Naser Orić

bosnischer Kommandeur von Srebrenica
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Naser Orić (* 3. März 1967 in Potočari, Bosnien und Herzegowina) war von 1992 bis 1995 militärischer Kommandeur der ostbosnischen Stadt Srebrenica. Vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wurde er wegen Kriegsverbrechen an serbischen Zivilisten verurteilt.

Leben

Orić war zunächst Berufssoldat und später Polizist, 1991/1992 diente er dem damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milošević als Leibwächter. Nach Ausbruch des Bosnienkrieges übernahm er 1992 das Kommando über die bosniakischen Streitkräfte in der Enklave Srebrenica. Laut Haager Staatsanwaltschaft soll Orić vor der Eroberung der Stadt durch serbische Truppen zahlreiche Angriffe auf mindestens 50 umliegende serbische Dörfer befohlen oder angeführt haben.

Kurz vor der Eroberung der Enklave im Juli 1995 durch serbische Truppen (Massaker von Srebrenica), verließ Orić die belagerte Stadt per Helikopter.

Nach dem Friedensschluss von Dayton eröffnete er ein Fitnessstudio in Tuzla.

Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof

Am 28. März 2003 erhob das Tribunal in Den Haag Anklage gegen ihn. Am 10. April 2003 wurde er in seinem Studio von SFOR-Soldaten verhaftet.

Die Anklagepunkte gegen ihn lauten:

  • willkürliche Zerstörung von Städten und Dörfern oder durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigte Verwüstung
  • Plünderung öffentlichen oder privaten Eigentums
  • mehrfacher Mord
  • mehrfache vorsätzliche Tötung
  • mehrfache grausame Behandlung ("cruel treatment")

Bei seinem ersten Erscheinen vor Gericht am 15. April 2003 plädierte Naser Orić in allen Anklagepunkten auf "nicht schuldig". Der Prozess selbst begann im Oktober 2004. Es konnten ihm nur zwei Fälle nachgewiesen werden, in denen er es auf strafbare Weise unterlassen hat, gegen Mord und Misshandlung einzuschreiten. Am 30. Juni 2006 verurteilte das Gericht Orić zu einer zweijährigen Haftstrafe; in den übrigen Anklagepunkten wurde er freigesprochen. Da die Untersuchungshaft schon mehr als zwei Jahre betrug, ordnete das Gericht daraufhin seine sofortige Freilassung an. Die serbische Regierung kritisierte das Strafmaß und sprach von einem „doppelten Standard“, mit dem das Gericht die Vergehen serbischer und bosniakischer Angeklagte bewerte.

offizielle Dokumente des ICTY