über seine Sprache"[8] erforschen zu lassen."

Quellenbelge bei Arcangelis S254 Fussnote 53

53 „Zigeunermischling“ zu sein, ist für Justin nicht eine Sache der Kultur oder Sprachgemeinschaftszugehörigkeit, sondern des „Blutes“. Wenn z.B ein Urgroßelternteil als „Zigeuner“ rassisch klassifiziert ist, dann sind alle seine Nachkommen, Urenkelkinder inklusive, als „Zigeunermischling“ zu klassifizieren. Ritters Erbtafel I enthält etwa 280 Menschen. In der siebten Generation von etwa 70 Menschen wird ein einziger Mensch als Zigeunerin verzeichnet. Nach Justins Auffassung sind alle ihre Nachkommen in den folgenden drei Generationen „Zigeunermischlinge“ (vgl. hierzu Anlage 5: Ritters Erbtafel I ).

Die Paarung sowie die anschließende Verbindung der Familie Romsch mit anderen „Sozial- Unerwünschten“ über sieben Generationen hinweg stellt Ritter im Anhang von „Ein Menschenschlag“ durch die „Erbtafel III“ dar (Anlage 7 hinten in dieser Arbeit).

Sprachlich und beruflich verbindet Ritter seine Ausgangsprobanden, d. h. die Kinder seiner Klinik, mit den Jenischen. Die Eltern der Probandenkinder und ihre Vorfahren bedienen sich des Kommunikationsmittels des Jenischen, einen Dialekt des Soziolektes Rotwelsch (vgl. Ritter, 1937, S. 29, 63, 92, 105). Die Vorfahren seiner Probandenkinder üben ambulante und unehrliche Berufe aus (vgl. Ritter, 1937, S. 29, 65-79, und s. auch Erbtafel I, II und III im Anhang).

Die Vorfahren der Probandenkinder, acht bis neun Generationen zuvor, beschreibt Ritter als jenische, als fahrendes Volk, als Menschen aus Keßler- und Sprenglerkreisen und als Freileute ... , die selbst unter dem ‚jenischen Volk‘ das geringste Ansehen hatten, welche nur auf ihresgleichen und auf Zigeuner und Zigeunermischlinge angewiesen waren. Die folgenden Generationen hätten nur Anschluß an andere ‚Jenische‘ gehabt (Ritter, 1937, S. 62; und vgl. Ritter, 1937, S. 30, 54). Die damals noch lebenden Probanden bestimmt er als Mitglieder von Landstreicherfamilien (vgl. Ritter, 1937, S. 29, 105). Er beschreibt die Probandenfamilien als Landstreicher, die man kaum von den Zigeunern unterscheiden kann ( Ritter, 1937, S. 105).

S.255

Charakteristisch für Glieder eines Vagantenschlages überhaupt sei ihr Wandertrieb und ihr Hang zu schmarotzende(r) Lebensweise (Ritter, 1937, S. 82). Seine Probanden und ihre Vorfahrern seien ‚geborene() Vagabunden‘ (Ritter, 1937, S. 51).

Alle „Vagabunden“ und „Gauner“ eines „Schlages“ fanden immer zueinander. Unabhängig von Gegend und „Rasse“ werden sie homogen: „So fehlt dem Gaunerschlag jedes rassische Gepräge, und doch haben alle Vagabunden und Gauner – welcher Herkunft sie auch sein mögen – seit alter Zeit die gleiche Eigenart“ (Ritter, 1937, S. 82).

Wie oben dargestellt, nach Lerchs Recherche 1973, gehören einige Mitglieder und Nachfahren der Sippe B zu den Gießsener Jenischsprechern. Aber die von Finger so genannten „Angehörigen Vaganten- und Zigeunermischlingssippe“ und Jenischsprecher schließen sich keinesfalls aus. Ein Jenischsprecher konnte als Vagant oder rassenhygienisch als ein Zigeunermischling klassifiziert werden. Es spricht einiges dafür und kaum etwas dagegen, dass einige Mitglieder der Sippe B Jenischsprecher sind, wie Lerch dies oben urkundlich belegen konnte. (Sicherlich konnte dementsprechend auch jeder Romanisprecher als Vagant oder Zigeunermischling amtlich definiert werden.)

Nach diesen Hinweisen, Informationen und einzelnen Beweisstücken zu urteilen, bestehen Fingers Probanden sowohl aus Romani- als auch aus Jenischsprechern und/oder sie sind Nachkommen der beiden Sprechergruppen. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis die Sprachgruppen zueinander stehen, ist anhand der erforschten Informationen nicht möglich. Wahrscheinlich lebten beide Sprachgruppen während dieser Zeit nahe beieinander oder sogar miteinander.

Möglicherweise bereitet es Ritters Forschungsstelle Probleme, die Berleburger in ein Klassifizierungsschema einzuordnen. Zimmermann ermittelt, dass fliegende Arbeitsgruppen der Forschungsstelle von Ritter zweimal nach Berleburg reisen, 1937 und 1940 (vgl. Zimmermann, 1996, S. 140). Die Arbeitsgruppe setzt sich, so Zimmermann, aus sprachkundigen sowie genealogisch und rassenbiologisch besonders geschulten Sachbearbeitern zusammen (vgl. Zimmermann, 1996, S. 140).

Im Jahre 1937 habe die Arbeitsgruppe „Anthropologische Untersuchungen der Mischlinge72 in beiden Zigeunerkolonien ‚An der Lause‘ und ‚Altgraben‘” durchgeführt. Sie hätten ferner Schulzeugnisse, genealogische Arbeiten auf dem Standesamt und Pfarramt, Akten aus dem Staatlichen Gesundheitsamt sowie die Akten des Bürgermeisters durchgeschaut. Darüber hinaus führten sie Gespräche mit dem Bürgermeister, dem Landrat und den Leitern beider Schulen (vgl., Zimmermann, 1996, S. 144).

In Römers Literaturliste finden sich die Werke von Ritter, 1937, Finger, 1937, und Krämer, 1937. Er schließt sich deren Konzept des „Zigeunermischlings” an: „Dem echten Zigeunervolk haben sich bei uns Tausende asoziale, haltlose Menschen im Laufe der Jahrhunderte angeschlossen, die sich mit Zigeunern vermischt haben. Es ist deshalb bei einem sehr großen Teil der in Deutschland auftauchenden Zigeuner nur schwer eine Grenze gegenüber den asozialen, einheimischen Landstreichern zu ziehen (vgl. Römer, 1937, S. 281)

In der Tat befassen sich alle referierten Schriften mit nichtsesshaften Gruppen oder deren Nachkommen. Damals subsumierte man sie unter dem Oberbegriff „Zigeuner”. Einige der 326 Probandengruppen kann man ohne weiteres zu den Romanisprechern (vgl. Block) zählen, andere zu Rotwelschsprechern (vgl. Ritter und teilweise Finger). Bei anderen Probandengruppen (vgl. Krämer, Günther, Römer, Vogel und auch teilweise Finger) ist eine Sprachzugehörigkeit nicht eindeutig oder nur schwer ausfindig zu machen. Man kann aber annehmen, dass alle Gruppen, auf die Rodenberg Bezug nimmt, mit einer oder beiden Sprachgruppen in Verbindung zu bringen sind.

Das, was Rodenberg glaubt als Rassenmischung wahrzunehmen, ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Eheschließung unter Mitgliedern verschiedener Sprachgruppen innerhalb den Nichtsesshaften. (Oben im Text sind Berührungspunkte sowie Heiraten zwischen Romanisprechern und Rotwelschsprechern an mehreren Stellen dokumentiertet worden.)

Die Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amtes, unter anderen Römer, sowie der Bürgermeister Günther gehörten dem NS-Verwaltungsapparat an. Rodenberg ist Mediziner, wie Ritter, Kranz, Finger und Vogel. Als Leiter der Abteilung für Erb- und Rassenpflege im Reichsausschuß für Volksgesundheit trägt seine Meinung eine gewisse Bedeutsamkeit in ärztlichen Kreisen. Die o.a. Mediziner sowie Mitglieder der NS-Verwaltung sind ausnahmslos der Ansicht, dass 4.7.0 Kleinere rassenhygienische Schriften aus dem Jahre 1938 4.7.1 Eine Verbrechersippe 1938 von Dr. med. R. Niedenthal, Landesgerichtsarzt, Coburg

Die angegebenen Berufe der Untersuchten aller sieben Generationen enthalten ambulante sowie andere schlecht angesehene Berufe wie Steinbrecher, Fabrikarbeiter, Hilfsarbeiter, Soldat bei der Reichswehr, Reisevertreter, reisender Korbflechter, Korbmacher, Schausteller, Maurer und umherziehender Gewerbelehrer (vgl. Niedenthal, S. 965-969). Ein kleiner Teil der Untersuchten übt illegale Berufe aus. Das Spektrum erstreckt sich vom Bettler bis zum Räuberhauptmann (vgl. Niedenthal, 1938, S. 966-971).

Es gibt zwei Hinweise auf einen Rotwelschdialekt. Der o. a. Proband Georg B. hat seinen Kindern „eine Gaunersprache beigebracht” (Niedenthal, 1938, S. 965). Auch dessen Schwester Berta B. „beherrscht, wie ihre Brüder und der Vater, eine eigene Verbrechergeheimsprache” (Niedenthal, 1938, S. 968). Demnach können der Vater von Georg B., er selbst und seine Kinder mit einem Rotwelschdialekt vertraut sein.

Würth leitet seinen kurzen Schriftsatz mit einer rhetorischen Frage ein: „Gibt es heute überhaupt noch in Deutschland einen Zigeunerstamm ... oder ist das, was wir mit Zigeuner bezeichnen, nur ein Sammelwort für alles herumziehende, bettelnde, verwahrloste asoziale kriminelle Gesindel” (Würth, 1938, S. 96). Laut Würth „unterscheidet sich ein echter Zigeuner von jedem Mischlingszigeuner und von jedem anderen, der ‚nach Zigeunerart herumzieht‘” durch die ”Gebundenheit ... an die traditionellen Stammesgesetze”, durch „die Abstammung aus Zigeunergeschlechtern” und die „Zugehörigkeit zur Zigeunersprachgemeinschaft” allesamt Kriterien, die Ritter oben in mehreren seiner Texte ausführt (Würth, 1938, S. 97).

Derjenige, der nach Zigeunerart umherzieht, ist ein Angehöriger des „deutschblütigen Vagabunden und Asozialen” (vgl. Würth, 1938, S. 97). Wie Ritters Menschenschlag 329 demonstriert auch Würth „wie sich innerhalb des deutschen Volkes ein solcher Vagabundenschlag als einheitlicher Erbstrom gesondert von dem Zigeunerstamm durch Jahrhunderte erhält”. Würth beurteilt Vogels Probanden von 1937 als „nicht zigeunerische Vagabunden”. Er schreibt: „Auch Vogel spricht bei seiner Sippe Delta von einer rein ‚fahrenden Sippe‘. Diese Vagabunden werden auch heute noch fehlerhafterweise mit den Zigeunern häufig verwechselt” (Würth, 1938, S. 97). Allerdings unterstellt Würth, dass zwischen den „echten Zigeunern” und den Mitgliedern eines „Vagabundenschlages” ein blutmäßiger, und kein sprachlicher Unterschied besteht. Für ihn ist die Sprache lediglich ein „wichtiges Kennzeichen” zu der Ermittlung des „echten Zigeuners” (vgl. Würth, 1938, S. 97).

Seinen Lesern gibt Ritter eine Orientierungshilfe, um die Zigeuner und Jenische erkennbar und voneinander unterscheidbar zu machen. Erstens lassen sich optisch durch körperliche Merkmale sowie durch die Kleidung bestimmte Unterschiede bemerken: Begegnen wir einem stammechten Zigeuner, so ist unser erster Eindruck, einem Fremdrassigen gegenüberzustehen. Bei den Jenischen dagegen fällt uns kein Rassenunterschied auf (Ritter, Zigeuner und Landfahrer ... , 1938, S. 73). Ferner erläutert Ritter: Der Zigeuner bevorzugt in seiner Kleidung starke Farben und Schmuck. Eine echte Zigeunerin ist ohne lange, weite Röcke kaum denkbar. Beide Charakteristiken sind für den Jenischen nicht bindend (Ritter, Zigeuner und Landfahrer ... , 1938, S. 73).Der Sprachkundige soll auf den Sprachgebrauch achten: Die Zugehörigkeit zum Zigeunerstamm oder zum Schlag der Jenischen läßt sich aus der Sprache erkennen. Die Zigeuner bedienen sich des Romanischen. Dagegen die Jenischen, sie bedienen ... sich zu betrügerischen Zwecken jenischer Ausdrücke, oder wie es auch heißt, des Rotwelsch (Ritter,Zigeuner und Landfahrer ... , 1938, S. 73).

Ritter gibt in dieser Schrift keine Einschätzung über das zahlenmäßige Verhältnis beider Gruppen.76 Ritter beklagt sich, dass eine Unklarheit über „das Wort Zigeuner im Volksmund wie in der Polizeisprache” herrsche (Ritter, „Zigeuner und Landfahrer ... ”, 1938, S. 71). Dies lasse die Unterschiede innerhalb der Nichtsesshaften verkennen. Als überzeugter Rassenhygieniker weiß Ritter, dass die „Verschwommenheit” des Begriffes „Zigeuner” darauf zurückzuführen ist, dass man die Unterschiedlichkeit von der „Äußerlichkeit der Lebensweise und nicht vom rassischen Kern herleitet” (vgl. Ritter, „Zigeuner und Landfahrer ... ”, 1938, S. 71). Um diesen Missstand zu beseitigen, fächert er den Alltagsbegriff „Zigeuner” mittels rassenbiologischer Terminologien auf. Den „Zigeuner” unterscheidet und definiert Ritter „blutmässig” in drei Hauptgruppen: 76 Leibig (1938) schreibt, dass es nach den Veröffentlichungen der Zigeunerpolizei München insgesamt 30.903 „Zigeuner und Landfahrer” in ganz Deutschland gibt. Von diesen sind 16.743 Personen als „Rassezigeuner” und

9.640 als Landfahrer einzugruppieren. Bei den restlichen 4.520 Personen steht die Rassenzugehörigkeit noch nicht fest (vgl. Leibig, Reg. Rat. I. Kl. Dr. Carl, Die Bekämpfung des Zigeunerunwesens, Bayerische

Gemeide- und Verwaltungszeitung, 48. Jg., München, 1938, S. 159). Leibig definiert „Zigeuner” als Menschen, „die durch Abstammung erworbene Zugehörigkeit zur Rasse” haben (Leibig, 1938, S. 159). In einer Tabelle untergliedert er die Ansässigmachung von Familien von 1930-1936 in zwei Kategorien: „Landfahrer” und „Zigeuner”( vgl. Leibig, 1938, S. 181). Dennoch werden die Landfahrer an keiner Stelle definiert. Außerdem benutzt Leibig die Begriffe „Zigeuner” und „Landfahrer” an anderen Stellen offensichtlich als Oberbegriff für alle Nichtsesshaften, die sich als Familie konstituieren (vgl. Leibig, 1938, passim). 333 1. Die „Zigeuner” auch „echte”, „stammechte”, „stammgetreue”, oder „reinrassige Zigeuner” ebenso „Wanderzigeuner” genannt. 2. Die Menschen, die „sonst als Landfahrer zigeunerartig umherziehen”, die „jenischen Landfahrer”, der „Schlag, der sich aus den jenischen Landfahrergeschlechtern zusammensetzt”, der „jenische Menschenschlag” und der „jenische Schlag”, auch einfach die „Jenischen” genannt.

3. Die jenische(n) Zigeunermischlinge, das Mischlingsgeschlecht, die Mischlingbevölkerung, die Mischlingsstämme, die Mischlingszigeuner, und das zigeunerische(s) Mischlingslumpenproletariat, öfters einfach als Mischlinge bezeichnet (vgl. Ritter, Zigeuner und Landfahrer ..., 1938, S. 71 - 74, 76, 77, 79, 84).77

Ritters „Feststellungen“ über den jenischen Schlag lassen ihn zu dem Schluss gelangen, „daß im Sinne einer erbärztlichen Verbrechensbekämpfung nichts wirkungsvoller sein dürfte, als diesen Erbstrom, d.h. für die Volksgemeinschaft unerwünschten Nachwuchs, zu unterbinden“ (Ritter, „Erbärztliche ...“, 1942, S. 539). Die Jenischen sollen nun ganz oben auf der Sterilisierungsliste stehen. Als abschließenden Gedanken fordert Ritter „daß zuvörderst Angehörige asozialer Familien und alle rückfälligen Verbrecherstämmlinge unfruchtbar zu machen sind“ (Ritter, „Erbärztliche ...“, 1942, S. 539). SeitSeit Jahren plädiert Ritter offen dafür, die Jenischen zu sterilisieren. Um dafür eine fiktive rassenhygienische Basis zu schaffen, versucht er sie unter verschiedene rassenbiologische bzw. rassenhygienische Ausdrücke zu subsumieren zuerst mit dem Begriff „Mischlingspopulation und asozialen Psychopathen“ (1935), dann als „getarnten Schwachsinnigen“ (1937), folglich als Miterzeuger der jenisch-zigeunerischen Mischlingsbevölkerung (1938), danach als Mitglieder und Überbleibsel einer „minderwertigen s424

Dies bestätigt auch Ritter: „Von Seiten des Reichsministeriums des Inneren wurde uns bald der Auftrag zuteil, im Rahmen der Asozialenforschung in erster Linie die nicht-seßhafte Bevölkerung Deutschlands, insbesondere die Zigeuner und Zigeunermischlinge, beschleunigt durchzuuntersuchen, da in Kürze ein Zigeunergesetz herausgebracht werden müsse” (Manuscript, 1945, S. 43).

Als zweite Maßnahme wird die Sterilisierung angeführt. Für Ritter stehen 1938 v. a. die Jenischen im Visier: „Ein Nachwuchs an verwahrlosten jenischen Landfahrern ist vom Standpunkt der Erb= und Rassenpflege nicht erwünscht” (Ritter, 1938, S. 86). Laut Ritter gibt es innerhalb der „jenischen Landfahrergruppe ... sehr verschiedenartige Familien”. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, „die sich ihrer großen Gerissenheit und Schlauheit wegen kaum fassen lassen”, und auf der anderen Seite „eine nicht unerhebliche Zahl von verwahrlosten Sippschaften ... die ... ständig als Bettler, wilde Hausierer, Diebe und Betrüger den Ort wechseln” (Ritter, ”Zigeuner und Landfahrer ... ”, 1938, S. 87) Ritter scheint es im Jahre 1941 zu gelingen, eine große Anzahl von Jenischen in Konzentrationslager einzuweisen: Durch die „staatlichen Maßnahmen der Gegenwart (z.B. Arbeitsverpflichtung, Resozialisierungsversuche)“ ist der „Kern dieser Bevölkerungsgruppe“ gelockert worden (vgl. Ritter, „Die Asozialen“, 1941, S. 154). Trotzdem bleiben die angeblich „minderwertigen Erbbestandteile“ erhalten, und werden weitergegeben. Deshalb ist, laut Ritter, „die Weitergabe dieses Erbgutes – solange es sich in seinem sippengebunden Träger noch schlagend offenbart – rechtzeitig“ zu unterbinden (Ritter, „Die Asozialen ...“, 1941, S. 155). Das heißt im Klartext: Man soll es nicht versäumen, eine gegenwärtig erkennbare, zentrale, gefährliche Gruppe wie die Jenischen zu sterilisieren. Zu dieser Zeit schon war es wesentlich schwerer, Sterilisierungsanträge zu begründen. Seit Beginn des Krieges sollte nur in dringlichen Fällen sterilisiert werden (vgl. Bock, 1986, S. 234-237). Am 31. 8. 1939 erschien die „Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und des Ehegesundheitsgesetzes“. Gruss--Gamlo 18:12, 8. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Sag mal, Gamlo, nachdem ich deine Motivation und durchaus auch deine Kompetenzen hier eine Weile mitbekommen habe, weshalb gehst du nicht hin und forschst dem einmal nach, was hier in den letzten Beiträgen zur Sprache gekommen ist? Es gibt nur sehr wenig Forschung zur Verfolgungsgeschichte der Jenischen im NS. Es gibt wenig, weil es – leider – wenig Forschungsinteresse gibt. Immer wieder stoße ich in der Literatur auf Einzelheiten, denen nachzugehen sich lohnen würde. Warum fängt jemand wie du nicht einfach mal an? An dem Ort, an dem er wohnt. Geht ins Archiv, schaut nach, fragt seine Leute und schreibt es auf. Es ist erforderlich, nach den Quellen hinter der Literatur (die Jenische höchstens am Rande thematisiert oder wie Merlino schwach ist und zum Thema nichts Neues bringt) zu suchen. Du könntest das doch.
Eine Aufmunterung, die ernst gemeint ist.--Kiwiv 13:41, 9. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Hallo Kiwiv,

beziehst du meine "Kompetenzen" wie du es nennst auf die oben recherchierten und zusammengetragenen Ergebnisse meiner Quellenforschung, und deine Aufmunterung zur empirischen Feldforschung, mit dem was noch lebende Zeitzeugen und deren Nachkommen (Jenische) im Vergleich zur Literatur, mitteilen können und wollen? Ernst gemeinte Frage Gruss--Gamlo 00:37, 10. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Hallo Gamlo, wenn ich von Kompetenzen sprach, dann definitiv ohne jeden ironischen Zungenschlag. Ich sehe hier nur ganz einfach jemand am Werk, der sich mit einer starken Motivation um dieses vernachlässigte Thema („Verfolgung der jenischen Minderheit im NS“) kümmert, von dem er aus unterschiedlichen Gründen mehr weiß oder in Erfahrung bringen kann als viele andere. Sich die Literatur zu erschließen (unabhängig von einer solchen Auseinandersetzung, wie sie hier stattfindet, mit einem ganz anderen Interesse), wäre das eine, Quellenforschung im Archiv oder auch in der Befragung von „Zeitzeugen“ etwas ganz anderes. Es muß natürlich beides zusammenkommen: man sollte die Literatur kennen und man sollte in der Lage sein, seine Quellenfunde kritisch zu bewerten und einzuordnen, auf dem Hintergrund der Literatur. Nur „Zeitzeugen“ zu befragen, hieße m. E. allerdings, ein ziemlich sumpfiges Gelände zu betreten. So interessant – in erster Linie allerdings wahrnehmungs-, weniger realgeschichtlich – die Erzählungen der Erlebnisgeneration immer auch sind, so fragwürdig sind sie oft. Nein, mit „Quellen“ meine ich zunächst die schriftlichen Quellen. Ich weiß nicht, wo du zu Hause bist, aber Archive wird es in erreichbarer Nähe geben. Nach Jenischen wird dort mutmaßlich noch keiner groß gesucht haben. Dazu (wie selbstverständlich auch zum Gespräch mit den Älteren) wollte ich dich aufmuntern. Warum nicht mal ein erster Schritt in diese Richtung? Es ist doch spannend, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen und zu merken, daß man sich eigene Antworten jenseits von Wikipedia und Literatur erarbeiten kann.
Wie gesagt, nicht mehr als eine Aufmunterung, eine Anregung, die ja von unserem Gespräch hier auch nur wegführt.--Kiwiv 11:51, 10. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Hallo Kiwiv es freut mich natürlich wenn du sagst:"Ich sehe hier nur ganz einfach jemand am Werk, der sich mit einer starken Motivation um dieses vernachlässigte Thema („Verfolgung der jenischen Minderheit im NS“) kümmert, von dem er aus unterschiedlichen Gründen mehr weiß oder in Erfahrung bringen kann als viele andere" aber nicht für mich sondern für Merlino D’Arcangelis weil er "Sich die Literatur zu erschließen" verstanden hat wie du es sagst, da ich alles obige aus seinem Buch mit der "copy and past method" als Quellenbelege zum Thema hier gepostet habe. Seine Dissertation hat ja 505 Seiten. Danke Gruss--Gamlo 17:43, 10. Sep. 2007 (CEST)Beantworten


Nochmals, zum ich weiss nicht wievielten male: niemand bestreitet, dass Jenische im Nationalsozialismus verfolgt, entrechtet, interniert, sterilisiert und in vielen Faellen ermordet wurden. Aber Deine Behauptung, dass die Sprache der Jenischen in der Rasseforschung als Kriterium der Selektion eine wesentliche Rolle gespielt habe -- als eines der "Hauptschemata" (oben von Dir abgeschwaecht zu "Schemata") --, geht an Ansatz u. Methode dieser "Forschung" vorbei u. wird auch durch die mittlerweile oben angefuehrte Aussage Ritters zu Romani u. Jenisch noch laengst nicht gestuetzt. Auch dass Justin und Co. bezeugtermassen Romani lernten, um ihre Opfer ausforschen zu koennen, heisst noch nicht, dass sie ebenso auch Jenisch lernten u. besagt noch nichts ueber den Stellenwert der Sprache in ihrer Theorie. Was den Unterschied zwischen rassebiologischer Forschungstheorie u. polizeilicher u. sonstiger Verfolgungspraxis angeht, gebe ich Dir unbedingt recht, dass da ein Unterschied besteht, nur sollte gerade das ein Grund sein, ein fuer die Praxis mutmasslich ungleich wichtigeres Kriterium nicht einfach auch der Theorie zuzuschreiben. Wenn Du bedenkst, dass ein grosser Teil der Ueberlieferung zu Rotwelsch u. Jenisch in den vergangenen Jahrhundert tatsaechlich zum Zweck der Verbessrung polizeilicher Identifizierung u. Kontrolle aufgezeichnet wurde, dann sollte es Dir doch zu denken geben, dass der Nationalsozialismus (von Arnold u. einigen anderen abgesehen) zu dieser Art von Sprachforschung ziemlich wenig beigetragen hat.

Deine Behauptung, dass Jenische sich heute speziell darum der Ausforschung ihrer Sprache entzogen, weil diese angeblich eine wichtige Rolle fuer die natinalsozialistische Verfolgung spielte, scheint mir auch sonst wenig plausibel. Sozial marginalisierte Gruppen lassen sich und ihre Insidersprache nun einmal nicht gerne ausforschen, und auch die, die sich der Gruppe nicht mehr zugehoerig fuehlen, legen nicht unbedingt Wert darauf, sprachlich noch als zugehoerig erkannt zu werden. Dass das Misstrauen der Jenischen nicht nur durch soziale Marginalisierung, sondern auch durch die Verfolgung im Nationalsozialismus -- u. darueber hinaus -- wesentlich gepraegt wurde, kann niemand ernstlich bestreiten, ist aber noch kein Grund, speziell ihrer Sprache dabei eine Schluesselrolle zuzuschreiben.

Im uebrigen soll der Artikel aber weder meine Meinungen u. Vorstellungen von Plausibilitaet, noch Dein moeglicherweise besseres Insiderwissen wiedergeben, sondern publiziertes u. nachpruefbares Wissen. --Otfried Lieberknecht 07:57, 10. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Erfassungskarten und zentrale Zigeunerpolizeistellen von 1899-2001

Hallo Otfried und Kiwiv,
Zitat Kiwiv 13:22, 9. Sep. 2007 :"Da mag dann gelegentlich auch einmal von der „Zigeunersprache“ die Rede gewesen sein, als ausgesprochenes Randthema. Aus völkischem und rassepolitischem Blickwinkel ging es weit vor allem anderen um „Blutreinheit, um den Abstammungszusammenhang. Deshalb spielten „Bräuche“, „Traditionen“, die Frage der Nichtseßhaftigkeit bzw. der Ortsfestigkeit so wenig eine Rolle wie eben die Sprache. Sprachliche Kompetenzen konnten demnach verfallen, Erwerbsweisen mochten sich ändern, Lebensweisen konnten aufgegeben werden"
Zitat:Die „Rassenhygienische Forschungsstelle“ dokumentierte die Ergebnisse ihrer „rassenbiologischen Erfassungen“ von Sinti und Roma auf Kartei- und Messkarten. Darauf wurden neben biometrischen Daten auch sonstige personenbezogene Angaben festgehalten. Soziokulturelle Merkmale wie Wohnsituation, Schulbesuch, Sprachenbeherrschung oder Musikalität wurden ebenfalls registriert." siehe hier
im Feld Sprache konnte man diese vorgedruckten Worte sinngemäß unterstreichen :"Sprache-spricht-gut-schlecht-nicht-zig."
auf der Seite befindet sich auch abgebildet eine vorgedruckte und ausgefüllte "Erfassungskarte".
Diese Erfassungskarten wurde dann zusammen mit einer Messkarte die alle pseudowissenschaftlichen Parameter der Erbiologische-Zigeuner-Forschung(Schädelvermessungen,Augenfarbe etc.) dokumentieren sollte, zusammengeführt in eine ErfassungsKARTEI zur Person, in der weitere Informationen zur Person notiert wurden(z.B. Ergebnisse der Genealogieforschung). Tausender dieser Erfassungskarten -Karteien und Messkarten befinden sich im Bundesarchiv in Berlin(gesammelt bei R 165) und zu Hunderten in den Staatsarchiven der Bundesländer.siehe :hier
Die Erhebung der Sprachkompetenz war eine von anderen(Gesamteindruck,"Wandertrieb", Sesshaftigkeit Temperament)und "unerheblich" für die Nazi-Rassen-Ideologie im Vergleich zu biometrischen Analyse und Befragung und Erforschungen zur Genealogie(Kirchenbücher,Standesämter etc.) Aber praktisch sehr wichtig um der "Zigeuner" und Jenischen habhaft zu werden, besonders denen die wanderten, und aus Genealogie Urkunden(Geburtsurkunden,Stammbäume, Kirchenbucheintragungen) nicht erkennbar waren oder garkeine keine vorhanden waren. Gerade bei Jenischem aus dem Elsass und Lothringen als auch bei vielen der "sogenannten" Rom-Zigeunern", wie den ehemals walachischen Lovara und Kelderasha die in den 1850er Jahren hauptsächlich aus Polen,Ungarn und teilweise aus dem gesamten Gebiet der K.u.K. Monarchie eingewandert sind und Staatenlose waren...wobei wir bei der Wahrnehmungsgeschichte sind aber diesesmal aus der Sicht der Opfer, also wie die Opfer ihre Verfolgung wahrnehmen , wie es in dem Quellenverweis in meinem von dir Otfried bekämpften Abschnitt steht. Das ist was ich oben meinte mit Einbeziehung der Verfolgten in die Forschung.
Darin findet sich folgender Absatz über Eva Justin Zitat:
"Justin war dafür bekannt, dass sie Romanes, die Sinti-Sprache, besonders gut beherrschte; sie war :auch geschickt im Umgang mit den Sinti- und Roma-Kindern, die den Rassenforschern ohnehin am ehesten zugänglich waren. Dadurch war sie besonders geeignet für eine Forschungs- und Maßnahmepolitik, die ausdrücklich davon ausging, es sei notwendig, möglichst das Vertrauen der Objekte dieser Politik – der „Zigeuner“ – zu gewinnen und zu erhalten." vom Bund demokratischer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen siehe hier
Also wollen wir festhalten, daß die Sprache der Sinti und Jenischen* ein Mittel war um sie:


1) ein formalisiertes Schemata war um die Sprachkompetenz festzustellen siehe "Erfassungskarte"
2) um überhaupt erst einmal eine Vertrauensbasis zu schaffen in der weiter Befragungen effizienter durch geführt werden konnten, besonders auch bei Kindern...siehe Bund deutscher Wissenschaftlerinnen
3) zu identifizieren und ein verratendes Moment...wie du es ja in deiner Modifikation meines Abschnittes formulierst. Also ein Indiz dafür das der Sprecher dem "Schlag" der Jenischen oder der "Rasse" der "Zigeuner" angehört. Unter einem Indiz (von lat.: indicare = anzeigen) versteht man einen Hinweis, der für sich allein oder in einer Gesamtheit mit anderen Indizien den Rückschluss auf das Vorliegen einer Tatsache zulässt. Im Allgemeinen ist ein Indiz mehr als eine Behauptung, aber weniger als ein Beweis.
Diese ist den Jenischen, Sinti und Roma unter Anderem zum Verhängnis geworden und im kollektiven Gedächtniss unter Anderem bewusst und unbewusst hängengeblieben. Betonnung auf unter Anderem. Und wenn heute jemand etwas über ihre Sprache wissen will dann erinnern sie sich als margalisierte Gruppe daran. Daß hat nichts aber auch garnichts damit zu tun welchen Rassenideologischen Ansatz die Nazis hatten und was sie in der Praxis für "Ergebnisse" hatten mit ihrer sinnlosen Vermesserei. Ohne die effziente, handfesten und bewährten Ermittlungsmethoden, die mit Erbbiologie nicht das Geringsten zu tun hatte, und Daten der seit 1899 gegründeten Münchner Zigeunerpolizeistelle, später Landfahrerzentrale in München, die bis 1970 noch mit den Originalakten der Nazis arbeitete, wäre die "erbiologische Erfassung" der Sinti, Roma und Jenischen nicht möglich gewesen, weil mit "erbiologischer Rassenkunde" kein Roma, Sinto oder Jenischer als "Zigeuner" zu indentifizieren gewesen wäre, das ist ein Konstrukt. Bei der Erfassung der "Zigeuner" und "Landfahrer"(Jenische) durch die zentralen Zigeunerpolizeistelle spielten die sozialkulturellen Indizien und Tatsachen die entscheidende Rolle. Zur Geschichte und Kontinuität der zentralen polizeilichen Erfassung der Roma, Sinti und Jenischen siehe Unten Fussnote 1.
Zitat Otfried:
"Die Hauptkriterien fuer Ritter u. Justin waren biologische Abstammung, biologische Abstammunng und nochmals biologische Abstammung. Sie wurde durch Studium von Kirchenbuechern und duch Schaedelvermessungen festgestellt, von Sprachtests zur Trennung von Zigeunern u. Zigeunermischlingen ist mir nichts bekannt..." schau mal mit welchen Mitteln die Nazis die "Zigeuner" wirklich festgestellt haben nämlich aufgrund schon vorhandener Akten.
Dieße lange deutsche Forschungstraditon (Fussnote 1) bei der Erfassung von Zigeunern ist einer der Hauptgründe warum die Jenischen und Sinti sich weder "über ihre Sprache" noch zu ihrer Sprache befragen lassen wollen. Und das ist die hauptsächliche Ursache für die Feststellung von Kiwiv:
"Inwieweit es heute als Primärsprache vor der mehrheitsgesellschaftlichen Standardsprache oder als Sekundärsprache daneben oder in Relikten und mit nur situativem Gebrauch gesprochen wird, ist unbekannt, so dass sich eine Aussage zur Zahl der Primärsprecher nicht treffen lässt.
Sich dieses weder für Sinti und deren Romanesvarianten noch zum Jenisch der Jenischen aussagenlässt.
Also* zu ihren Soziokulturellen Gebrauchspraxis, Sprachbeherrschung und Sprachkompetenz. Dazu die Einwände von Kiwiv und Otfried
Zitat Kiwiv 21:36, 4. Sep. 2007 :"Zurück zur Sprache: Für die verschiedenen Arten von „Jenisch“ interessierte sich die für die Erfassung und Kategorisierung entscheidende Instanz, die RHF, anders als beim Romanes noch nicht einmal als für ein Mittel des verbesserten Zugangs bei der Erfassung (s. o., Bemerkungen von Otfried)" siehe dazu:
Zitat:
"Möglicherweise bereitet es Ritters Forschungsstelle Probleme, die Berleburger in ein Klassifizierungsschema einzuordnen. Zimmermann ermittelt, dass fliegende Arbeitsgruppen der Forschungsstelle von Ritter zweimal nach Berleburg reisen, 1937 und 1940 (vgl. Zimmermann, 1996, S. 140). Die Arbeitsgruppe setzt sich, so Zimmermann, aus sprachkundigen sowie genealogisch und rassenbiologisch besonders geschulten Sachbearbeitern zusammen (vgl. Zimmermann, 1996, S. 140)."
"Sprachlich und beruflich verbindet Ritter seine Ausgangsprobanden, d. h. die Kinder seiner Klinik, mit den Jenischen. Die Eltern der Probandenkinder und ihre Vorfahren bedienen sich des Kommunikationsmittels des Jenischen, einen Dialekt des Soziolektes Rotwelsch (vgl. Ritter, 1937, S. 29, 63, 92, 105). Die Vorfahren seiner Probandenkinder üben ambulante und unehrliche Berufe aus (vgl. Ritter, 1937, S. 29, 65-79, und s. auch Erbtafel I, II und III im Anhang)."
"Der Sprachkundige soll auf den Sprachgebrauch achten: Die Zugehörigkeit zum Zigeunerstamm oder zum Schlag der Jenischen läßt sich aus der Sprache erkennen. Die Zigeuner bedienen sich des Romanischen. Dagegen die Jenischen, sie bedienen ... sich zu betrügerischen Zwecken jenischer Ausdrücke, oder wie es auch heißt, des Rotwelsch (Ritter,Zigeuner und Landfahrer ... , 1938, S. 73)."


Daher sollten wir Versuchen aus unseren beiden Versionen zu einer neutralen Synthese zu gelangen.
Version von Gamlo am 02:55, 5. Sep. 2007
Aber gerade diese Qualifizierungen der Sprachkompetenz[2]und des aktiven wie passiven Wortschatzes waren eines der Schemata,[3] der pseudowissenschaftlichen Rassenforscher Robert Ritter und Eva Justin, [4] um Jenische, Sinti und Roma als "Zigeuner" oder "Zigeunermischlinge"[5] im NS-Regime zu selektieren. Zudem missbrauchten Ritter und Justin ihre angeeigneten Sprachkenntnisse dafür, Genealogien über sie zu erfragen, um sie eugenisch begründet verfolgen und ermorden zu können.[6] Daher ist es bei diesen Gruppen[7] im Allgemeinen tabuisiert sich "über seine Sprache"[8] erforschen zu lassen.
Version von Otfried am 22:56, 3. Sep. 2007.
Die Schwierigkeit, solche Zahlen zu erheben, ist unter anderem dadurch bedingt, dass Jenische sich der Erforschung ihres Sprachverhaltens entziehen, weil ihre Sprache im Rahmen nationalsozialistischer Verfolgungs- und Ausrottungsmaßnahmen als Erkennungszeichen bewertet wurde und auch heute noch Anlaß zu sozialer Diskriminierung geben kann.
Gruss--Gamlo 22:15, 10. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
FUSSNOTE 1
Geschichte und Kontinuität der zentralen polizeilichen Erfassung der Roma, Sinti und Jenischen
Die Erfassung der Sinti,Roma und Landfahrer(Jenischen) hat in Deutschland eine Lange kontinuierliche Geschichte: Bereits 1899 wurde in München die zentrale "Zigeunerpolizeistelle" ins Leben gerufen. Die Behörde leistete wichtige Vorarbeiten für die 1938 gegründete Berliner "Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens".1926„Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“ in Bayern. Personen ohne Arbeitsnachweise drohte die Einweisung in ein Arbeitshaus und das Reisen mit schulpflichtigen Kindern wurde verboten. Ein Erlass vom 3. November 1927 ordnete an, dass in der Zeit vom 23. – 26. November 1927 von allen „nicht sesshaften Zigeunern“ und „nach Zigeunerart umherziehenden Personen“ über sechs Jahre Fingerabdrücke zu nehmen und über das LKPA an die „Zigeunerpolizei-stelle“ bei der Polizeidirektion München zu übersenden seien. (Buhlan 2003: 537) Erlass zur „Bekämpfung der Zigeunerplage“: Am 5. Juni 1936 von Reichsinnenminister Frick erstelltes Dokument, das alle Polizeistellen im NS-Staat anwies bei der „Bekämpfung des Zigeunerwesens“ eng mit der Münchener Polizei-Direktion zusammenzuarbeiten, die damit die Funktion einer zentralen „Zigeunerpolizeistelle“ erhielt. Im Oktober 1938 übernahm der Reichsführer der SS und Chef der deutschen Polizei, Himmler, die „Zigeunerpolizeistelle“in München samt Personal und Akten in das Reichskriminalpolizeiamt in Berlin. Sie erhielt dort die neue Bezeichnung"Reichzentrale zur Bekämpfung des Zigeunerwesens“.1936 Aufbau der „Rassehygienischen Forschungsstelle“ des Reichsgesundheitsamtes, dessen Leiter der Psychiater Robert Ritter wurde (Seine Habilitationsschrift von 1935 hatte die Jenischen zum Thema). Dem Kriminalbiologen Dr. Ritter waren die „Zigeuner“ Indikatoren für „Kriminalitätsinseln“ oder „Strolchennester“, in welchen er den „Auswurf der bürgerlichen Gesellschaft“ vermutete. Ritter schrieb 1939 an seinen Abteilungsleiter im Reichsgesund-heitsamt: „Wenn wir heute die Zigeunerfrage als Teilgebiet des Asozialenproblems und der Kriminalbiologie einem Ende entgegenführen, so ist das nur dem zu verdanken, dass wir das, was wir begonnen haben, gründlich getan haben.“ (Winter 1988:141f.) Am 8.Dezember 1938 erging Himmlers „Grunderlass“ zur „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen der Rasse heraus“Die gleich nach dem Krieg gegründete "Bayerische Landfahrerzentrale" erhielt 1953 faktisch Bundeszuständigkeit. Ritter übernimmt die Leitung des „Kriminalbiologischen Instituts“ beim Reichskriminal-polizeiamt. Dieses Institut produzierte über 23.000 erbbiologische Gutachten zur Bestimmung der „Rassezugehörigkeit“ von Roma und Sinti. Da er weiterhin Leiter der „Rassehygienischen und bevölkerungsbiologischen Forschungsstelle“ des Reichsgesundheitsamtes war, hatte Ritter mit beiden Ämtern in Personalunion die Schlüsselstelle der wissenschaftlichen Zigeunerverfolgung inne. (Unabhängige Expertenkommission 2000: 42)siehe hier
Erst im Oktober 2001 wurde die letzte verbliebene ethnische Sondererfassung von Sinti und Roma in bayerischen Polizeiberichten offiziell eingestellt. siehe
hier

Konkretes Beispiel am Schicksal einer "Sintezza"

Briefdokument

Universitäts-Institut
Erbbiologie und Rassenhygiene
Direktor: Prof.Dr Frhr. V. Verschur
Sprechstunden der Poliklink:
Mo.Di.Do.Fr 9-10 Uhr
Do.18-19Uhr
Frankfurt A.M. den 21.7.41.
Haus der Volksgesundheit.
Gartenstr.140
Fernruf Sammelnummer 6535
Nachtruf 65355
Tagebuch Nr. 438(Handschriftlich)

An das Erbgesundheitsgericht Frankfurt a.M.

In der Erbgesundheitssache der Katharina Reinhardt gebe ich folgende Begründung zu meiner am 3.7. eingereichten Beschwerde gegen den Beschluß des Erbgesundheitsgerichts vom 11.6.1941. In der Anlage überreiche ich: 1. das Buch von Ritter “Ein Menschenschlag“ mit der Bitte um baldige Rückgabe nach Gebrauch, da das Buch Eigentum der Institutionsbücherei ist, 2. einen Bericht der Rassenhygienischen und Kriminalbiologischen Forschungsstelle des Reichgesundheitsamtes Berlin über die Sippe der Katharina Reinhardt. Aus diesen Unterlagen ist zu entnehmen: Es gibt Sippen, in welchen Vagabundentum, Kriminalität, asoziales und antisoziales Verhalten ausgesprochen erblich auftreten. In diesem völligen Versagen gegenüber den Anforderungen der menschlichen Gesellschaft ist auch eine Form des Schwachsinns im rassenhygienischen Sinne zu sehen. Es kommt dabei nicht auf Mängel bei der Intelligenzprüfung an. Die Erfahrung mit diesen jenischen Sippen ergeben vielmehr, dass die betreffenden(Personen handschriftlich.)durch besonders raffiniertes Verhalten das Gericht zu täuschen verstehen. Wichtiger als der Nachweis von intellektuellen Fähigkeiten bei einer Intelligenzprüfung ist die Lebensbewährung, d.h. die praktische Probe der Begabung im Leben. Ritter spricht deshalb in seinem Buch von einem „getarnten Schwachsinn“. Unter die Psychopathien sind diese Menschen auch nicht einzureihen. Es liegt vielmehr ein für die Gemeinschaft besonders gefährlicher Erbtypus vor, der ausgemerzt werden muß. Daß Katharina Reinhardt zu den von Ritter in seinem Buch beschriebenen Erbtypen gehört, ergibt sich aus der Sippentafel des Berliner Zigeuner-Archiva einwandfrei. Die vorgelegten Unterlagen sind neue Tatsachen im Sinne des GeszVen und ist deshalb die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Recht beantragt. Ich bitte, den Wunsch der Berliner Forschungsstelle, nach Abschluß des Verfahrens die Akten zur Einsichtnahme dorthin zu geben, nachzukommen, da das dortige Zigeunerarchiv für das ganze Reich eingerichtet ist und praktischen Zwecken dient, wie (Rückseite) gerade der vorliegende Fall auch gezeigt hat.

(Unterschrift Prof. Otmar Freiherr von Verschuer)


Von mir abgetippter Brief auf einer wissenschaftlichen Internet Seite zur Aufarbeitung der NS-Verfolgung in Frankfurt 1933-1945, den Brief im Original als Foto und die Erklärung zum Brief findet ihr hier. klickt auf "Prof. Otmar Freiherr von Verschuer" und dann weiter auf "Die Rolle des Universitätsinstituts für Erbbiologie und Rassenhygiene 1935-1945" Ich habe den Brief gelesen in der Vergrößerung, dabei sties ich auf „Jenische Sippen“.

Nachträgliche Anmerkung vom 15. Sep.2007
Dieser Brief Verschuers,der grosse "medizinische" Verbrecher des NS-Staates wie Mengele der 1938 unter ihm promovierte, ist ein Schlüssel-Dokument aus der NS-Zeit zur Verfolgungsgeschichte der Jenischen im Besonderen und der Roma und Sinti im Allgemeinen, auf dass ich bei der Recherche zu "Erfassungskarten" bei "Zigeunern" gestossen bin. Es zeigt die damalige Bearbeitung eines Falles und die heutige Aufarbeitung des selben Falles sehr anschaulich. Es handelt vom Schicksal der Katharina Reinhardt, die von der "Roma und Sinti" Aufarbeitungs-Forschung Deutschlands nur als "Sintizza" thematisiert und dargestellt wird. Der genaue Hergang, die Ursache und die Begründung ihrer Zwangssterillisation, sowie ihr tatsächlicher oder vermeintlicher Jenischer Hintergrund oder die "Bedeutung" der "jenischen Sippen" findet keine Erwähnung in der Aufarbeitung. Er zeigt die Rolle der pseudowissenschaftlich erbbiologischen Forschung Robert Ritters, als auch die Vorgeschichte dafür, was später am 16. Dezember 1942 im Ausschwitzerlass(1) von Himmler, unteranderem praktisch als "Zigeunermischlinge" bezeichnet wurde. Dazu zitiert Michael Zimmermann, in: Dachauer Hefte 5, Die vergessenen Lager, 1994:
16.12.1942. Himmlers "Auschwitz-Befehl"
Die physische Vernichtung der deutschen Zigeuner wurde durch einen - mit einer komplexen Vorgeschichte verbundenen - Befehl Himmlers vom 16. Dezember 1942 eingeleitet. Er schrieb vor, „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft" - jene Gruppen wurden als „zigeunerische Personen" zusammengefaßt - „nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen Dauer in ein Konzentrationslager einzuweisen." Der Radikalisierungsschub, den dieser Befehl zum Ausdruck brachte, stand in Zusammenhang mit einem Konkurrenzkampf zwischen Ritters Rassenhygienischer Forschungsstelle und dem SS-Amt „Ahnenerbe" um Zigeunerforschung und Zigeunerpolitik, mit der sich zuspitzenden Kriegslage und der ungefähr gleichzeitig durchgeführten Deportation der letzten Juden aus dem Deutschen Reich.
Das RSHA (Reichssicherheitshauptamt) erließ am 29. Januar 1943 die Ausführungsbestimmungen zu Himmlers Befehl. Danach sollten „reinrassige" Sinti sowie die „im zigeunerischen Sinne guten Mischlinge" von einer Internierung im KZ Auschwitz ausgenommen bleiben. Dies sollte auch für einige andere Gruppen „sozial angepaßter" „zigeunerischer Personen" gelten, für die jedoch alternativ zur Deportation die Sterilisation vorgesehen war, wenn sie das Alter von zwölf Jahren erreicht hatten. Für die Zuordnung von Sinti zur Gruppe der „reinrassigen" oder „Mischlingszigeuner" rekurrierten die RSHA-Bestimmungen vom 29.1.1943 auf die „gutachtlichen Äußerungen", die die Rassenhygienische Forschungsstelle zur rassistischen Klassifikation der Zigeuner produzierte.
Die Praxis der Selektion für Auschwitz entsprach aber nur begrenzt den Anordnungen des RSHA. Befunde aus mehreren Städten zeigen, daß die Ausnahmebestimmungen für „reinrassige" Sinti sowie für „sozial angepaßte Zigeunermischlinge" nicht durchweg eingehalten wurden. Die örtlichen Stellen der Kriminalpolizei erblickten im Auschwitz-Erlaß des RSHA vielfach die Gelegenheit, den jeweiligen Ort völlig „zigeunerfrei" zu bekommen. Auch mehrere Zeugnisse aus Auschwitz selbst belegen, daß dort zahlreiche „sozial angepaßte" Zigeuner, insonderheit Träger militärischer Tapferkeitsauszeichnungen, festgehalten wurden.
(Anmerkung von Gamlo: Der Erlass Himmlers vom 16. Dec. 1942 ist nicht erhalten, auch keine Copie. Obwohl im Schnellbrief des RSHA zum Himmler-Erlass vom 29. Jan. 1943 von bestimmten Ausnahmen die Rede ist, spielten diese in der Praxis der Verschleppung selten eine Rolle.)
Die Erfassung, Bestimmung und Ergreifung von Jenischen, Sinti und Roma und deren Mischlingen war aber nicht durch die pseudowissenschaftliche Antropologie(Schädelvermessung etc.) Ritters möglich geworden , weil dies hiesse ja dass solches möglich wäre, sondern durch die Erfassung von soziokulurellen Indizien und Tatsachen(Wanderverhalten,Sprache,Sitten) und Genealogieforschung(Standesämter,Geburtsurkunden,Stammbäume)der schon seit 1899 bestehenden zentralen Zigeunerpolizeistelle(2) in München in dem alle die "Zigeuner"(Roma,Sinti) und "Landfahrer"(Jenische) betreffenden Erkenntnisse zusammengeführt wurden(Katalogisierung von Karteien und Dateien). Dieses waren die Anhaltspunkte weiterer "erbiologischen Untersuchungen" später. Die Erkenntnisse und Feststellungen die sich durch eine "erbiologische" Untersuchung ergaben hatten Erkennungsdienstliche Nutzen um die Untersuchte Person identifizieren zu können, nicht mehr aber auch nicht weniger. Zitat Biometrik:"Als Erkennungsverfahren setzte man schon früh die Biometrie zur Personenidentifikation ein. So entwickelte Alphonse Bertillon 1879 ein System zur Identitätsfeststellung, das auf 11 Körperlängenmaßen basierte (Anthropometrie). 1892 legte Francis Galton den wissenschaftlichen Grundstein für die Nutzung des Fingerabdrucks [3] (Daktyloskopie). Heute definiert man Biometrie im Bereich der Personenerkennung auch als automatisierte Erkennung von Individuen, basierend auf ihren Verhaltens- und biologischen Charakteristika[4].Weitere Anwendungsgebiete der Biometrie sind beispielsweise automatisierte Krankheits-Diagnoseverfahren."

Es ist schlichtweg eine damalige Anmassung und heutzutage ein Anachronismus, wenn man die "Regelung der Zigeunerfrage", wie Himmler am 8. Dezember 1938 sagte, "aus dem Wesen der Rasse heraus" erklären zu können meinte. Da die Erbbiologie ein Konstrukt und Hilfsmittel war Alle und Jeden zu diskriminieren, zu verfolgen und letzendlich zu ermorden. --Gamlo 14:38, 15. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Kein inhaltlicher Widerspruch, nur zwei Randbemerkungen:
  • "aus dem Wesen dieser Rasse heraus", nicht "der Rasse" (ein häufig anzutreffender Irrtum, nähere Erläuterung s. o., siehe z. B. Michael Zimmermann, Rassenutopie und Genozid, Hamburg 1996, S, 148).
  • Der Himmler-Erlaß vom 16.12.1942 („Auschwitz-Erlaß“; 16.12.1942 - Tgb. Nr. 1 2652/42 Ad./RF/V) verfügte, wie hier schon mehrfach festgestellt, die Deportation von „zigeunerischen Personen“, also nicht von Angehörigen der Kategorie "Nichtzigeuner". Er liegt nicht im Wortlaut vor. So wie oben zitiert nehmen die Ausführungsvorschriften vom 29.1.1943 auf ihn Bezug.--Kiwiv 11:57, 16. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Zitat Kiwiv: „Das führte dazu, daß es eine Kategorie gab, die im weiteren Verlauf statt der unmittelbaren physischen Vernichtung der Sterilisierung anheimfallen sollte, nämlich „Zigeuner-Mischlinge mit vorwiegend deutschem Blutsanteil“, während die Angehörigen einer zweiten Kategorie als aus völkischer Sicht so gutartig betrachtet wurden, daß sie „eingedeutscht“ werden könnten, nämlich die „Nichtzigeuner“. Mit diesen beiden Etiketten waren vor allem die bezeichnet, die wir hier als „Jenische“ sehen.“

...Man hat sie als so gutartig betrachtet das man folgendes über sie sagte Zitat Brief: "Es liegt vielmehr ein für die Gemeinschaft besonders gefährlicher Erbtypus vor, der ausgemerzt werden muß."

Zitat Gamlo:„Wippermann, Wolfgang: Wie die Zigeuner, Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich. Elefanten Press Verlag, Berlin, 1997 Zitat S.143f "Die Zigeunermischlinge jedoch seien am schlimmsten, weil sie aus Verbindungen zwischen "rassisch minderwertigen Zigeunern" und "Asozialen" und "Verbrechern" stammen würden"“

Zitat Kiwiv .....Das mag Wolfgang Wippermann ja dann doch nicht zutrauen..... ....„Zunächst ist zu sagen, daß die NS-Maßnahmen gegen „Zigeuner“ nicht unbedingt auch „nach Zigeunerart umherziehende Landfahrer“, was sich mit Jenische“ übersetzen ließe, mitbetrafen. Der „Feststellungserlaß“ des RSHA (17.10.1939) gegen das „Umherziehen“ der „Zigeuner und Zigeunermischlinge“, die folgende Internierung in überwachten kommunalen „Zigeunerlagern“, der Schnellbrief Himmlers vom 27.4.1940 zur familienweise Deportation von 2.500 westdeutschen „Zigeunern“ in das Generalgouvernement oder schließlich der Himmler-Erlaß vom 16.12.1942 („Auschwitz-Erlaß“) zur Deportation der „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütigen Angehörigen zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft“ – zusammengefaßt als „zigeunerische Personen“ – sie betrafen „nach Zigeuneraert umherziehende Landfahrer“ ausdrücklich nicht.“

Feststellungen von Gamlo:

In seinem Schreiben an das Frankfurter Erbgesundheitsgericht vom 21. Juli 1941 fordert Verschuer die Zwangssterilisation einer Sintezza aufgrund ihres festgestellten „Erbtyps“ der sich ergibt aus ihrem vermeintlichen Bultanteils am „Jenischen Schlag“

Der Erbtypus Jenischer oder Zigeuner mit „Jenischem Einschlag“

Wie am Schicksal der "Sintezza" Katharina Reinhardt ersichtlich wird wurde ihre vermeintliche Zuordnung oder verwandschaftliche Beziehung zum „Jenischen Schlag“ als ausschlaggebendes Argument im Brief genannt, das eine Zwangssterilisation nicht nur rechtfertigte sondern dringend notwendig erschienen liess.

Die Gefährlichkeit des „jenischen Schlags“ ist dem Buch „ Ein Menschenschlag“ von Robert Ritter zu entnehmen: Zitat: Es gibt Sippen, in welchen Vagabundentum, Kriminalität, asoziales und antisoziales Verhalten ausgesprochen erblich auftreten. In diesem völligen Versagen gegenüber den Anforderungen der menschlichen Gesellschaft ist auch eine Form des Schwachsinns im rassenhygienischen Sinne zu sehen. Es kommt dabei nicht auf Mängel bei der Intelligenzprüfung an. Die Erfahrung mit diesen jenischen Sippen ergeben vielmehr, dass die betreffenden(Personen handschriftlich.)durch besonders raffiniertes Verhalten das Gericht zu täuschen verstehen…. Es liegt vielmehr ein für die Gemeinschaft besonders gefährlicher Erbtypus vor, der ausgemerzt werden muß.

Ebenfalls lässt sich daran beispielhaft belegen, dass Verschuer sich vehement für die Zwangssterilisation bei solchen Typen einsetzte als auch bei Roma , Sinti und Jenischen, obwohl Zwangssterilisationen vom NS-Staat offiziell zwar aus gesundheitlichen, nicht aber aus „rassischen“ Gründen vorgesehen waren.

Die Geschichte des Frankfurter Universitätsinstituts verbindet sich auch mit dem Namen von Dr. Josef Mengele, der ab 1937 Verschuers Assistent in Frankfurt war. Mengele behielt diese Stellung formal bis 1945, war aber seit 1940 nicht mehr in Frankfurt tätig. Im Mai 1943 kam Mengele ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und beteiligte sich dort am Genozid an Sinti und Roma.

Gruss--Gamlo 04:04, 11. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Lieber Gamlo, bei allem in der Sache z.T. weiterbestehenden Dissens bin ich erleichtert, dass wir in der Diskussion der Sache anscheinend vorankommen, nicht zuletzt dank Deiner Recherchen, die die Konsensfindung erleichtern. Die nationalsozialistische Begriffe "Zigeuner" und "Zigeunermischling" koennen in der Tat -- so scheinst Du es auch einzuschaetzen, und insoweit stimme ich Dir zu (und habe das Gegenteil auch nicht behaupten wollen) -- nicht als Gegenbegriffe zu "Jenisch(e)" beansprucht werden. Wo von "stammechten", "reinen" "Zigeunern" die Rede ist (die es nach einigen Aussagen solcher Rassetheoretiker eigentlich schon lange nicht mehr gab), kann man wohl annehmen, dass Roma (in der Regel Sinti), und keine "Jenischen" gemeint sind, bei "Zigeunermischlingen" sind dagegen "Jenische" oder deutsche Rotwelschsprecher (eine Terminologie, die Du jetzt zu akzeptieren scheinst, aber moeglicherweise weiterhin inhaltlich anders fuellst als ich) vielfach eingeschlossen, unbeschadet der Tatsache, dass sie in anderen Faellen etwa als „nach Zigeuneraert umherziehende Landfahrer“ von diesen beiden Gruppen auch ausdruecklich abgegrenzt werden. So weit, so schlimm. Aber:
  • Das berechtigt noch nicht, alles, was fuer "Zigeuner" oder "Zigeunermischlinge" belegt ist, ohne weiteres auch auf "Jenische" zu beziehen: in einigen Faellen hast Du ja einschlaegige Belege, und die Verfolgung, die sie belegen, wird als solche von mir nicht bestritten (hoechstens in der Gewichtung rassetheoretischer Aussagen, dass Mischlinge ganz besonders auszumerzen seien, liegen wir moeglicherweise auseinander), aber wo die Belege nicht einschlaegig sind, sondern sich im Zweifel oder ausdruecklich auf Angehoerige der Sinti u. ggf. anderer Roma-Gruppen beziehen, sind sie eben nicht ohne weiteres auf Jenische anwendbar oder uebertragbar. Die Verfolgung der Jenischen ist im uebrigen fuer den hier diskutierten Artikel nur insoweit ein Thema, als sie die Sprache betrifft, was keine herzlose Feststellung sein u. nicht der Leugnung geschichtlicher Tatsachen dienen soll, sondern sich aus der Themenstellung des Artikels ergibt.
  • Deine Belege, dass fuer die rassebiologische und/oder polizeiliche Zuordnung die Sprache eine Rolle spielte, sind fuer Rotwelsch oder Jenisch im Vergleich zu Romani auch weiterhin nicht besondes aussagekraeftig, aber im Unterschied zu vorher jetzt wenigstens teilweise einschlaegig. Den Befund finde ich auch nicht ueberraschend, da die Zugehoerigkeit zu einer nicht-deutschen Sprachgemeinschaft fuer diese am Rassebegriff orientierte Denkweise und Praxis -- und wohl auch fuer heutige intendiert ethnische Bestimmungen -- naheliegenderweise ein wesentlich deutlicheres Indiz bieten musste als die Teilhabe an einem als gaunersprachlich eingestuften Soziolekt.
Meinen von Dir noch einmal aus der Versionsgeschichte zitierten Formulierungsvorschlag halte ich fuer relativ unproblematisch, aber ich haenge nicht daran. Im Abschnitt "Sprachwissenschaftliche Charakteristik" wuerde ich wesentlich mehr zu diesem Thema aber jedenfalls nicht darstellen wollen, sondern eine differenziertere Darstellung allenfalls einem eigenen Absatz desjenigen Teils vorbehalten, der z.Zt. als "Sprachgeschichte" betitelt ist, tatsaechlich aber die Sprachbzeichnung, die "Wahrnehmung" der Sprache u. deren "historische Sprecher" behandelt. Was schlaegst Du denn konkret als Kompromiss vor? --Otfried Lieberknecht 11:26, 11. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Verweise

  • "siehe auch" hier: Wie ich gerade bemerkte, ist inzwischen der Verweis auf das Berner Mattenenglisch im Artikel wieder weg. Ich habe ihn wiederum nachgetragen und setze noch wieder als Begründung dazu: "eine Quartier- und Geheimsprache, die im ehemaligen Unterschichtsquartier der Matte gesprochen wurde. Die einen beträchtlichen (Rotwelsch, Jenisch, frz. Fremdwörter) enthaltende Quartiersprache wurde noch mit geheimsprachlichen Elementen wie Silbenvertauschung und Vokalersatz angereichert", s. o. Wie auch immer im Detail das Verhältnis von "Jenischer Sprache" zu "Mattenenglisch" auch zu bestimmen ist, es gibt offenkundig eine so weitgehende Gemeinsamkeit, daß selbstverständlich auch auf diese Varietät hinzuweisen ist. Der Leser muß nicht vor "Fehleinschätzungen" geschützt werden, er soll sich sein Bild selbst machen. (Siehe auch: Hansjörg Roth, Jenisches Wörterbuch. Aus dem Sprachschatz Jenischer in der Schweiz, Frauenfeld 2001, S. 120-122)
Hallo Kiwiv: Nur kurz (es dauert leider noch ein paar Tage, bevor ich Zeit finde mich hier wieder vertiefter einzuklinken): Schau in die Versionsgeschichte. Es hat niemand "gefummelt". In der von Otfried wiederhergestellten Version war halt das Mattenenglisch auch nicht drin und seither waren alle lammfromm ;-) --Fäberer 00:09, 8. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Archivierung

Hallo liebe Mitwirkende Ich habe gemäss den Vorgaben auf Hilfe:Archivieren für unsere Diskussionsseite ein Archiv erstellt. Sämtliche Beiträge mit Datum vor dem 31.12.2006 sind nun dort zu finden. Zwar stehen jetzt hier brav alle Einträge von 2007 (ausser den nach Diskussionen Mitwirkende und Randtexte verschobenen...). Jedoch ist leider bei dieser Aktion auch die Versionsgeschichte "den Bach runter". Die Einträge zwischen dem 1.1.2007 und dem 5.9.2007 11:32 sind nun hier leider zwar korrekt geführt, aber ohne Versionsgeschichte. Ich hoffe, dass trotzdem alle damit klarkommen!

Zwar ist das Archiv bis 2006 noch recht bescheiden. Dennoch wird die aktuelle Diskussion dadurch schon etwas entschlackt und schneller greifbar. Zudem vermeiden wir so ein "Archiv aller Beiträge bis 2007" das alle vernünftigen Masse sprengt.

Es grüsst die Diskutanden

--Fäberer 15:01, 5. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Kelten, was soll man davon halten?

Hallo, Ihr wisst, dass ich weder Linguist noch Spezialist für keltische Geschichte bin. Auf meiner Benutzer:Fäberer Benutzerseite wurde folgender Eintrag deponiert, den ich hierhin verschiebe, weil er nur hier diskutierbar ist und "dort" nicht viel verloren hat ;-). Ohne mir über die Relevanz ein Urteil zu bilden, werfe ich es Euch zur Begutachtung vor:


Bezüglich der jenischen Sprache und deren Beziehung zu keltisch.

Jenisch Festl.Keltisch Deutsch
Luden Loudin Mond
Gari(männl.Genit.) Garris Bein
do do zu
Minsch (weibl.Gen.Mins) Monat
novios novios neu
Tata Tata Vater
Toles Toles Kropf (am Hals)
rag rag vorn
sep sep bei, vorbei
taro tarus schnell (im Jenischen auch als Angst verwendet)
Nani Nani Mutter
Goges Ogos Ei

Und davon könnte ich viele Beispiele aufzählen, wo Jenische Wörter ihre Herkunft aus dem Keltischen haben.

Gruß Bieber


hier eingefügt vom --Fäberer 14:20, 11. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Ich werde mal versuchen, das heute abend zu pruefen -- aber kann mir jemand vorab bestaetigen, dass er die als "Jenisch" gelisteten Woerter in der als "Deutsch" angegebenen Bedeutung kennt? Also z.B. Minsch in der Bedeutung "Monat" statt in der rotwelsch ueblichen u. aus Romani stammenden "Vulva, Maedchen, Mutter" (oder so aehnlich)? Auf den ersten Blick, ohne geeignete Woerterbuecher, scheint mir das kein "Jenisch" zu sein (und das Festlandkeltisch auch kein Festlandkeltisch). --Otfried Lieberknecht 17:21, 11. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Wenn ich das richtig verstehe, läuft die Übersetzung in der Tabelle zwischen "Keltisch" und Deutsch, von dem ich leider nur das zweite verstehe und beim ersten nicht mal "Bahnhof" ;-). Das Jenisch wird m.E. österreichisches Jenisch sein. Dass der Ersteller der Tabelle zumindest auch "Bedeutungsverschiebungen" miteinrechnete, sehe ich z.B. an Wort 2, wo jenisch = "männliches Genital" mit (keltisch und deutsch?) "Bein" in Verbindung gebracht wird. Was der Autor bei "Minsch" in der Spalte "keltisch" einträgt, erschliesst sich mir als Laien nicht. Ist in Keltisch "Mins" der weibliche Genitiv von "Monat"? Und gibt es in Keltisch männliche und weibliche Varianten des Wortes "Monat"? In andern Quellen des österreichischen Jenisch finde ich "novus" seltsamerweise für "nicht / nichts", in andern jenischen Dialekten finde ich (für mich Laien lautähnlich) das ursprünglich lateinische "nobis" für "nicht / nichts". Ob "novios" für "neu" in Österreich tatsächlich neben "novus" für "nicht" verwendet wird, erschliesst sich mir leider nicht, kann ich also weder bestätigen noch dementieren. Mehr kann ich dazu leider auch nicht helfen. Einen schönen Abend wünscht --Fäberer 22:56, 11. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Na wenn Dein Gewaehrsmann Bieber es sich mit "Bedeutungsverschiebungen" so leicht gemacht hat, dann ist da auch nicht viel zu erwarten... Seine Quelle fuer das Keltische ist offenbar in fast allen Faellen die Altkeltische Wörterliste auf der Homepage von Heinrich Tischner [1], die ich bloederweise erst bemerkt habe, nachdem ich mir seine Beispiele aufwendig mit zig anderen Quellen zusammengereimt hatte. Fuer Rotwelsch beziehe ich mich im wesentlichen auf Wolf.

  • rotw. Lude "Zuhaelter, Strolch" (falls dieses Wort gemeint ist) < Ludewig (auch Ludewig u. Louis werden im Berliner Rotwelsch mit der Bedeutung "Zuhaelter" angefuehrt), sicher kein Zusammenhang mit kelt. loudin "Mond"
  • rotw. Gari "Penis" < rom. kar(o) (Sinte Romani: koar, kor, kvar) "Penis" statt angebl. kelt. garo "Bein", richtig kelt. garris "Teil des Beines"
  • do wird wohl die oberdeutsche Mundart Deines Gewaehrsmannes Bieber sein
  • rotw. Minsch "Vulva" < rom. minč "Vulva", statt kelt. (erschlossen) mins Monat
  • rotw. novios finde ich nicht, sondern rotw. nobis, nobes, nobus, nowes, nopl, nobl "nichts" < ahd. niowiht "nichts", statt aus kelt. novios (idg. newyo) "neu" (aus dem Ortsnamen wie Noviodunum = Neuburg entstanden)
  • rotw. Tata finde ich nicht, aber rotw. Tate, Tatte, Tette "Vater" < jidd. tate "Vater", tatsaechlich ist kindersprachl. tata (u. dgl.) "Vater" in sehr vielen Sprachen verbreitet, u.a. auch schon griech. tat(t)a, tetta, lat. tat(t)a, altind. tata (vgl. rom. dat) und kelt. tata. Mit solchen Kosewoertern ist etymologisch wenig anzufangen, da sie kindersprachl. ueberall unabhaengig voneinander entstehen koennen, so auch kelt. nani "Mutter" (z.B. fuer Georgisch u. Abchasisch belegt)
  • rotw. Toles finde ich nicht, sondern rotw. Tole "Vorhaengeschloss" < jidd. tolo "aufgehaengt" (nebst anderen rotw. Entlehnungen daraus, wie Tole-acher "gehenkter Christ", unklar Tolefresser "Katholik"), dazu passt dann aber nicht das von Isidor (Etym. XI, i, 57) bezeugte kelt. toles (pl.) mit der Verkleinerungsform tusilla fuer "Mandeln" ("quae in faucibus turgescere solent", die im Hals anzuschwellen pflegen, ein "Kropf" ist also wohl nicht gemeint)
  • rotw. rag finde ich nicht, stattdessen rotw. rach "weich" (jidd.) oder Rack "Speichel", raksen "raeuspern, speien" < dt. onomatop. raksen, raechzen u. dgl. oder jidd. rok "Speichel", hat aber alles nichts mit kelt. (ich weiss nicht ob auch festlandkelt.) rag "Vor-, Vorder-" zu tun.
  • rotw. sep finde ich nicht
  • rotw. taro "im Jenischen auch als Angst verwendet" finde ich nicht, kommt dann aber wohl von rom. dar "Angst, Furcht" und nicht von kelt. tarus "schnell" od. tar "ueber"
  • rotw. Goges finde ich nicht, kelt. (erschlossenes) ogos "Ei" wird wie griech. oion, oon u. lat. ovum auf ein (erschlossenes) idg. ouiom "zum Vogel gehoerig" zurueckgefuehrt. In Irland gibt es noch irisch-engl. gog ("Kueken, Ei"), gogai/googie ("Ei"), aber das gilt als kindersprachl. dem Laut der Henne nachgebildetes Schallwort.

Ich bin, mit anderen Worten, nicht beeindruckt. --Otfried Lieberknecht 05:19, 12. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Hallo Otfried Danke für Deine Mühen. Ich wollte ja auch niemanden beeindrucken, sondern a) meine Benutzerseite säubern und b) die Meldung von Bieber an kompetentere Leute weiterleiten, was mir offensichtlich gelungen ist ;-). Einen schönen Tag wünscht --Fäberer 08:46, 12. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Literatur

Hallo verehrtes Kollegium,

ein Leser und Beiträger trug das Buch (oder die Broschüre?) von Franz Jansky, Noppi Gadschi usw. in die Rubrik "Sprachwissenschaftliche Literatur" ein, was so wohl nicht paßt. Wäre es nicht ratsam, da es eine Menge - ich sag jetzt mal - folkloristische Literatur dieser Art gibt, entweder hier auf der Diskussionsseite oder auch im Artikel selbst eine entsprechendes Regal aufzustellen? Mit der Bitte um ein Meinungsbild:--Kiwiv 12:37, 19. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Soviel ich weiss, ist Franz Jansky ein Lehrer, der die jenische Sprache eher zufällig durch sein Amt in Loosdorf kennenlernte. Wir haben bis jetzt im Artikel de facto 2 "Buchkategorien", die "Literatur der Jenischen" und die "sprachwissenschaftliche Literatur". Ich vermute mal, dass es wohl sogar einfacher sein dürfte, die Selbstzeugnisse ("Literatur der Jenischen") einzugrenzen und zu definieren, als schlüssige und ultimative Kriterien, die alle befriedigen, zu finden für die Frage, welche Publikationen denn nun "wissenschaftlich" sind. Sicher tragen Arbeiten wie diese von Jansky stark folkloristische Züge. Soviel ich weiss (ich habe das Buch/die Broschüre nicht, sondern kenne nur, was vor Jahren mal im Web davon publiziert war), liegt das Hauptgewicht dieser Publikation auf einem Glossar, das aber wohl zumindest von einer Lehrperson mit (wissenschaftlichen?) Ansprüchen an die Darstellung der vorgefundenen Sprachbeispiele erstellt wurde. Und so ähnlich dürfte es mit einem Grossteil dieser "folkloristischen" Literatur sein. Wird nicht gerade auch diese Literatur wiederum von der Sprachwissenschaft als Quellmaterial benutzt? Der einfachste Weg, ewige Diskussionen darüber, ob das oder jenes Werk nun wissenschaftlich genug sei, um unter "sprachwissenschaftliche Literatur" gelistet zu werden oder ob es auf die Diskussionsseite "verbannt" werden müsse, dürfte es deshalb m.E. wohl sein, für das Sammelsurium, das die Liste ja schon vor dem Eintrag von Jansky war, einen neutraleren Namen zu finden im Stile von "Publikationen zum Thema". --Fäberer 09:14, 20. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Es gibt natürlich Übergänge zwischen den "Genres", andererseits liegt eine Welt zwischen z. B. den Aufsätzen von Neuschäfer über Gießen und der Arbeit von Lerch. So beliebig finde ich die Zuordnung bei dem, was nun als "wissenschaftliche" Literatur ausgewiesen ist im übrigen durchaus nicht. Ich fürchte, alles in einer Schublade führt Leser, die eine Orientierung durch eine Literaturliste erwarten in die Irre. Und es führte am Ende zu einer Endlosliste, weil es nicht wenig "folkloristische" Literatur gibt. Also habe ich, um es dem Auge einmal vorzustellen, zunächst unter der Überschrift der Sprachbeispiele - denn das scheint es doch zu sein, was Jansky (und andere) gesammelt hat - weiter differenziert und in einer Literaturrubrik Jansky und ein paar mehr aufgeführt, bin aber für jeden Vorschlag offen, was (solange es erst einmal nur ein paar Schriften sind) durchaus auch den von Dir, Fäberer, miteinschließen würde. Also nochmal: Pro/Contra (wenn es als hinreichend wichtig angesehen wird).--Kiwiv 13:57, 21. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Jüngste Änderungen

„Viehhändler und Metzger aus Schopfloch in Franken sprechen, dass dem Jenisch und Westjiddisch verwandte Lachoudisch“

Ich stimme Gamlos Kritik ganz zu, bin ein Schrittchen weiter gegangen und habe den Satz entfernt. Auch deshalb, weil der Kontext, die historischen Erwerbsweisen, verfehlt wird.

"Heute leben in den meisten Ländern rund 90 % der Menschen jenischer Abstammung ortsfest und üben verschiedenste Berufe aus." vs. „Wie viele Menschen jenischer Abstammung heute ortsfest leben und bürgerliche Berufe ausüben ist nicht erforscht.“

Sprachlich etwas einfacher: "... ist unbekannt" (Der "90%"-Ausgangssatz ist übrigens nicht von mir). Statt „Abstammung“ besser „Herkunft“, weil „Abstammung“ biologistisch ist und stets nur wieder zur biologisch begründeten „Abstammungsgemeinschaft“ hin und von der ethnisch-kulturellen Kontinuität wegführt, mal abgesehen davon, daß die "Abstammung" über drei Generationen hinweg sich anhand einer repräsentativen Stichprobe im Detail noch niemand angeguckt hat (auch der Abstammungsfanatiker Ritter nicht! Also, es gibt einmal diesen Kontext, den hier – wenn ich es richtig sehe – niemand wollen kann.), sofern die beurkundeten Abstammungsverhältnisse überhaupt zuverlässig sind ...

„ansässige, halbsesshaft und nomadisch lebende Jenische.“

Mit dem Begriff „kulturzentrisch“ kann ich nichts anfangen. Die Selbstwahrnehmung von Jenischen wird wohl auch in diesem Punkt kein Maßstab sein können – das Thema haben wir schon reichlich durchgekaut. Die Formulierung stammt ursprünglich, wenn ich es recht sehe, von Fäberer. Ich habe mehr aus sprachlichen als aus terminologischen Gründen (obwohl ich auch da Einwände habe, siehe weit oben) die Reihung seßhaft – halbseßhaft – nicht seßhaft für besser gehalten und nun noch wieder als Kompromißvorschlag ortsfest – temporär ortsfest – nicht ortsfest eingebracht.

Im übrigen schlage ich vor, zu der zuletzt geübten Praxis zurückzukehren und Veränderungsvorschläge zunächst auf der Diskussionsseite einzubringen und zu diskutieren, bevor im Ergebnis Änderungen vorgenommen werden. Wir (ich schließe mich mit mea culpa unbedingt mit ein) haben zum Schaden sowohl der Seite als auch unserer Motivation den Artikel sehr lange, zu lange als ein Kampffeld betrachtet, sollten die Brechstangen also künftighin zur Seite legen. Wir wissen ja jetzt, daß wir auch damit umgehen können, "Mimosen", die wir sind.--Kiwiv 12:54, 21. Sep. 2007 (CEST), geringfügig ergänzt:--Kiwiv 23:01, 21. Sep. 2007 (CEST)Beantworten


Kann gut sein, dass die 90% hier von mir stammen, ich hab's nicht recherchiert. Für die Schweiz ist es eine "offiziöse" Angabe, die auf dem "Bericht des Bundesrates zur Lage des fahrenden Volkes" basiert, wo von rund 35'000 Jenischen insgesamt und 3-5'000 "fahrenden Jenischen" ausgegangen wird. Die aktuell im Artikel stehende Version Wie viele Menschen jenischer Herkunft noch "Reisende" sind oder ortsfest leben und bürgerliche Berufe ausüben ist unbekannt. sehe ich als tragfähigen Kompromiss und stimmige Formulierung, da für andere Länder ähnliche Verhältnisse wie in der Schweiz vermutet, aber nicht zitiert werden können.
"Kulturzentristisch" meint wohl "mit der Brille des Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft betrachtet". Ein Satz wie Die Selbstwahrnehmung von Jenischen wird wohl auch in diesem Punkt kein Maßstab sein können macht mir diese Definition naheliegend.... Bei den Ethnologen gibt es doch genügend Untersuchungen über den (wie es in Wiki heisst) POV. Es ist tatsächlich immer wieder eine Frage des "POV", des persönlichen Standpunktes und der persönlichen Lebenswirklichkeit, wie etwas wahrgenommen wird. Es ist ein selbstherrlicher Standpunkt eines Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft, wenn er findet, sein "Point of View" sei der einzige Aussichtsturm, von dem aus man "die Wahrheit" sehe und die "Betrachteten" hätten gefälligst den Mund zu halten.
Wohl derselbe Aussichtspunkt verschliesst auch den Blick auf das Wort "nomadisch", das für diesen Betrachter hinter den 7 Bergen im Tale unten versteckt bleibt. Es gab doch in den letzten 20 Jahren wirklich genug öffentliche Debatten in andern Bereichen (Beispiel: Flüchtling-Asylsuchender-Asylbewerber-Asylant usw.), in denen dargelegt wurde, wie Sprachbildungen sich auf den Umgang mit den Subjekten der Sprachschöpfung auswirkt. Und dass Begriffe wie "nicht sesshaft" eindeutig pejorativen Charakter haben, weil durch das "nicht" aus der Sicht des Sprechers ein Mangel definiert wird. Ob "nicht sesshaft" oder "nicht ortsfest" ist dabei sekundär. Solche Formulierungen sind POV.... --Fäberer 12:12, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Guten Morgen Fäberer, ich fand deine Angaben bei Hansjörg Roth wieder, der sich seinerseits auf Golowin und die Schweizerische Bischofskonferenz bezieht. Ich denke, die Kritik an den „90%“ ist insofern zutreffend, als sie von der Schweiz nicht auf „die meisten Länder“ übertragen werden kann. Die Angabe ist inzwischen auch schon ein paar Jahre alt. Andererseits gibt sie Relationen wieder. Eine Fußnote mit Verweis und deutlicher Relativierung der Zahl wäre m. E. angebracht. Die Frage über der Versionsbearbeitung („Wo steht das?“) wäre nebenbei auch beantwortet. Der Fragesteller kann jetzt nachlesen.

Die Formulierung im Artikel mag die drei daran Beteiligten inzwischen zufriedenstellen, aber ich möchte doch noch ein paar Worte zu deinem Beitrag (der ja über die konkrete Frage der Artikelformulierung weit hinausgeht) sagen.

Ich habe nicht vor, dabei in allgemeine Weltbetrachtungen oder auch nur in allgemeine Betrachtungen über die Grundlagen der Kulturanthropologie auszubrechen, denn es geht hier glücklicherweise um viel weniger. Nur dies in Kürze: ich betrachte keinen der Mitdiskutanten als ein Wesen außerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Auch nicht, wenn er eine „jenische“ Teilidentität für sich beansprucht. Ich mache keine Expedition in ein exotisches Land zu einem exotischen „Volksstamm“, wenn ich mich hier mit dem Thema „jenische Sprache“ beschäftige. Ich betrachte auch keinen der Mitdiskutanten als autoritativen Repräsentanten "der" Jenischen, so wenig wie ich ein solcher der Mehrheitsgesellschaft oder gar des "deutschen Volkes" wäre. Das wäre: jeweils Unsinn.

  • In einer – ein großes Wort an diesem Ort – „Enzyklopädie“ wird wiedergegeben, was andere unter möglichster Vermeidung von Privatansichten als einigermaßen gesichertes allgemeines Wissen erarbeitet haben. Das ist was völlig anderes als der Vortrag einer gruppenpolitischen Position in einer Podiumsdiskussion zur Frage z. B. der Gewährung eines Minderheitenstatus für Alawiten, Lesben, Anhänger der Kirche der Heiligen der letzten Tage oder Jenische. Das ist auch was anderes als der Vortrag im Caféhaus, man sei ja ein „Jenischer“, der ja von den Kelten abstamme usw. Ich verstehe sowohl das politische als auch das private Bedürfnis. Beides ist mir nicht fremd. Beides ist selbstverständlich legitim. Aber jedes an seinem Platz.
Die Selbstwahrnehmung von Jenischen und ethnopolitische Selbstinszenierungen von Jenischen finde ich interessant. Ich habe hier bis jetzt schon ein Menge darüber gelernt. Beides wird aber bei den konkreten Fragen, wann zum ersten Mal der Begriff „jenisch“ auftritt oder ob es Hinweise in den gedruckten oder handschriftlichen Quellen der ausgehenden Frühen Neuzeit über eine Sprache, eine „Kultur“ oder eine „Ethnie“ von „Jenischen“ gibt, nicht weiterhelfen können. Und der Wunsch, es möge dieses geben und jenes nicht, weil dieses ein privates oder ethnopolitisches Bedürfnis befriedigt und jenes nicht, das wird kein Maßstab für seine Tauglichkeit für einen Artikel in einer Enzyklopädie sein dürfen.
  • Bereits die Verwendung von „nicht“ (= „aus der Sicht des Sprechers ein Mangel“) politischer Korrektheit zu opfern und aus unserem Sprachschatz zu streichen, scheint mir nicht empfehlenswert, weil es als Negation doch unverzichtbar ist und daher auch in allen Sprachen vorkommt. Davon ab, daß es Mängel tatsächlich auch gibt.
Im Ernst: „nicht seßhaft“, so ließe sich sagen, sei einem Wort wie „Nichtseßhaftenhilfe“ u. ä. zu eng benachbart, um hier verwendbar zu sein, weil es ja auf diese Weise negativ konnotiert sei. Es ging hier aber um die Reihung „seßhaft – halb seßhaft - nicht seßhaft“. Der Kontext ist eindeutig und die doppelte Betonung bei der Aussprache macht es sprachlich klar: hat mit „Nichtseßhaften“ im Sinne von Penner nichts zu tun. Aber ich denke bei der Präferenz fürs Nomadische geht es um etwas völlig anderes, wiederum um etwas Grundsätzliches. Der inzwischen antiquierte Begriff des Nomaden wird in der historischen Migrationsforschung nicht mehr verwendet, weil dort ein Konzept ältere Vorstellungen abgelöst hat, das Migration vor allem aus sozialen Strukturen und in ihrer Historizität erklärt, nicht aber als über Jahrhunderte hinweg bewahrtes tief in einem „Volk(sstamm)“ verankertes kulturelles, wenn nicht biologisch-genetisches "Erbe“. Das hat natürlich sehr damit zu tun, daß ein solches „Erbe“ sich unter den heutigen Bedingungen sehr schnell verflüchtigt. Wir können dabei zusehen. Das Beharren von „Jenischen“ auf einem „nomadischen“ Charakter ihrer Kultur reflektiert m. E. vor allem diesen einen Wunsch nach einem jahrhundertealten „Erbe“. Es wird aber durch die Verwendung dieses Begriffs doch nur suggeriert, nicht nachgewiesen. Wie in dieser Debatte hier leider viel suggeriert („Kelten“, „Neolithikum“), aber nicht nachgewiesen wird. Der jenische Antiquitätenhändler ist eben kein Nomade und dürfte im Regelfall, denke ich mir, heftigst gegen eine solche Einordnung protestieren. Die Unterstellung, eine „Nomade“ zu sein, diese Antiquität aus Kolonialzeiten in unangenehmer Nachbarschaft mit z. B. dem modernen „Mietnomaden“, die ist nach meinem Empfinden herabsetzend.--Kiwiv 09:13, 25. Sep. 2007 (CEST)--Kiwiv 09:32, 25. Sep. 2007 (CEST), leicht ergänzt:--Kiwiv 00:13, 28. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Ethno-Dogmatik und zweiter Editwar

Die von dir ohne stichhaltige Begründung und mutmaßlich nur durch engste Ethno-Dogmatik zu erklärende Löschung wurde wieder rückgängig gemacht: ein unakzeptabler Alleingang. Du scheinst daran interessiert zu sein, den bis hierhin mit Ach & Krach vermiedenen "Krieg" eröffnen zu wollen.--Kiwiv 14:35, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Deine Quellenangaben geben es nicht her, dass du die historischen "Jenisch-Sprecher" pauschal identifizierst mit der Gruppe der Frühneuzeitlichen Armutsgesellschaft oder als fluktuierte und heterogene Zusammengesetzte Gruppen aus diesem Zeitraum. Wo,wann und wenn würdest du als Kochemer-Sprecher bestimmen???. Otfried und Du seid euch nicht mal eins wie das Rotwelsch, Jenisch und "Jenisch der Jenischen" voneinander abzugrenzen ist. Wie willst du dann darüberhinaus die Sprecher identifizieren und soziologisch Qualifizieren...das sind alles Theoriefindungen die so nicht in der von dir gebuchten soziologischen Literatur thematisiert werden. Man kann hier nicht Jenisch-Sprecher mit Gruppen aus wirtschaftlich soziologischen Prozessen der frühen Neuzeit pauschal gleichsetzen. Deswegen habe ich dies alles gelöscht. Zitiere Stellen in der Literatur die das hergeben nur du wirst keine finden. Genauso könnte man behaupten es gibt keinen entscheidenden Unterschied zwischen Rotwelsch und Jenisch der dann eine zeitliche und soziologische Bestimmungen der Sprecher in der Frühen Neuzeit rechtfertigen würde und man könnte behaupten das die Historischen Rotwelsch-Sprecher sich im Spätmittelalter herausgebildet haben als Gegengesellschaft wie es wirklich in der Literatur thematisiert wird:
Zitat:Die armen Habenichtse aber, die 1464 dem Kreuzzugsaufruf folgten, hatten außer der Hoffnung auf Almosen nichts. Arme Leute, die oft genug der Hunger zur Wanderschaft zwang, hatte es immer schon gegeben, wie bereits die karolingische Gesetzgebung gegen die Vaganten erkennen läßt. Aus Einzelfällen aber – wir vereinfachen – wurden im späten Mittelalter Massenerscheinungen. Das relativ undifferenzierte Ergebnis, wonach Mobilität unter den Bedingungen der mittelalterlichen Wirtschaft nicht als Alternative, sondern als Komplementärfaktor zur Seßhaftigkeit zu verstehen ist, bedarf der Vertiefung: Die sozialen Gegebenheiten, die von der Seßhaftigkeit abhängig sind, können sich auch in der Geschichte der Mobilität widerspiegeln. Das zeichnete sich schon in den verschiedenen Formen dieser Mobilität ab. Fahren im Umkreis der Armut hat einen anderen Sinn als das Fahren des vermögenden Bürgers. Aber damit erhebt sich die Frage, ob der geschichtsgestaltende Faktor Armut, den die Mittelalter-Romantik mit teilweise bis heute nachwirkenden Folgen ausgeblendet hatte, nicht auch auf die Mobilität verändernde Auswirkungen gehabt haben sollte.Unterhalb der Tradition, wonach Seßhaftigkeit und Wanderungsbewegung Komplementärinhalte gebildet hatten, könnte sich eine eigene Welt der Fahrenden gebildet, könnte sich ein Gegensatz von Mobilität und Seßhaftigkeit, der das Armutsproblem verbirgt, gebildet haben.S.56f IMIS-BEITRÄGE Heft 20/2002 --Gamlo 17:52, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Lieber Gamlo, fang bitte nicht schon wieder einen Editwar an. Wenn Du Aussagen im Artikel loeschen willst, dann begruende bitte Deine Kritik zunaechst hier PUNKT FUER PUNKT, und nicht durch pauschale Behauptungen ("alles Theoriefindungen die so nicht in der von dir gebuchten soziologischen Literatur thematisiert werden"). Dein aus dem Zusammenhang gerissenes, spekulativ formuliertes ("koennte") Zitat beweist in Hinsicht auf die Sprecher des Jenischen ueberhaupt nichts. --Otfried Lieberknecht 18:34, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Ihr Kiwiv und Otfried hattet den ganzen vorherigen Eintrag "jenische Sprache" gelöscht, ohne das es euch an einer Konsensbildung gelegen hätte, dann hast du Kiwiv einen komplett anderen Eintrag gepostet der eigenmächtig von dir formuliert wurden und nicht das Ergebnis irgend eines gearteten Konsensprozesses war. Dass du ihn kurz auf einer Sonderseite deiner Benutzerseite hattest , war reine Augenwischerei, als du fertig warst mit schreiben nach ein paar Tagen hast du ihn sogleich hier gepostet niemand konnte auch nur ansatzweise "just in time" im Text etwas einbringen oder verändern oder dazu in nützlicher Frist Stellung beziehen. Das würde ja noch angehen wenn du einen neuen Eintrag geschaffen hättest. Der Eintrag "Jenische Sprache" ist also nicht der Status Quo eines gemeinschaftlichen erarbeitenden Textes der auf der Diskussionsseite kommuniziert worden wäre, und nun auf diesem Wege weiter zu modifizieren ist. Der Eintrag selber ist deshalb vorerst der Ort wo die Konsensbildung weitergeht, um gleichberechtigt und unter selben Voraussetzungen zu einen Staus Quo zu gelangen. Und sicher nicht wie Otfried und Du meinen, ihr könntet hier mit zweierlei Mass festlegen wie der Eintrag "Jenische Sprache" zu veränder seih. Ihr gaukelt nur sowas wie eine fadenscheinige Diskussionskultur vor, wie die gesamt Löschung in der Vergangenheit und aktuelle sofortige Löschungen kleinster Änderungen im Text von euch, immer wieder aufs neue bestätigen. Es seih den es sind Änderungen von Kiwiv bei denen Otfried meint nicht zensieren zu müssen...
Das sich die "Jenisch-Sprecher" in der Neuzeit herausgebildet haben ist so wenig und soviel bewiesen wie, dass dieses im Spätmittelalter passiert sein "Könnte". Und deswegen ist und bleibt die neuzeitliche Thesen ohne die spätmittelalterliche gleichberechtigt mit darzustellen eine Theoriefindung...--Gamlo 19:20, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Ich werde hier solange den Absatz löschen bis Kiwiv PUNKT UM PUNKT aus der Literatur mit Zitaten bestätigt, dass die von im skizzierten Gruppen aus der Neuzeit A) mit den Jenisch-Sprecher zu identifizieren sind und B) dass dieses nicht auch schon im Spätmittelalter passiert sein könnte. Weil die Beweislast liegt bei dem der solches behauptet --Gamlo 19:32, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Kiwiv hat einen Artikel, der massiv gegen die Prinzipien von WP verstiess und inhaltlich nicht zu retten war, nach angemessener Ankuendigung durch eine wissenschaftlich fundierte Neufassung ersetzt: die diskutieren wir hier. Wenn Du mit Deinen pauschalen Loeschungen weiter im Artikel vandalierst, riskierst Du nur die Sperrung des Artikels. Bring also bitte Deine konkreten Einwaende u. Belege zur Stuetzung dieser Einwaende hier vor, damit ggf. Umformulierungen u. Aenderungen im Konsens erreicht werden koennen. --Otfried Lieberknecht 19:51, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Wie gesagt ich werde es solange löschen bis Kiwiv Punkt um Punkt durch die Literatur zitiert hat was er dort behauptet und zwar durch Zitate und nicht weil man die Literatur allgemein dahingehend auslegen kann. Weil das kann man mit jeder Literatur. Er sagt ja selber, dass die Literatur widersprüchlich ist geschweige denn wenn es um konkrete Belege geht. Also Otfried du brauchst nicht den Polizeihund spielen für Kiwiv. Beissen und Bellen soll er selber aber das wird ihm nicht ausreichen. Er soll mal konkret werden...--Gamlo 20:00, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Nein, das wirst Du nicht, oder ich werde meinerseits die Sperrung Deines Accounts und die Sperrung des Artikels fuer nicht-angemeldete Nutzer beantragen. Die von Dir immer wieder geloeschten Passagen:

  • Historisch haben sich als "Jenisch" bezeichnete Sprachvarianten (wie auch die konkurrierenden Bezeichnungen), wenn man zeitlich in etwa vom ersten Auftreten des Begriffs ausgeht, in einer Sprecherpopulation herausgebildet, die nach landschaftlicher und sozialer Herkunft in sich heterogen war und deren Zusammensetzung fluktuierte: Das ist m.E. noch nicht gluecklich formuliert wegen der uneindeutigen Parenthese "wie auch die konkurrierenden Bezeichnungen", aber es ist mit der gebotenen Vorsicht formuliert, indem es die Aussage ausdruecklich an die Bedingung "wenn man zeitlich in etwa vom ersten Auftreten des Begriffs ausgeht" knuepft und ausserdem die Sprecher der "als 'Jenisch' bezeichneten Sprachvarianten" nicht gleichsetzt mit der charakterisierten heterogenen Sprecherpopulation, sondern die Entstehung in dieser Sprecherpopulation lokalisiert.
  • Hinter dem obrigkeitlichen Etikett vom "herrenlosen Gesindel" stand der Tatbestand, dass dieser Bevölkerungsteil rechtlich durch ein flächendeckendes staatliches Betretungs-, Aufenthalts- und Duldungsverbot, ökonomisch durch nur ambulant praktizierbare Nischentätigkeiten und gesellschaftlich durch das Stigma des potentiellen Straftäters marginalisiert war. Im oft generationenlangen Ausschluß von Familiengruppen aus der in ortsfesten Untertanenverbänden organisierten Mehrheitsgesellschaft ist der Ausgangspunkt für die Entstehung von Ansätzen einer separaten Ethnizität und für die Formierung eines eigenen kollektiven Selbstverständnisses am mehrheitsgesellschaftlichen Rand und zugleich in Distanz zu den nach außen geschlossenen Gruppen der Roma und der vagierenden Juden zu sehen. Dabei dürfte die Sprache eine wichtige Rolle gehabt haben: Wo bitte liegt das Problem?

Zu Deinen Behauptungen und Forderungen:

  • Das sich die "Jenisch-Sprecher" in der Neuzeit herausgebildet haben ist so wenig und soviel bewiesen wie, dass dieses im Spätmittelalter passiert sein "Könnte": In der Sprachwissenschaft gibt es bei allen Differenzen in der Begriffsverwendung niemand, der "Jenisch" als Sprachbezeichnung oder Sprecher-Bezeichnung oder gar als Ethnonym fuer das Spaetmittelalter postuliert, deshalb muss Kiwiv in diesem Punkt auch ueberhaupt nichts "beweisen". Deine Vorstellung von einem spaetmittelalterlichen oder gar noch aelteren "Jenisch", das noch weitgehend frei von Romani gewesen waere, ist ein Phantasiekonstrukt, das in der Sprachwissenschaft keine Grundlage hat. Dort heissen die Sondersprachen der Bettler, Fahrenden, Unehrlichen u. Kriminellen im Spaetmittelalter u. zu Beginn der Fruehen Neuzeit, als sie noch im wesentlichen auf deutschen u. jiddischen Wortschatzanteilen beruhen, Rotwelsch.

--Otfried Lieberknecht 20:18, 23. Sep. 2007 (CEST) Nachgetragen u. am Rande bemerkt: Ich war in der letzten Zeit und bin fuer die naechsten zwei bis drei Wochen auch weiterhin beruflich so stark in Anspruch genommen, dass ich hier im Augenblick wenig Substantielles beitragen kann. Ich habe mich aber offline an die Arbeit gemacht, u.a. Kluges Quellenbuch in den Belegen des aelteren Rotwelschen gruendlicher durchzuarbeiten, um den notleidenden Artikel Rotwelsch auf einen besseren Stand zu bringen. Auch fuer den Artikel Jenische Sprache habe ich einige konkrete Aenderungsvorschlaege in Vorbereitung, die ich hier zur Diskussion stellen werde. Diese betreffen auch den aktuell strittigen Unterabschnitt "Die historischen Jenisch-Sprecher", weil ich der Meinung bin, dass der Artikel sich auf das Sprachliche konzentrieren u. sozialgeschichtliches nur insoweit einbeziehen soll, wie es sich mit sprachlichen Befunden deckt (oder meinetwegen auch in erklaerungsbeduerftigem Widerspruch dazu steht). Dieser Focus ist bisher m.E. nicht genuegend gegeben, um ihn aber herzustellen, genuegt es nicht, missliebige Absaetze einfach aus dem Artikel zu loeschen. --Otfried Lieberknecht 20:54, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Zitat Lieberknecht: "Nein, das wirst Du nicht, oder ich werde meinerseits die Sperrung Deines Accounts und die Sperrung des Artikels fuer nicht-angemeldete Nutzer beantragen." so bellen Polzeihunde die Jenische Mundtod beissen wollen...lol --Gamlo 21:07, 23. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Du stehst hier nicht als "Jenischer" in der Kritik, sondern fuer den Murks, den Du im Artikel fabriziert. Und dafuer kriegst Du auch als "Jenischer" hier keinen Freifahrschein. --Otfried Lieberknecht 00:22, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Es gibt keinen linguistisch verifizierbaren Unterschied der die Qualifizierung der ehemals als Rotwelsch-Sprecher bezeichneten Gruppen in eine Untergruppe der Jenisch-Sprecher rechtfertigen würde. Und diese sich erst in der Frühen Neuzeit unabhängig von dieser gebildet hätte ohne eine Darstellung der Kontinuität von der Einen in die Andere Gruppen vorzunehmen. Unabhängig davon ist es unerheblich inwieweit der Einfluss des Romanes auf das Jenische der Neuzeit auch immer sein mag. Das Romanes hat das Jenische beeinflusst aber nicht erzeugt. --Gamlo 00:37, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Ich darf mich wiederholen: "In der Sprachwissenschaft gibt es bei allen Differenzen in der Begriffsverwendung niemand, der "Jenisch" als Sprachbezeichnung oder Sprecher-Bezeichnung oder gar als Ethnonym fuer das Spaetmittelalter postuliert, deshalb muss Kiwiv in diesem Punkt auch ueberhaupt nichts 'beweisen'. Es ist ermuedend, sich hier staendig mit Thesen auseinandersetzen zu sollen, die in der Wissenschaft niemand verfolgt. --Otfried Lieberknecht 09:38, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Es geht hier nicht um die Jenischen oder Jenisch-Sprecher sondern um die Rotwelschsprecher. Und zu den Rotwelsch-Sprecher zählen die Jenisch-Sprecher, Kochemer-Loschensprecher, Fahrende Rotwelsch-Sprecher des Mittelalters, Manisch-Sprecher etc. Die Übergänge bei diesen Rotwelsch Varianten sind räumlich zeitlich und sprachlich fließend, also kontinuierlich tradiert. Zitat Kiwiv: In der deutschen Linguistik wird das Jenische als Variante oder Teil des Rotwelschen klassifiziert.[1] Deshalb und wegen Gemeinsamkeiten in Wortschatz und Sprachgebrauch gibt es unterschiedliche Deutungen darüber, welche andern lokalen oder regionalen Sprachen, die z. T. unter anderen Sprachnamen wie „Kochum“ (z. B. Hundeshagen im Eichsfeld), „Masematte“ (Münster in Westfalen), „Manisch“ (z. B. Gießen), „Lakerschmus“ (Weimerskirch in Luxemburg) oder Pleisle (Killertal) bekannt sind, dem Jenischen und/oder dem Rotwelsch zuzurechnen sind. Wortbestände und Sprechergruppen der lokalen und regionalen Jenischvarianten werden von der Sprachwissenschaft in ihrer Genese wie nach der sozialen Zuordnung als nicht kongruent taxiert. Schwer fällt Linguisten die Abgrenzung vom Rotwelsch. Gesichert lässt sich sagen, dass die Sprachbezeichnung Rotwelsch älter ist, eine Fremdetikett darstellt und nicht zugleich als Ethnonym verwendet wird. Klar gezogen ist die Trennlinie gegenüber dem Romanes als einer in jeder Hinsicht eigenständigen Sprache der Roma.

Es geht hier überhaupt nicht um die Jenischen oder deren Ethnie. Sondern um die Kontinuität des Rotwelschen über die Entstehungsgeschichte des Rotwelschen und in welchem Milieu es sich zuerst heraus gebildet hat nämlich im Spätmittelalter. Zur Kontinuität siehe Wolf und Arcangelis:

Zitat: 3.5.37 Rekapitulation einiger Hauptentwicklungen in Wolfs zweiter Periode - In der ersten Periode ist in den Innsbrucker Urkunden von 1574 eine erste, lokale Selbstdefinierung aufgetaucht, die durch den Begriff Meyßkopf erfolgt. In Wolfs zweiter Periode haben Rotwelschsprecher sich selbst belegbar ab 1687 durch dichotomische Paare definiert. Eng damit verbunden ist ihre Abhebung von den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft. In mehreren Rotwelschdialekten erfolgt die Selbstdefinierung über die Begriffe Jenisch und Wittich. - Eine interne Benennung der eigenen Sprachform Jenisch ist aktenkundig 1714 in Wien unter Kellnern gefunden worden. - Bestimmend in der Sprachentwicklung dieser Periode sind nicht mehr die Bettler der ersten Periode, sondern ab 1687 die informellen organisierten nichtsesshaften Räuber. - Ansätze einer Entwicklung einer eigenen Gesellschaftsform bzw. eigenen Kultur ist von mehreren Wissenschaftlern thematisiert worden: Kraft, Küther, Glanz und Seidenspinnner. - Rotwelsch zeigt eine kontinuierliche Entwicklung über mehrere Jahrhunderte vom Spätmittelalter zur frühen Neuzeit. S.221 D’Arcangelis Die Verfolgung der sozio-linguistischen Gruppe, der Jenischen im NS-Staat

Zitat 2.3. Die Sprechergemeinschaft Zwischen dem Rotwelsch des fahrenden Volks und den noch vereinzelt zu beobachtenden Resten in Städten und Gemeinden bestehen nicht nur Gemeinsamkeiten in Bezug auf das verwendete Vokabular, sondern auch bezüglich der Funktion der Geheimsprache. S.4 Prof Dr. Heinz H. Menge in Rotwelsch – Die deutsche Gaunersprache Eine künstliche Sprachbarriere

Und diese Erkenntnisse müssen wenn man schon von historischen Sprechern referiert unbedingt einbezogen werden ansonsten suggeriert der Artikel das Jenische seih 1714 vom Himmel gefallen und es ist nicht das Ergebnis einer Rotwelsch-Entwicklung und eine unter vielen Varianten innerhalb des Rotwelschen wie der Text ja weiter oben ausführt --Gamlo 10:36, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

  • Die Kontinuitaet von aelterem Rotwelsch zu neuerem Jenisch u. die Subsumierbarkeit der "Jenisch" genannten Varianten unter einen allgemeinen Begriff Rotwelsch hat hier ja wohl niemand so oft zur Geltung zu bringen versucht wie ich, und niemand hat das so engagiert und empoert bekaempft wie Du.
  • Dass Du nichtsdestoweniger Deine Vorstellung von "Jenisch", die schon in der Gegenwart kaum jemand bezeugtermassen teilt, unter Quasi-Gleichsetzung mit Rotwelsch bis ins Mittelalter zurueckprojizieren willst, waehrend in den Quellen und in der Forschung niemand wesentlich vor dem 18. Jh. mit diesem Begriff operiert, gehoert genau zu denjenigen Merkmalen Deiner Theoriefindung, die schon die fruehere Fassung des Artikels verunmoeglicht haben u. erst recht in der Neufassung nichts zu suchen haben.
  • Wir haben einen Artikel Rotwelsch, der die Gesamtheit der als Rotwelsch bezeichneten Sonderwortschaetze seit dem Spaetmittelalter und deren allgemeinen Typ bzw. die zu dessen Bestimmung gegebenen Ansaetze in der Forschung zu behandeln haette, was er derzeit in der von mir erstellten Fassung nur ganz wischiwaschimaessig tut. Wir haben einen Artikel Jenische Sprache, der speziell die seit dem 18. Jh. so bezeichneten Sonderwortschaetze und die Ansaetze der Forschung zu deren Bestimmung als Varianten von Rotwelsch oder als davon abgrenzbarer Typ zu behandeln hat. Und wir haben ein Lemma Jenische, dessen Artikel die seit dem 18. Jh. so bezeichneten oder sich bezeichnenden Gruppen zu behandeln hat. Vollstaendig voneinander trennen kann man die drei Themenkomplexe nicht, aber das heisst nicht, dass wir sie Deinen persoenlichen Ursprungsphantasien zuliebe staendig durcheinanderbringen und die gleichen oeden Diskussionen an drei verschiedenen Stellen fuehren muessen.
  • Die sprachliche Kontinuitaet zwischen aelterem Rotwelsch u. neueren "jenischen" Sonderwortschaetzen wird in der Literatur, soweit ich sie bisher kenne, unter dem Gesichtspunkt des geheim- oder gegensprachlichen Typs gesehen (den Du ueblicherweise fuer Jenisch bestreitest, jetzt aber stolz unter Berufung auf Menge als Argument reklamierst) u. unter dem Gesichtspunkt lexikalischer Schnittmengen in Bezug auf adaptiert deutsche u. jiddische Wortschatzanteile. In Hinsicht auf die Romani-Anteile ging die aeltere Forschung (Kluge, Wolf u.a., z.T. auch noch Schuette) und bis vor kurzem deshalb auch ich auf der Grundlage eher schwacher oder unhaltbarer Etymologien davon aus, dass Romani-Entlehnungen bereits seit dem Liber vagatorum (1510) greifbar seien u. insofern das Rotwelsch auch dieser Epoche schon charakterisierten. Inzwischen habe ich aber die Arbeit von Matras gelesen, einiges nachgeprueft u. muss mich in diesem Punkt wohl korrigieren. Entlehnungen aus Romani sind laut Matras -- abgesehen vom sporadischen Auftauchen des Wortes "Jenisch" selbst, dessen Romani-Herkunft Matras nicht nur phonetisch praezisiert, sondern in Hinsicht auf das fruehe Datum der Erstbelege (1714 u. 1721=1716) zugleich auch mit einem Fragezeichen versieht (was mir ebenfalls neu war) -- erst seit dem letzten Viertel des 18. Jh. dokumentiert, und zwar zeitgleich zu und z.T. in direkter Verbindung mit der Etablierung des Begriffs "Jenische Sprache" als Gegenbegriff zu "Zigeunersprache" (Romani), u. nicht oder nicht nur als Gegenbegriff zur Mehrheitsprache (wie noch 1714). Das kann unser Artikel noch besser darstellen, hat aber mit der sozialen Kontinuitaet oder Fluktuation von Sprechergruppen seit dem Spaetmittelalter nicht das geringste zu tun, sondern zeigt allenfalls, dass der Bedarf fuer den Begriff "Jenisch" und fuer die sprachliche Abgrenzung von Romani-Sprechern in einer Zeit verstaerkter Kontakte mit Romani-Sprechern (laut Matras in dieser Zeit auch vermehrt aus Frankreich zugewandert) entstand. Die fuer "Jenisch" durch Eigen- oder Fremdbezeichnung bezeugten Sprechgruppen reichen im 18. Jahrhundert in der Zeit vor Schoell im uebrigen von Wiener Kellnern ueber schwaebische (und schweizer) Raeuberbanden u. sonstige schwaebische Gefaengnisinsassen bis hin zu (in Urach) Bettlern, Freileuten u. (der Beleg ist in diesem Punkt allerdings auslegungsfaehig) Bauern.
  • Der strittige Abschnitt ist in Kiwivs Fassung auf die Sprecher der "als 'Jenisch" bezeichnete[n] Sprachvarianten (wie auch [der] konkurrierenden Bezeichnungen)" mit der zeitlichen Eingrenzung "wenn man zeitlich in etwa vom ersten Auftreten des Begriffs ausgeht" (also etwa ab 1714) abgestellt und dafuer mit Quellen belegt. Es ist grotesk, dass Du ihn mit ein paar Umformulierungen ("Rotwelsch bzw. Jenisch" seit dem ersten Auftreten des Belegs "Rotwelsch") auf die Zeit seit ca. 1250 ausdehnen willst. Noch dazu mit einem Quellenverweis auf den Artikel "Armut" im Historischen Lexikon der Schweiz [2], der Armut im Mittelalter u. in der Fruehen Neuzeit bis zur Reformation sowie im 19.-20. Jh. behandelt, aber, wie wir es von Deinen Quellenangaben mittlerweile gewoehnt sind, zur nachmittelalterlichen Kontinuitaet spaetmittelalterlicher vagierender Gruppen nicht das geringste mitteilt -- wie denn auch, wenn dort die Zeit von der zweiten Haelfte des 16. bis zum Beginn des 19. Jh. uebersprungen wird --, dafuer aber zum 19.-20. Jh. ausfuehrlich auf die modernen Ursachen von Massenarmut u. deren "stark" gewandelte "Erscheinungsformen und Folgen" eingeht. Jenisch ist dort ueberhaupt kein Thema, Rotwelsch wird dagegen einmal erwaehnt, in einem ganz missglueckten Absatz, den Du dann durch Deine Adaption zielsicher noch tiefer in den Unsinn treibst, indem Du Brants Narrenschiff u. die Basler Betruegnisse zu "Gaunerliteratur" deklarierst...
  • Und auch folgende Ergaenzung ist Dir einen Editwar wert: "Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang warum die Jenischen als eine Gruppe innerhalb der Jenisch-Sprecher fast durchweg Katholisch (gewesen)sind" - das moechte man wohl glauben, dass diese Frage ungeklaert ist, denn von "Jenischen als Gruppe innerhalb der Jenisch-Sprecher" hat ja noch niemand etwas gehoert. Sind das die echten Jenischen im Unterschied zu den falschen, deren Sprache bloss zufaellig auch Jenisch heisst, und sollen wir als neues linguistisches Unterscheidungs- und Echtheitskriterium jetzt die Konfession einfuehren? Deine Quelle, Efing, stellt in Hinsicht auf konfessionelle Zugehoerigkeit durchaus nichts als "ungeklaert" dar und stellt auch keine Beziehung zur Sprache her, sondern behauptet im Zusammenhang mit der Ansiedlung katholischer Jenischer in Pfedelbach, Untergröningen u. Luetzenhardt beilaeufig, dass Jenische "fast durchweg streng katholisch" (wirklich streng?) gewesen seien u. gibt im uebrigen durchaus eine Erklaerung dafuer -- wenn auch eine ziemlich pauschal formulierte ("Da man die Religionszugehörigtkeit der Untertanen seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr ändern beziehungsweise vorschreiben durfte, förderte man die Ansiedlung der eigenen Religionsgenossen, indem man ihnen bestimmte Privilegien in Aussicht stellte").
  • Du missbrauchst den Artikel fuer die Verteidigung Deiner Privattheorien und verwendest dabei Quellenbelege etwa so, wie man bei einer Wirtshausschlaegerei Stuhlbeine oder Bierglaeser verwendet, ohne Ruecksicht auf ihre eigentliche Bestimmung, aber in der Hoffnung, damit auf der Nase des Gegners punkten zu koennen. Du kannst nicht im Ernst glauben, dass hier irgendjemand bereit ist, einen solchen Quatsch mitzumachen. Such' Dir bitte eine andere Wirtschaft, oder halte endlich die WP-Regeln ein.

--Otfried Lieberknecht 16:34, 24. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

  • Rotwelschsprecher gehörten nicht unbedingt den unteren Sozialschichten an. Das älteste Zeugnis des Rotwelsch legt das Wort einer Königin in den Mund („der kuninginnen rotwalsch“, Kluge, S. 1). Siehe z. B.: Kluge, S. 30, 90, 91, 95, 96, 106, 115, 116, 122, 125, 126, 130, 132 (hier hörte ich beim Nachblättern auf).
  • Die Anmerkung zum Abschnitt „Historisch haben sich als ‚Jenisch’ bezeichnete Sprachvarianten ...“ nennt ausdrücklich kein vereinzeltes Zitat. Sie nennt einen sehr kleinen, aber repräsentativen Teil der umfangreichen jüngeren Literatur zu den Themen Armutsgesellschaft in der späten Frühen Neuzeit und Vagierende Armut in Mitteleuropa in der späten Frühen Neuzeit. Zum Überprüfen wie zum Nach- und Weiterlesen. So geht es aus dem Einleitungssatz der Anmerkung hervor und so ist es üblich bei der Arbeit an Texten, wenn Grundlagen dargestellt werden. Ohne eine Kenntnis dieser Literatur, die durch irgend etwas aus dem Netz Gezogenes nicht ersetzt werden kann, ist eine qualifizierte Urteilsbildung nicht möglich, es sei denn, man stützte sich auf kompetente Verfasser, die sich die Grundlagenliteratur bereits erarbeitet haben. Wie z. B. (unter Beschränkung auf die Schweiz) die folgenden Autoren:
Thomas Huonker/Regula Ludi, Roma, Sinti und Jenische. Schweizerische Zigeunerpolitik zur Zeit des Nationalsozialismus. Beitrag zur Forschung [= Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg, Bd. 23], Zürich 2001:
"Jenische nennen sich die in der Schweiz, Deutschland und Österreich lebenden Angehörigen fahrender und seßhafter Lebensweise, die nicht Romanes sprechen. Der Begriff ‚Jenisch’ als Bezeichnung einer Mundart [nicht: „Sprache“!] taucht in den Quellen selten auf ... Aus den spärlichen Quellen geht jedoch hervor, dass die Bezeichnung von einer sozial sehr heterogen zusammengesetzten Bevölkerung mit fahrender und seßhafter Lebensweise sowie mit unterschiedlichen kulturellen Traditionen benutzt worden ist.“ (S. 13).
Hansjörg Roth, Jenisches Wörterbuch. Aus dem Sprachschatz Jenischer in der Schweiz, Frauenfeld 2001:
„Vielfach beginnen sie [= „jenische Familiengeschichten“] in seßhaften Unterschichten, bei verarmten Kleinbauern, Dienstboten, Handwerkern, Tagelöhnern, die aus wirtschaftlichen Gründen zu einem Leben auf der Strasse gezwungen worden waren, manche schon im Kindesalter als saisonale Hilfskräfte unterwegs im benachbarten Schwaben oder Tirol.“ (S. 58), „Die ‚sesshafte’ These stützt sich mehrheitlich auf bekannte historische Quellen. Ihr zufolge gelten die Jenischen als Nachkommen schweizerischer, auf jeden Fall europäischer Bevölkerungskreise, die vor allem aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen nichtseßhaft geworden seien.“ (S. 61) Roth nennt daneben noch eine „’zigeunerische’ Herkunftsthese“, die er auf „veraltete nationale [richtig: nationalistische] und rassische [richtig: rassistische] Paradigmen aus den 1920er und 1930er Jahren“ zurückführt (S. 62f.). Ein „Grossteil der Jenischen“ stehe ihr „skeptisch bis wenig ernsthaft gegenüber. Sie sehen ihre Wurzeln mehrheitlich in den nichtsesshaften Bevölkerungsgruppen des 18. und 19. Jahrhunderts.“ (S. 65)
Es bleibt aus meiner Sicht – gerade auch angesichts der Diskussion hier wie im Artikel „Jenische“ – nur der Schluß, daß es sich sowohl beim Indien- wie auch beim Keltenmythos um ethnopolitische Eigengewächse eines Teils der Verbandsfunktionäre handelt, die nur sehr begrenzt Anklang beim Fußvolk finden, um Phantasmen, die eben, wie es solchen zukommt, „skeptisch bis wenig ernsthaft“ gerade auch bei den von ihnen Betroffenen betrachtet werden.
  • Wir sind hier auf der Diskussionsseite, da möchte ich doch mal folgendes anschließen: Angesichts der Seltenheit des Sprachbezeichnung im 18. Jahrhundert (1714, 1716, 1787, 1791, 1791, 1793) und der noch größeren Seltenheit der Sprachträgerbezeichnung (1793), läßt sich von der Existenz einer sozialen Gruppe, erst recht einer ethnischen Gruppe von „Jenischen“ im Gegensatz zu den Gruppen der Roma oder der vagierenden Juden für das 18. Jahrhundert mit gutem Gewissen eigentlich überhaupt nicht reden. Der gesellschaftliche Rand hat eben angesichts seiner Zersplitterung, angesichts seiner disparaten sozialen, geographischen, beruflichen, sprachlichen Herkunft und Lage und angesichts von Verarmung und Verelendung und dringendster Existenzschwierigkeiten ein eigenes Problem von der „Klasse an sich“ zur „Klasse für sich“ zu kommen, geschweige denn, so etwas wie Ethnizität auszubilden.
  • Eine Erklärung für den unstrittigen Tatbestand, daß ein großer Teil der vagierenden Armut, soweit es sich nicht um Juden handelte, katholisch war, liegt im unterschiedlichen Umgang der Konfessionen mit Armut, Almosen und Bettel. Kurz gesagt, Protestanten verweigerten die Unterstützung (wie sie z. B. mitunter auch die Taufe verweigerten oder sogar verboten: auch wichtig in diesem Zusammenhang). Katholiken verfügten über eine weit zurückreichende Tradition der „guten Tat“ und der Armenunterstützung. Für Protestanten lag die „gute Tat“ in der Arbeit. Ob es Arbeitsmöglichkeiten überhaupt gab, interessierte nicht. „Wer Arbeit will, findet sie.“ Es ergibt sich eine sehr starke Affinität, eine „natürliche“ Nähe Armer zum Katholizismus, die durch ein notgedrungen endogames Heiratsmuster unterstützt wurde. Vgl. u. a.: R. Endres, Das Armenproblem im Zeitalter des Absolutismus, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 34/35 (1974/75), S. 1003–1020, hier: S. 1013, 1015, 1020; Meinrad Schaab, Geschichte der Kurpfalz, 2. Bde., Neuzeit, Stuttgart/Berlin/Köln 1992, S. 159 f.; Wolfgang Seidenspinner, Bettler, Landstreicher und Räuber. Das 18. Jahrhundert und die Bandenkriminalität, in: Harald Siebenmorgen/Johannes Brümmer (Hrsg.), Schurke oder Held? Historische Räuber und Räuberbanden (Volkskundliche Veröffentlichungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe), Sigmaringen 1995, S. 27–38, hier: S. 28.
  • „Deine Quellenangaben geben es nicht her, dass du die historischen "Jenisch-Sprecher" pauschal identifizierst mit der Gruppe der Frühneuzeitlichen Armutsgesellschaft oder als fluktuierte und heterogene Zusammengesetzte Gruppen aus diesem Zeitraum. Wo,wann und wenn würdest du als Kochemer-Sprecher bestimmen???.“
Ein Satz, der Kopfschmerzen verursacht. So verknüselt, wie man im Rheinland sagt, daß nur die Kapitulation bleibt.
  • „Prof. Dr. Heinz H. Menge in Rotwelsch – Die deutsche Gaunersprache“. Einmal abgesehen von der absonderlichen Form der Zitierung: ein solches Buch existiert nicht. Heinz Menge ist Germanist an der Uni Bochum. Vor ein paar Jahren hat er mal ein Seminar zum Thema Sprachbarrieren gemacht. Dabei entstand dann eine 35seitige Hausarbeit zu „Rotwelsch“, die auf einem Hausarbeiten-Server landete. Hier wird eine studentische Hausarbeit für die Arbeit eines professoralen Fachvertreters genommen, dort ein Klappentext für das Buch: da läßt sich schnell mal was aus dem Netz zuppen, was dem Anschein nach was hermacht. Heißa! Das ist leider ein Vorgehen, das Arbeit nicht ersetzen kann, denn so dürftig wie der dilettantische Aufwand muß zwangsläufig das Ergebnis sein: für diese Zwecke hier ungenügend (auch wenn mächtig viel drumherumschwadroniert wird). Auf dieser dünnen Grundlage aber sich aufzublasen ("Wo steht das?") und den Anspruch zu erheben, Inhalte aus einem Artikel streichen zu können, das ist je nach Geschmack anmaßend und/oder lächerlich.--Kiwiv 17:07, 25. Sep. 2007 (CEST), geringfügig ergänzt:--Kiwiv 17:28, 25. Sep. 2007 (CEST), ein weiteres Mal geringfügig ergänzt:--Kiwiv 18:40, 25. Sep. 2007 (CEST)Beantworten
Lieber Kiwiv, grundsaetzlich stimme ich Dir zu, aber:
  • Rotwelschsprecher gehörten nicht unbedingt den unteren Sozialschichten an: Deine Belege bei Kluge will ich eute abend noch nachschlagen, aber das mhd. Passional ist kein geeigneter Beleg: dort wird die absichtsvoll missverstaendliche, betruegerische Rede hoefischer Personen als "rotwal(s)ch" bezeichnet, und es ist sehr fraglich, ob das bereits die Existenz eines Rotwelsch in unserem Sinn voraussetzt. Die Stelle ist der erste bekannte Beleg fuer das Wort, aber noch kein geeigneter Beleg fuer Rotwelsch als Geheimsprache von Bettlern oder Fahrenden (auch wenn man das bei etymologischen Erklaerungen des Wortes in Hinsicht auf den Bestandteil "rot" manchmal als moeglich annimmt). Wenn in spaterer Zeit das uns interessierende Rotwelsch von Personen hoeheren Standes gesprochen wurde (Deine Belege bei Kluge will ich, wie gesagt, noch nachschlagen), dann vermute ich, dass es sich um militaerische Kontexte handelt, in denen "Feldsprache" mit rotwelschen Elementen gesprochen wird, oder um Personen, die trotz ihres Standes in ein kriminelles oder auf andere Weise sozial marginalisiertes Milieu geraten waren (Typ Karl Moor).
  • Angesichts der Seltenheit des Sprachbezeichnung im 18. Jahrhundert (1714, 1716, 1787, 1791, 1791, 1793): In der Liste fehlen anscheinend (falls ich die Jahreszahlen aus dem Gedaechtnis richtig zuordne) die Einleitung Schaeffers zu den Sulzer Zigeunerlisten und die Uracher Unterlagen zu einem Falschmuenzerprozess, beide fuer uns hochinteressant, letztere -- wichtig speziell fuer die soziale Zuordnung der Sprecher -- werden leider bei Kluge nur in kurzen Auszuegen u. ohne ausreichende Erlaeuterungen wiedergegeben. Ich will mir beides noch einmal vornehmen u. im Artikel die Darstellung der fruehen Belege entsprechend ergaenzen.
--Otfried Lieberknecht 18:13, 25. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

ISO 639-2 Sprachcode

Ich habe Probleme mit der Zuordnung der Jenischen Sprache zu einem ISO 639-2 Sprachcode. Da kein eigenes Kürzel existiert, muss eine Familie "herhalten". Hier bieten sich zwei an: Nach der Klassifikation, die der Artikel nennt, wäre es gem. SIL allerdings nennt die Zuordnung des ehemals verwendeten Ethnologue 14 Kürzels YEC zu den nicht kodierten Sprachen mis. Hier könnte evtl. erst ISO 639-4 klären, wenn es denn dann erscheint. --chrislb disk 12:50, 27. Dez. 2007 (CET)Beantworten

ref-tags

Deine Änderung kann ich stehen lassen (auch wenn es angesichts der sehr langen Literaturangaben nicht gerade ein übersichtlicher Text ist, den der Leser nun vor sich hat. Deshalb hatte ich die Verweise ausgegliedert.) Nur, erkläre mir bitte, der ich erst seit einigen Monaten an diesem Ort bin: wieso "Ärger"? --Kiwiv 21:52, 27. Dez. 2007 (CET)Beantworten

Das passt besser auf deine Disku, aber gut. a) werden Diskussionsbeiträge unten angehängt, was so nicht mehr sauber ist und b) können bei einer teilweisen Archivierung (nur die ältesten oberen Beiträge) die Fußnoten auseinander gerissen werden. --chrislb disk 22:56, 27. Dez. 2007 (CET)Beantworten

Status in der Schweiz

Ich würde ja begrüssen, wenn das Jenische in der Schweiz eine anerkannte Minderheitensprache wäre, aber stimmt das?--Trebeta 00:51, 24. Mai 2008 (CEST)Beantworten

Hallo Trebeta,
In der Schweiz sind Jenisch und Romanes vom Bundesrat als territorial nicht gebundene Sprachen im Sinne der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen anerkannt, so wie die Minderheit der "Fahrenden" mit Schweizer Staatsbürgerschaft - Manusch/Sinti einerseits und Jenische andererseits als Gesamtgruppe, also nicht jeweils als Einzelgruppe, als nationale Minderheit anerkannt ist. Ergoogel Dir die Belege, indem Du "Jenisch", "Minderheitensprache" und "Schweiz" eingibst. Sie sind zahlreich, und deshalb verzichte ich darauf. In der Bundesrepublik Deutschland sind Jenische (im Gegensatz zu Roma und Sinti deutscher Staatsbürgerschaft) so wenig als Minderheit anerkannt wie in der Schweiz oder irgendwo sonst in Europa. Ebenso wenig ist in der Bundesrepublik ihr Idiom als Minderheitensprache anerkannt.--Kiwiv 20:10, 25. Mai 2008 (CEST)Beantworten

Albert Minder, Mariella Mehr, Simone Schönett

Veröffentlichten die auf Jenisch? Der Text sagt nichts dazu. Falls nicht, gehören die nicht in den Artikel. --Oberlaender 16:31, 1. Jun. 2008 (CEST)Beantworten

Das Kriterium für die Beschreibung als "jenischer Autor" ist nicht das Schreiben und Veröffentlichen "auf Jenisch", sondern die Selbstbeschreibung eines Verfassers als "jenisch". "Jenische Sprache" kann dafür kein Kriterium sein, weil es sich - bitte Artikel lesen - nicht um eine Vollsprache handelt. Als "jenische Sprache" wird ein separater und sehr begrenzter Sonderwortbestand des Deutschen bezeichnet, der gar nicht die Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen kann, wie sie elaborierte Literatur verlangt. Selbst eine hohe Kompetenz in der "jenischen Sprache" gestattet es nicht, einen Roman oder ein Sachbuch auf jenisch zu schreiben.--Kiwiv 11:50, 2. Jun. 2008 (CEST)Beantworten
Nach Wiederherstellung des von Oberlaender diskussionslos Gelöschten: Es geht selbstverständlich um den Kontext "Werk"/"Biografie", wie er beispielthaft von Mariella Mehr repräsentiert wird. Aber eben keinesfalls nur von ihr. Bereits insofern ist die Hervorhebung dieser Autoren sinnvoll. Sie ist aber auch insofern angebracht, als sie ein Nachweis der realen Existenz einer solchen in mancher Hinsicht umstrittenen Bevölkerungsgruppe - wie auch immer man diese im Detail sehen mag - und ein wichtiges Moment jenischen Selbstverständnisses sind. Nicht anders als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Ich verweise auf "proletarische Literatur" oder "Frauenliteratur".--Kiwiv 13:59, 3. Jun. 2008 (CEST)Beantworten
Du bestätigst damit eindeutig, dass praktisch keiner der aufgeführten Autoren im Artikel Jenische Sprache etwas verloren hat. Im Artikel Jenische wird unter Jenische Sprache und Literatur zum Abschnitt im Artikel JS gelinkt. Genau umgekehrt müsste es wenn schon sein. Hier geht es um die jenische Sprache, was wichtig für das jenische Selbstverständnis ist, gehört in den Artikel Jenische. Mit anderen Worten: Wer nicht auf Jenisch veröffentlicht, hat in diesem Artikel nichts zu suchen. Das würde etwa soviel Sinn machen, wie Mario Puzo und Donna Leon im Artikel Italienische Sprache zu erwähnen: Gar keinen. --Oberlaender 15:50, 3. Jun. 2008 (CEST)Beantworten

Du scheinst es zwar nicht zu verstehen: selbstverständlich ist die sog. jenische Sprache wichtig für jenisches Selbstverständnis, für manchen Jenischen ist sie entscheidend. Und selbstverständlich gehören Hinweise auf Meister der xy-Sprache, als die international anerkannte xy-sprachige Schriftsteller anzusehen sind, in einen Artikel "xy-Sprache".

Etwas völlig anderes sagt der Satz "Wer nicht auf xy veröffentlicht, hat in einem Artikel über die xy-Sprache nichts zu suchen" (Unzutreffend ist die Feststellung, da werde "mit anderen Worten" gesagt, was diesem Satz in deiner Bemerkung vorausgeht). Dem stimme ich dann doch, soweit es um das jenische Idiom geht, grundsätzlich zu. Bin also insofern mit der Entfernung der vorliegenden Redundanz in "Jenische" und in "Jenische Sprache" einverstanden. Dennoch eine Bemerkung am Rande. Der rotzige Ton, in dem du hier in Erscheinung trittst, erschwert es hinzuhören. Vielleicht bist du in der Lage, in diesem Punkt noch ein wenig an dir zu arbeiten? Es wimmelt hier von Möchtegernen, die einerseits nichts auf der Pfanne haben, anderseits aber fortwährend den Koffer bis hinten hin aufreißen. Ich finde, da ist Unterscheidung wichtig. ;-) --Kiwiv 19:28, 3. Jun. 2008 (CEST)Beantworten

Ich weiss nicht, wieso Du auf die Idee kommst, ich hätte behauptet, die Jenische Sprache sei fürs jenische Selbstverständnis unwichtig. Wie und was ich gemeint habe, ist doch aus dem Kontext leicht ersichtlich und mittlerweile scheinst Du es ja auch verstanden zu haben, womit wir diese Diskussion beenden können. Nebenbei bemerkt: Mir hat noch nie jemand mit den Worten "es wimmelt hier von Möchtegernen, die einerseits nichts auf der Pfanne haben, anderseits aber fortwährend den Koffer bis hinten hin aufreißen" empfohlen, einen weniger "rotzigen Ton" anzuschlagen. --Oberlaender 22:14, 3. Jun. 2008 (CEST)Beantworten

Keine oder eine?

Den Satz "Die Sprecher des Jenischen heute sind eine ... eigenständige ethnische Gruppe" würde ich, zumindest für die Menschen der Gemeinde Lützenhardt, die ich kennengelernt habe, glatt in sein Gegenteil umkehren. "Keine" würde es besser treffen. Zwar wurde das Jenische gern benutzt, um sich kurz zu verständigen, ohne von Außenstehenden verstanden zu werden. Aber die auch im Artikel erwähnte als sozial unten stehende Position führte dazu, daß nahezu alle Bewohner nicht als "Jenische" bezeichnet werden wollen. --Brigitte-mauch 15:27, 3. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Auch für Pfedelbach und Heuberg sehe ich die Jenischen nicht als eigenständige ethnische Gruppe sondern als Mitbürger, die eben historisch bedingt, noch der jenischen Sprache mächtig sind.--Pfedelbacher 22:24, 3. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Der Text an einer Stelle ist jetzt erheblich verbessert. Allerdings finde ich immer noch Sätze, die, wenn überhaupt, nur auf einen kleinen Teil zutreffen, z. B. : Nicht ihre soziale Stellung oder ihr Beruf, nicht ihre Lebenswirklichkeit als Fahrende oder Sesshafte, sondern ihre verwandtschaftlichen und kulturellen Bindungen bilden den Kern ihres jenischen Selbstverständnisses. Der Name war ja eine Gemeinschaftsbezeichnung von Diskriminierten, und deshalb ist es nicht verwunderlich, daß Jenisch zwar als Geheimsprache manchmal noch verwendet wird, aber von jenischem Selbstverständnis und kulturellen Bindungen bei den meisten nicht mehr gesprochen werden kann. Eher im Gegenteil: Viele ehemals Jenische versuchen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. --Brigitte-mauch 15:23, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

90 Prozent sesshafte Jenische

In Anmerkung 14 wird neu zitiert: „Die überwiegende Mehrheit (rund 90%) der Schweizer Jenischen lebt in sesshaften Verhältnissen.“ (Hansjörg Roth, Jenisches Wörterbuch. Aus dem Sprachschatz Jenischer in der Schweiz, Frauenfeld 2001, S. 23f.) Ein ungeheures Zitat (dessen Richtigkeit ich keineswegs bestreiten will). Aber wenn es richtig ist, besagt es entweder, dass neun mal mehr sesshafte Menschen als fahrende Jenische in der Schweiz jenisch sprechen, was schon ungefähr eine Zahlenangabe wäre. Oder dass es kulturelle Abgrenzungskriterien gibt, die sesshafte Jenische klar von sesshaften Nichtjenischen unterscheiden lassen. Beides hätte für diesen Artikel interessante Konsequenzen. Es würde so ziemlich alle bisherigen Negationen wieder aufheben. --Chalumeau 20:11, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Akkulturation ist ein widerspruchsvoller Prozeß, was in diesem Zitat nicht zum Ausdruck kommt. Und daß diese "seßhaften Jenischen" (von teilseßhaften ist komischerweise nicht die Rede) insgesamt und alle in gleicher Weise über ein sozusagen vollständiges jenisches Sonderlexikon - denn nichts weiter ist "Jenisch" - verfügen würden, ist damit keineswegs gesagt.--Kiwiv 20:43, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten


Mehr gesicherte Wissenschaft und weniger Spekulation würde einem Wikipedia-Artikel gut tun. Gilt auch für die Einführung des Begriffs "Akkulturation". Ueber die 90 Prozent Sesshafte ist in diesem Zitat bei Roth gar nichts gesagt, auch nicht, dass diese auf einem Weg der Akkulturation sind. Das würde voraussetzen, dass Jenische zuvor in einer Art Gesamtheit fahrend waren und jetzt nicht mehr. Was wohl eine hübsche Projektion über ein fahrendes Volk ist, das es so auch kaum je gegeben haben dürfte. Jedenfalls nicht nachgewiesen ist. - Theoretisch kanns auch in die andere Richtung gehen: Ich habe soeben ein bisschen Indigenengeschichte Nordamerikas studiert: Da waren die Reservate auch als Stationen auf dem Weg zur Akkulturation erhofft. Es wurde dann eine Basis zur Neudefinition daraus. Also keine Prophezeihungen. Bleiben wir einmal beim hübschen Zitat Roth. Oder sonst empirische Fakten bitte. --Chalumeau 22:10, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

"Mehr gesicherte Wissenschaft und weniger Spekulation würde einem Wikipedia-Artikel gut tun."
Der Meinung bin ich schon lange, siehe die älteren Diskussionen zum Thema.--Kiwiv 23:50, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten
Etwa 1969 habe ich als Lehrerin eine Zulassungsarbeit für die 2. Dienstprüfung für das Lehramt an Grund-und Hauptschulen geschrieben. Titel: Entwicklung und Strukturwandel der Gemeinde Lützenhardt. Die werde ich heraussuchen und kann dann vielleicht auch noch ein paar damals von mir verwendete Quellen angeben. --Brigitte-mauch 14:12, 8. Jul. 2008 (CEST)Beantworten
Diese Arbeit hat sich erübrigt. Über den unten im Artikel angegebenen Link "Lützenhardt und Engelbert Wittich" sind alle Quellen, die ich verwendet hatte, auffindbar. --Brigitte-mauch 09:27, 10. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Jenisch in Pfedelbach

In Pfedelbach - Heuberg wurden die Jenischen seit dem Jahre 1730 angesiedelt. Heute sind alle Nachfahren der Jenischen sesshaft. Bis in die 70iger Jahre des vergangenen Jahrhundert waren weinige noch als "Fliegender Kaufmann" unterwegs. Viele der Jenischen sind im Baugewerbe gelandet. Typische Berufe sind heute noch Maler, Fliesenleger und Maurer. Ingsgesamt ist zumindest für Heuberg und Pfedelbach festzustellen, dass die Jenischen in der Bevölkerung integriert sind. Schüler der Realschule Pfedelbach haben sich in dem Projekt Jenisch, die Sprache der Gaukler eingehend mit der jenischen Sprache in Pfedelbach und auf dem Heuberg befasst.http://www.mediaculture-online.de/Theater-Zirkus-Tanz.444+M51abbb51cf0.0.html Jenisch, die Sprache der Gaukler. Interview und Lieder auf Jenisch --Pfedelbacher 21:40, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Interessant. Gibt es Literatur?--Kiwiv 23:46, 7. Jul. 2008 (CEST)Beantworten
Es gibt einen Rundbrief von ROM e.V. in dem über das Pfedelbacher jenisch berichtet wird. In diesem Rundbrief sind weitere Quellen enthalten. http://www.romev.de/attachments/048_Rundbrief%2017.pdf --Pfedelbacher 09:22, 8. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Dankeschön für den Hinweis, der dazu führte festzustellen, daß ich etwas übersehen oder nur oberflächlich gelesen hatte, nachdem ich regelmäßig in das Zirkular des Rom e. V. hineinschaue. Was mich jedoch vor allem interessiert - und da geben der Rundbrief und die dort vorfindliche Literatur keine Antwort: wie vollzog sich im Detail der Zuzugs- und Ansiedlungsprozeß im, wenn es denn so stimmt, 18. Jahrhundert? Gibt es ein Orts-/Familienbuch von Pfedelbach? Welche Familien sollen es gewesen sein, die damals zuzogen? Blieben sie isoliert (Auskunft geben Heiraten und Patenschaften)? Usw. Wo ließe sich da was finden, ohne gleich nach Pfedelbach reisen zu müssen?--Kiwiv 11:47, 8. Jul. 2008 (CEST)Beantworten

Es gibt das Buch Pfedelbach 1037-1987 in dem aber sehr wenig über Heuberg berichtet wird. Jedoch wird ab Seite 114 bis Seite 122 ausführlich über das Jenisch in Pfedelbach berichtet. Eigentlich müsste dieses Kapitel dem Heuberg zugeordnet werden. Grundlagen zu diesem Kapitel waren Zündel. W: Jenisch in Pfedelbach. In: Württ. Vierteljahreshefte NF 13, 1904 und Thaler D.: Jenisch in Pfedelbach 1950. Ich habe das Buch "Die weiten Wege der Jenischen - Die abenteuerliche Sprache der Landstraße " Walter Sippenbuch Nr. 53 von Heinz E. Walter, Anno 2000. Im Kapitel 7 Der "Heuberg" als religiöse Gründung wird die Geschichte der Ansiedlung von Jenischen geschildert. Im Kapitel 8 Erste jenische Ansiedler in Heuberg gibt es ein detailiertes Verzeichnis der Heuberger von ab ca. 1750. Im Kapitel 9 werden die Berufe der Heuberger aufgeführt vom Kammmacher über den Kesselflicker bis zum Spielmann oder Zainemacher. Das Kapitel 10 Woher Jenische nach Heuberg kamen zeigt die Herkunftsorte der Migranten nach Heuberg auf. Es gibt von Dr. Klaus Siewert einen Forschungsbericht "Pfedelbacher Jenisch (Jenisch in Hohenlohe) Universität Münster i.W. Arbeitsstelle Sondersprachforschung.