Das Glaser-Verfahren (synonym Glaserschema) ist ein Verfahren der Bauphysik, mit der mit welcher man ermittelt, ob und wo in einer Baukonstruktion Tauwasser anfällt. Das Glaser Verfahren ist nach seinem Erfinder Glaser benannt. In Deutschland ist das Glaser-Verfahren in der DIN 4108-3 als Feuchtenachweis genormt.
Grundlagen
Das Glaser-Verfahren dient der näherungsweisen Ermittlung von Feuchtigkeitsanreicherung durch Diffusion in Gebäudebauteilen. Dabei wird von standardisierten Randbedingungen ausgegangen: Während der Kondensationsperiode im Winter (Außenklima -10°C und 80% rel.F. / Innenklima 20°C und 50% rel. F., Dauer 60 Tage) entsteht unter Umständen eine Kondensatmenge im Bauteil. Diese Tauwassermenge kann in der Verdunstungsperiode im Sommer (Klima innen und außen 12°C und 70% rel.F., Dauer 90 Tage) wieder austrocknen.
Ist die Tauwassermenge kleiner als 1 kg/m² und die Verdunstungsmenge im Sommer größer als die Tauwassermenge im Winter, dann kann im Wesentlichen von einer bauschadensfreien Konstruktion ausgegangen werden.
Einschränkungen des Verfahrens
Die vereinfachten Annahmen berücksichtigen nicht
- Feuchtespeicherung und Feuchteleitfähigkeit von Materialien
- Tauwasser, welches z.B. durch schadhafte Luftdichtungsebenen in Dachkonstruktionen eindringen können.
Verfahrensweise
Für das Glaser-Verfahren gibt es einen Berechnungsalgorithmus (normiert in der DIN 4108-3) und ein grafisches Verfahren. Die Eingangsdaten beider Verfahren sind identisch.
Eingangsdaten
Folgende Daten der Baukonstruktion sind nötig, um das Glaser-Verfahren anwenden zu können.
- 1 Innentemperatur θ
- 2 Außentemperatur θ
- 3 alle Werkstoff-Schichtdicken ... (von innen nach außen)
- 4 alle spezifischen Werkstoff-Wärmeleitfähigkeiten λ ...λ (von innen nach außen)
- 5 Wärmeübergangswiderstände Innen und Außen
- 6 relative Luftfeuchtigkeit Innen und Außen
- 7 alle Spezifischen Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen ,
für die Daten 1,2,6 gilt eine Klimatische Randbedingung die für die jeweilige Region in der das Bauteil steht gegeben sein sollte. In Deutschland gilt hierfür DIN 4108-3 wobei anschließend eine weitere Unterteilung für den jeweiligen Gebäudetyp erforderlich ist.
Berechnungsverfahren
Details dieses Verfahrens und alle relevanten Gleichungen sind der DIN 4108-3 zu entnehmen. Die grundlegenden Arbeitsschritte für die Abschätzung des auftretenden Kondensats in der Kondensationsperiode (Winter) sind:
- Berechnungs des Temperaturprofils durch die Konstruktion mit Hilfe der Wärmedurchlasswiderstände der Schichten und der Umgebungstemperaturen
- Berechnung des Sättigungsdampfdruckprofils aus dem Temperaturprofil (Temperaturen an jeder Schichtgrenze)
- Berechnung der Umgebungsdampfdrücke zu beiden Seiten der Konstruktion (Sättigungsdampfdrücke an allen Schichtgrenzen)
- Berechnung des Dampfdruckprofils durch die Konstruktion mit Hilfer der Wasserdampfdiffusionswiderstände und Umgebungsdampfdrücken (Dampfdrücke an allen Schichtgrenzen)
- Unterscheidung von verschiedenen Fällen:
- der Dampfdrück erreicht/überschreitet an keiner Schichtgrenze den Sättigungsdampfdruck --> kein Kondensat
- der Sättigungsdampfdruck wird an einer Schichtgrenze erreicht/überschritten --> Kondensatebene
- der Sättigungsdampfdruck wird an mehreren Schichtgrenze erreicht/überschritten --> Kondensationsbereich
- Je nach Fall wird jetzt der Dampfstrom von der Wandinnenseite bis zur ersten Kondensationsebene berechnen
- Dann der Dampfstrom von der äußersten Kondensatsebene nach außen
- Die Differenz der Dampfströme ist die Menge des anfallenden Kondensats pro Zeiteinheit
- Multiplikation mit der Dauer der Kondensationsperiode ergibt die Gesamtmenge des anfallenden Kondensats
Nach Berechnung der Kondensatmenge kann mit ähnlicher Vorgehensweise die potentielle Verdunstungsmenge im Sommer bestimmt werden. Für den Feuchteschutznachweis nach DIN 4108-3 sind folgende Kriterien einzuhalten:
- Kondensatmenge muss kleiner als potentiellen Verdunstungsmenge sein
- Kondensatmenge darf einen Grenzwert nicht überschreiten
Grafisches Verfahren
Vorbereitung zur grafischen Ermittlung
- Mit den Daten 1,2,3,4,5 Daten lassen sich die Oberflächentemperaturen und die Trennschichttemperaturen einer Wand Berechnen oder grafisch mit einem Thermischen-Diagramm mit Thermischen Bildmaßstab ermitteln.
- Mit den Daten 3,7 kann man die wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke Bestimmen
- Mit den Trennschichttemperaturen und den Umgebungstemperaturen kann man nun, mit Hilfe einer Tabelle oder einer Näherungsformel den Wasserdampfsättigungsdruck ermitteln.
- Mit Hilfe der Wasserdampfsättigungsdrucks der umgebunden und den Dazugehörigen relativen Luftfeuchten 6 lassen sich die Dampfdrücke der Innen und der Aussenumgebung des Bauteils ermitteln.
Grafische Ermittlung
Mit Hilfe der wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke lässt sich nun die Konstruktion in einem hygrischen Maßstab darstellen.
Dabei sind die Werkstoffe mit den größten Diffusionswiderständen, die dicksten Schichten.
Alternative Verfahren zum Feuchtenachweis
Bei kritischen Konstruktionen, wie etwa starker Innendämmung von Äußenwänden und Einsatz feuchtespeichernder und -leitender Materialien, sind die Aussagen des Glaser-Verfahrens ungenau, da Feuchtespeicherung und -leitung den Feuchtehaushalt einer Wandkonstruktion positiv beeinflussen können. Es gibt verschiedene stationäre und instationäre Verfahren, welche eine genauere Abschätzung von Feuchteakkumulation und -austrocknung erlauben. Ein Beispiel eines analytischen Abschätzungsverfahrens ist COND, welches die Speicherung und kapillare Ausbreitung des Kondensats berücksichtigt.
Simulationsverfahren
Für detailliertere Betrachtungen von kritischen Konstruktionen können Simulationsprogramme verwendet werden, wie etwa die Programme WUFI ("Wärme und Feuchte instationär") des Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Holzkirchen oder Delphin (Software) des Instituts für Bauklimatik der TU Dresden. Diese Programme simulieren Wärme- und Feuchtigkeitstransportvorgänge in Bauteilen durch Diffusion und kapillare Leitfähigkeit unter Berücksichtigung klimatischer Randbedingungen und bieten bei Verwendung entsprechender Materialkennwerte realitätsnahe Ergebnisse.