Die Christengemeinschaft (Kurzform: CG) ist eine selbständige christliche Glaubensgemeinschaft, in deren Mittelpunkt das gemeinsame Begehen kultischer Handlungen steht. Ihr eigen ist ein reges Gemeindeleben. Sie sieht sich nicht als alleinseligmachende Kirche. Die CG beruft sich auf Christus als den Schöpfer der Welt, der als Jesus von Nazareth Mensch wurde. In ihm finden Gläubige Lebenskraft und Fortbestehen. Die Priester der Christengemeinschaft sind an keine Lehre gebunden, sie haben Lehrfreiheit. Einzige Ausnahme ist das Lehren gegen den gegebenen Kultus. Die Christengemeinschaft wird aufgrund ihrer Sonderlehren von den Kirchen, jedoch nicht vom Staat, als Sekte eingestuft.
Sakramente
Die Christengemeinschaft ist eine Kultusgemeinschaft. Ihre zentrale Feier ist
- Die Menschenweihehandlung (die Eucharistiefeier, der Gottesdienst).
Sechs weitere Sakramente können den Lebenslauf begleiten und helfend darin wirksam werden.
- Die Taufe
- Die Konfirmation
- Die Beichte
- Die Trauung
- Die Priesterweihe
- Die Sterbeölung
Darüber hinaus bestehen kultische Handlungen:
- Die Sonntagshandlung für die Kinder
- Die Predigt
- Die Aussegnung und Bestattung
Die Sakramente werden von dem Priester jeweils in festgeschriebener Weise und in liturgischen Gewändern jahreszeitlich oder traditionell festgelegter Farben durchgeführt. An der Menschenweihehandlung (mit der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi und der Kommunion) kann jeder Erwachsene teilnehmen, dem ein religiöses Leben Bedürfnis ist. Einführende Schriften zum Kultus der CG sind in der Gemeinde erhältlich.
Das Glaubensbekenntnis der Christengemeinschaft
- "Ein allmächtiges geistig-physisches Gotteswesen ist der Daseinsgrund der Himmel und der Erde, das väterlich seinen Geschöpfen vorangeht.
- Christus, durch den die Menschen die Wiederbelebung des ersterbenden Erdendaseins erlangen, ist zu diesem Gotteswesen wie der in Ewigkeit geborene Sohn.
- In Jesus trat der Christus als Mensch in die Erdenwelt.
- Jesu Geburt auf Erden ist eine Wirkung des Heiligen Geistes, der, um die Sündenkrankheit an dem Leiblichen der Menschheit geistig zu heilen, den Sohn der Maria zur Hülle des Christus bereitete.
- Der Christus Jesus hat unter Pontius Pilatus den Kreuzestod erlitten und ist in das Grab der Erde versenkt worden.
- Im Tode wurde er der Beistand der verstorbenen Seelen, die ihr göttliches Sein verloren hatten;
- dann überwand er den Tod nach dreien Tagen.
- Er ist seit dieser Zeit der Herr der Himmelskräfte auf Erden und lebt als der Vollführer der väterlichen Taten des Weltengrundes.
- Er wird einst sich vereinen zum Weltenfortgang mit denen, die Er durch ihr Verhalten dem Tode der Materie entreißen kann.
- Durch ihn kann der heilende Geist wirken.
- Gemeinschaften, deren Glieder den Christus in sich fühlen, dürfen sich vereinigt fühlen in einer Kirche, der alle angehören, die die heilbringende Macht des Christus empfinden;
- sie dürfen hoffen auf die Überwindung der Sündenkrankheit, auf das Fortbestehen des Menschenwesens und auf ein Erhalten ihres für die Ewigkeit bestimmten Lebens. -
- Ja, so ist es."
Geschichte
Die Stiftung des Kultus geschah mit entscheidender Hilfe Rudolf Steiners, (siehe auch: Anthroposophie). Die Christengemeinschaft wurde 1922 in Dornach von einem Kreis von 45 zumeist sehr jungen Theologen um den evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer (1872-1938) und Emil Bock (1895-1959) gegründet. 1941 wurde sie in Deutschland unter Hitler verboten, 1945 wieder gegründet.
Seit 1933 besteht in Stuttgart ein Priesterseminar, seit 2001 eines in Hamburg, seit 2003 auch in Chicago. Das Priestertum der Frau ist in ihr von Anfang an verwirklicht.
Es existieren heute Gemeinden in allen fünf Erdteilen. Der Kultus wird in der jeweiligen Landessprache vollzogen. In Deutschland hatte die Christengemeinschaft im Jahr 2002 ca. 10 000 Mitglieder, sowie 50 000 Freunde [1]. Nach anderer Quelle sind es 20 000 Mitglieder [2].
Gemeindemitgliedschaft
Mitglied in der Christengemeinschaft wird man nicht durch Geburt, Taufe oder Konfirmation, sondern durch eigenen Entschluss als Erwachsener. Die Aufnahme erfolgt durch das Gespräch mit einem Priester der örtlichen Gemeinde. Die Vielfalt des Gemeindelebens, wie es sich im Gemeindeprogramm widerspiegelt, ist wesentlich von den Impulsen und der Aktivität der Gemeindemitglieder mitgeprägt.
Organisation
Rechtliche und wirtschaftliche Organisation
In Deutschland sind die Gemeinden regional zu Körperschaften des öffentlichen Rechts zusammengeschlossen. Die Christengemeinschaft hat damit die gleichen Rechte und Pflichten wie die katholische und evangelische Kirche. Auf das Recht der Einziehung von Kirchensteuern durch den Staat verzichtet die Christengemeinschaft jedoch ausdrücklich. Sie wird finanziell durch freiwillige Beiträge und Spenden ihrer Mitglieder und Freunde getragen. Das Gehalt der Priester richtet sich nach der wirtschaftlichen Situation der Gemeinde und erfolgt auf einer sozial geprägten Grundlage. Alle rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen werden von verantwortlichen Gemeindemitgliedern und Priestern gemeinsam behandelt. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Gemeinden und Regionen wird von sog. Koordinatoren betreut. Der Kultus ist in die besondere Verantwortung der Priester gegeben.
Geistliche Organisation
Die Christengemeinschaft ist hierarchisch aufgebaut. Die einzelnen Gemeinden werden von verschiedenen geistlichen Lenkern zusammengefasst. An ihrer Spitze steht der Erzoberlenker. Beraten wird dieser von der Priestersynode und zwei Oberlenkern.
Erzoberlenker
- 1925-1938: Friedrich Rittelmeyer
- 1938-1959: Emil Bock
- 1959-1986: Rudolf Frieling
- seit 1986: Taco Bay
Unterschiede zu den Lehren der großen christlichen Kirchen
- Lehrfreiheit:
Die Priester der Christengemeinschaft sind an keine Lehre gebunden, sie haben Lehrfreiheit. Einzige Ausnahme ist das Lehren gegen den gegebenen Kultus. Die folgenden Punkte sind daher als exemplarisch aufzufassen.
- Anderes Christusbild und Einflüsse von neugnostischem Denken:
Christus wird als der hohe Sonnengott bezeichnet. Dieser hat sich für drei Jahre in dem jüdischen Eingeweihten Jesus inkarniert und hat in ihm den irdischen Tod erlebt. Sein Tod am Kreuz bewirkte, dass der verschüttete göttliche Geistfunke im Menschen wieder lebendig wurde. Christus wurde zum Ich der neu werdenden Erde, deren Aura sich veränderte und die dadurch auch einen Weg der Vergeistigung betrat. Die Wiederkunft Christi geschieht stufenweise, als ätherischer, astraler und kosmischer Christus. Siehe auch: Anthroposophie und Christentum
- esoterisch-gnostisches Menschenbild:
Der Mensch ist im Kern ein geistiges, also göttliches Wesen; erst der ihm erteilte Schöpferfunke macht ihn zum Menschen. Da der Mensch in den Entwicklungsprozess des Kosmos und in ein ersterbendes Erdendasein eingebettet ist, musste er den Sündenfall erleben, der als ein tatsächliches Fallen, nämlich als ein Herabsinken in Stoffes-Finsternis verstanden wird. Der Kosmos macht eine stufenweise geistige Höherentwicklung durch, hin zu einer Welt des Geistes. Aufgabe des Menschen ist es, daran mitzuwirken.
- Ernstnehmen der biblischen Schöpfungsberichte:
Es gab einst einen Weltenzustand, bei dem Geist und Materie noch nicht getrennt waren.
- Einflüsse von hinduistischer Philosophie:
Im dem früheren Weltenzustand waren Geist und Materie noch nicht getrennt. In den Sakramenten werden den Gläubigen die verwandelnden Christus-Kräfte verliehen, mit dem Ziel, dass Geist und Materie wieder eine Einheit werden sollen. Nach dem Tode findet eine Reinkarnation statt und man wird in einem anderen Körper wiedergeboren. Wird die letzte Stufe der kosmischen Entwicklung erreicht, so wird dieser Kreislauf jedoch durchbrochen und alles wird eins mit Gott. Eine Auferstehung des Fleisches gibt es nicht.
Ökumene
Die Christengemeinschaft ist nicht im Ökumenischen Rat der Kirchen, da ihre Lehre nicht mit der verfassungsmäßigen Basis des ÖRK übereinstimmt.
Die Taufe der Christengemeinschaft (mit Wasser, Salz und Asche) wird in der katholischen und der evangelischen Kirche nicht anerkannt.
Literatur
- Hans-Werner Schroeder: Die Christengemeinschaft - Entstehung, Entwicklung, Zielsetzung. 2. Auflage 2001, ISBN 3-87838-649-4
- Evangelischer Oberkirchenrat Stuttgart (Hrsg.): Zur Frage der Christlichkeit der Christengemeinschaft - Beiträge zur Diskussion. 2004, ISBN 3-935129-14-9
- Rudolph Frieling: Vom Wesen des Christentums 1979, ISBN 387838260
- Rudolf Steiner: Theosophie - Einführung in übersinnlich Welterkenntnis und Menschenbestimmung 1978, ISBN 3-7274-0090-0