Evangelische Seminare Maulbronn und Blaubeuren

schulische Einrichtungen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
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Die Evangelischen Seminare Maulbronn und Blaubeuren sind staatliche alt- und neusprachliche Gymnasien für die Klassen 9–12 mit evangelischen Internaten in der Tradition der württembergischen Klosterschulen. Sie sind Einrichtungen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und des Landes Baden-Württemberg. Bis zum Jahr 1975 bzw. 1977 gehörten hierzu auch die evangelischen Seminare im Kloster Schöntal und in Urach. Die Klostergebäude prägen Schülerinnen und Schüler bereits durch ihre historische Architektur und das Erleben eines spirituellen Ortes.

Evangelisches Seminar Maulbronn
Schulform Alt- und neusprachliches Gymnasium mit Internat
Gründung 1556
Adresse Klosterhof 12–17
Ort Maulbronn
Bundesland Baden-Württemberg
Staat Deutschland
Schüler 50, ab 2010 75, ab 2011 100 Schüler und Schülerinnen
Website www.semi-maulbronn.de
Evangelisches Seminar Blaubeuren
Schulform Alt- und neusprachliches Gymnasium mit Internat
Gründung 1556 bzw. 1817
Adresse Klosterhof 2
Ort Blaubeuren
Bundesland Baden-Württemberg
Staat Deutschland
Schüler 75, ab 2009 100 Schülerinnen und Schüler
Website www.seminar-blaubeuren.de

Geschichte

Die Seminare wurden 1556 als evangelische Klosterschulen durch die Klosterordnung von Herzog Christoph von Württemberg gegründet und im März 1928 in eine von Kirche und Staat gemeinsam getragene Stiftung überführt. Sie sind die einzigen noch existierenden von ursprünglich 13 Klosterschulen, die Herzog Christoph in allen württembergischen Männerklöstern einrichtete, um begabten Jungen – unabhängig vom Stand und Vermögen der Familie – eine erstklassige Ausbildung zu ermöglichen und so seinem mit sonstigen Reichtümern nicht gesegneten Land eine (Bildungs-)Elite zu verschaffen. Seit 1969 steht die Schule auch Mädchen offen. Der weitere Ausbildungsweg nach dem Seminar führte meist ins Tübinger Stift, wo die Schüler dann Theologie studieren sollten. Vergleichbare Schulgründungen in der Reformationszeit gab es etwa in Sachsen mit den Fürstenschulen in Schulpforta (1543) bei Naumburg, St. Afra (1543) in Meißen, St. Augustin (1550) in Grimma oder in Thüringen mit der Klosterschule Roßleben (1554). In den württembergischen Schulen wurde allerdings, neben einer gründlichen wissenschaftlichen Ausbildung, die klösterliche Tradition stärker betont, etwa durch die Beibehaltung der Stundengebete. Zu den ursprünglichen 13 Klosterschulen in Württemberg gehörten:

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Klosterschulen im Zuge der neuhumanistischen Reformen neu geordnet und unter dem Namen Seminare als humanistische Gymnasien eingerichtet. Von den alten Klosterschulen überdauerte diesen Prozess nur die Schule in Maulbronn. Blaubeuren wurde zunächst geschlossen und 1817 wiedereröffnet. Neu hinzu kamen:

Seit dem Jahr 1975 waren die Klassen 9 und 10 im Kloster Maulbronn (UNESCO-Welterbe) untergebracht. Die Klassen 11 bis 13 wurden im Kloster Blaubeuren zum Teil in Kooperation mit dem Gymnasium Blaubeuren unterrichtet. An diesem Ortswechsel wurde nach Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) in Baden-Württemberg ab dem Schuljahr 2008/2009 nicht mehr festgehalten. Stattdessen bestehen zwei eigenständige Schulen, die jeweils die Jahrgänge 9 bis 12 unterrichten und jeweils eigenständige Schwerpunkte bilden.

Merkmale der heutigen Seminare

Gemeinsame Merkmale der Seminare heutiger Prägung sind:

  • Orientierung am christlichen Glauben
  • kleine Schülerzahl
  • familiäres Miteinander von Lehrern und Schüler durch örtlich benachbartes Wohnen und Leben
  • umfassende humanistische Bildung
  • vielfältige Möglichkeiten zu anspruchsvoller musikalischer Betätigung

Schwerpunkte in Maulbronn:

  • alte und neue Sprachen (Latein, Griechisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Hebräisch)
  • Theologie
  • Musik
  • Europäische Kulturtradition

Schwerpunkte in Blaubeuren:

  • Internationalität
  • Angebote des naturwissenschaftlichen Profils,
  • Gespräch Theologie/Naturwissenschaften
  • alte Sprachen


Internat

Alle Schülerinnen und Schüler der Seminare leben im Internat des Seminars. Es gibt keine externen Schüler. Jedes zweite Wochenende fahren die Schüler nach Hause, ebenso in den Ferien. Im Seminar besteht ein bewusstes geistliches und ein umfangreiches musikalisches Leben, sowie zahlreiche Arbeitsgemeinschaften. Es werden jährlich mehrere z.T. mehrtägige Exkursionen veranstaltet.

Schule

Die Seminare sind staatliches Gymnasien des Landes Baden-Württemberg. Die Stundentafel und die Bildungspläne entsprechen den Vorgaben des Kultusministeriums. Dritte Fremdsprache ist für alle Schüler ab dem Eintritt ins Seminar Klassisches Griechisch. Die „mitgebrachten“ Sprachen sind Englisch und Latein oder Französisch. In welcher Klasse mit welcher Sprache begonnen wurde, ist nicht entscheidend. Die Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht ist verbindlich.

Landexamen (Aufnahmeprüfung)

Das Bestehen des sogenannten Landexamens ist seit Gründung der Seminare Voraussetzung für eine reguläre Aufnahme in die Seminare. Am Landexamen teilnehmen und in ein Seminar aufgenommen werden können alle evangelischen Schülerinnen und Schüler der achten Klasse eines Gymnasiums. Voraussetzung ist die Taufe und Konfirmation bzw. die Anmeldung hierfür. Neben der schulischen Prüfung soll beim Landexamen auch die soziale Eignung der Kandidaten für das Seminar festgestellt werden. Geprüft werden schriftlich die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch und mündlich das Fach Evangelische Religion. Außerdem ist eine Präsentationsprüfung in Latein oder Französisch oder Musik (z.B. Vorspiel) oder einem anderen Fach Bestandteil der Prüfung. Es werden pro Jahrgang 25 Schülerinnen und Schüler aufgenommen. Mit dem Bestehen des Landexamens können die Seminaristen ein Stipendium des Landes und der Evangelischen Landeskirche erhalten .

Ehemalige Seminaristen

Viele der Schüler der evangelischen Seminare ergriffen den Beruf des Pfarrers oder (Hochschul-)Lehrers, ein Blick in die Liste der Ehemaligen zeigt allerdings eine große Bandbreite von Begabungen und Berufen.

Berühmte Persönlichkeiten, die die Klosterschule bzw. das evangelische Seminar besuchten:

Bekannte Lehrer der Seminare:

  • Karl Christian Planck, Professor in Blaubeuren, 1879/1880 Ephorus in Maulbronn, Naturphilosoph.
  • Eberhard Nestle, 1898 Professor, 1912/1913 Ephorus in Maulbronn, Herausgeber der ersten textkritischen Ausgabe des griechischen Neuen Testaments.
  • Gustav E. Lang, Ephorus in Maulbronn, Historiker.

Konzerte

  • Das Seminar Maulbronn veranstaltet mit ca. 25 bis 30 Konzerten pro Saison ein sommerliches Musik-Festival auf internationalem Niveau. Die „Maulbronner Klosterkonzerte“ wurden 1968 von KMD Martin Süße ins Leben gerufen und begehen 2008 ihr vierzigjähriges Jubiläum. Künstlerischer Leiter ist seit 1979 KMD Jürgen Budday.
  • Auch das Blaubeurer Seminar versucht, seine schon immer stattfindenden Konzerte zu einer eigenen Klosterkonzertreihe zu verbinden, die erstmals im Jahr 2007 mit einem ausführlicheren Jahresprogramm als „Internationale Klosterkonzerte Blaubeuren“ antrat.

Kloster Maulbronn – Geistliche Angebote (beim Evang. Seminar Maulbronn)

Aufgrund eines Beschlusses der Landessynode der Evangelische Landeskirche in Württemberg wurde in den Jahren 2002 bis 2006 im Kloster Maulbronn das Projekt „Kloster für das Volk“ durchgeführt. Ziel des Projektes war es, die spirituelle Ausstrahlung des Klosters zu stärken. Während der Projektzeit wurden unter Klosterpfarrer Klaus Hoof zahlreiche Angebote und Veranstaltungen entwickelt und erprobt, die sich als sinnvoll erwiesen haben. Nach Ablauf des Projektes werden vom Evangelischen Seminar, der Evangelischen Kirchengemeinde Maulbronn, den Klosterkonzerten, der Klostergruppe Maulbronn und vielen ehrenamtlich Mitarbeitenden des seitherigen Projektes die Angebote und Veranstaltungen weitergeführt und von einer Sekretärin im Klosterpfarramt koordiniert.

Literatur

  • Gustav Lang: Geschichte der württembergischen Klosterschulen. Kohlhammer, Stuttgart 1938
  • Hermann Ehmer, Martin Klumpp, Ulrich Ott (Hrsg.): Evangelische Klosterschulen und Seminare in Württemberg 1556–2006. Lernen – Wachsen – Leben. Theiss, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8062-2037-7
  • Hermann Ehmer: Vom Kloster zur Klosterschule. Die Reformation in Maulbronn. In: Maulbronn. Zur 850-jährigen Geschichte des Zisterzienserklosters. Theiss, Stuttgart 1997, S. 59-82, ISBN 3-8062-1283-X
  • Verein für Württembergische Kirchengeschichte in Zusammenarbeit mit dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart und dem Landeskirchlichen Museum (Hrsg.): Die Württembergischen Klosterschulen und Seminare/Das Evangelisch-theologische Seminar Urach 1818–1977. Ernst Franz, Metzingen 1991, ISBN 3-7722-0245-4
  • Hansjörg Ziegler: Maulbronner Köpfe: Gefundenes und Bekanntes zu ehemaligen Seminaristen. Melchior, Vaihingen (jetzt: Krüger, Maulbronn) 1987, ISBN 3-924275-13-0
  • Reinhard Breymayer: Johann Christian Hiller und Justinus Kerners Vetter Johann Gottfried Mayer: Zwei Maulbronner Klosterprofessoren des jungen Hölderlin. In: Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik, Nr. 423, Heinz, Stuttgart 2004 [2005], S. 111–142, ISBN 3-88099-428-5
  • Hermann Hesse: Unterm Rad. 1906 (neuere Ausgabe: Suhrkamp, Frankfurt am M. 2002, ISBN 3-518-18834-8)

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