Luftverschmutzung

Einbringung von Partikeln, biologischen Molekülen oder anderen schädlichen Materialien in die Erdatmosphäre
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Die Luftverschmutzung (Luftverunreinigung) ist der auf die Luft bezogene Teilaspekt der Umweltverschmutzung. Gemäß dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), ist Luftverschmutzung (dort als Luftverunreinigung bezeichnet) eine Veränderung der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe. Diese Stoffe werden auch als luftfremde Stoffe bezeichnet. In den meisten Industrieländern ist die lokale Luftverschmutzung in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Gleichzeitig hat jedoch der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid, CO2, weiter zugenommen. In den Ländern der dritten Welt, in Russland, in China und anderen Schwellenländern ist die lokale und regionale Luftverschmutzung noch ein erhebliches Problem.


Geschichte der Luftverschmutzung

Mit der gezielten Anwendung des Feuers durch den Menschen begann prinzipiell die anthropogene Verschmutzung der Luft mit luftfremden Stoffen. So soll bereits um 1800 v. Christus der Rauch eines Lagerfeuers zusammen mit Sandstaub zu einer Lungenschädigung geführt haben [Mendocino County 2005]. Im alten Rom und später auch in anderen europäischen Städten des Mittelalters finden sich dokumentierte Beschwerden über Luftverschmutzungen. In diesen Beschwerden ging es in der Regel zunächst nur um die Belästigung durch Geruch und Schmutz. Ein mögliche Gesundheitsgefahr war zunächst nicht bekannt.

Der Rauch aus den Öfen von Glasmachern im alten Rom um 150 n. Christus so störend, dass die Glasmacher gezwungen wurden, ihre Werkstätten in die Vororte von Rom zu verlegen [Douglas u. Frank 1972].

Im England des 13. Jahrhunderts gab es viele Beschwerden und Probleme durch die Verbrennung stark schwefelhaltiger Kohle (sea coal). 1257 musste Königin Eleanor Nottingham wegen des Rauchs verlassen. 1272 verbot König Edward I. den Gebrauch der schwefelhaltigen Kohle bei Androhung der Todesstrafe [Brimblecombe 1976, Mendocino County 2005].

In der Stadt Köln wurde 1464 einem Kupfer- und Bleischmelzer aufgrund von Nachbarschaftsbeschwerden per Ratsbeschluss der Weiterbetrieb seines Handwerks in der Stadt untersagt. In der Stadt Augsburg wurde 1623 eine Schmelzhütte wegen Nachbarschaftsbeschwerden über ungesunden Rauch und Dampf abgerissen und die Wiederinbetriebnahme ausserhalb der Stadt („an einem entlegenen von Gärten entfernten Orte“) genehmigt [Vogel 1912a].


Arten der Luftverschmutzung

Das Problem der Luftverschmutzung kann hinsichtlich

  • seiner Ursachen (stoffbezogen, wie es das BImSchG macht)
  • seiner Auswirkung (flächenbezogen) oder aber auch
  • seiner Folgen (wirkungsbezogen)

betrachtet werden.


Ursachen der Luftverschmutzung

Unser heutiger Lebensstandard ist u.a. durch einen hohen Energiebedarf, vielfältige industriell hergestellte Produkte sowie ein zunehmendes Verkehrsaufkommen gekennzeichnet. Die Energieerzeugung, die Produktionsprozesse (Industrie, landwirtschaftliche Tierhaltung) sowie der Verkehr sind die wichtigsten Ursachen für die anthropogene (vom Menschen verursachte) Luftverschmutzung. Wichtige Schadstoffe aus den drei Bereichen (Emittentengruppen) sowie daraus resultierende Probleme sind nachfolgend zusammengefasst.


Tabelle 1: Wichtige Emittentengruppen, deren wichtigsten Schadstoffemissionen und die möglichen Folgen für die Umwelt

Bereich Schadstoff(e) Mögliche Auswirkung(en) auf die Umwelt Bemerkungen
Energieerzeugung Kohlendioxid (CO2) Klimaerwärmung Verringerung der CO2-Emissionen weltweit durch Kyoto-Protokoll angestrebt
Energieerzeugung Schwefeldioxid (SO2) Saurer Regen Verringerung der SO2-Emissionen im Wesentlichen durch Rauchgas-Entschwefelungsanlagen
Straßenverkehr Stickoxide (NOx) Saurer, Regen, Eutrophierung Verringerung der NOx-Emissionen im Wesentlichen durch Abgasnormen und damit durch den Einbau von Drei-Wege-Katalysatoren
Tierhaltung Ammoniak (NH3) Saurer, Regen, Eutrophierung Verringerung der NH3-Emissionen u.a. durch Genfer Luftreinhalteabkommen
Lösemittelverwendung NMVOC Ozon-Bildung Verringerung der NMVOC-Emissionen u.a. durch Genfer Luftreinhalteabkommen


Wenig berücksichtigt, aber wohl doch nicht unbeträchtlich, sind die Emissionen des weltweiten Schiffverkehrs. So liegen die geschätzten Emissionen [Corbett und Köhler 2003] für

  • Stickoxide, NOx, zwischen 3 und 7 Mio. to (berechnet als Stickstoff, N)
  • Schwefeloxide, SOx, zwischen 4 und 6,5 Mio to (berechnet als Schwefel, S)
  • Kohlendioxid, CO2, zwischen 120 und 250 Mio to (berechnet als Kohlenstoff, C)
  • Kohlenwasserstoffe, CxHy zwischen 0,3 und 0,8 Mio to (berechnet als Methan, CH4)
  • Partikel, PM10, zwischen 0,9 und 1,6 Mio to (berechnet als PM10)


Lokale Luftverschmutzung

Luftschadstoffe können sowohl in der näheren Umgebung ihres Entstehungsortes oder weit davon entfernt nachgewiesen werden. Insbesondere in Städten und (im Wesentlichen bis etwa in die 1970er Jahre) im Bereich von großen Industrieanlagen können (bzw. konnten) erhöhte Konzentrationen an Luftschadstoffen nachgewiesen werden. Heute stellt der Straßenverkehr eine der wichtigsten Quellen für die Luftverschmutzung in Städten dar. Die Abgase der Kraftfahrzeuge belasten die Umgebungsluft primär mit Stickoxiden, NOx, flüchtigen organischen Verbindungen ohne Methan (NMVOC), Ruß und andere Partikel. Zwar wurden die kraftfahrzeugbedingten Schadstoffemissionen sukzessive durch immer strenger werdende Abgasnormen verringert, dieser Effekt wurde aber teilweise durch die Zunahme des Kraftfahrzeugbestandes kompensiert. Extrem starke lokale Luftverschmutzungen finden sich heute weltweit in einigen der sog. Mega-Cities.


Luftqualität in Mega-Cities

Mega-Cities sind Städte, in denen mehr als 10 Millionen Menschen wohnen. Sie sind die größten Städte der Welt. Bekannte Mega-Cities sind z.B.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) messen im Rahmen eines weltweiten Monitoring-Programms auch die Luftqualität in Mega-Cities. Größtes Problem der Mega-Cities hinsichtlich der Luftverschmutzung sind Partikel und Ozon. Mexiko-Stadt, eine der Städte mit den weltweit meisten Einwohnern, weist auch die größte Luftverschmutzung aller Mega Cities auf (…….): Bei den Parametern Schwefeldioxid, Partikel, Kohlenmonoxid und Ozon wurden bei einer Messung 1992 die Werte der Gesundheitsschutzrichtlinien der WHO um mehr als das doppelte überschritten.

Überregionale (globale) Luftverschmutzung

Das Luftschadstoffe nicht an nationalen Grenzen stoppen, ist spätestens seit dem Auftreten von sauren Niederschlägen in den skandinavischen Ländern bekannt, deren wesentliche Ursache nämlich Schwefeldioxid- und Stickoxid-Emissionen in den mitteleuropäischen Ländern waren.


Tabelle 2: Transport von oxidiertem Schwefel von und nach Deutschland 1998 (Quelle: Farbfoliensatz Umweltdaten Deutschland 2001, Umweltbundesamt Berlin)

Land Export (von Deutschland) Import (nach Deutschland) Differenz (Import – Export)
Polen 73,1 kto 31,5 kto - 41,6 kto
Tschechische Republik 35,2 kto 44,2 kto 0,9 kto
Frankreich 18,4 kto 35,3 kto 16,9 kto
Großbritannien 0,7 kto 19,7 kto 19 kto
Belgien 0,4 kto 15,1 kto 14,7 kto
Niederlande 0,64 kto 0,74 kto 0,1 kto

Vergleicht man den Import (1998: 153,2 kto) mit dem Export (1998: 144,1 kto) von oxidiertem Schwefel von und nach Deutschland zeigt sich hier kein großer Unterschied. Für andere Länder kann sich dieses Verhältnis natürlich verschieben. Trotzdem zeigt die Tabelle 2, dass das Ziel der Verringerung der Luftverschmutzung keine nationale sondern eine internationale Aufgabe ist (s.u.: Internationale Maßnahmen).

Folgen der Luftverschmutzung

Die Luftverschmutzung kann sowohl direkt den Menschen als auch die Umwelt (und ggfs. so indirekt wiederum den Menschen) schaden. Dabei kann ein und derselbe Luftschadstoff in mehrfacher Weise schädigend wirken.


Auf den Menschen

Die Schadstoffe in der Luft können in Abhängigkeit von der Art des Stoffes und der vorherrschenden Konzentration(en) die menschliche Gesundheit beeinträchtigen (hauptsächlich Erkrankungen der Atemwege und des Kreislaufsystems) oder im schlimmsten Fall zum Tode führen. Die wohl bekannteste direkte Folge von Luftverschmutzung ist die erhöhte Sterblichkeit von Menschen während starker Smog-Episoden, z.B.:

Die Zunahme von Erkrankungen bzw. die Erhöhung der Sterblichkeit während solcher Smog-Episoden wird heute vor allem auf die zu diesen Zeiten erhöhten Konzentrationen von fünf Stoffen zurückgeführt:

Die Wirkung dieser Stoffe auf den Menschen läßt sich aber nicht isoliert betrachten, sondern wird im Wesentlichen auch durch Faktoren wie z.B. die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit beeinflusst.


Auf die Umwelt

Luftverschmutzungen können zu zahlreichen Umweltproblemen führen:


Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung

Bei den Maßnahmen zur Verringerung der Luftverschmutzung muss man grundsätzlich zwischen regulatorischen und technischen Maßnahmen unterscheiden. Anordnungen und Verbote als regulatorische Maßnahmen gibt es schon seit den ersten Beschwerden über Luftverschmutzungen (s. Abschnitt Geschichte der Luftverschmutzung). Seit Beginn der 1970er Jahre wird die Emission von Luftschadstoffen und damit die Luftverschmutzung auf nationaler und internationaler Ebene durch Gesetze, Verordnungen und Abkommen begrenzt.


Internationale Maßnahmen (Abkommen, Protokolle)

Bereits in den 1970er Jahren erkannte man, dass nationale Bemühungen zur Emissionsminderung von Luftschadstoffen alleine nicht ausreichen, da viele Schadstoffe über weite Entfernungen - auch über Staatsgrenzen hinweg – transportiert werden (Ferntransport).


Weltweite Abkommen

1979 wurde die Genfer UNECE-Konvention über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigungen (Convention on Long-range Transboundary Air Pollution, LRTAP) verabschiedet. Es trat 1983 als erstes international rechtsverbindliches Instrument zur Verringerung der Emission von Luftschadstoffen in Kraft. Die Genfer Konvention ist Basis für derzeit insgesamt 8 weitere wichtige internationale Vereinbarungen. Die wichtigsten davon sind:

  • das Helsinki-Protokoll zur Reduzierung der Schwefelemissionen bzw. deren grenzüberschreitender Stoffströme um mindestens 30 Prozent (1985 verabschiedet, am 2. Sept. 1987 in Kraft getreten; das erweiterte Oslo Protokoll wurde 1994 verabschiedet und trat am 5. August 1998 in Kraft)
  • das Sofia-Protokoll zur Kontrolle der Stickoxidemissionen oder deren grenzüberschreitender Stoffströme (1988 verabschiedet, am 14. Febr. 1991 in Kraft getreten)
  • das Aarhus-Protokoll über flüchtige organische Verbindungen (VOC) (1998 verabschiedet, am 23. Okt. 2003 in Kraft getreten)
  • das Aarhus-Protokoll über die Schwermetalle (1998 verabschiedet, am 29. Dez. 2003 in Kraft getreten)
  • das Göteborg-Protokoll zur Vermeidung von Versauerung und Eutrophierung sowie des Entstehens von bodennahem Ozon (1999 verabschiedet, noch nicht (Stand: Feb. 2005) in Kraft getreten)
 
Das Göteborg-Multikomponentenprotokoll und seine Vorläufer-Abkommen

Das Göteborg-Protokoll (nach der englischen Bezeichnung "national emission ceilings" auch als "NEC-Richtlinie" bekannt) legt für die Unterzeichnerstaaten (praktisch alle europäischen Staaten sowie USA und Kanada) Grenzen für die jährlichen Emissionen der geregelten Schadstoffe (SO2, NOx, NH3 und VOC) für das Jahr 2010 (Bezugsjahr für die prozentuale Reduktion: 1990) fest:


Tabelle 3: Länderspezifische Grenzwerte für jährliche Emissionsmengen gemäß dem Göteborg-Protokoll, die bis zum Jahr 2010 erreicht werden müssen

Land Schwefeldioxid Stickoxide Ammoniak VOC
Deutschland 5.313 kto (- 90%) 1.081 kto (-60%) 550 kto (-28%) 995 kto (-69%)
Österreich 91 kto (-57%) 107 kto (-45%) 66 kto (-19%) 159 kto (-55%)
Schweiz 43 kto (-40%) 79 kto (-52%) 63 kto (-13%) 144 kto (-51%)
Europa 16.436 kto (-75%) 6.671 kto (-49%) 3.129 kto (-15%) 6.600 kto (-57%)

kto = 1.000 to

Während bisherige Protokolle nur einen einzelnen Schadstoff betrachteten, werden die Auswirkungen von Schwefel- und Stickstoffverbindungen sowie von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) und Ozon im Zusammenhang betrachtet. Das Göteborg-Protokoll ist durch seinem Problem-übergreifenden Ansatz gekennzeichnet und wird daher auch als wird auch als "Multi-Effekt" Protokoll bezeichnet. Gleich drei Problemfelder sollen entschärft werden:

  • die Bildung von bodennahen Ozon durch die Emissionsreduktion von Ozon-Vorläufersubstanzen (Stickoxide, NOx und flüchtige organische Verbindungen, VOC),
  • die Versauerung von Böden und Gewässern durch die Emissionsreduktion von Stoffen die zur Versauerung der Niederschläge (SO2, NOx, NH3) beitragen
  • die Eutrophierung (Nährstoffanreicherung) durch atmosphärischen Stickstoffeintrag (NOx, NH3)


Europaweite Abkommen

Das rechtliche Instrument zur Verringerung der Emissionen von Luftschadstoffen in Europa sind in der Regel die Richtlinien. Richtlinien müssen von den Mitgliedsstaaten innerhalb einer definierten Frist in nationales Recht umgesetzt werden. Die Europäische Union hat, teilweise als Folge internationaler Abkommen, eine Vielzahl an Richtlinien und Tochterrichtlinien (nachgeschaltete, teilweise konkretisierende Vorgaben) zur Luftreinhaltung erlassen. Wichtige Beispiele sind:

  • Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27. September 1996 über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (Luftqualitätsrahmenrichtlinie):

Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Erreichung bestimmter Luftqualitätsziele, die in den Tochterrichtlinien für einzelne Schadstoffe (z.B. Richtlinie 1999/30/EG, s.u.) jeweils mit festgelegten Zeitvorgaben festgelegt wurden.

  • Richtlinie 1999/30/EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft:

Ziel dieser Richtlinie ist die Festlegung von Grenzwerten für die im Titel genannten Stoffe in der Luft, um die Luftqualität zu erhalten bzw. zu verbessern. Ab dem 1. Januar 2005 gelten gemäß dieser Richtlinie verschärfte Grenzwerte für Schwefeldioxid, für Partikel und für Blei. Für Stickstoffdioxid, NO2, müssen die verschärften Grenzwerte gemäß dieser Richtlinie erst ab 1. Januar 2010 erreicht werden.

Im Juli 2000 hat die Europäische Gemeinschaft mit der Entscheidung 2000/479/EG der Kommission über den Aufbau eines Europäischen Schadstoffemissionsregisters (EPER) eine der Allgemeinheit zugängliche Datenbank ins Leben gerufen, in der Daten zu Emissionen großer Industriebetriebe, Intensivtierhaltungen und Deponien erfasst werden. Ein Ziel des EPER ist es, durch die Veröffentlichung der Namen und der dazugehörigen Emissionsmengen die Betreiber zu verstärkten Anstrengungen bei der Reduzierung ihrer Emissionen zu bewegen.

Nationale Maßnahmen (Gesetze, Programme)

Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft müssen Vorgaben aus EG-Richtlinien innerhalb festgelegter Fristen in nationales Recht umsetzen. In Deutschland wurde beispielsweise durch entsprechende Novellierungen die o.g. Luftqualitätsrahmenrichtlinie 96/62/EG und zwei Tochterrichtlinien mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in deutsches Recht umgesetzt. Zur Erreichung der geforderten Grenzwerte werden Luftreinhaltepläne erstellt, die für die jeweiligen Emissionsquellen (Anlagen) spezifische Einzelmaßnahmen zur dauerhaften Verminderung der Emissionsmengen der geregelten Stoffe enthalten.


Technische Maßnahmen

Technische Maßnahmen, also z.B. bauliche Veränderungen, zur Verringerung der Luftverschmutzung datieren bis in das 16. Jahrhundert zurück. Bereits um 1550 plante man, die Schmelzöfen der Silberhütten in Böhmen mit Rauch- und Staubkammern zu versehen [Vogel 1912 b]. 1778 weist der englische Bischof Watson darauf hin, dass beim Schmelzen von Bleiglanz ein großer Teil des Bleis durch den Schornstein entweicht und in der Umgebung das Wasser und die Weiden vergiftet. Er machte auch einen entsprechenden technischen Vorschlag zur Sammlung der Bleidämpfe [Vogel 1912 a].

1878 schlägt die amerikanische Ärztin Elizabeth Corbett vor, die schädlichen Gase aus den Abzugskanälen der städtischen Kanalisation von San Francisco über Röhren in die nächstgelegenen Gaslaternen zu leiten, um sie dort zu verbrennen [Anonymus 1879]. 1881 findet in London die „internationale Ausstellung von Apparaten und Einrichtungen zur Vermeidung des Rauches“ statt. Hier werden verschiedene Methoden, von der Verwendung bestimmter Brennstoffe bis hin zum Einsatz glühender Körper, zur Vermeidung von Rauch vorgestellt [Bach 1882].

Insbesondere in Kraftwerken und anderen großen Emittenten werden heute moderne Verfahren zur Reinigung der Abgase (Rauchgase) eingesetzt. Wichtige technische Verfahren zur Rauchgasreinigung sind

  • die Rauchgasentschwefelung: hier wird beispielsweise das Schwefeldioxid, SO2, durch Waschverfahren aus dem Abgasstrom entfernt.
  • die Rauchgasentstickung: hier wird zwischen Primär- und Sekundärmaßnahmen unterschieden. Die Primärmaßnahmen zielen auf eine verringerte Bildung von Stickstoffoxid, NO, durch optimierte Verbrennungsprozesse ab. Die Sekundärmaßnahmen versuchen den Gehalt an Stickoxiden, NOx, im Abgas selber zu reduzieren. Hier kommen sowohl selektive nicht-katalytische Verfahren (SNCR) (z.B. Einspritzen von Ammoniak, NH3) als auch selektive katalytische Verfahren (SCR) zum Einsatz
  • die Rauchgasentstaubung: Partikel im Abgas werden durch Staubabscheider (z.B. Filter oder Wäscher) reduziert.

Da sich die Luftverschmutzung häufig in unmittelbarer Umgebung seiner Quelle bemerkbar macht, versuchte man auch, durch höhere Schornsteine diesem Problem Herr zu werden. Noch 1980 wurde mit Hilfe von Modellrechnungen und Beispielen gezeigt, dass durch höhere Schornsteine die Konzentration von Luftschadstoffen erheblich abgesenkt werden kann [Bottenbruch und Kämmer 1980]. Das stimmt natürlich, übersehen wird hier aber, dass das Problem nur verlagert wird. Durch hohe Schornsteine verteilen (und damit verringert sich auch die Konzentration) sich die Schadstoffe einfach viel weiter. Von einer Luftreinhaltung, wie in der Überschrift des Artikels zu lesen ist, kann hier also nicht die Rede sein.

Literatur

Zitierte Literatur

  • Anonymus: Elizabeth Jane Corbett ..., … Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft (Berlin) 12, S. 1140 (1879)
  • C. Bach: Mittheilungen über die internationale Ausstellung von Apparaten und Einrichtungen zur Vermeidung des Rauches (International exhibition of smoke preventing appliances) in London 1881. Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure 26(1), S. 40 – 47 (1882)
  • BImSchG: Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz – BimSchG) vom 26. Sept. 2002, Bundesgesetzblatt I, S. 3830
  • H. Bottenbruch, K. Kämmer: Luftreinhaltung durch Schornsteine. Chemie-Technik 9(1), S. 17 – 26 (1980), ISSN 0340-9961
  • Peter Brimblecombe: Attitudes and Responses Towards Air Pollution in Medieval England. Journal of the Air Pollution Control Association (JAPCA) 26(10), S. 941 – 945, ISSN 0002-2470
  • James J. Corbett, Horst W. Köhler: Updated emissions from ocean shipping. Journal of Geophysical Research 108(D20), S. 4650 (2003), ISSN 0148-0227
  • R. W. Douglas, S. Frank: A History of Glassmaking. G.T. Foulis, London 1972, ISBN 0854291172. Zitiert nach: Peter Brimblecombe, Henning Rodhe: Air Pollution – Historical Trends. Durability of Building Materials 5, S. 291 – 308 (1988), ISSN 0167-3890
  • Mendocino County: Air Quality Management District: Historic Dates. [[1]] (Zugriff: Februar 2005)
  • Otto Vogel: a) Rauchbelästigung in alter Zeit. Rauch und Staub 2(5), S. 118 – 120 (1912)
             b) Rauchbekämpfung in alter Zeit. Rauch und Staub 2(7), S. 198 – 202 (1912)

Weiterführende Literatur

Allgemeines

  • Ernst Detlef Schulze, Otto Ludwig Lange: Die Wirkungen von Luftverunreinigungen auf Waldökosysteme. Chemie in unserer Zeit 24(3), S. 117 - 130 (1990), ISSN 009-2851
  • D. Möller: Luftverschmutzung und ihre Ursachen: Vergangenheit und Zukunft. VDI Berichte 1575, S. 119 – 138 (2000), ISSN 0083-5560

Luftreinhaltung und Abgasreinigung

  • Joachim Alexander: Luftreinhaltung in Deutschland: Emissions- und Immissionsentwicklung seit 1970. Berichte zur Deutschen Landeskunde 73, S. 365 – 379 (1999), ISSN 0005-9099
  • Jürgen Assmann, Katharina Knierim, Jörg Friedrich: Die Luftreinhalteplanung im Bundes-Immissionsschutzgesetz. Natur und Recht 26(11), S. 695 – 701 (2004), ISSN 0172-1631
  • Walter Kaminsky: Verfahren zur Entschwefelung von Rauchgas. Chemie Ingenieur Technik 55(9), S. 667 – 683 (1983), ISSN 0009-286X
  • Manfred Koebel, Martin Elsener: Entstickung von Abgasen nach dem SNCR-Verfahren: Ammoniak oder Harnstoff als Reduktionsmittel? Chemie Ingenieur Technik 64(10), S. 934 – 937 (1992), ISSN 0009-286X
  • Entscheidung der Kommission vom 17. Juli 2000 über den Aufbau eines Europäischen Schadstoffemissionsregisters (EPER) gemäß Artikel 15 der Richtlinie 96/61/EG des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC). Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L192, S. 36 – 43 (28.07.2000), ISSN 0376-9461
  • Dieter Maas: EPER – European Pollutant Emission Register: Entwicklung und Status. KA – Abwasser, Abfall 52(2), S. 138 – 140 (2005), ISSN 1616-430X

Gesundheitliche Aspekte

  • Anonymus: Luftverschmutzung - ein ernstes Gesundheitsrisiko in einigen Metropolen der Welt. Bundesgesundheitsblatt 36(5), S. 202 ff. (1993), ISSN 0007-5914
  • Ursula Ackermann-Liebrich: Epidemiologische Ansätze zur Klärung der Zusammenhänge von Luftverschmutzung und Gesundheit. Umweltmedizin in Forschung und Praxis 4(1), S. 25 - 27 (1999), ISSN 1430-8681
  • D. Nowack: Effekte der Luftverschmutzung auf Risikopatienten. Atemwegs- und Lungenkrankheiten 25(6), S. 294 ff. (1999), ISSN 0341-3055
  • Nino Künzli, Reinhard Kaiser, Rita Seethaler: Luftverschmutzzung und Gesundheit: Quantitative Risikoabschätzung. Umweltmedizin in Forschung und Praxis 6(4), S. 202 - 212 (2001), ISSN 1430-8681
  • Annette Peters, Joachim Heinrich, Erich H. Wichmann: Gesundheitliche Wirkungen von Feinstaub - Epidemiologie der Kurzzeiteffekte. Umweltmedizin in Forschung und Praxis 7(2) S. 101 - 115 (2002), ISSN 1430-8681



Siehe auch

Bergbau, Bleikinder, Feinstaub, Gressenicher Krankheit, Koniologie, Smog, Sommersmog, Saurer Regen, Umweltinformationssystem, Umweltschutz