Concerto grosso

Konzertform
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Bei einem Concerto grosso steht eine kleine, solistisch behandelte Gruppe von Instrumenten (Concertino, it. kleines Konzert) einer größeren (Concerto grosso, it. großes Konzert) gegenüber; Passagen, in denen beide Gruppen gemeinsam spielen, werden als Tutti bezeichnet. Die Ripieno-Stimmen, die in den zuletzt angesprochenen Passagen spielen, werden zumeist mehrfach besetzt. Entstanden ist das Concerto grosso aus einer Erweiterung der Triosonate, ein weiterer Vorläufer ist die Venezianische Mehrchörigkeit. Formal folgt es oft der Kirchensonate (viersätzig langsam - schnell - langsam - schnell) oder der Kammersonate.

Bereits bei Francesco Usper (1619) und in Massimiliano Neris Op.2 (1651) finden sich die ersten Beispiele des Prinzips. Erstmals verwendete Alessandro Stradella die Begriffe Concertino und Concerto grosso (später Ripieno) in einer Kantatenkomposition. Die Weiterentwicklung setzte sich in der Mitte des 17. Jahrhunderts in Italien fort. Die Bezeichnung Concerto grosso wird nicht immer angewandt, obschon sich die Werke durch Form und Stil, dem Prinzip klar zuordnen lassen. Vielfach benutzten die Komponisten Bezeichnungen wie Sonata oder Sinfonia a 5, so Tomaso Albinoni und andere.

Corelli

Arcangelo Corellis zwölf Concerti grossi op. 6 gelten als die erste Sammlung reifer Kompositionen dieser Gattung. Ihre genaue Entstehungszeit ist nicht bekannt; gedruckt wurden sie frühestens im Herbst 1713. Die ersten acht (darunter die bekannte Nr. 8, „fatto per la notte di Natale“, das sog. Weihnachtskonzert) folgen sehr frei dem Typ der Kirchensonate; das Tempo wechselt auch innerhalb der Sätze häufig. Die restlichen vier sind Kammersonaten und enthalten stilisierte Tanzsätze (Allemande, Courante, Menuett, Sarabande, Gigue).

Charakteristisch sind relativ kurze Motive, in deren Ausführung sich Concertino (zwei Violinen, Cello) und Ripieno abwechseln. Die spieltechnischen Anforderungen sind auch für die Solisten nicht sehr hoch; wie in allen anderen Kompositionen Corellis geht keine Violinstimme über die dritte Lage hinaus. Dies hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sein op. 6 eine große Verbreitung erfahren hat.

Georg Muffat, der Corellis Aufführungspraxis aus eigener Anschauung kannte, beschreibt die flexiblen Möglichkeiten der Besetzung: "a tre", d.h. als Triosonate, "a quattro", d.h. Tutti und Soli zusammengezogen, und die Gegenüberstellung von Concertino und chorisch besetztem Ripieno. Auch eine Ergänzung der Streicher durch colla parte spielende Oboen und Fagotte war möglich.

Im Jahr 1687 veranstaltete Corelli im Auftrag der Königin Christine von Schweden ein Konzert für Papst Innozenz XI., bei dem er 150 Streicher einsetzte, was für die Zeit nicht unüblich war. Sehr wahrscheinlich kamen dabei auch seine Concerti grossi zur Aufführung.

Händel

Georg Friedrich Händel schrieb zwei Reihen von Concerti grossi, sein op. 3 mit 6 (HWV 312 – 317) und sein op. 6 mit zwölf Konzerten (HWV 319 - 330) sowie das einzeln stehende Concerto grosso C-dur „Alexanderfest“ HWV 318.

In op. 3, 1734 veröffentlicht, greift Händel durchweg auf eigene ältere Kompositionen zurück (Parodie), die als instrumentale Einleitungs- oder Zwischenaktmusiken für Vokalwerke dienten. Obwohl die Stücke auch unter dem Titel „Oboenkonzerte“ bekannt sind, werden neben meist zwei Oboen auch zwei Violinen, Celli, Fagotte und Blockflöten solistisch eingesetzt.

Das Konzert HWV 318 von 1736 wurde als Zwischenaktmusik zu seinem OratoriumAlexanderfest“ geschrieben. Das Concertino besteht aus zwei Violinen und Cello, das Ripieno aus zwei Oboen, zwei Violinen, Viola und Continuo.

Die zwölf Konzerte des op. 6 wurden im Herbst 1739 innerhalb nur eines Monats komponiert und machen nur wenige Anleihen bei früheren Werken. Das Concertino besteht durchgehend aus zwei Violinen und Cello, das Ripieno neben Streichern und Continuo auch aus zwei Oboen, die meist colla parte mit den Violinen geführt werden. Händels op. 6 weist mit neuartigen Stilelementen, wie der Einführung und Verarbeitung eines zweiten Themas und einer differenzierten Dynamik und Harmonik, bereits auf die Sinfonik der Wiener Klassik hin.

Bach

Johann Sebastian Bachs Brandenburgische Konzerte sind keine Concerti grossi im eigentlichen Sinne. Am ehesten entspricht das zweite mit einem ungewöhnlichen Concertino aus hoher Trompete, Blockflöte, Oboe und Violine dem Typus. Das erste, dritte und sechste sind mehr der Gattung des Gruppenkonzerts zuzuordnen, im vierten und fünften haben Solovioline bzw. Cembalo ein deutliches Übergewicht gegenüber den anderen Soloinstrumenten.

Komponisten weiterer Concerti grossi

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Concerto grosso von der Konzertanten Sinfonie ersetzt. Im 19. Jahrhundert fand allein das Solokonzert Beachtung.

20. Jahrhundert

Erst in den letzten einhundert Jahren, wurde das Prinzip des Concerto grosso im Zuge intensiver Beschäftigung mit der Barockmusik wiederbelebt, so von zu erst von Max Reger (Konzert im alten Stil) und Paul Hindemith (Konzertmusik für Streicher und Blechbläser op.50/1),

Literatur

  • Das Concerto Grosso (Das Musikwerk 15) Autor Hans Engel, Laaber-Verlag - ISBN 3890076181