Elektrostatischer Trägheitseinschluss

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Der Farnsworth-Hirsch-Fusor (oder einfach Fusor) ist eine von Philo T. Farnsworth entwickelte Anlage, um eine Kernfusion einzuleiten. Anders als bei den meisten anderen Fusionssystemen, bei denen das magnetisch eingeschlossene Plasma langsam aufgeheizt wird, nutzt der Farnsworth-Hirsch Fusor den Einschuss von "Hochtemperatur"-Ionen direkt in die Reaktionskammer. Dieser Ansatz hat zum Ziel, die Komplexität der Anlage so niedrig wie möglich zu halten.

Der Farnsworth-Hirsch Fusor war bei seiner Einführung (um das Jahr 1960 herum) das erste Gerät, mit dem Fusionsprozesse überhaupt demonstriert werden konnten. Bald kamen Hoffnungen auf, dass der Farnsworth-Hirsch Fusor zu einer Energiequelle weiter entwickelt werden könnte; dies stellte sich aber später als falsch heraus.

Heutzutage wird der Farnsworth-Hirsch-Fusor im Laborbereich als Neutronenquelle benutzt. Kommerzielle Anbieter solcher Anlagen ist z.B. DaimlerChrysler. Außerdem ist es versierten Laien möglich, kleinere Versionen dieses Gerätes selbst zu konstruieren.

Geschichte

Erfindung

Der Fusor wurde ursprünglich von Philo Farnsworth erdacht - dem Mann der zu Großen Teilen für das Fernsehen verantwortlich ist. In den frühen 1930er Jahren erforschte er einige Bauarten von Elektronenröhren für die Verwendung in Fernsehern (genannt CRTs, Cathode ray tubes, Kathodenstrahlröhren) und fand eine, die zu einem interessanten Effekt führten. In dieser Bauart, die er Multipactor nannte, wurden Elektronen die sich von einer Elektrode zu einer anderen bewegen mitten im Flug durch das Anlegen eines hochfrequenten magnetischen Feldes gestoppt. Die Ladung sammelte sich dann im Zentrum der Röhre und führte zu einer starken Verstärkung. Leider führte der Effekt auch zu einer starken Erosion der Elektroden, sofern diese von den Elektronen getroffen wurden. Heute betrachtet man den Multipactor-Effekt im Allgemeinen als ein auf jeden Fall zu vermeidendes Problem.

Was Farnsworth im Besonderen an diesem Gerät interessant fand war seine Fähigkeit "Elektronen" ein einem bestimmten Punkt zu fokussieren (beispielsweise zwischen Atomkernen). In der Frühphase der Experimente der kontrollierten Fusion in den 1950er Jahren war eines der größten Probleme zu vermeiden, dass das geheizte Brennelement die Wände seines Behälters berührte; wenn dies geschah kühlte das Element schnell ab, was zu einem Energieverlust führt. Farnsworth überlegte, dass er ein elektrostatisches "Käfigsystem" bauen konnte, in dem die "Wände" aus "Elektronen" oder "Ionen" bestehen würden, die durch den Multipactor an Ort und Stelle gehalten würden. Die Brennelemente könnten dann durch die Wand eingeführt werden und würden sobald sie im Innern wären nicht mehr entweichen können. Er nannte dieses Konzept eine virtuelle Elektrode und das System in seiner Gesamtheit den Fusor.

Konstruktion

Die ursprünglichen Fusorentwürfe basierten auf zylindrischen Anordnungen von Elektroden, wie bei den ursprünglichen Multipactors. Der Brennstoff wurde ionisiert und dann aus kleinen Beschleunigern durch Löcher in den äußeren (physikalischen) Elektroden geschossen. Nach dem Passieren der Löcher wurde er mit hoher Geschwindigkeit in Richtung der inneren Reaktionszone beschleunigt. Elektrostatischer Druck durch die positiv geladenen Elektroden hielt den Brennstoff insgesamt von den Wänden der Kammer fern und der Aufprall von neuen Ionen hielt das heißeste Plasma im Zentrum. Farnsworth bezeichnete das als elektrostatischen Trägheitseinschluss (inertial electrostatic confinement, IEC) - ein Begriff, der auch heute noch benutzt wird.

In den frühen 1960er Jahren wurden verschiedene Modelle des Fusors gebaut. Obwohl sie sonst der usprünglichen Konstruktion sehr ähnlich waren, nutzten Sie eine kugelförmigen Reaktionszone. In Farnsworth' Labor ging es recht offen zu, sodass einige Labor-Techniker ebenfalls ihre eigenen Konstruktionen bauten. Trotz seines allgemeinen Erfolgs hatte der Fusor ein Problem mit der Skalierbarkeit: die Menge an Brennstoff, die in der Reaktion genutzt werden konnte, war ziemlich gering.

Robert Hirsch

Mit der Ankunft von Robert Hirsch im Labor haben sich die Dinge dramatisch verändert. Er schlug eine von Grund auf neue Art vor, einen Fusor zu bauen: ohne Ionenkanone oder Multipaktor-Elektroden. Stattdesswen war das System aus zwei ähnlicher kugelförmigen Elektroden aufgebaut, eine innerhalb der anderen, die sich in einem größeren Behälter befanden, der mit verdünntem Brenngas befüllt war. In diesem System wurden die Kathodenstrahlen nicht länger benötigt und die Glimmentladung um die äußeren Elektroden reichte als Ionenquelle aus. Sobald das Gas ionisiert war, wurde es von der inneren (negativ geladenen) Eletrode angezogen, an der es vorbei in die zentrale Reaktionszone gelangte.

Letzlich war das Gesamtsystem Farnsworths ursprünglichem Fusors konzeptuell sehr ähnlich, nutzte aber eine echte Elektrode im Zentrum. Ionen sammelten sich in der Nähe dieser Elektrode und formten eine positive Ladung, die von neuen Ionen von außerhalb der Hülle auf Grund ihrer hohen Geschwindigkeit durchschlagen wurden. Sobald sie sich innerhalb der Hülle befanden, erfuhren sie eine zusätzlich Kraft die sie im Innern hielt, sodass sich die kühleren in der Hülle selbst sammelten. Mit diesem späteren Aufbau, zutreffend der Hirsch-Meeks Fusor genannt, wird auch heute noch experimentiert.

Farnsworth Television labs

Neue Fusoren, die auf Hirschs Konstruktion basierten, wurden zum ersten Mal in den späten 1960er Jahren gebaut. Selbst die ersten Versuchsmodelle bewiesen, dass die Konstruktion gut war, und bald erreichten sie Produktionsraten von bis zu einer Milliarde pro Sekunde (es wird sogar berichtet, dass bis zu eine Billion pro Sekunde beobachtet werden konnten).

Die gesamte Entwicklung hatte in den [Farnsworth Television Labs] stattgefunden, die [1949] - mit dem Plan das nächste [RCA] zu werden - vom Unternehmen International Telephone and Telegraph ([ITT]) gekauft worden waren. 1961 setzte die ITT [Harold Geneen] als [CEO] (Chief Executive Officer) ein. Geneen entschied, dass die ITT nicht weiter ein Telefonie-/Elektronik-Unternehmen sein würde und leitete eine Strategie ein, schnell Unternehmen jeder Art einzukaufen. Bald waren die ITT-Hauptgeschäftszweige Versicherungen, [Sheraton|Sheraton Hotels], [Wonderbread] und [Avis|Avis Rent-a-Car]. In einem besonders geschäftigen Monat wurden 20 verschiedene Unternehmen eingekauft, die alle nichts miteinander zu tun hatten. Es war gleichgültig, was ihr Geschäft war, solange sie Profit brachten.

Ein Forschungsprojekt über Fusoren brachte das nicht. [1965] begann der Vorstand Geneen zu drängen, die Farnsworth Abteilung abzustoßen, aber deren Budget für [1966] war bereits bewilligt und die Finanzierung bis [1967] gesichert. Eine weitere Finanzierung wurde verweigert, was die Fusions-Experimente der ITT beendete. Die Arbeitsgruppe wandte sich dann an die [United States Atomic Energy Commission] (AEC), die damals für die Finanzierung von Fusionsforschung zuständig war, und stellte dieser ein Gerät zu Demonstrationszwecken zur Verfügung. Das auf einen Servierwagen montierte Gerät erzeugte mehr Fusion als jedes existierende "klassische". Die Beobachter waren erschrocken, aber zu diesem Zeitpunkt war das gesamte Budget bereits durch große Forschungsprojekte blockiert, die sich dagegen wehrten, dass irgendwelche Mittel "neuen" Systemen zugeordnet werden sollten - gleichgültig wie vielversprechend diese seien.

Brigham Young

Farnsworth wechselte dann zur [Brigham Young University] und versuchte sein Laborpersonal von der ITT dorthin zu übernehmen. Das Unternehmen nahm 1968 den Betrieb auf, aber nachdem es Farnsworth nicht gelungen war einige Millionen Dollar Anfangskapital zu sichern, waren 1970 seine finanziellen Reserven aufgebraucht. Im März [1971] erlitt eine Farnsworth eine Lungenentzündung und starb. Der Fusor starb gewissermaßen mit ihm.

Aktuelle Entwicklungen

Zu übersetzen aus dem Englischen.

Referenzen

Patente

Zeitschriften

  • Reducing the Barriers to Fusion Electric Power; G.L. Kulcinski and J.F. Santarius, October 1997 Presented at "Pathways to Fusion Power", submitted to Journal of Fusion Energy, vol. 17, No. 1, 1998. (Abstract (PDF))
  • "Inertial-Electrostatic Confinement of Ionized Fusion Gases" Robert L. Hirsch, Journal of Applied Physics, v. 38, no. 7, October 1967
  • Irving Langmuir, Katherine B. Blodgett, "Currents limited by space charge between concentric spheres" Physics Review, 23, pp49-59, 1924
  • R. A. Anderl, J. K. Hartwell, J. H. Nadler, J. M. DeMora, R. A. Stubbers, and G. H. Miley, Development of an IEC Neutron Source for NDE, 16th Symposium on Fusion Engineering, eds. G. H. Miley and C. M. Elliott, IEEE Conf. Proc. 95CH35852, IEEE Piscataway, NJ, 1482-1485 (1996).
  • "On the Inertial-Electrostatic Confinement of a Plasma" William C. Elmore, James L. Tuck, Kenneth M. Watson, "The Physics of Fluids" v. 2, no 3, May-June, 1959

Weitere Informationen

  • "The World's Simplest Fusion Reactor, and How to Make It Work", Tom Ligon, Analog, December 1998. This an amusing reference for laymen. Analog is a science fiction magazine that publishes one fact article each month; this is the fact article. The article describes homebrewed fusors, as well as applications of fusors to spacecraft.
  • D-3He Fusion in an Inertial Electrostatic Confinement Device; R.P. Ashley, G.L. Kulcinski, J.F. Santarius, S. Krupakar Murali, G. Piefer; IEEE Publication 99CH37050, pg. 35-37, 18th Symposium on Fusion Engineering, Albuquerque NM, 25-29 October 1999. (PDF)
  • G.L. Kulcinski, Progress in Steady State Fusion of Advanced Fuels in the University of Wisconsin IEC Device, March 2001
  • Fusion Reactivity Characterization of a Spherically Convergent Ion Focus, T.A. Thorson, R.D. Durst, R.J. Fonck, A.C. Sontag, Nuclear Fusion, Vol. 38, No. 4. p. 495, April 1998. ([http://www.iop.org/EJ/abstract/0029-5515/38/4/302 abstract)
  • Convergence, Electrostatic Potential, and Density Measurements in a Spherically Convergent Ion Focus, T. A. Thorson, R. D. Durst, R. J. Fonck, and L. P. Wainwright, Phys. Plasma, 4:1, January 1997.
  • R.W. Bussard and L. W. Jameson, "Inertial-Electrostatic Propulsion Spectrum: Airbreathing to Interstellar Flight", Journal of Propulsion and Power, v 11, no 2. The authors describe the proton - Boron 11 reaction and its application to ionic electrostatic confinement.
  • R.W. Bussard and L. W. Jameson, "Fusion as Electric Propulsion", Journal of Propulsion and Power, v 6, no 5, September-October, 1990 (This is the same Bussard who conceived the Bussard Ramjet widely posited in science-fiction for interstellar rocketry- possibly to his embarrassment)

Vorträge

  • Could Advanced Fusion Fuels Be Used with Today's Technology?; J.F. Santarius, G.L. Kulcinski, L.A. El-Guebaly, H.Y. Khater, January 1998 [presented at Fusion Power Associates Annual Meeting, August 27-29, 1997, Aspen CO; Journal of Fusion Energy, Vol. 17, No. 1, 1998, p. 33].
  • R.W. Bussard and L. W. Jameson, "From SSTO to Saturn's Moons, Superperformance Fusion Propulsion for Practical Spaceflight", 30th AIAA/ASME/SAE/ASEE Joint Propulsion Conference, 27-29 June, 1994, AIAA-94-3269