Alfried Krupp von Bohlen und Halbach

deutscher Industrieller, Leiter des Krupp-Konzerns
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Juni 2008 um 20:31 Uhr durch Zenit (Diskussion | Beiträge) (Repariere BKL, Replaced: AuschwitzAuschwitz AWB). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Alfried Felix Alwyn Krupp von Bohlen und Halbach (* 13. August 1907 in Essen; † 30. Juli 1967 ebenda) war Inhaber der Krupp-Werke unter anderem während der Zeit des Nationalsozialismus.

Villa Hügel, das Geburtshaus von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach

Vorkriegs- und Kriegsjahre

Der Unternehmer

Alfried von Bohlen und Halbach studierte von 1928 bis 1934 Ingenieurwissenschaften in München, Berlin und Aachen. 1935 trat er in das Familienunternehmen, die Friedrich Krupp AG, ein. Er war zunächst in der Hauptverwaltung des Konzerns in Essen tätig. 1936 wurde er Prokurist. Im Oktober desselben Jahres wechselte er als Assistent in die Abteilung für Rüstungsproduktion und Artilleriekonstruktion. 1938 wurde er Leiter der Rohstoff- und der Rüstungsabteilung und Mitglied des Direktoriums (Vorstand).

 
Das Firmenemblem von Krupp

Im März 1943 wurde Alfried von Bohlen und Halbach in Nachfolge seines Vaters Gustav Krupp von Bohlen und Halbach Vorsitzender des Direktoriums der Friedrich Krupp AG. Auf Initiative seiner Eltern (seine Mutter Bertha Krupp von Bohlen und Halbach war zu diesem Zeitpunkt Inhaberin nahezu aller Aktien der Krupp AG) erließ Hitler am 12. November 1943 eine Verordnung, die sogenannten Lex Krupp, wonach die Krupp AG in ein Einzelunternehmen umgewandelt wurde, dessen Alleininhaber ein Familienmitglied werden sollte, welches berechtigt sein sollte, den Namen Krupp seinem jeweiligen Familiennamen voranzustellen. Am 15. Dezember 1943 wurde Alfried Krupp von Bohlen und Halbach alleiniger Inhaber der Firma Krupp. Zu diesem Zeitpunkt war die Firma ein bedeutendes Industrieunternehmen und einer der wichtigen Rüstungslieferanten des Dritten Reichs. Während des 2. Weltkrieges beschäftigte Krupp wie auch alle anderen großen deutschen Unternehmen Zwangsarbeiter. Aufgrund der stetigen Fluktuation ist eine Gesamtzahl nicht zu ermitteln, der höchste Personalstand an Kriegsgefangenen und ausländischen Zivil- bzw. Zwangsarbeitern zu einem Stichtag lag am 1. Januar 1943 bei ungefähr 25 000. Diese Arbeiter wurden in verschiedenen Krupp-Betrieben eingesetzt. Die gelegentlich angeführte Zünderfabrik bei Auschwitz wurde zwar von Krupp-Personal eingerichtet, dann aber ab 1943 von der Firma Union Werl zur Produktion genutzt.

Beziehungen zum Nationalsozialismus

Krupp von Bohlen und Halbach war bereits seit 1931 förderndes Mitglied der SS. 1935 wurde er Mitglied des Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NSFK), wo er zuletzt den Rang eines Standartenführers innehatte. Ab 1938 war er Mitglied in der NSDAP.

1937 wurde Krupp von Bohlen und Halbach - ebenso wie sein Vater - zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Zudem war er Stellvertreter seines Vaters in dessen Funktion als Kuratoriumsvorsitzender der Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft. Er war 1941 Mitbegründer und anschließend Präsidiumsmitglied der Reichsvereinigung Kohle und ab 1942 stellvertretender Vorsitzender der Reichsvereinigung Eisen. Außerdem war er Beiratsmitglied der Ausfuhrgemeinschaft für Kriegsgerät, Mitglied des Rüstungsrats beim Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion sowie Mitglied des Verwaltungsrats der Berg- und Hüttenwerksgesellschaft Ost mbH (BHO). Nach Kriegsbeginn war er für die Demontage von Betrieben in den besetzten Gebieten und deren Wiederaufbau im Deutschen Reich verantwortlich.

Sonstiges

Krupp von Bohlen und Halbach war ein begeisterter Segler. Bei den Segelwettbewerben der Olympischen Sommerspiele 1936 vor Kiel gewann er mit der Crew seiner 8-Meter-Rennyacht Germania III für Deutschland die Bronzemedaille.

1937 heiratete Krupp von Bohlen und Halbach Anneliese Lampert, geb. Bahr (1909-98), mit der er einen Sohn, Arndt von Bohlen und Halbach, hatte. Die Ehe wurde 1941 geschieden.

Er wurde mit dem Kriegsverdienstkreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet.

Die Nachkriegszeit

Inhaftierung und Nürnberger Kriegsverbrecherprozess

Am 11. April 1945 wurde Krupp von Bohlen und Halbach von amerikanischen Truppen in der Villa Hügel unter Arrest gestellt und sein gesamtes Vermögen beschlagnahmt. Nachdem die Alliierten zunächst beabsichtigt hatten, seinen Vater im Rahmen des ersten Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher anzuklagen, was jedoch wegen dessen Gesundheitszustand unterblieb, klagten die Amerikaner Krupp von Bohlen und Halbach zusammen mit 11 leitenden Mitarbeitern der Firma Krupp 1947 in einem gesonderten Verfahren (Fall X: Krupp-Prozess) an.

1948 wurde er wegen Sklavenarbeit (Einsatz von Zwangsarbeitern) und Plünderung von Wirtschaftsgütern im besetzten Ausland zu zwölf Jahren Haft und Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt. In der Anklageschrift wurde ihm auch die Planung eines Angriffskrieges und die damit verbundene Verschwörung vorgeworfen. Von dieser Schuld wurde er jedoch freigesprochen, da in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg sein Vater und nicht er die Geschicke der Firma leitete.

Amnestie, Mehlemer Vertrag und erneute unternehmerische Tätigkeit

Auf der Grundlage eines Gutachtens unabhängiger amerikanischer Sachverständiger wurde Krupp von Bohlen und Halbach durch Entscheidung des amerikanischen Hohen Kommissars für Deutschland John Jay McCloy am 31. Januar 1951 begnadigt und vorzeitig aus der Haft entlassen.

1953 kam es zum Abschluss des sogenannten „Mehlemer Vertrages“ zwischen Krupp von Bohlen und Halbach und den Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs. Durch diesen Vertrag wurde ihm sein gesamtes Vermögen unter bestimmten Bedingungen zurückerstattet. Eine der wesentlichen Bedingungen war die Bestimmung, dass die Berg- und Hüttenbetriebe vom Krupp-Konzern abgetrennt und bis zum Jahr 1959 verkauft würden.

Im März 1953 übernahm Krupp von Bohlen und Halbach wieder die Leitung des Unternehmens. Ende des gleichen Jahres holte er Berthold Beitz als Generalbevollmächtigten in den Konzern. Er stellte das Unternehmen vollständig auf zivile Produktion, hauptsächlich auf Anlagenbau, um. Die Krupp AG erreichte auch schnell wieder ihre Stellung als führender Stahlproduzent. Tatsächlich wurden nämlich die Berg- und Hüttenbetriebe in der Folgezeit zwar - wie im „Mehlemer Vertrag“ vorgesehen - abgetrennt, jedoch letztlich nicht verkauft. Vielmehr wurden sie 1960 zusammengefasst und mit dem Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation AG fusioniert.

Kurz vor seinem Tod verfügte Krupp von Bohlen und Halbach die Gründung einer Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die „Ausdruck der dem Gemeinwohl verpflichteten Tradition des Hauses Krupp“ sein sollte. Mit seinem Tod ging sein gesamtes Vermögen auf die Stiftung über. Dies wurde möglich durch den Verzicht seines Sohns Arndt von Bohlen und Halbach auf das Erbe. Die Stiftung nahm ihre Tätigkeit am 1. Januar 1968 auf und verwendet die ihr aus ihrer Unternehmensbeteiligung zufließenden Erträge ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke. Die Stiftung ist heute größte Einzelaktionärin der ThyssenKrupp AG.

Sonstiges

1952 heiratete Krupp von Bohlen und Halbach in zweiter Ehe Vera Knauer, geb. Hossenfeld (1909-67). Die Ehe wurde 1957 geschieden.

1961 erhielt er den Ehrenring der Stadt Essen. 1966 schenkte er der Ruhr-Universität Bochum einen Teil der Bibliothek der Villa Hügel. Seine Schallplattensammlung ging nach seinem Tod an die Folkwang-Hochschule für Musik.

1969 diente Krupp von Bohlen und Halbach als Vorlage für den Charakter Friedrich Bruckmann in Luchino Viscontis Kinofilm Die Verdammten (The Damned). Gespielt wird der Charakter von Dirk Bogarde. Das Drehbuch wurde 1970 für den Oscar nominiert.

Das Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald ist nach ihm benannt.

Vorlage:PND

Literatur

  • William Manchester: The Arms of Krupp. Michael Joseph Ltd., London 1968
  • Lothar Gall: Krupp im 20. Jahrhundert. 2002, Siedler Verlag. ISBN 3886807428