Johannes Burckard
Johannes Burckard (manchmal auch Burchard oder Burckardus, italienisch Burcardo, * um 1450 in Niederhaslach im Elsaß; † 15. Mai 1506 in Rom) war Protonotar des Heiligen Stuhls und 1484-1503 Zeremonienmeister an der römischen Kurie, ab 1503 Bischof. Bedeutsam ist er wegen seiner Ausgaben liturgischer Bücher und seines Zeremonientagesbuches (Liber notarum), das eine wesentliche zeitgenössische Quelle über das Leben am Hof der Päpste der Renaissance bildet.
Leben
Burckard stammte aus ärmlichen Verhältnissen und erfuhr seine Ausbildung am Kollegiatstift St. Florentius in seinem Geburtsort. Zunächst wurde er Schreiber beim Generalvikar von Straßburg, von wo er aber wegen einer Urkundenfälschung flüchtete. Von 1467 finden wir Burckard in Rom, ab dem Jahr 1475 ist er als Mitglied des Hofs (Familiar) von Papst Sixtus IV. erwähnt und erhält im darauf folgenden Jahr die Priesterweihe. Er erwirbt - entsprechend dem Usus der Zeit - zahlreiche Pfründen im Elsaß (und 1477 das Bürgerrecht der Stadt Straßburg verliehen), darunter auch die Propstei von Moutier-Grandval; wie ebenfalls damals üblich, werden die Pfründen durch bestellte Stellvertreter verwaltet, lediglich die Einnahmen kommen dem Inhaber zu.
Im Jahr 1483 wird er als Nachfolger des Agostino Patrizi Piccolomini zum päpstlichen Zeremonienmeister bestellt. Als solcher war er nicht nur für die gesamte Liturgie sondern auch die Ausrichtung aller anderen Zeremonien am päpstlichen Hofe verantwortlich. Für den Gebrauch am päpstlichen Hof legte er ein Notizbuch an, in dem er in ausführlichen Schilderungen die Ereignisse an der Kurie festhält; aber nicht nur über die protokollarischen Pflichten führt er Buch, sondern auch über Gespräche mit den Päpsten, Kardinälen und Gesandten berichtet er darin. Diese Aufzeichnungen, als Liber notarum bekannt, bieten das Bild eines Zeitzeugen am Hof der Päpste Innozenz VIII., Alexander VI., Pius III. und Julius II..
1503 wurde Burckard zum Bischof von Orte und Civita Castellana ernannt. Sein Grab befindet sich in der Kirche Santa Maria del Popolo in Rom.
Werke
Burckard selbst stellt seinen Aufzeichnungen folgendes voran:
Verfaßt von Johannes Burckard aus Straßburg, Protonotar des Heiligen Stuhls, Kleriker der päpstlichen Kapelle und Zeremonienmeister, zu allen mit Zeremonien zusammenhängenden Geschehnissen und zu einigen anderen, die darüber hinaus gehen.
Das Liber notarum Burckards sollte wohl zuallererst eine Gedächtnisstütze für den Verfasser und seine Nachfolger als Zeremonienmeister sein. Der exakten Beachtung der einzelnen Riten in der Liturgie, aber auch der protokollarischen Fragen kam am Hof der Päpste, die zu jener Zeit nicht nur Kirchenführer, sondern auch Territorialfürsten waren, ein wesentlich höherer Stellenwert zu als heute. Bei der Ausrichtung einzelner Feiern, wie Hochzeiten, Begräbnissen oder auch kirchlichen Hochfesten war festgelegt, was beispielsweise wann intoniert werden musste, aber auch der Empfang von Gesandtschaften musste einem bestimmten Zeremoniell entsprechen. All diese Verfahrensweisen hält Burckard genauestens fest. Aber Burckard beschränkt seine Notizen nicht nur auf das päpstliche Hofzeremoniell, er berichtet ebenso über seine Unterredungen mit dem Papst und entwickelt ein ausgeprägtes Interesse für sämtliche Vorgänge im unmittelbaren Umfeld der Päpste, über die er sich von Kardinälen, Gesandten oder sonstigen Gewährsleuten berichten lässt. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei jener Sorte von Geschichten, die heute unter die Sparte „Sex and Crime“ ressortieren würden, aber im Zeitalter der Renaissance auch am päpstlichen Hof reichlich gesät waren.
Burckards Mitteilungen zu Skandalen und Skandälchen, Exzessen und Orgien sind jedoch mit Vorsicht aufzunehmen. Denn natürlich hatte der Zeremonienmeister nicht zu all den geschilderten Ereignissen persönlich Zutritt, so berichtet er oft aus zweiter, oder gar dritter Hand. Doch auch wenn er manchmal lediglich Gerüchte wiedergibt, so hilft er damit ein authentisches Bild jener Zeit zu zeichnen, denn er hielt damit fest, was man im Rom jener Zeit dachte, fühlte und fürchtete.
Der deutsche Historiker Volker Reinhardt schreibt in seiner Alexander VI.-Biographie denn auch über Burckard: „Zum Kronzeugen für Orgien im Papstpalast sollte man Burckard daher nicht machen. Man tut ihm kaum unrecht, wenn man ihm unterstellt, daß er gerne dabei gewesen wäre, sich in Ermangelung einer Einladung aber mit seiner Phantasie behilft. Doch das alles mindert den Aussagewert seines Notizbuchs nicht entscheidend. Glaubwürdig ist es vor allem dann, wenn es unscheinbare Begebenheiten festhält, ohne daraus weitreichende Schlußfolgerungen zu ziehen.“
- Pontificale, gedruckt 1485, zusammen mit Agostino Patrizi Piccolomini,
- Caeremoniale Romanum, 1488, zusammen mit Agostino Patrizi Piccolomini, Erstdruck 1506 durch Cristoforo Marcello, darin auch die Ordnung der Kaiserkrönung,
- Ordo Missae secundum consuetudinem Sanctae Romanae Ecclesiae, 1498, Neubeabeitung 1502, eine Quelle des Missale Romanum von 1570.
Literatur
- Celani E. (Hrsg.): Johannis Burckardi Liber Notarum ab anno 1483 usque ad annum 1506 (Rerum italicarum Scriptores 32). 2 Bde. Città di Castello-Bologna 1910-1912;
- Oliger: Der päpstliche Zeremonienmeister Johannes Burckard von Straßburg. In: Archiv für Elsässische Kirchengeschichte 9 (1934) 199-232;
- Manlio Sodi: Il contributo di Agostino Patrizi Piccolomini e Giovanni Burcardo alla compilazione del „Pontificale Romanum“. In: Rivista Liturgica 94 (2007) 459-472.
Personendaten | |
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NAME | Burckard, Johannes |
ALTERNATIVNAMEN | Burchard, Johannes; Burckardus, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | Protonotar des Heiligen Stuhls und Zeremonienmeister an der römischen Kurie |
GEBURTSDATUM | um 1450 |
GEBURTSORT | Niederhaslach im Elsaß |
STERBEDATUM | 15. Mai 1506 |
STERBEORT | Rom |