Gleitsegeln, Gleitsegelfliegen oder Paragleiten ist eine Luftsportart mit freifliegenden (d.h. ohne Verbindungsleine zum Boden), steuerbaren, aussteifungslosen Gleitsegeln ohne nähere Festlegung der Schirmart. Diese können nach deren Hauptverwendungszweck in Fallschirme (Flächenfallschirme!) und Gleitschirme unterteilt werden. Der Pilot sitzt beim Gleitsegeln in einem mit dem Gleitsegel verbundenen Gurtzeug. Gestartet wird mit offen ausgelegtem Schirm in der Regel durch Fußstart vom Berg.
Das heute meist synonym verwendete "Gleitschirmfliegen" enthält demgegenüber bereits eine Aussage zur Art des verwendeten Schirms und beschreibt somit i.e.S. "Gleitsegeln mit Gleitschirm", welches das "Gleitsegeln mit Fallschirm" (s.a. Bergfliegen) seit etwa 1985 wegen der zunehmenden Schirmspezialisierung weitgehend ersetzt hat.
Geschichte
Die konzeptionelle Idee zu entsprechenden Gleitsegeln reicht bereits bis in das Jahr 1948 zurück (s.Gleitsegelgeschichte). In der Praxis begann das Gleitsegelfliegen 1965 mit den ersten Flügen des extra dafür entwickelten - und daher auch als Ur-Gleitschirm anzusehenden - einflächigen 5-bogigen Sailwing von Dave BARISH, einer Weiterentwicklung seines bereits 1964 entwickelten 3-bogigen rechteckigen Einzelfächen-Fallschirms. 1966 propagiert BARISH zusammen mit seinem Sohn sowie 1966/68 zusammen mit Dan POYNTER Slope Soaring mittels öffentlicher Vorführungen in Skigebieten als neue Sportart, so u.a. auch in Catamont und Lake Placid mit Gleitsegelflügen an den dortigen Skischanzen. Die Zeit war jedoch noch nicht reif für diese Idee und auch nachdem 1967 der erste Bergflug mit einem Parafoil erfolgte war, einem ebenfalls bereits 1964 von Domina JALBERT entwickelten doppelflächigen, mehrzelligen Fallschirm, und somit grundsätzlich 2 Systeme zur Verfügung standen, blieb Gleitsegelfliegen zunächst eine extravagante Randerscheinung. Mit dem Einstellen der Fallschirm-Forschungsprogramme durch die NASA Ende der 60-er, gab BARISH deshalb auch die Entwicklung des Sailwing auf. Die weitere Verbreitung des Gleitsegelfliegens fußte dadurch nicht mehr auf BARISHs "Gleitschirm", als eigenständigem technischen Fluggerät, sondern orientierte sich folgend im wesentlichen zunächst an der Fortentwicklung des ebenfalls bergstartfähigen Parafoil-Fallschirm-Systems.
In das Bewusstsein einer etwas größeren Öffentlichkeit drang "Slope Soaring/Gleitsegeln" erst in den 70-ern. Entscheidenden Anteil daran haben nicht zuletzt die bekannteren Veröffentlichungen von Dan POYNTER: Nachdem er 1970 im Parachutist Magazine einen Artikel über das "Slope Soaring". veröffentlicht hatte, beschrieb POYNTER es 1972 im "Parachute Manual" erneut und schildert es als Fallschirm-Test-Möglichkeit nach Reparaturen. 1973 erschien sein Buch "Hang Gliding", in dem er als ähnliche Sportart auch Paragliding beschreibt. 1974 propagiert er dann in einem Lehrbuch auch das Parasailing
Spätestens 1972 ist die Idee des Gleitsegelns auch in Deutschland und Österreich vertreten: Michael MELZER und Hans OSTERMÜNCHNER verfolgten die Idee von Fallschirm-Fussstarts. Bei Starkwind flog Hartmut HUBER, der spätere Mitgründer von Parasail, von der Spungschanze in Kitzbühel. 1973 starteten Heinz FISCHER und Volker RADEMACHER mit einem 7-zelligen PARASLED vom Tegelberg.
Eine besondere Bekanntheit erlangten 1978 die Franzosen BOSSON, BETEMPS und BOHN, als sie mit Flächensprungfallschirmen erneut Fußstartversuche durchführten und anfangs der 80er wurden in den französischen Hochalpen in Mieussy bereits Wettbewerbe durchgeführt. Das sog. Bergfliegen mit geeigneten Sprungfallschirmen hatte sich von einem aussergewöhnlichen Hobby einzelner Individualisten erstmals in eine etwas breitere sportliche Bewegung gewandelt, die auch für "Bergflieger" attraktiv wurde, die nicht ohnehin bereits schon Fallschirmspringer waren. Wegen der sehr geringen Gleitleistung der Fallschirme von max. 1 : 3 erfolgten Starts jedoch meist in steilem Gelände und Rinnen. Der Flug war im wesentlichen immer noch auf ein schnelles Hinabfliegen ins Tal begrenzt.
Parallel zum "Bergfliegen" entstand ab ca. 1980 mit der erneuten Entwicklung spezieller Schirme (wie die Flächenfallschirme nun allerdings ebenfalls auf Basis der zweiflächigen Mehrzeller von JALBERT) als eigenständige Sportart das Gleitschirmfliegen - fast so, wie es sich BARISH schon 1965 vorgestellt hatte.
Anfangs wesentlich instabiler (!), aber kaum leistungsfähiger als entsprechende Sprungfallschirme, holten die neuen spezialisierten "Gleitschirme" in Punkto Sicherheit auf und begannen die zweckentfremdeten Fallschirme am Berg ab ca. 1985 durch bessere Gleitwinkel und wesentlich besseres Handling zu übertreffen. Gleitschirmfliegen setzte sich durch und seit ca. 1988 erfolgt Gleitsegeln praktisch nur noch mit Gleitschirmen, weshalb Gleitsegeln und Gleitschirmfliegen heute fast zu Synonymen geworden sind.
Inzwischen werden mit Gleitschirmen in den Alpen Strecken bis über 300km geflogen. Paragleiten ist der am einfachsten zu erlendende Flugsport und weist statistisch die geringsten Risiken auf.
Die Ausbildung und Gerätezulassung wird in Deutschland vom DHV geregelt. Es gibt mehrere Ausbildungsstufen, bis hin zur Berechtigung zum freien Überland-Fliegen.
Die Schirme werden vom DHV in Kategorien eingeteilt, die einen Rückschluss auf die Eignung für unterschiedliche Pilotengruppen zulässt. Anfäger- und Schulungsschirme sind mit der Kategorie DHV 1 gekennzeichnet. Die höchste Kategorie ist 3, es werden aber inzwischen von den Herstellern praktisch keine derart anspruchsvollen Geräte mehr beim DHV zugelassen. Die anspruchvollsten Serienschirme haben i.d.R. die Kategorie 2-3. Es werden darüberhinaus von verschiedenen Herstellern Geräte ohne DHV-Zulassung angeboten, die vor allem in internationalen Wettkämpfen von sehr erfahrenen Fliegern pilotiert werden. Bei diesen Wettkampfschirmen werden Gleitzahlen von etwa 9,5 erreicht. Es wird also in ruhiger Luft 1m Höhe in 9,5m Strecke umgesetzt.
Gleitschirme bewegen sich meist in einem Geschwindigkeitsbereich zwischen 20km/h und 50km/h. Die beste Gleitleistung wird meist bei einer Geschwindigkeit von etwa 35km/h erreicht. Das Sinken beträgt dann etwa 1m/s.
Gleitschirme werden durch zwei in den Händen gehaltene sog. 'Bremsen' gesteuert. Durch ziehen einer Bremse wird der Schirm auf der entsprechenden Seite hinten heruntergezogen und dadurch langsamer. Der Gleitschirm leitet eine Kurve ein. Die Geschwindigkeit kann über den sog. 'Beschleuniger' gesteuert werden. Es handelt sich dabei um eine Leine die mit den Füssen weggedrückt werden kann. Die Leine ist bei den Füssen durch ein kurzes Rohrstück verstärkt, auf das man bequem treten kann. Durch die betätigung des Beschleunigers werden die Tragegurte des Gleitschirm unterschiedlich stark verkürzt, so dass das Profil insgesamt seinen Anstellwinkel verändert, was wiederum die Geschwindigkeit aber auch das Sinken erhöht.