Sir Alfred Hitchcock KBE (* 13. August 1899 in London, England; † 29. April 1980 in Los Angeles, Kalifornien, USA) war ein englischer Filmregisseur und Filmproduzent.
Biografie
Er war einer der einflussreichsten Regisseure des Hollywoodkinos, gewann aber trotz seiner 6 Nominierungen nie einen Oscar als Regisseur. Der einzige seiner Filme, dem diese Auszeichnung verliehen wurde, war 1940 Rebecca: in den Kategorien "Bester Film" (für den Produzenten) und "Beste Kamera" (für den Kameramann). Kurz vor seinem Tod, wird er 1979 noch mit einem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Hitchcock zeichnet sich besonders durch die von ihm so genannte Technik des Suspense aus, die in den meisten seiner Thriller zum Einsatz kommt und wird außerdem als einer der bedeutendsten Auteurs gehandelt. Ein interessantes Merkmal seiner persönlichen Handschrift ist, dass er in den meisten seiner Filme selbst zu sehen ist, immer als eine kleine, unbedeutende Randfigur, die einmal durchs Bild läuft (so genannte Cameo-Auftritte).
Ein weiteres durchgängiges Element der Hitchcock-Thriller ist (neben seinem fein dosierten britischen Humor schwärzester Prägung) die Rolle der Polizei, die - bis auf Ausnahmen (siehe Bei Anruf Mord) - nicht zur Aufklärung beiträgt. In Hitchcocks Darstellung ist der Polizist entweder ein Tollpatsch, der die Lösung durch sein Ungeschick gefährdet oder eine Bedrohung, beispielsweise als Verkehrskontrolle, in die der zu unrecht Verdächtigte gerät. Die Helden der von Hitchcock bearbeiteten Stoffe sind zumeist Niemande, unauffällige Allerweltsmenschen, die dem Zuschauer große Identifikationsmöglichkeiten bieten und eher zufällig in die Geschichte hineingezogen werden.
Ein von Hitchcock sehr gerne verwendetes Handlungselement, um der Geschichte eine Wendung zu geben ist der von ihm so genannte MacGuffin.
Zu Beginn seiner Karriere wurden von Kinogängern, Kritikern und Produzenten vor allem die Entertainer-Qualitäten Hitchcocks gewürdigt. Die französischen Filmautoren der Nouvelle Vague entdeckten in den 1960er Jahren auch die künstlerische Bedeutung des Regisseurs. Einer Erwähnung bedarf hier das Marathon-Interview des Regisseurs mit Francois Truffaut, der dieses in Buchform veröffentlichte und somit einen der interessantesten Einblicke in Hitchcocks Schaffen ermöglichte.
Hitchcocks herausragende Leistung war es, seine Geschichten mit konsequent visuellen Mitteln zu erzählen und so gewissermaßen eine ur-kinematographische Filmsprache innerhalb des populären Kinos zu entwickeln. Weiterhin erlauben seine Filme häufig eine tiefer gehende Analyse, die über den reinen Unterhaltungswert hinausgehen.
Selten gewürdigt wird das Marketing-Talent Hitchcocks. Obwohl von den Filmgesellschaften üblicherweise für die Promotion eigene Abteilungen oder externe Agenturen beauftragt werden, trugen bei Hitchcocks Filmen die Werbekampagnen deutlich die Handschrift des Regisseurs. Hitchcock etablierte ein stilisiertes Selbstportrait als Logo. Die Kino-Trailer waren häufig nicht nur Zusammenschnitte des angekündigten Films, sondern stellten den Komiker Hitchcock in den Vordergrund, der in der Rolle eines "Master of Ceremony" seine eigenen Filme vorstellte.
Hinzu kamen lukrative Lizenzverträge für eine Fernsehserie ("Alfred Hitchcock presents"), ein Krimi-Magazin ("Alfred Hitchcocks Mystery Magazine") und eine Buchreihe von Kinderkrimis ("The Three Investigators", deutsch "Die drei Detektive", aus der die erfolgreiche deutsche Hörspielreihe Die Drei Fragezeichen entstand; an den Geschichten war Hitchcock in Wirklichkeit nur in Form seiner Namensnennung als angeblicher Autor und seines Vorkommens als Figur im fiktiven Universum der Juniordetektive beteiligt - die Charaktere der Hauptdarsteller erfand Robert Arthur). Die Produktion von "Alfred Hitchcock presents" engagierte "Hitch" als Cameo-Darsteller, der nach dem Vorbild seiner Kinowerbung die Krimis anmoderierte. Die Titelmusik der Fernsehserie, das Hauptthema aus dem Marche Funebre d'une Marionette (Trauermarsch einer Marionette) von Charles Gounod, entwickelte sich zu Hitchcocks Erkennungsmelodie.
Durch diese Promotions-Arbeit erhielt das Produkt "Hitchcock" einen hohen Wiedererkennungswert und wurde dauerhaft in der öffentlichen Wahrnehmung installiert.
Zitate
- "Schauspieler sind Vieh."
- "Ich habe nie behauptet, dass Schauspieler Vieh sind, nur dass man sie wie Vieh behandeln muss."
- "Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realität."
- "Richtig verheiratet ist der Mann erst dann, wenn er jedes Wort versteht, das seine Frau nicht gesagt hat."
- "Zweifellos hat es perfekte Morde gegeben, sonst wüsste man ja etwas von ihnen."
- "Claude Jade (Hitchcocks Schauspielerin in "Topas") ist eine ruhige junge Dame, doch für ihr Benehmen auf dem Rücksitz eines Taxis würde ich keine Garantie übernehmen."
Filmographie
Zu Filmen, deren Titel auf Englisch angegeben wurde, ist kein deutscher Titel bekannt. Sonst Originaltitel kursiv und in Klammern.
Stummfilme
- 1922: Number Thirteen / Mrs. Peabody (unvollendet)
- 1925: Irrgarten der Leidenschaft / Der Garten der Lust (The Pleasure Garden)
- 1926: Der Bergadler (The Mountain Eagle)
- 1926: Der Mieter - Eine Geschichte aus dem Londoner Nebel (The Lodger: A Story of the London Fog)
- 1927: Abwärts (Downhill)
- 1927: Der Weltmeister (The Ring)
- 1928: Easy Virtue
- 1928: The Farmer's Wife
- 1928: Champagne
- 1929: The Manxman
- 1929: Erpressung (Stummfilm-Fassung) (Blackmail (silent version))
Tonfilme
bis 1945
- 1929 GB: Erpressung (Blackmail) - mit Anny Ondra
- 1930 GB: Juno and the Paycock / The Shame of Mary Boyle - mit Sara Allgood, Donald Calthrop
- 1930 GB: Mord - Sir John greift ein! (Murder!) - mit Herbert Marshall
- 1930 GB: Mary - Sir John greift ein! (deutsche Fassung von 'Murder!') (Mary) - mit Alfred Abel und Fritz Alberti
- 1931 GB: Bis auf's Messer (The Skin Game)
- 1932 GB: Endlich sind wir reich (Rich and Strange)
- 1932 GB: Nummer Siebzehn (Number Seventeen)
- 1933 GB: Waltzes from Vienna
- 1934 GB: Der Mann, der zuviel wusste (brit. Produktion, The Man Who Knew Too Much) - mit Peter Lorre
- 1935 GB: Die 39 Stufen (The 39 Steps) - mit Robert Donat und Lucie Mannheim
- 1936 GB: Geheimagent (Secret Agent) - mit John Gielgud und Peter Lorre
- 1936 GB: Sabotage - mit Sylvia Sidney und Oskar Homolka
- 1937 GB: Jung und unschuldig (Young and Innocent)
- 1938 GB: Eine Dame verschwindet (The Lady Vanishes) - mit Margaret Lockwood und Michael Redgrave
- 1939 GB: Riff-Piraten (Jamaica Inn) - mit Charles Laughton
- 1940 USA: Rebecca (Rebecca) - mit Laurence Olivier und Joan Fontaine
- 1940 USA: Der Auslandskorrespondent (Foreign Correspondent) - mit Joel McCrea, Herbert Marshall, George Sanders und Albert Bassermann
- 1941 USA: Mr. und Mrs. Smith (Mr and Mrs Smith) - mit Carole Lombard und Robert Montgomery
- 1941 USA: Verdacht (Suspicion) - mit Joan Fontaine und Cary Grant
- 1942 USA: Im Schatten des Zweifels (Shadow of a Doubt) - mit Teresa Wright und Joseph Cotten
- 1942 USA: Saboteure (Saboteur) - mit Robert Cummings
- 1943 USA: Das Rettungsboot (Lifeboat) - mit Tallulah_Bankhead
- 1944 USA: Ich kämpfe um dich (Spellbound) - mit Ingrid Bergman und Gregory Peck
- 1944 GB: Gute Reise (britischer Kurzfilm, Bon Voyage)
- 1944 GB: Aventure Malgache (britischer Propaganda-Kurzfilm)
- 1945 GB: Erinnerung an die Lager (britische Dokumentation) (Memories of the Camps)
ab 1946
- 1946 USA: Berüchtigt / Weißes Gift (Notorious!) - mit Cary Grant und Ingrid Bergman
- 1947 USA: Der Fall Paradin (The Paradine Case) - mit Gregory Peck und Charles Laughton
- 1948 USA: Cocktail für eine Leiche (Rope) - mit James Stewart
- 1948 USA: Sklavin des Herzens (Under Capricorn) - mit Ingrid Bergman und Joseph Cotten
- 1950 GB: Die rote Lola (Stage Fright) - mit Jane Wyman und Marlene Dietrich
- 1951 USA: Der Fremde im Zug / Verschwörung im Nordexpreß (Strangers on a Train) - mit Farley Granger und Robert Walker
- 1952 USA: Ich beichte (früher:) Zum Schweigen verurteilt (I Confess) - Montgomery Clift, Anne Baxter und Karl Malden
- 1954 USA: Bei Anruf Mord (Dial M for Murder) - mit Ray Milland und Grace Kelly
- 1954 USA: Das Fenster zum Hof (Rear Window) - mit James Stewart und Grace Kelly
- 1955 USA: Über den Dächern von Nizza (To Catch a Thief) - mit Cary Grant und Grace Kelly
- 1955 USA: Immer Ärger mit Harry (The Trouble With Harry) - mit John Forsythe und Shirley MacLaine
- 1956 USA: Der Mann, der zuviel wusste (The Man Who Knew Too Much) - mit James Stewart und Doris Day
- 1956 USA: Der falsche Mann (The Wrong Man) - mit Henry Fonda und Vera Miles
- 1958 USA: Vertigo - Aus dem Reich der Toten (Vertigo) - mit James Stewart, Kim Novak und Barbara Bel Geddes
- 1959 USA: Der unsichtbare Dritte (North By Northwest) - mit Cary Grant, Eva Marie Saint und James Mason
- 1960 USA: Psycho - mit Anthony Perkins, Janet Leigh, Vera Miles und Martin Balsam
- 1963 USA: Die Vögel (The Birds) - mit Rod Taylor, Tippi Hedren und Jessica Tandy
- 1964 USA: Marnie - mit Tippi Hedren und Sean Connery
- 1966 USA: Der zerrissene Vorhang (Torn Curtain) - mit Paul Newman, Julie Andrews, Hansjörg Felmy, Wolfgang Kieling und Günter Strack
- 1969 USA: Topas (Topaz) - mit Frederick Stafford, Karin Dor, Claude Jade, Michel Piccoli und John Forsythe
- 1972 GB: Frenzy - mit Jon Finch
- 1976 USA: Familiengrab (Family Plot) - mit Karen Black und Bruce Dern
Blondinen bevorzugt
Hitchcock war bekannt dafür, die weiblichen Hauptrollen seiner Filme fast ausschließlich mit Blondinen (echt oder nachgeholfen) besetzen zu lassen. Mögen es zu Beginn seiner Karriere noch Zufälle gewesen sein, seit 1948 zumindest nahm er aber neben seiner Regie-Tätigkeit nun auch als Produzent unmittelbaren Einfluss auf die Besetzungsliste:
- Joan Fontaine - Rebecca, Verdacht
- Ingrid Bergman - Ich kämpfe um dich, Berüchtigt, Sklavin des Herzens
- Marlene Dietrich - Die rote Lola
- Anne Baxter - Ich beichte
- Grace Kelly - Bei Anruf Mord, Das Fenster zum Hof, Über den Dächern von Nizza
- Doris Day - Der Mann, der zuviel wusste
- Vera Miles - Der falsche Mann
- Kim Novak - Vertigo - Aus dem Reich der Toten
- Eva Marie Saint - Der unsichtbare Dritte
- Janet Leigh - Psycho
- Tippi Hedren - Die Vögel, Marnie
Literatur
- Robert E. Kapsis: Hitchcock: The Making of a Reputation. University of Chicago Press, 1992. ISBN 0226424898. (Wissenschaftliche englischsprachige Arbeit, die informationsreich den aufgebauten Ruf Hitchcocks beleuchtet und so auch auf Nachahmungen seiner Filme eingeht (speziell: Brian De Palma).)
- Donald Spoto: Alfred Hitchcock. Piper, 1999. ISBN 3-492-22798-8 (dt. Übersetzung einer detaillierten Biographie)
- François Truffaut: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?. Heyne, 2003. ISBN 3-453-86141-8 (Abfolge von Interviews des frz. Regisseurs aus dem Jahr 1962). Originalausgabe: François Truffaut: Le cinéma selon Hitchcock (dt. "Der Film gemäß Hitchcock") Simon und Schuster, 1985. ISBN 0-671-52601-4.
- Rieger, Eva: "Alfred Hitchcock und die Musik. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Film, Musik und Geschlecht", Kleine Verlag, Bielefeld, 1996, ISBN 3893702369
Weblinks
- http://www.alfred-hitchcock.de
- Vorlage:IMDb Name
- http://www.mynetcologne.de/~nc-waltergu4/wal_film/hitchcoc/100hitch05.htm
Personendaten | |
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NAME | Hitchcock, Alfred |
KURZBESCHREIBUNG | englischer Filmregisseur und Produzent |
GEBURTSDATUM | 13. August 1899 |
GEBURTSORT | London, England |
STERBEDATUM | 29. April 1980 |
STERBEORT | Los Angeles, Kalifornien, USA |