Mit Serratia marcescens wird eine stäbchenförmige Bakterienart bezeichnet, die sich nach Gram rot färben lässt (gramnegativ), zur Familie der Enterobacteriaceae und zur Gattung Serratia gehört.
Serratia marcescens | |||||||||||||||
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Mikrobiologische Eigenschaften
Die Bakterien können problemlos auf gängigen Kulturmedien angezüchtet werden. Sie können ein rötliches Pigment (Prodigiosin) bilden, die Kolonien sind daher häufig leicht rötlich gefärbt (s. Abbildung in der Taxobox). Serratia marcescens sind gramnegative, fakultativ anaerobe, nicht sporenbildende, bewegliche Stäbchen. Sie produzieren die hydrolytischen [Enzym]]e DNase, Gelatinase und Lipase.
Das Genom von Serratia marcescens wurde vom Sanger Institute (Cambridge, Großbritannien) vollständig entschlüsselt. Es besteht aus einem einzigen ringförmigen Chromosom und hat eine Länge von 5,1 MBp.
Ausbreitung
Die Bakterien kommen ubiquitär im Boden, Wasser, auf Tieren und Pflanzen vor. Die Infektion kann daher aus der Umgebung, aber auch von Mensch zu Mensch durch direkten Kontakt oder Tröpfcheninfektion erfolgen. Bei gesunden, immunkompetenten Menschen führt der Kontakt mit dem Erreger üblicherweise nicht zur Entstehung einer Krankheit.
Häufigkeit
Serratia marcescens ist ein sehr seltener Krankheitserreger. Harnwegsinfekte werden in ca. 2% der Fälle durch diesen Keim verursacht. Bei Pneumonie und Sepsis bewegt sich der Anteil um 1%. Diese Zahlen gelten für ambulant erworbene Infektionen, bei nosokomialen Infektionen liegt die Rate tendenziell etwas höher.
Bedeutung als Krankheitserreger
Bei Serratia marcescens handelt sich sich um einen fakultativ pathogenen (opportunistischen) Krankheitserreger. Entsprechend immungeschwächte Personen können unter folgenden von diesem Keim verursachten Krankheitsbildern leiden: Harnwegsinfekt, Sepsis, Pneumonie.
Früher wurde der Keim als vollständig apathogen (nicht krank machend) betrachtet, erst in den letzten Jahrzehnten wurde die zunehmende Bedeutung als Erreger nosokomialer Infektionen erkannt.
Therapie
Die Behandlung einer Infektion durch Serratia marcescens sollte, wann immer möglich, nach Resistenzprüfung (Antibiogramm) durchgeführt werden. Die "kalkulierte" Therapie kann mit einem Cephalosporin der dritten Generation (z. B. Cefotaxim), einem Fluorchinolon oder einem Carbapenem begonnen werden, ggf. in Kombination mit einem moderneren Aminoglykosid, z. B. Amikacin.
Problematisch für die Therapie ist insbesondere die Fähigkeit des Keims, extended-spectrum-β-Lactamasen (ESBL) zu produzieren. Damit können die Bakterien Antibiotika vom β-Lactam-Typ (z. B. Penicilline, Cephalosporine) unwirksam machen.
Diagnostik
Die Diagnosestellung erfolgt durch Anzucht des Erregers aus Blut- und Urinkulturen, Bronchialsekret oder Bronchoalveolärer Lavage. Nach Anlegen einer Reinkultur kann die Spezies am einfachsten mit biochemischen Methoden ("Bunte Reihe") bestimmt werden.
Historisches
Serratia marcescens wurde 1819 auf verdorbener Polenta von dem Pharmazeuten Bartalomeo Bizio aus Padua entdeckt.
Man schreibt diesem Bakterium das "Wunder von Bolsena" zu. Der Priester Peter von Prag soll 1263 in Bolsena das Brot für die Kommunion gebrochen und dabei Blutstropfen darauf entdeckt haben. Heute geht man davon aus, dass die "Blutstropfen" durch Prodigiosin rot gefärbte Kolonien von Serratia marcescens waren, die auf Brot einen guten Nährboden finden ("Hostienphänomen"). Das Wunder von Bolsena ist auf einem Fresko des italienischen Malers Raffael dargestellt (Die Messe von Bolsena).