Als Ferroelektrika bezeichnet man Stoffe, die auch ohne äußeres angelegtes Feld ein permanentes Dipolmoment und damit eine spontane elektrische Polarisation besitzen. Die Vorsilbe "Ferro-" bezieht sich bei den Ferroelektrika nicht auf eine Eigenschaft von Eisen, sondern auf die Analogie zum Ferromagnetismus: Wie bei den Ferromagnetika die Magnetisierung, so verschwindet bei Ferroelektrika die Polarisation bei hohen Temperaturen - das Material ist paraelektrisch. Bei Abkühlung des Materials findet bei Unterschreiten ein Phasenübergang statt, der in der Regel mit einer Strukturveränderung (Verringerung der Kristallsymmetrie) zusammenfällt, und das Material wird ferroelektrisch. Die Polarisation kann durch Anlegen eines externen elektrischen Feldes umgepolt werden und folgt dabei einer Hysteresekurve. Eine wichtige Anwendung von Ferroelektrika sind die ferroelektrischen Arbeitsspeicher (siehe Ferroelectric Random Access Memory - FRAM).
Ferroelektrische Kristalle bilden Domänen. Als Domäne werden Bereiche mit gleicher Polarisationsrichtung bezeichnet. Von Domäne zu Domäne ändert sich die Polarisationsrichtung im Bereich weniger Atomlagen, in denen die Polarisation verschwindet. Die ferroelektrischen Domänenwände sind nur wenige Nanometer (10-9 m) breit. Im Gegensatz dazu ändert sich die Orientierung der Magnetisierung beim zum Ferromagnetismus schrittweise über einen Bereich von 10 und mehr. Wegen der schmaleren Domänenwände können unterschiedlich orientierte Domänen in ferroelektrischen Dünnschichten eine höhere Dichte aufweisen als in ferromagnetischen Dünnschichten. Deshalb erhofft man sich eine höhere maximale Informationsdichte bei der Entwicklung ferroelektrischer Speichermedien.
Die Ferroelektrizität verschwindet auf Grund eines Phasenüberganges oberhalb einer kritischen Temperatur, der sogenannten ferroelektrischen Curie-Temperatur (TC). Oberhalb dieser Temperatur folgt die Dielektrizitätskonstante analog zur ferromagnetischen Suszeptibilität χ dem Curie-Weiss-Gesetz.
Eigenschaften
Neben der Ferroelektrizität besitzen Ferroelektrika noch andere interessante Eigenschaften:
- Hohe Dielektrizitätskonstante: In der Nähe des Phasenübergangs haben Ferroelektrika sehr hohe Dielektrizitätskonstanten im Bereich 100 100000, weshalb sie sich auch als Material für Kondensatoren in DRAM-Speicherzellen für Arbeitsspeicher mit hohen Speicherdichten eignen.
- Starke Temperaturabhängigkeit der Dielektrizitätskonstante: Kapazitätsänderungen von 1:10 bis 1:20 zwischen 4 Kelvin (Siedetemperatur von Helium unter Normaldruck) und 300 Kelvin (Raumtemperatur) sind üblich.
- Pyroelektrizität: Eine Abhängigkeit der Oberflächenladungen von der Temperatur bezeichnet man als Pyroelektrizität. Da die spontante Polarisation temperaturabhängig ist, sind alle Ferroelektrika auch pyroelektrisch und eignen sich daher zum Teil als Infrarotdetektoren.
- Piezoelektrizität: Ferroelektrika sind piezoelektrisch: Auf Grund des angelegten elektrischen Feldes, bzw. der Polarisation kommt es zu Verzerrungen des Kristalls (inverser piezoelektrischer Effekt), bzw. durch äußere mechanische Spannungen kann die Größe der Polarisation verändert werden (piezoelektrischer Effekt).
Anwendung
Ferroelektrika werden zur Herstellung höchst präziser mechanischer Verschiebeelemente genutzt. Unter Verwendung des inversen Piezolektrischen Effektes sind Verschiebungen mit einer Auflösung von weniger als einem Atomdurchmesser möglich. Sie werden deswegen beispielsweise in Rasterkraftmikroskopen, Rastertunnelmikroskopen oder anderen Rastersondenmikroskopen verwendet.
Beispiele
Die bekanntesten Ferroelektrika haben sind Ionenkristalle mit Perowskit-Struktur wie:
- Strontiumtitanat SrTiO3 (Abkürzung: STO)
- Bariumtitanat BaTiO3 (Abkürzung: BTO)
- Blei-Zirkonat-Titanat Pb(ZrxTi1-xO3 (PZT) - wird häufig zur Herstellung piezomechanischen Stellelementen verwendet.
- weiterhin sind auch folgende Stoffe ferroelektrisch, teilweise jedoch nur in Form von Dünnschichten: Strontium-Bismut-Tantalat SrBi2Ta2O9 (SBT), Bismuttitanat Bi4Ti3O12 (BIT, manchmal fälschlich BTO), Bismut-Lanthan-Titanat Bi4-xLaxTi3O12 (BLT), Bismut-Titanat-Niobat Bi3TiNbO9 (BTN), Strontium-Titanat SrTiO3 (STO), Barium-Strontium-Titanat BaxSr1-xTiO3 (BST)
- Inzwischen wurden auch organische Ferroelektrika gefunden, wie beispielsweise Cyclohexane-1,1'-Diacetic Acid oder Triglycinsulfat (CH2NH2COOH)3·H2SO4 (TGS)
Weitere Informationen im Internet und Hersteller
- www.physikinstrumente.de - Informationen über PZT und Verkauf von PZT-Verschiebeelementen
- www.nanomotion.com - PZT-Verschiebetische
Siehe auch: Piezoelektrikum